Pädiatrische Lebertransplantation 2011 - Transplantation.de
Pädiatrische Lebertransplantation 2011 - Transplantation.de
Pädiatrische Lebertransplantation 2011 - Transplantation.de
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
6<br />
<strong>Transplantation</strong>smedizin<br />
<strong>2011</strong>, 23. Jahrgang<br />
R. Ganschow<br />
Pädiatrische <strong>Lebertransplantation</strong> <strong>2011</strong><br />
hochaktiven antiretroviralen Therapie, ebenso<br />
wie bei Erwachsenen, nicht mehr als Kontraindikation<br />
für eine Ltx angesehen (7).<br />
Immunsuppression<br />
Die primäre Immunsuppression besteht in <strong>de</strong>n<br />
meisten bun<strong>de</strong>s<strong>de</strong>utschen Zentren aus Ciclosporin<br />
(CsA) und Steroi<strong>de</strong>n sowie aus einer Induktionstherapie<br />
mit Basiliximab. In internationalen<br />
Zentren wird hingegen als Calcineurininhibitor<br />
(CNI) oftmals Tacrolimus (Tac) anstelle<br />
<strong>de</strong>s CsA eingesetzt (8). Im Langzeitverlauf unterschei<strong>de</strong>n<br />
sich die bei<strong>de</strong>n CNI insbeson<strong>de</strong>re<br />
durch ihr Spektrum von unerwünschten Wirkungen.<br />
Beim CsA überwiegen kosmetische<br />
Beeinträchtigungen wohingegen beim Tac u. a.<br />
allergische Erkrankungen vermehrt beobachtet<br />
wer<strong>de</strong>n (9). Des Weiteren kommen bei selektiven<br />
Patienten Substanzen wie Azathioprin<br />
und mycophenolat mofetil (MMF), meist in<br />
Kombination mit einem CNI, zum Einsatz, wohingegen<br />
polyklonale Antikörper, wie z. B. das<br />
OKT3, für die Kin<strong>de</strong>rlebertransplantation obsolet<br />
sind. Ebenso wenig wird Antithymozytenglobulin<br />
(ATG) eingesetzt.<br />
Insgesamt ist die Höhe bzw. Intensität <strong>de</strong>r immunsuppressiven<br />
Therapie nach Ltx im Kin<strong>de</strong>s-<br />
und Jugendalter vergleichsweise niedrig.<br />
Eine Vielzahl <strong>de</strong>r Patienten benötigt ein Jahr<br />
nach <strong>de</strong>r Ltx nur noch eine Monotherapie mit<br />
einem CNI in niedriger Dosis (Talspiegel: CSA<br />
unter 100 mg/l, Tacrolimus unter 8 mg/l).<br />
Komplikationen<br />
Frühe Komplikationen nach pädiatrischer Ltx<br />
umfassen kleinere chirurgische Komplikationen<br />
wie Gallