THY - Infoline-Schilddruese
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<strong>THY</strong><br />
2/2012<br />
DER AKTUELLE SCHILDDRÜSEN-REPORT<br />
Hashimoto-Thyreoiditis als häufigste Ursache der Hypothyreose<br />
Konsequente L-Thyroxin-Substitution bleibt<br />
die wichtigste therapeutische Maßnahme<br />
Die Autoimmunthyreoiditis ist in Deutschland mit Abstand die häufigste Ursache für eine Hypothyreose.<br />
Die Sorge, dass eine verbesserte Jodversorgung den Autoimmunprozess in der Schilddrüse anstoßen könnte,<br />
ist aber unberechtigt. Der in den letzten Jahren beobachtete Anstieg ist vor allem auf eine verbesserte<br />
Diagnostik zurückzuführen.<br />
Hashimoto-Befund durch Schilddrüsensonographie<br />
Die Hashimoto-Thyreoiditis tritt<br />
zehnmal häufiger bei Frauen als bei<br />
Männern auf. Meist manifestiert sich<br />
die Erkrankung zwischen 50 und 60<br />
Jahren – oft im zeitlichen Zusammenhang<br />
mit der Menopause, sagte<br />
Frau Prof. Dr. Schumm-Draeger im<br />
Gespräch mit der <strong>THY</strong>. Auch die<br />
Zeit nach einer Geburt scheint mit<br />
der Manifestation als „Post-partum-<br />
Thyreoiditis“ eine besonders vulnerable<br />
Phase zu sein. Grundsätzlich<br />
ist die Manifestation aber in jedem<br />
Alter möglich und auch Kinder und<br />
Jugendliche können betroffen sein.<br />
Immer wieder hört man Bedenken,<br />
dass eine verbesserte Jodversorgung<br />
(s. a. S. 8) durch eine erhöhte Rate an<br />
Autoimmunthyreoitiden erkauft wird.<br />
Als Hinweis auf diese Hypothese wird<br />
gewertet, dass in Ländern mit sehr<br />
hoher Jodversorgung wie den USA,<br />
die Hashimoto-Thyreoiditis die häufigste<br />
Schilddrüsenerkrankung darstellt.<br />
Dabei handelt es sich aber um<br />
ein relatives Phänomen: Die Autoimmunthyreoiditis<br />
steht nur deshalb<br />
an erster Stelle, weil typische<br />
Folgeerkrankungen des Jodmangels<br />
wie Struma, Knoten und Autonomie<br />
hier kaum ins Gewicht fallen. Dass<br />
US-Amerikaner absolut gesehen<br />
häufiger an einer Autoimmunthyreoiditis<br />
erkranken als Bundesbürger,<br />
ist nie nachgewiesen worden.<br />
Keine Häufung von Autoimmunthyreoditiden<br />
bei verbesserter<br />
Jodversorgung<br />
Zudem kann sich die Hashimoto-<br />
Thyreoiditis wahrscheinlich nur bei<br />
einer entsprechenden genetischen<br />
Disposition entwickeln, die völlig<br />
unabhängig von der jeweiligen Jodversorgung<br />
ist. Auf Grundlage dieser<br />
Disposition entwickeln sich spezifische<br />
Auto-Antikörper gegen Thyreoglobulin<br />
(TG-Antikörper) und<br />
Schilddrüsenperoxidase (anti-TPO).<br />
Die Antikörper vermitteln und unterhalten<br />
eine zytotoxische Autoimmunreaktion<br />
in der Schilddrüse, die<br />
zu einer progredienten Zerstörung<br />
von Schilddrüsenfollikeln führt. Bei<br />
ausreichender Jodversorgung der<br />
Bevölkerung kommt es bei diesen<br />
genetisch prädisponierten Personen<br />
allenfalls zu einer früheren Krankheitsmanifestation,<br />
nicht aber zu<br />
zusätzlichen oder häufigeren Erkrankungen,<br />
meinte Prof. Dr. Schumm-<br />
Draeger. Scheinbar zugenommen<br />
hat die Inzidenz aufgrund der verbesserten<br />
Antikörper-Diagnostik und<br />
eines vermehrten Einsatzes der<br />
Schilddrüsensonographie mit verbesserter<br />
Gerätetechnik.<br />
Verlauf schwer vorhersagbar<br />
Das Ausmaß und der zeitliche Verlauf<br />
des Autoimmunprozesses kann<br />
individuell sehr unterschiedlich<br />
sein, sodass der Krankheitsverlauf<br />
im Einzelfall so gut wie nicht vorausgesagt<br />
werden kann. Hohe Antikörpertiter<br />
können auf einen besonders<br />
rasch fortschreitenden Verlauf<br />
hinweisen. Es kommt aber in<br />
der Regel über kurz oder lang bei<br />
allen Patienten zu einer progredienten<br />
Zerstörung der Schilddrüse. Eine<br />
Ausnahme bildet die Post-partum-<br />
Thyreoiditis, die sich auch wieder<br />
zurückbilden kann.<br />
Diagnostik bei Hypothyreose-<br />
Symptomen<br />
In der Regel wird eine entsprechende<br />
Diagnostik eingeleitet, wenn<br />
klinische Symptome auf eine mögliche<br />
Unterfunktion der Schilddrüse<br />
hinweisen, meinte Prof. Dr. Schumm-<br />
Draeger. Dazu gehören u.a. vermehrte<br />
Müdigkeit, unklare Gewichtszunahme,<br />
vermehrtes Frieren,<br />
Haarausfall oder Obstipation. All<br />
diese Symptome sind aber für sich<br />
Fortsetzung auf S. 2<br />
Inhalt:<br />
Schwerpunktthema:<br />
Hashimoto-Thyreoiditis als häufigste<br />
Ursache der Hypothyreose:<br />
Konsequente L-Thyroxin-Substitution<br />
bleibt die wichtigste therapeutische<br />
Maßnahme 1<br />
Veranstaltungsvorschau3<br />
Die Rolle von Selen 3<br />
Zentren im Blickpunkt:<br />
Schilddrüsenerkrankungen interdisziplinär<br />
behandeln:<br />
Im Würzburger Schilddrüsenzentrum<br />
kümmert man sich gemeinsam<br />
um die Patienten 4<br />
Kongressbericht:<br />
15. Internationale Kongress für<br />
Endokrinologie in Florenz:<br />
Schilddrüsenthemen im Fokus 5<br />
Aus der Literatur:<br />
Wenn die L-Thyroxin-Monotherapie<br />
bei Hypothyreose nicht den<br />
gewünschten Erfolg bringt:<br />
Einige Patienten profitieren von<br />
einer T3/T4-Kombination 6<br />
Hashimoto-Thyreoiditis im Kindesund<br />
Jugendalter:<br />
Mit beginnender Pubertät steigt die<br />
Inzidenz an 6<br />
Verschiedenes:<br />
NuklearMedizin 2012 in Bremen:<br />
Die Schilddrüse im Fokus der<br />
Nuklearmediziner7<br />
Thyroidea Interaktiv“ am 28.–29.<br />
September 2012 in Berlin:<br />
Interaktive Fortbildung steht bei<br />
Ärzten hoch im Kurs 7<br />
Verschiedenes:<br />
Jodversorgung in Deutschland ist<br />
rückläufig: Nuklearmediziner warnen<br />
vor Zunahme von Schilddrüsenerkrankungen8<br />
Kostenlos Sonderdrucke bestellen8
<strong>THY</strong><br />
Schwerpunktthema<br />
2/2012<br />
Fortsetzung von S. 1<br />
ge nommen relativ unspezifisch und<br />
lassen sich insbesondere bei Frauen<br />
um die 50 auch leicht mit klimakterischen<br />
Beschwerden verwechseln.<br />
Auch ein unerfüllter Kinderwunsch<br />
kann ein Hinweis auf eine<br />
subklinische Hypothyreose und<br />
damit auf eine Hashimoto-Thyreoiditis<br />
sein.<br />
(hypotrophe) Schilddrüse aufweisen.<br />
Eine konsequente dauerhafte Schilddrüsenhormonsubstitutionstherapie<br />
ist bei hypothyreoten Kindern zwingend<br />
erforderlich, um eine gesunde<br />
Entwicklung zu ermöglichen.<br />
Gehäuft sind Autoimmunthyreoitiden<br />
im Kindesalter mit der Manifestation<br />
weiterer Autoimmunerkrankungen<br />
assoziiert. Dazu gehören<br />
u.a. Colitis ulcerosa, perniziöse<br />
Anämie, Vitiligo, M. Addison und<br />
Typ-1-Diabetes. Es ist daher wichtig<br />
bei betroffenen Kindern lebenslang<br />
auf mögliche Anzeichen solcher Erkrankungen<br />
zu achten.<br />
Bei der Substitution TSH-Suppression<br />
vermeiden<br />
Eine immunsuppressive Behandlung<br />
z. B. mit Glukokortikoiden hat sich<br />
bei der Hashimoto-Thyreoiditis<br />
nicht bewährt und ist wieder verlassen<br />
worden. Wenn sich eine mani-<br />
Fortsetzung auf S. 3<br />
TPO-Antikörper sind wegweisend<br />
Häufig führt aber auch ein Labor-<br />
Zufallsbefund auf die Spur der Hashimoto-Thyreoiditis.<br />
Dies kann ein<br />
grenzwertig erhöhter TSH-Wert oder<br />
auch ein positiver Nachweis von<br />
TPO-Antikörpern sein. Diese Antikörper<br />
findet man bei etwa 90 % der<br />
Patienten mit Hashimoto-Thyreoiditis,<br />
so dass sie diagnostisch wegweisend<br />
sind. Das Fehlen von TPO-<br />
Anti körpern schließt aber das Vorliegen<br />
einer Hashimoto-Thyreoiditis<br />
nicht völlig aus, da auch Antikörper<br />
gegen andere Schilddrüsenbestandteile<br />
die Erkrankung auslösen können.<br />
Der alleinige Nachweis von<br />
TPO-Antikörpern bei gesunden euthyreoten<br />
Personen ist noch nicht<br />
mit einer Hashimoto-Thyreoiditis<br />
gleichzusetzen. Circa 10 % der Normalbevölkerung<br />
weisen diese Antikörper<br />
auf und nur ein Teil entwickelt<br />
tatsächlich im Verlauf eine<br />
Thyreoiditis. In Zweifelsfällen kann<br />
der Ultraschall zur Diagnosefindung<br />
beitragen. Hier findet man das typische<br />
Bild mit einer inhomogenen<br />
Echoarmut. Entscheidet man sich in<br />
unklaren Fällen für eine Feinnadelpunktion,<br />
zeigt sich das typische<br />
Bild einer lymphozytären Infiltration.<br />
Bei jedem Verdacht auf ein Hashimoto-Thyreoiditis<br />
sollte TPO-Antikörper,<br />
Schilddrüsenfunktionsparameter<br />
(TSH, fT4) bestimmt und eine<br />
Schilddrüsensonographie vor genom<br />
men werden. Screeninguntersuchungen<br />
werden bei Patienten<br />
empfohlen, die bereits an anderen<br />
Autoimmunerkrankungen leiden,<br />
die mit der Hashimoto-Thyreoiditis<br />
assoziiert sind.<br />
Bei Kindern rasche Entwicklung<br />
einer Hypothyreose<br />
Bei Kindern manifestiert sich die<br />
Erkrankung am häufigsten in der<br />
Pubertät. Die Hashimoto-Thyreoiditis<br />
zeigt hier häufig eine sehr ausgeprägte<br />
Autoimmunaktivität, was<br />
dazu führt, dass die Erkrankung<br />
rasch fortschreitet und sich früh eine<br />
Schilddrüsenunterfunktion entwickelt,<br />
erläuterte Prof. Dr. Schumm-<br />
Draeger. Auch findet man häufiger<br />
eine eher vergrößerte Schilddrüse,<br />
im Gegensatz zu den Erwachsenen,<br />
die in der Regel eine sehr kleine<br />
2<br />
Das Plus.<br />
Von Henning.<br />
L-Thyroxin + 75 μg Jod<br />
Das bewährte L-Thyroxin Henning ® mit Jod verstärkt.<br />
• einzigartige Zusammensetzung (+75 μg Jod)<br />
• die Therapie der Wahl für Ihre Strumapatienten – auch für Patienten ab 45 Jahren<br />
• Henning empfiehlt: Bei Schilddrüsenhormonen immer aut idem<br />
L-Thyroxin Henning ® 50, 75, 100 plus, Tabletten. Zusammensetzung: Eine Tablette L-Thyroxin Henning ® 50, 75 bzw. 100 plus enthält als Wirkstoffe 50 μg, 75 μg<br />
bzw. 100 μg Levothyroxin-Natrium und jeweils 98,1 μg Kaliumiodid entsprechend 75 μg Iodid(ionen). Weitere Bestandteile: Leichtes basisches Magnesiumcarbonat,<br />
Maisstärke, vorverkleisterte Stärke (Mais), mikrokristalline Cellulose, hochdisperses Siliciumdioxid, hydriertes Rizinusöl, Natriumthiosulfat 5 H 2 O. Anwendungsgebiete:<br />
Strumabehandlung bei Ausschluss gleichzeitiger Funktionsstörung, wenn neben Schilddrüsenhormon zusätzlich eine Iodgabe angezeigt ist. Rezidivprophylaxe nach<br />
Schilddrüsenoperation oder Radioiodtherapie. Gegenanzeigen: Bekannte Überempfindlichkeit gegenüber den arzneilich wirksamen Bestandteilen oder einem der<br />
Hilfsstoffe, Hyperthyreose jeglicher Herkunft, latente Hyperthyreose, fokale und diffuse Autonomien der Schilddrüse, unbehandelte adrenale Insuffizienz, unbehandelte<br />
hypophysäre Insuffizienz (sofern diese eine therapiebedürftige adrenale Insuffizienz zur Folge hat), akuter Myokardinfarkt, akute Myokarditis, akute Pankarditis,<br />
hypokomplementämische Vaskulitis, Dermatitis herpetiformis Duhring. Ältere Strumapatienten mit normaler Schilddrüsenfunktion, die bereits einen Herzinfarkt<br />
gehabt haben oder die gleichzeitig an Angina pectoris, Herzinsuffizienz oder tachykarden Arrhythmien leiden, sollten L-Thyroxin Henning ® plus nicht einnehmen.<br />
Eine durch L-Thyroxin Henning ® plus - Überdosierung bedingte leichtere Hyperthyreose ist besonders bei Koronarinsuffizienz, Herzinsuffizienz oder tachykarden<br />
Arrhythmien unbedingt zu vermeiden. Nebenwirkungen: Bei Überschreiten der erforderlichen Dosis gelegentlich Herzklopfen, Herzrhythmusstörungen (insbesondere<br />
Tachykardie), pektanginöse Beschwerden, Muskelschwäche u. -krämpfe, Hitzegefühl, Hyperhidrosis, Tremor, innere Unruhe, Schlafl osigkeit, Diarrhö, Gewichtsabnahme,<br />
Kopfschmerzen, Menstruationsstörungen. Eher untypisch auch Fieber, Erbrechen, Pseudotumor cerebri (bes. b. Kindern). Im Falle einer Überempfindlichkeit kann es zu<br />
allergischen Reaktionen an der Haut und im Bereich der Atemwege kommen. Bei Iodüberempfindlichkeit evtl. Fieber, Hautausschlag und Rötung, Jucken und brennende<br />
Augen, Reizhusten, Durchfall oder Kopfschmerzen. Verschreibungspflichtig. Gekürzte Angaben – vollständige Information siehe Fachinformation, die wir Ihnen auf<br />
Wunsch gerne zur Verfügung stellen. Pharmazeutischer Unternehmer: Henning Berlin Arzneimittel GmbH, 10898 Berlin.<br />
Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, 65926 Frankfurt am Main. Mitvertrieb: Winthrop Arzneimittel GmbH, Urmitzer Str. 5,<br />
65218 Mülheim-Kärlich. Stand: Januar 2010 (017622). AVS 417 09 034c-019064
2/2012<br />
<strong>THY</strong><br />
FORT BI L D U N G S -VERANSTALTUNGEN<br />
Termin PLZ / Ort Veranstaltungslokal Zeit Thema/Veranstalter<br />
28.06.2012 08056 Zwickau Holiday Inn Zwickau<br />
Kornmarkt 9<br />
Juni<br />
2012<br />
–<br />
Juli<br />
2012<br />
29. / 30.06.2012 99084 Erfurt Radisson Blu Hotel<br />
Juri-Gagarin-Ring 127<br />
04.07.2012 38640 Goslar Hotel Niedersächsischer Hof<br />
Klubgartenstr. 1<br />
06. / 07.07.2012 87700 Memmingen Stadthalle Memmingen<br />
Königsgraben 27<br />
… Veranstaltungen<br />
mit Unterstützung<br />
der Firma Sanofi/<br />
Henning, Berlin<br />
10:00 –<br />
17:00<br />
13:00 –<br />
19:00<br />
18:00 –<br />
21:00<br />
13:00 –<br />
18:00<br />
Bei Schilddrüsenhormonen Aut idem wegen<br />
unterschiedlicher Bioverfügbarkeit<br />
Das Fortbildungskolleg München<br />
22. Tagung der Gesellschaft für Nuklearmedizin Sachsen<br />
10. Harzer Schilddrüsengespräch<br />
Rund um die Schilddrüsenoperation<br />
Frau Dr. Heinken/Sanofi<br />
Bayr. Gesellschaft für Nuklearmedizin<br />
Nähere Informationen unter 030/25 75 24 19 (alle Veranstaltungen werden zertifiziert)<br />
Fortsetzung von S. 2<br />
feste Schilddrüsenunterfunktion<br />
(erkennbar an erhöhtem TSH und<br />
erniedrigtem fT4) entwickelt hat,<br />
muss eine sofortige Behandlung mit<br />
Schilddrüsenhormon (L-Thyroxin)<br />
eingeleitet werden. Die Therapie<br />
darf nicht schematisch erfolgen, sondern<br />
muss individuell angepasst werden.<br />
Man beginnt mit einer niedrigen<br />
Dosis (z. B. 25 oder 50 μg L-<br />
Thyroxin) und steigert dann langsam<br />
über mehrere Wochen bis zur notwendigen<br />
Erhal tungs dosis. Die Dosis<br />
sollte so ge wählt werden, dass der<br />
TSH-Wert durch die Schild drüsenhormon<br />
therapie in den mittleren<br />
Normalbereich gesenkt wird. Eine<br />
Sup pression des TSH-Wertes ist ein<br />
An zeichen für eine iatrogene Hyperthyreose<br />
und muss in jedem Fall vermieden<br />
werden, betonte Prof. Dr.<br />
Schumm-Draeger. Andernfalls gefährdet<br />
man den Patienten durch<br />
kardiale Nebenwirkungen wie z. B.<br />
eine erhöhte Rate an Vorhofflimmern.<br />
L-Thyroxin auch bei subklinischer<br />
Hypothyreose<br />
Aber auch bei positiven TPO-Antikörpern<br />
und subklinischer Hypothyreose<br />
(erhöhtes TSH bei noch normalen<br />
fT4-Spiegeln) ist eine Substitutionstherapie<br />
gerechtfertigt.<br />
Ähnlich wie für Selen ist gezeigt<br />
worden, dass L-Thyroxin in dieser<br />
Situation den Immunprozess etwas<br />
ausbremst, was sich an einem Rückgang<br />
der Antikörper-Titer zeigt.<br />
Somit kann die frühe Therapie zu<br />
einer Stabilisierung des Krankheitsverlaufs<br />
beitragen.<br />
Bei Schwangeren Jodsubstitution<br />
nicht vergessen<br />
Bei Schwangeren mit Hashimoto-<br />
Thyreoiditis ist besondere Sorgfalt<br />
bei der Hormonsubstitution geboten.<br />
Die Schilddrüsenfunktion muss<br />
möglichst schon präkonzeptionell<br />
optimal eingestellt werden, d. h. der<br />
TSH-Wert sollte im Normalbereich<br />
(um 1 mU/l) liegen. Dies ist wichtig,<br />
um eine normale Entwicklung des<br />
ungeborenen Kindes sicher zu stellen,<br />
eine Fehlgeburt zu vermeiden<br />
und auch für die Schwangere selbst<br />
die optimale Kondition herzustellen,<br />
sagte Prof. Dr. Schumm-Draeger.<br />
Zusätzlich müssen die Schwangeren<br />
ausreichend mit Jod versorgt werden,<br />
weil das ungeborene Kind Jod<br />
für die eigene Schilddrüsenhormonproduktion<br />
benötigt. Ein negativer<br />
Einfluss der Jodgabe auf den Stoffwechsel<br />
der Mutter ist dabei nicht<br />
zu befürchten.<br />
Je nach Funktionsreserve der Schilddrüse<br />
muss die L-Thyroxin-Dosis in<br />
der Schwangerschaft in der Regel<br />
um etwa 30–50 % erhöht werden,<br />
um die Frauen im gewünschten<br />
TSH-Bereich zu halten. Grund ist<br />
der schon in der 4.– 6. Schwangerschaftswoche<br />
bestehende Mehrbedarf<br />
an Schilddrüsenhormon. Regelmäßige<br />
Kontrollen der Schilddrüsenfunktionswerte<br />
(vor allem des<br />
TSH-Wertes) mindestens 1x pro<br />
Trimenon ist in der Schwangerschaft<br />
zwingend erforderlich, betonte die<br />
Expertin.<br />
Die Rolle von Selen<br />
Im Bereich der Schilddrüse schützt Selen als Bestandteil zahlreicher Proteine nicht nur vor einem Übermaß an oxidativem Stress, es ist auch<br />
Baustein der Dejodasen, die Schlüsselenzyme des Schilddrüsenstoffwechsels darstellen. Welche Rolle spielt Selen bei der Pathophysiologie der<br />
Autoimmunthyreoiditis und welchen Stellenwert hat eine Selensubstitution bei Patienten mit Hashimoto-Thyreoiditis? Dazu zwei Experten:<br />
Frau Prof. Dr. Petra-Maria<br />
Schumm-Draeger:<br />
Die Gabe von Selen ist unspezifisch<br />
hemmend für den Autoimmunprozess.<br />
Es existieren keine langfristigen<br />
Studien, das vorliegende Datenmaterial<br />
weist aber daraufhin, dass<br />
durch diese unspezifische Hemmung<br />
des Autoimmunprozesses die<br />
Titer der Schilddrüsenantikörper<br />
absinken können und möglicherweise<br />
die Entwicklung der Schilddrüsenunterfunktion<br />
verlangsamt<br />
wird. Sichere Belege hierfür stehen<br />
allerdings aus. Eine Selentherapie<br />
mit max. 200 Mikrogramm Selen<br />
pro Tag ist aber auf der anderen<br />
Seite nicht schädlich und kann ohne<br />
Einschränkung bei Menschen mit<br />
Hashimoto-Thyreoiditis gegeben<br />
werden. Grundsätzlich muss aber<br />
trotzdem die Schilddrüsenunterfunktion<br />
immer mit Schilddrüsenhormonen<br />
ausgeglichen werden,<br />
um eine Stabilisierung des klinischen<br />
Befindens, der Laborwerte und des<br />
gesamten Verlaufes für die Betroffenen<br />
zu garantieren. Selen darf also<br />
keinesfalls als Ersatz für eine notwendige<br />
L-Thyroxin-Therapie angesehen<br />
werden, wie es in der Laienpresse<br />
manchmal dargestellt wird.<br />
Prof. Dr. Roland Gärtner<br />
Deutschland ist nicht nur ein Jodsondern<br />
auch ein Selen-Mangelgebiet.<br />
Durch die intensivierte Landwirtschaft<br />
findet man kaum noch<br />
Selen in den Böden und damit in<br />
pflanzlichen Nahrungsmitteln. Allenfalls<br />
in Fleisch und Eiern hat man nennens<br />
werte Selenspiegel, da die Tiernahrung<br />
oft mit Selen angereichert<br />
wird. Folge ist, dass in Deutschland<br />
ein Großteil der Bevölkerung einen<br />
erniedrigten Selenspiegel aufweist.<br />
Bei einem relativen Selenmangel<br />
kann es durch einen vermehrten<br />
Anfall an Sauerstoffradikalen zu<br />
Zellschädigungen kommen, die<br />
möglicherweise einen Autoimmunprozess<br />
anstoßen könnten. Bei verschiedenen<br />
Erkrankungen mit überschießender<br />
Immunreaktion wie<br />
rheumatoider Arthritis, Psoriasis<br />
oder Sepsis sind bereits positive<br />
Wirkungen einer Selensubstitution<br />
gezeigt worden.<br />
Bei Hashimoto-Thyreoiditis ist bisher<br />
in Studien belegt, dass eine Selensubstitution<br />
zu einem Abfall von<br />
TPO-Antikörpern führt. Noch nicht<br />
nachgewiesen wurde, ob man damit<br />
auch die Manifestation der Hashimoto-Thyreoiditis<br />
verhindern bzw.<br />
herauszögern kann. Entsprechende<br />
Studien wären allerdings auch sehr<br />
aufwändig, da es bei einem positiven<br />
TPO-Antikörper-Befund und<br />
beginnender Thyreoiditis 10 bis 15<br />
Jahre dauern kann, bis der TSH-<br />
Spiegel im Sinne einer Hypothyreose<br />
ansteigt.<br />
Trotz der noch nicht vollständigen<br />
Studienlage empfiehlt Prof. Dr.<br />
Gärtner schon heute, grundsätzlich<br />
alle Patienten mit positiven TPO-<br />
Antikörpern mit 200 bis 300 μ Natriumselenit<br />
zu substituieren. Ab<br />
einem TSH-Wert > 3,5 mU/l entwickeln<br />
nach seiner Erfahrung fast alle<br />
Patienten mit positiven Antikörpern<br />
innerhalb von 3 –10 Jahren eine Hypothyreose.<br />
Die früher noch durchgeführt<br />
Bestimmung der Selenkonzentration<br />
im Serum ist seines Erachtens<br />
dabei nicht notwendig, da<br />
praktisch alle Patienten erniedrigte<br />
Spiegel aufweisen. Nebenwirkungen<br />
sind bei der verwendeten Dosierung<br />
nicht zu befürchten.<br />
3
<strong>THY</strong><br />
Zentren im Blickpunkt<br />
2/2012<br />
Schilddrüsenerkrankungen interdisziplinär behandeln<br />
Im Würzburger Schilddrüsenzentrum kümmert man sich<br />
gemeinsam um die Patienten<br />
Patienten mit Schilddrüsenerkrankungen sind es gewohnt an der Würzburger Universitätsklinik kompetente Ansprechpartner aus den Bereichen<br />
Nuklearmedizin, Endokrinologie und endokrinologische Chirurgie zu finden. Mit der Gründung des „Würzburger Schilddrüsenzentrums“ hat<br />
man der bewährten interdisziplinären Zusammenarbeit jetzt auch einen äußeren Rahmen gegeben. Wir sprachen mit dem Sprecher des Zentrums<br />
und leitendem Oberarzt der Klinik für Nuklearmedizin Prof. Dr. Peter Schneider.<br />
Prof. Dr. Peter Schneider<br />
Die Behandlung von Schilddrüsenerkrankungen<br />
setzt immer eine<br />
enge interdisziplinäre Zusammenarbeit<br />
voraus. Dies umfasst zum<br />
einen die Diagnostik mit Beteiligung<br />
von Endokrinologen, Nuklearmedizinern<br />
und Pathologen - zum anderen<br />
die Therapie, die in den Händen<br />
von Nuklearmedizinern, endokrinologischen<br />
Chirurgen und internistischen<br />
Endokrinologen liegt. Bei<br />
speziellen Fragestellungen müssen<br />
häufig auch noch Augenärzte,<br />
HNO-Ärzte, Pädiater oder Onkologen<br />
hinzugezogen werden.<br />
Enge interdisziplinäre Zusammenarbeit<br />
Gemeinsames Ziel des im März<br />
2012 gegründeten Zentrums ist die<br />
Verbesserung der Qualität der Versorgung<br />
von Patienten mit Schilddrüsenerkrankungen.<br />
Dies geschieht<br />
durch eine enge interdisziplinäre<br />
Zusammenarbeit mit gemeinsamen<br />
fächerübergreifenden Fallbesprechungen.<br />
Außerdem kann der Patient<br />
wie in einem „Leitsystem“ ohne<br />
Zeitverzögerung und Kommunikationsverlust<br />
an die Kollegen der jeweilig<br />
beteiligten Fachdisziplinen<br />
verwiesen werden. Auch für eine<br />
Forschungsvernetzung soll das neue<br />
Zentrum genutzt werden.<br />
Viel Kompetenz unter einem Dach<br />
Zum Zentrum gehören die Klinik<br />
und Poliklinik für Nuklearmedizin<br />
unter der Leitung von Prof. Dr. Andreas<br />
Buck, die Abteilung Endokrinologie<br />
der Medizinischen Universitätsklinik<br />
Würzburg (Leiter: Prof.<br />
Dr. B. Allolio) und das zertifizierte<br />
Referenzzentrum für endokrine Chirurgie<br />
unter Leitung von Prof. Dr.<br />
Christoph Thomas Germer. Ebenfalls<br />
angeschlossen ist eine nuklearmedizinische<br />
Gemeinschaftspraxis<br />
(Drs. Eberhardt/Scheubeck/Peppert)<br />
im Zentrum von Würzburg und das<br />
pathologische Institut der Universitätsklinik<br />
Würzburg. Die HNO-Klinik<br />
arbeitet auf dem Gebiet der präund<br />
postoperative Diagnostik und<br />
Therapie sowie bei der Behandlung<br />
von Schilddrüsenkarzinomen mit<br />
Befall von Kehlkopf und Luftröhre eng<br />
mit dem Zentrum zusammen. Die<br />
Augenklinik der Universitätsklinik<br />
bringt ihre Expertise bei der Diagnostik<br />
und stadienabhängigen medikamentöse<br />
und operative Therapie<br />
der endokrinen Orbitopathie ein.<br />
Klinik für Nuklearmedizin als<br />
erste Anlaufstelle<br />
Die Klinik für Nuklearmedizin ist<br />
meist die erste Anlaufstelle für<br />
Patien ten mit Schilddrüsenerkrankungen.<br />
Hier wird das gesamte<br />
Spektrum an nuklearmedizinischer<br />
bildgebender Diagnostik, Funktionsdiagnostik<br />
und Labordiagnostik angeboten.<br />
Das Angebot umfasst darüber<br />
hinaus die Radiojodtherapie<br />
auf modernen Therapiestationen bei<br />
gutartigen Schilddrüsenerkrankungen<br />
und beim Schilddrüsenkrebs.<br />
Die Vorbereitung zur Radiojodtherapie<br />
wird in der Patientenambulanz<br />
durchgeführt – die Nachsorge wird<br />
dann gegebenenfalls wieder von<br />
den überweisenden Fachkollegen<br />
übernommen.<br />
Enge Zusammenarbeit auch mit<br />
der Onkologie<br />
In der Abteilung Endokrinologie der<br />
Medizinischen Universitätsklinik<br />
Würzburg werden schwerpunktmäßig<br />
Patienten mit Erkrankungen der<br />
Schilddrüse und der Nebenschilddrüsen<br />
betreut. Dazu gehören auch<br />
Patienten mit Schilddrüsenkrebs, bei<br />
denen eine Radiojodtherapie nicht<br />
oder nicht mehr möglich und sinnvoll<br />
ist (differenziertes Schilddrüsenkarzinom<br />
im fortgeschrittenen Krankheitsstadium<br />
sowie anaplastisches<br />
und medulläres Schilddrüsenkarzinom).<br />
Diesen Patienten werden –<br />
u. a. im Rahmen von klinischen<br />
Studien – modernste Behandlungsmöglichkeiten<br />
angeboten. Im Bereich<br />
der Onkologie arbeitet man<br />
auch eng mit dem Comprehensive<br />
Cancer Center (CCC) Main franken<br />
zusammen, das mit seinem Tumorregister<br />
zur langfristigen Nachsorge<br />
der Patienten mit bösartigen Erkrankungen<br />
beiträgt.<br />
Die chirurgische Therapie von<br />
Schilddrüsenerkrankungen und Erkrankungen<br />
der Nebenschilddrüsen<br />
stellen einen Schwerpunkt des Referenzzentrums<br />
für endokrinologische<br />
Therapie dar und erfolgt in<br />
enger fachlicher Abstimmung mit<br />
den Hausärzten, niedergelassenen<br />
Nuklearmedizinern und Endokrinologen.<br />
Universitätsklinik Würzburg<br />
Zentrum soll auch für die Forschung<br />
genutzt werden<br />
Auch im Bereich der Forschung<br />
möchte sich das Schilddrüsenzentrum<br />
in Zukunft verstärkt engagieren.<br />
Als eines der möglichen Projekte,<br />
für das Fördergelder beantragt wurden,<br />
nannte Schneider eine kritische<br />
Überprüfung der bisherigen Leitlinie<br />
zur Radiojodtherapie bei Schilddrüsenkarzinomen.<br />
Hier bestehen zum<br />
Teil deutliche Unterschiede zwischen<br />
den europäischen und USamerikanischen<br />
Leitlinien. Auch die<br />
Ergebnisse neuer Studien z. B. von<br />
Schlumberger et al. und Mallick et<br />
al. sollten einfließen. Gezeigt wurde<br />
hier, dass Patienten mit Low-Risk-<br />
Karzinomen mit einer deutlich niedrigeren<br />
Herddosis auskommen, was<br />
die Frage aufwirft, ob diese Patienten<br />
überhaupt eine Radiojodtherapie<br />
brauchen. Ein weiterer Punkt,<br />
der überprüft werden müsste, ist die<br />
Bildgebung mit Jod 124 statt dem bisher<br />
verwendeten Jod 131 .<br />
Ein erstes interdisziplinäres Projekt<br />
soll das Thema „Th1/Th17 Plastizität,<br />
epigenetische Regulation von<br />
Foxp3 in Treg und CD62L/CCR7-<br />
mediiertes Lymphozyten-Trafficking<br />
bei Patienten mit Autoimmunthyreoiditis“,<br />
behandeln und wird geleitet<br />
von Frau Prof. Dr. Martina Prelog<br />
aus der Universitäts-Kinderklinik.<br />
4
2/2012<br />
Kongressbericht<br />
<strong>THY</strong><br />
15. Internationale Kongress für Endokrinologie in Florenz<br />
Schilddrüsenthemen im Fokus<br />
Der 15. Internationale Kongress für Endokrinologie fand erstmalig gemeinsam mit dem Europäischen Kongress für Endokrinologie Anfang Mai<br />
in Florenz statt. Mehr als 5500 Delegierte aus allen Kontinenten der Welt besuchten diese Tagung. Die Schilddrüsenforschung nahm dabei<br />
einen breiten Raum ein. Neben neuen Daten aus den klinischen Bereichen und der Versorgungsforschung wurden interessante Ergebnisse aus<br />
der Grundlagenforschung dargestellt.<br />
Laserablation bei kalten Knoten<br />
G. Bortolani präsentierte 5-Jahresdaten<br />
von Patienten, deren kalte<br />
Knoten durch eine Laserbehandlung<br />
therapiert wurden. Die Prozedur mit<br />
jeweils 3 Lasersonden dauerte im<br />
Durchschnitt 19 Minuten. Die durch<br />
den Laser entstandene Nekrosezone<br />
in den Knoten wurde durch eine<br />
Kontrastmittel-unterstützte Sonographie<br />
nachwiesen. Eine Woche nach<br />
der Behandlung stieg das Knotenvolumen<br />
durch die Ödembildung<br />
leicht an, über den 5-Jahreszeitraum<br />
wurden die Knoten dann deutlich<br />
kleiner mit einer mittleren Größenreduktion<br />
der Schilddrüsenknoten<br />
von 50 %. Spongiforme Knoten<br />
sprachen mit einer Rate von 68 %<br />
deutlich besser an als kompakte<br />
Knoten (27 %). In der Diskussion<br />
wies L. Hegedüsz aus Dänemark<br />
daraufhin, dass die Erfolgsrate der<br />
Laserablation wesentlich von der<br />
pro ml Knotenvolumen abgegebenen<br />
Laserenergie abhängt und das<br />
ähnlich gute Erfolgsraten auch mit<br />
nur einer Lasersonde zu erzielen<br />
seien.<br />
Blick auf die Kathedrale Santa Maria del Fiore in Florenz<br />
Hashimotopatienten leiden an<br />
weiteren Autoimmunerkrankungen<br />
Eine aus Italien stammende Untersuchung<br />
zeigt an einem sehr großen<br />
Patientenkollektiv die Assoziation<br />
von nicht endokrinen Autoimmunerkrankungen<br />
mit der Hashimotothyreoiditis.<br />
Mehr als 5000 Patienten<br />
mit Hashimotothyreoiditis wurden<br />
untersucht. Bei insgesamt<br />
16,2 % der Patienten wurde mindestens<br />
eine weitere nicht endokrine<br />
Autoimmunerkrankung gefunden.<br />
Die am häufigsten auftretenden Autoimmunerkrankungen<br />
waren in<br />
34,8 % die Typ A Gastritis vom atrophischen<br />
Typ mit der Gefahr der<br />
Entwicklung eines Vitamin B12<br />
Mangels und einer perniziösen Anämie<br />
sowie die Vitiligo in 22,3 %<br />
der Fälle. Bei immerhin 11,0 % der<br />
Patienten konnte eine Zöliakie<br />
nachgewiesen werden. Deutlich<br />
seltener waren die folgenreicheren<br />
Erkrankungen Anti-Phopspholipidsyndrom<br />
und Multiple Sklerose mit<br />
7,6 %. Obwohl das Auftreten der<br />
assoziierten Erkrankungen in jedem<br />
Lebensalter beobachtet werden<br />
konnte, waren bereits 9,9 % der Patienten<br />
vor dem 30. Lebensjahr von<br />
mindestens zwei Autoimmunerkrankungen<br />
betroffen. Im jungen Lebensalter<br />
waren die häufigsten Begleiterkrankungen<br />
die Vitiligo (30 %) und<br />
die Zöliakie (26 %). Diese Daten<br />
belegen die Notwendigkeit einer<br />
sorgfältigen Anamnese bei Patienten<br />
mit Hashimoto-Thyreoiditis, die sich<br />
nicht nur auf schilddrüsenspezifische<br />
Symptome beschränken darf.<br />
TSH Screening als Indikator für<br />
die kognitive Entwicklung des<br />
Kindes in der Diskussion<br />
J. Lazarus (Cardiff, UK) stellte die<br />
erst kurz zuvor publizierte Studie<br />
zum vorgeburtlichen TSH-Screening<br />
und dem Zusamenhang mit der<br />
kindlichen kognitiven Funktion vor<br />
(Engl J Med. 2012; 366:493-501).<br />
Zwischen der 12. und der 16.<br />
Schwangerschaftswoche wurde bei<br />
21.846 Frauen der TSH-Wert gemessen.<br />
Bei einem Teil der Frauen<br />
wurde der TSH-Wert sofort nach<br />
Blutabnahme bestimmt (Screeninggruppe)<br />
und bei erhöhten Werten<br />
eine Substitution mit L-Thyroxin<br />
eingeleitet. Bei dem anderen Teil der<br />
Frauen wurden die TSH-Werte erst<br />
nach der Entbindung bestimmt<br />
(Kontrollgruppe). 390 Frauen in der<br />
Screeninggruppe und 404 Frauen in<br />
der Kontrollgruppe hatten erhöhte<br />
TSH-Werte. Bei den Kindern wurde<br />
im Alter von 3 Jahren ein Intelligenztest<br />
durchgeführt. Es zeigte<br />
sich, dass zwischen beiden Gruppen<br />
kein Unterschied bestand. Man<br />
kann folgern, dass eine TSH Erhöhung<br />
nach dem 3. Schwangerschaftsmonat<br />
vermutlich keinen<br />
relevanten Einfluß auf die frühkindliche<br />
kognitive Entwicklung hat. Zu<br />
kritisieren ist jedoch, dass das Screening<br />
sehr spät stattfand und die Organentwicklung<br />
einschließlich des<br />
Gehirns in der 12. Schwangerschaftswoche<br />
weitgehend abgeschlossen<br />
ist. Ob ein erhöhter TSH-Wert in der<br />
Frühschwangerschaft auf die kognitive<br />
Funktion des Kindes einen Einfluss<br />
nimmt, kann mit dieser sehr<br />
großen Studie damit leider auch<br />
nicht geklärt werden.<br />
Erhöhtes Mortalitätsrisiko bei<br />
Patienten mit unbehandelter<br />
Hyperthyreose<br />
F. Brand aus Dänemark berichtete<br />
aus einer registerbasierten landesweiten<br />
Datenbank an dänischen<br />
Zwillingen über eine eindeutig erhöhte<br />
Mortalität bei Patienten mit<br />
hyperthyreoter Stoffwechsellage.<br />
Die Daten von 96.064 Zwillingen<br />
wurden mit einem gematchten Kollektiv<br />
von 281.549 Dänen verglichen.<br />
Die erhobenen Daten zeigen,<br />
dass die Schilddrüsenüberfunktion<br />
nicht nur klinische Symptome bereitet,<br />
sondern klar auch mit einer<br />
erhöhten Sterblichkeit assoziiert ist.<br />
Eine frühzeitige und ausreichende<br />
Behandlung der Hyperthyreose ist<br />
daher immer erforderlich.<br />
TSH Rezeptor Antagonisten –<br />
zukünftige Therapieoptionen beim<br />
Morbus Basedow?<br />
M. Gershenkorn (Bethesda, USA)<br />
berichtete über das Potential von<br />
sogenannten small molecular<br />
weight TSH-Rezeptor Antagonisten.<br />
Diese kleinen Moleküle stellen eine<br />
potentielle Möglichkeit für die zukünftige<br />
Behandlung des Morbus<br />
Basedow aber auch der Endokrinen<br />
Orbito pathie und des Schilddrüsenkarzinoms<br />
dar. Es wurden bereits<br />
eine Reihe dieser Substanzen getestet.<br />
So konnte im Zellmodell die<br />
Substanz mit dem Kurznamen Compound<br />
S2–6 die durch Seren von<br />
Basedowpatienten hervorgerufene<br />
Signaltransduktion – gemessen an<br />
der cAMP Produktion – erfolgreich<br />
inhi bie ren. Die gleiche Substanz ist<br />
in der Lage, in der Fibroblastenzellkultur<br />
(gewonnen aus Material von<br />
Patien ten mit Endokriner Orbitopathie)<br />
die Adiponektin-vermittelte<br />
Umwandlung von Adipozyten zu<br />
unterdrücken. Damit scheint die<br />
Entwicklung von Medikamenten<br />
möglich, die direkt in die pathogenetischen<br />
Prozesse einer Augenbeteiligung<br />
beim M. Basedow eingreifen.<br />
Eine weitere Entwicklung auf<br />
diesem Gebiet ist die Entwicklung<br />
von inversen Agonisten des TSH-<br />
Rezeptors. Diese Moleküle greifen<br />
sehr früh in der Expression des TSH-<br />
Rezeptors ein und können bereits<br />
die mRNA-Bildung des TSH-Rezeptors<br />
unterdrücken. Dies könnte ein<br />
erfolgreicher Ansatz in der Nachbehandlung<br />
des Schilddrüsenkarzinoms<br />
sein.<br />
(Nach einem Bericht von PD Dr.<br />
Feldkamp, Bielefeld)<br />
5
<strong>THY</strong><br />
Aus der Literatur<br />
2/2012<br />
Wenn die L-Thyroxin-Monotherapie bei Hypothyreose nicht den gewünschten Erfolg bringt<br />
Einige Patienten profitieren von einer T3/T4-Kombination<br />
Welche Patienten mit Hypothyreose möglicherweise von einer Kombination Trijodthyronin (LT3) und L-Thyroxin (LT4) profitieren , wird zur<br />
Zeit noch kontrovers diskutiert. In einer kroatischen Studie wurde untersucht, ob thyreoidektomierte Patienten mit ausbleibender TSH-Normalisierung<br />
unter LT4-Therapie mit der Kombination besser fahren.<br />
An der Studie nahmen 200 Patienten<br />
teil, bei denen zwischen 2006<br />
und 2009 eine totale Thyreoidektomie<br />
vorgenommen worden war. Bei<br />
allen Patienten wurde danach die<br />
Standardtherapie mit L-Thyroxin<br />
eingeleitet und der TSH-Wert alle<br />
zwei bis drei Monate kontrolliert.<br />
mIU/l auf 1,22 mIU/l ab und lag<br />
somit im angestrebten Normbereich.<br />
Gleichzeitig normalisierten<br />
sich auch die erhöhten fT4-Werte<br />
bei Reduktion der L-Thyroxin-Dosis.<br />
Der fT3-Spiegel, der vorher erniedrigt<br />
war, stieg unter der Kombinationstherapie<br />
an.<br />
Paradoxes Hormonprofil mit weiterhin<br />
erhöhtem TSH<br />
Bei 7 % der Patienten fiel im Verlauf<br />
ein „paradoxes“ Hormonprofil auf:<br />
Trotz bereits hyperthyreoter fT4-<br />
Spiegel (> – 160 nmol/l) blieb der<br />
TSH-Spiegel weiterhin erhöht (> – 5,0<br />
mIU/l). Diese Patienten erhielten in<br />
der offenen Studie zusätzlich LT3<br />
(10 μg 2x täglich) bei gleichzeitig<br />
reduzierter LT4-Dosis (initial um<br />
25 %, im Mittel um 38,5 μg).<br />
Unter der Kombinationstherapie fiel<br />
der TSH-Wert von im Mittel 12,88<br />
Verminderte Dejodinase-Aktivität<br />
in der Peripherie?<br />
T3 wird zu einem ganz geringen Teil<br />
in der Schilddrüse freigesetzt und<br />
ansonsten in der Peripherie mittels<br />
Dejodinasen aus T4 hergestellt. Als<br />
mögliche Ursache des Versagens der<br />
L-Thyroxin-Monotherapie bei einigen<br />
athyreoten Patienten diskutieren<br />
die Autoren eine verminderte Aktivität<br />
der Dejodinase Typ 1, was bei<br />
fehlender Schilddrüse nicht mehr<br />
über eine vermehrte T3-Produktion<br />
in der Schilddrüse kompensiert werden<br />
kann. Solche genetischen Polymorphismen<br />
im T3-Metabolismus<br />
könnten erklären, warum einige<br />
hypothyreote Patienten unzureichend<br />
auf die Standardtherapie ansprechen.<br />
Nach Meinung der Autoren<br />
sollte der Stellenwert der Kombinationstherapie<br />
bei diesen Pateinten<br />
in größeren Studien weiter untersucht<br />
werden.<br />
Quelle: D. Solter et al; Exp Clin Endocrinol<br />
Diabetes 2012; 120: 121–<br />
123<br />
Hashimoto-Thyreoiditis im Kindes- und Jugendalter<br />
Mit beginnender Pubertät steigt die Inzidenz an<br />
Die Hashimoto-Thyreoiditis ist die häufigste Autoimmunerkrankung im Kindesalter. Oft sind die Symptome auch bei manifester Hypothyreose<br />
wenig prägnant und werden daher leicht übersehen. Die Palpation der Schilddrüse kann entsprechende Hinweise liefern und sollte bei den<br />
Vorsorgeuntersuchungen U10, U11 und J1 immer mit dazu gehören.<br />
Auch im Kindes- und Jugendalter<br />
sind deutlich mehr Mädchen von<br />
der Autoimmunthyreoiditis (AIT) betroffen.<br />
Die Prävalenz wird über alle<br />
Alterstufen auf 3,5‰ der Mädchen<br />
und 0,8‰ der Jungen geschätzt. In<br />
Gegenden mit guter Jodversorgung<br />
zeigten Populationsstudien eine Inzidenz<br />
von bis zu 1,3 % aller Schulkinder.<br />
Meist beginnt die Erkrankung<br />
im Pubertätsalter.<br />
Häufig Assoziation mit anderen<br />
Autoimmunerkrankungen<br />
Häufiger als bei Erwachsenen findet<br />
man Assoziationen zu anderen Autoimmunerkrankungen<br />
und numerischen<br />
Chromosomenaberrationen.<br />
Besonders gefährdet sind Kinder mit<br />
einer Mutter oder einem Geschwisterkind<br />
mit AIT, Ullrich-Turner-Syndrom,<br />
Trisomie 21, Typ-1-Diabetes,<br />
Zöliakie oder anderen Autoimmunerkrankungen<br />
z. B. aus dem rheumatischen<br />
Formenkreis.<br />
Auch die Verlaufsform weist im Kindesalter<br />
einige Besonderheiten auf.<br />
Wesentlich häufiger als bei Erwachsenen<br />
findet man eine primär hypertrophe<br />
Form mit Ausbildung einer<br />
Struma, die rasch in einer Hypothyreose<br />
mündet, schreibt Dr. Christoph<br />
Brack aus Celle. Anders als bei<br />
Erwachsnen können aber bei Kindern<br />
alle Formen der AIT ohne dauerhafte<br />
Funktionseinschränkung<br />
remittieren.<br />
Struma ist bei Kindern ein wichtiger<br />
Hinweis<br />
Die Symptome der Unterfunktion<br />
wie Müdigkeit, Gewichtszunahme,<br />
Leistungsknick und Obstipation sind<br />
über lange Zeit oft wenig prägnant,<br />
sodass die Struma ein wichtiger klinischer<br />
Hinweis ist. Der Kinderendokrinologe<br />
empfiehlt daher, die<br />
Vorsorgeuntersuchungen ab der<br />
U10 immer auch für die Schilddrüsenpalpation<br />
zu nutzen. Die Indikation<br />
zur Schilddrüsensonographie<br />
und Bestimmung von TPO-Antikörpern<br />
und Schilddrüsenfunktionsparametern<br />
sollte bei auffälligen Befunden<br />
großzügig gestellt werden.<br />
Mit hochauflösendem Ultraschall<br />
lässt sich die AIT klassifizieren und<br />
auch von Malignomen abgrenzen.<br />
Bei Risikofaktoren wie positiver Familienanamnese<br />
(Mutter oder Geschwister<br />
mit AIT), Trisomie 21,<br />
Ullrich-Turner-Syndrom, Typ-1-Diabetes<br />
sollte einmal im Jahr ein<br />
Screening mit Bestimmung der TPO-<br />
Antikörper erfolgen.<br />
Bei erhöhtem TSH immer mit<br />
L-Thyroxin behandeln<br />
Ein erhöhtes TSH sollte bei TPO-AKpositiver<br />
AIT auch bei noch normalen<br />
peripheren Schilddrüsenhormonen<br />
immer als Anzeichen einer<br />
beginnenden Hypothyreose gewertet<br />
werden. Die subklinische und<br />
klinische Hypothyreose wird dann<br />
mit L-Thyroxin in altersadäquater,<br />
gewichtsadaptierter Dosierung substituiert.<br />
Angestrebt werden hochnormale<br />
periphere fT3- und fT4-<br />
Werte bei nicht supprimiertem TSH-<br />
Wert.<br />
Quelle: Dr. Christoph Brack; pädiatrie<br />
hautnah 2011; 23(5): 372–<br />
378<br />
6
2/2012<br />
Verschiedenes<br />
<strong>THY</strong><br />
NuklearMedizin 2012 in Bremen<br />
Die Schilddrüse im Fokus der Nuklearmediziner<br />
Die Schilddrüse stand bei der<br />
DGN-Tagung im Mittelpunkt.<br />
Wir sprachen mit Prof. Dr.<br />
Markus Luster aus Ulm über<br />
seine Eindrücke.<br />
Was waren für Sie Highlights des<br />
DGN-Kongresses in Bremen?<br />
Prof. Dr. Luster: Ein ganz besonderes<br />
Highlight war für mich ein gemeinsames<br />
Symposium für Ärzte<br />
und Patienten, das von der Selbsthilfevereinigung<br />
„Ohne Schilddrüse<br />
leben e.V. – Bundesverband Schilddrüsenkrebs“<br />
ausgerichtet wurde.<br />
Thema war die Rehabilitation nach<br />
Schilddrüsen-Operationen. Von<br />
zahlreich erschienenden Betroffenen<br />
wurde dieses neue Format im<br />
Rahmen der DGN-Tagung sehr gut<br />
angenommen. Leider fiel die Beteiligung<br />
von Ärzten ausgesprochen<br />
gering aus, was ich persönlich sehr<br />
schade fand. Vielleicht kann man<br />
das nächste Mal ein bisschen mehr<br />
Werbung für solch eine Veranstaltung<br />
machen.<br />
Ein weiteres Highlight war das Symposium<br />
„Aktuelle Kontroversen in<br />
der Thyreologie“. Hier wurde unter<br />
anderem intensiv über potentielle<br />
Auswirkungen der Radiojodtherapie<br />
auf Autoimmunphänomene (insbesondere<br />
die endokrine Orbitopathie)<br />
und den Einsatz des PET-CTs beim<br />
Schilddrüsenkarzinom diskutiert.<br />
Einiges weist darauf hin, dass die<br />
Jodversorgung in Deutschland<br />
wieder abnimmt. Sehen Sie hier<br />
eine Gefahr?<br />
Prof. Dr. Luster: Wirklich robuste<br />
Zahlen zur Jodversorgung wird erst<br />
die Studie des Robert-Koch-Instituts<br />
bringen, deren Ergebnisse im Laufe<br />
dieses Jahres erwartet werden.<br />
Schon heute deutet aber einiges auf<br />
eine schlechter werdende Versorgung<br />
hin. Falls sich dies weiter bestätigt,<br />
wäre das ein ganzer Schritt<br />
zurück in Richtung Jodmangelgebiet<br />
und Kropfendemiegebiet.<br />
Mögliche Ursache ist die zu beobachtende<br />
Einschränkung des Salzkonsums,<br />
die zur Verminderung des<br />
kardiovaskulären Risikos empfohlen<br />
wird. Damit sinkt aber auch die Jodversorgung,<br />
da neben Fisch und<br />
Meerestieren Jodsalz heute der<br />
wichtigste Jodlieferant in der Nahrung<br />
ist. Ein weiterer Grund ist die<br />
rückläufige Verwendung von Jodsalz<br />
in der Lebensmittelindustrie. Grund<br />
ist hier die weltweite Vermarktung<br />
der Produkten, die es den Herstellern<br />
sehr schwer macht, unterschiedliche<br />
Empfehlungen zur Jodsalzverwendung<br />
zu beachten.<br />
Sobald sich die Daten bestätigen<br />
sollte man gegensteuern und der<br />
Bevölkerung vermehrte Fischmahlzeiten<br />
oder eine Substitution mit<br />
Jodtabletten empfehlen.<br />
Erkrankungen der Schilddrüse bildeten den Schwerpunkt auf der 50. Jahrestagung NuklearMedizin<br />
2012 der Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin, die vom 25. bis 28. April in Bremen stattfand.<br />
Der Kongress mit rund 2000 Teilnehmern zählt zu den international bedeutendsten Tagungen für<br />
Nuklearmedizin.<br />
In zahlreichen Vorträgen gingen<br />
renommierte Referenten auf spezielle<br />
Fragestellungen bei der Behandlung<br />
von Schilddrüsenerkrankungen<br />
ein.<br />
Kaum dauerhafte Blutbildveränderungen<br />
nach Radiojodtherapie<br />
Frau Katharina Kneer (Doktorandin)<br />
und die Arbeitsgruppe von<br />
Prof. M. Luster am Uniklinikum<br />
Ulm untersuchten die langfristigen<br />
Auswirkungen der Radiojodtherapie<br />
auf das Blutbild. Die retrospektive<br />
Analyse umfasste die Daten<br />
von 173 Patienten, die nach einer<br />
ersten Radiojodgabe mindestens<br />
vier Jahre lang nachverfolgt worden<br />
waren. Bei 38 Patienten traten<br />
im Verlauf Blutbildveränderungen<br />
wie Thrombozytopenien und Veränderungen<br />
der roten Blutzellreihe<br />
auf, die aber nur bei drei Patienten<br />
mit besonders hoher verabreichter<br />
Aktivität persistierten. Die Radiojodtherapie<br />
stellt somit ein sicheres<br />
und nebenwirkungsarmes Therapieverfahren<br />
dar. (V103)<br />
Physiologische TSH-Schwankungen<br />
nur bis zur 20.SSW<br />
Priv.-Doz. Dr. Thomas Rink vom<br />
Institut für Nuklearmedizin am Klinikum<br />
Hanau stellte eine neue<br />
Systematik der physiologischen<br />
TSH-Veränderungen in der<br />
Schwangerschaft vor, für die Daten<br />
von 1363 Schwangeren ohne bekannte<br />
Schilddrüsenerkrankung<br />
ausgewertet worden waren. Die<br />
Ergebnisse zeigten, dass physiologische<br />
TSH-Schwankungen nur bis<br />
zur 20. Schwangerschaftswoche<br />
auftreten und der niedrigste TSH-<br />
Wert zwischen der 11. und 16.<br />
SSW nachweisbar ist. Eine Jodprophylaxe<br />
in der Schwangerschaft<br />
hatte keinen Einfluss auf den TSH-<br />
Wert. (V183)<br />
Radiojodtherapie auch bei großen<br />
benignen Strumen ausreichend<br />
wirksam<br />
Andreas Hering von der Universitätsklinik<br />
Halle untersuchte mit<br />
seiner Arbeitsgruppe, ob sich mit<br />
einer einzeitigen hochdosierten<br />
Radiojodtherapie auch große benigne<br />
Strumen ausreichend verkleinern<br />
lassen. Die Analyse von<br />
bisher 60 Patienten mit einem<br />
Schilddrüsenvolumen von mindestens<br />
60 ml zeigte, dass sich mit<br />
einer Herddosis von 150 bis 400<br />
Gy das Schilddrüsenvolumen sehr<br />
effektiv und lang anhaltend reduzieren<br />
lässt, ohne dass schwerwiegende<br />
Nebenwirkungen auftreten.<br />
(V 185)<br />
„Thyroidea Interaktiv“ am 28.–29. September 2012 in Berlin<br />
Interaktive Fortbildung steht bei Ärzten hoch im Kurs<br />
Wenn man konkrete Patientenfälle interaktiv mit Kollegen und Experten diskutieren kann, ist der Lerneffekt<br />
oft größer, als wenn man nur passiv einem Vortrag lauscht. Diese Konzept hat die von Genzyme unterstützte<br />
CME-zertifizierte Fortbildungsreihe „Thyroidea Interaktiv“ aufgegriffen, die sich gleichermaßen an<br />
Nuklearmediziner, Radiologen, Chirurgen und Endokrinologen richtet.<br />
In diesem Jahr stehen die Veranstaltungen<br />
unter dem Motto “Der besondere<br />
Fall“. Von drei ausgewiesenen<br />
Experten werden aktuelle Kasuistiken<br />
aus dem Bereich benigner<br />
und maligner Schilddrüsenerkankungen<br />
präsentiert. Zusammen mit<br />
dem Auditorium werden dann geeignete<br />
diagnostische Algorithmen<br />
und Therapiekonzepte entwickelt.<br />
Viel Raum bleibt dabei für „Sonderfälle“,<br />
deren Behandlung in den Leitlinien<br />
oft etwas zu kurz kommt. Dazu<br />
gehören zum Beispiel hohes Alter,<br />
Schwangerschaft oder verschiedenen<br />
Komorbiditäten (Anmeldung über<br />
Frau Gilbert: 06102-3674195 oder<br />
gabriele.gilbert@genzyme.com).<br />
Welche der folgenden Aussagen ist<br />
richtig?<br />
A<br />
In der Anfangsphase einer<br />
Hashimoto-Thyreoiditis ist<br />
eine immunsuppressive Behandlung<br />
z. B. mit Glukokortikoiden<br />
indiziert.<br />
B<br />
C<br />
D<br />
E<br />
DIE<br />
MULTIPLE<br />
CHOICE<br />
fRAGE<br />
Bei Verdacht auf eine Hashimoto-Thyreoiditis<br />
müssen<br />
die Patienten darauf<br />
hingewiesen, so wenig wie<br />
möglich Jod zu sich zu nehmen.<br />
Patienten mit TPO-AK-positiver<br />
Hashimoto-Thyreoiditis<br />
sollten auch schon bei<br />
einer subklinischen Hypothyreose<br />
mit L-Thyroxin<br />
behandelt werden.<br />
Bei allen Schulkindern sollte<br />
regelmäßig ein Screening<br />
auf TPO-Antikörper durchgeführt<br />
werden.<br />
Die Hashimoto-Thyreoiditis<br />
ist vorwiegend eine Erkrankung<br />
des jungen Erwachsenenalters.<br />
MC-Antwort s. S. 8<br />
7
<strong>THY</strong><br />
Verschiedenes<br />
2/2012<br />
Jodversorgung in Deutschland ist rückläufig<br />
Nuklearmediziner warnen vor Zunahme von Schilddrüsenerkrankungen<br />
Nachdem es in Deutschland mit der Jodversorgung der Bevölkerung bergauf gegangen ist, zeichnet sich jetzt wieder eine Verschlechterung<br />
ab. Damit besteht auch die Gefahr, dass Schilddrüsenerkankungen wieder zunehmen, heißt es in einer Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft<br />
für Nuklearmedizin (DGN).<br />
In den letzten zwei Jahrzehnten hat<br />
sich die Jodversorgung der deutschen<br />
Bevölkerung durch entsprechende<br />
Aufklärungsmaßnahmen<br />
deutlich verbessert. So wird in 76<br />
bis 80 % der deutschen Haushalte<br />
Jodsalz verwendet und auch bei der<br />
industriellen Herstellung von Lebensmitteln<br />
wurde zunächst verstärkt<br />
Jodsalz eingesetzt. All dies hat<br />
dazu beigetragen, dass die WHO<br />
2007 Deutschland von der Liste der<br />
Länder mit unzureichender Jodversorgung<br />
gestrichen hat.<br />
Lebensmittelindustrie verzichtet<br />
zunehmend auf Jodsalz<br />
In jüngster Zeit ist aber wieder ein<br />
kontinuierlicher Rückgang der Verwendung<br />
von jodiertem Speisesalz<br />
in der Lebensmittelindustrie zu verzeichnen.<br />
Da Großfirmen für den<br />
internationalem Markt produzieren<br />
Sonderdrucke –<br />
kostenlos zu bestellen<br />
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Szintigraphie von Knoten auch bei<br />
normalen TSH-Werten<br />
1. In mehreren internationalen Leitlinien<br />
zur diagnostischen Abklärung<br />
von Schilddrüsenknoten wird<br />
die Indikation zur Szintigraphie<br />
auf Patienten mit subnormalen<br />
TSH-Werten beschränkt. Dr. Rainer<br />
Görges vom Universitätsklinikum<br />
Essen et al. werteten retrospektiv<br />
in zehn nuklearmedizinischen<br />
bundesdeutschen Praxen<br />
aus, wie hoch der TSH-Wert bei<br />
eindeutig mehranreichernden<br />
Knoten war. Nach ihrer Untersuchung<br />
hatten nur 20 % der Patienten<br />
mit solchen „heißen“ Knoten<br />
einen TSH-Wert im subnormalen<br />
Bereich. Daher sollten auch Patienten<br />
mit normalen TSH-Werten<br />
in Deutschland sizintigraphiert<br />
werden, so der Autor.<br />
Dem schließt sich in einem Editorial<br />
auch Prof. Dr. Markus Luster<br />
aus Ulm an, der auch auf den<br />
langjährigen Jodmangel in<br />
Deutschland als Ursache hinweist.<br />
8<br />
und dabei ganz verschiedenen gesetzliche<br />
Bestimmungen zum Jodgehalt<br />
berücksichtigen müssten,<br />
greifen sie lieber gleich auf jodfreies<br />
Salz zurück. Verstärkt wird das<br />
Problem noch dadurch, dass eine<br />
Initiative der Europäische Union aus<br />
gesundheitlichen Gründen empfiehlt,<br />
den Salzgehalt in Lebensmitteln<br />
zu reduzieren. Da ein Hauptteil<br />
des Jods heute aber mit dem Salz<br />
aufgenommen wird, könnte es dadurch<br />
zu einer weiteren<br />
Reduktion der<br />
Jodversorgung kommen.<br />
Jodversorgung bei<br />
jungen Frauen und<br />
Kindern rückläufig<br />
Schon heute zeichnet<br />
sich in bestimmten Bevölkerungsgruppen<br />
wie<br />
Quelle: 1. Dr. Rainer Görges et<br />
al; Nuklearmedizin 2011; 50:<br />
179 –188<br />
2. Prof. Dr. Markus Luster et al;<br />
Nuklearmedizin 50: 175 –177<br />
Jodversorgung – kein Grund zur<br />
Entwarnung<br />
2. Nachdem es jahrelang bergauf<br />
ging, scheint die Jodversorgung in<br />
den letzten Jahren wieder rückläufig<br />
zu sein. In einer Beilage in<br />
„Hausarzt“ und „Ärztezeitung“<br />
geht Prof. Dr. Markus Luster auf<br />
mögliche Ursachen und zu befürchtende<br />
Auswirkungen des erneuten<br />
Jodmangels ein. Darüber<br />
hinaus werden neue Daten zur<br />
Jodversorgung bei Kindern und<br />
Erwachsenen vorgestellt und auf<br />
Therapieoptionen bei benignen<br />
Schilddrüsenknoten als Folge<br />
eines Jodmangels hingewiesen.<br />
Quelle: Beilage SM 1886 in „Der<br />
Hausarzt“ 7/2012, Ärztezeitung<br />
z. B. jüngeren Frauen und Kindern<br />
wieder eine mangelnde Jodversorgung<br />
ab. Die Ergebnisse einer bundesweiten<br />
repräsentative Erhebung<br />
des Robert-Koch-Instituts zur Jodversorgung<br />
in von erwachsenen Bundesbürgern<br />
werden mit Spannung<br />
im Sommer 2012 erwartet, heißt es<br />
in der Presseerklärung.<br />
Quelle: Pressemitteilung der DGN,<br />
April 2012<br />
CME-Fortbildung: Therapie von<br />
Schilddrüsenknoten<br />
3. In einer zertifizierten CME-Fortbildung<br />
gehen Prof. Dr. Martin<br />
Grußendorf aus Stuttgart und und<br />
Prof. Dr. Markus Luster aus Ulm<br />
auf Folgeerkrankungen des Jodmangels<br />
ein. Die Differenzialdiagnostik<br />
knotiger Schilddrüsenveränderungen<br />
wird erläutert und<br />
mögliche Therapieoptionen bei<br />
benignen Knoten und Strumen<br />
wie medikamentöse Therapie, Radiojodtherapie<br />
und Operation<br />
gegenübergestellt . Ausführlich<br />
werden dabei noch einmal die<br />
Ergebnisse der LISA-Studie und<br />
deren Bedeutung für die tägliche<br />
Praxis erörtert. Außerdem diskutieren<br />
die Autoren, ob in Deutschland<br />
im Vergleich zu anderen<br />
Ländern möglicherweise zu viele<br />
Schilddrüsenoperationen durchgeführt<br />
werden.<br />
Quelle: Beilage in „CME“, Band 8,<br />
Heft 5, 2012<br />
DIE<br />
Richtig ist die Antwort C.<br />
Zu A: Eine immunsuppressive Therapie<br />
ist bei Hashimoto-Thyreoiditis<br />
nicht indiziert, das sie den Autoimmunprozess<br />
nicht dauerhaft stoppen<br />
kann und zu nebenwirkungsreich<br />
ist.<br />
Zu B: Die Jodaufnahme mit<br />
der Nahrung hat keinen Einfluss<br />
auf den Verlauf einer<br />
Hashimoto-Thyreoiditis.<br />
Zu D: Ein Screening wird nur bei<br />
Kindern mit erhöhtem Risiko wie<br />
Chromosomenaberrationen, anderen<br />
Autoimmunerkrankungen<br />
oder positiver Familienanamnese<br />
empfohlen.<br />
Zu E: An einer Hashimoto-Thyreoiditis<br />
erkranken am häufigsten Frauen<br />
zwischen 50 und 60 Jahren.<br />
Impressum<br />
MULTIPLE<br />
CHOICE<br />
Antwort<br />
Herausgeber:<br />
Marketing Schilddrüse<br />
Geschäftsbereich Henning Berlin<br />
10898 Berlin<br />
Verantwortl. i. S. d. P.:<br />
Brigitte Knopp, Gerlinde Uslu<br />
Sanofi<br />
Text/Redaktion:<br />
Maria Weiss, Berlin<br />
Druck:<br />
Harfe Verlag und Druckerei GmbH,<br />
07422 Bad Blankenburg<br />
Zitierte Aussagen oder namentlich<br />
gekennzeichnete Artikel können<br />
Einzelmeinungen widerspiegeln,<br />
die nicht mit der Auffassung der<br />
Redaktion über einstimmen müssen.<br />
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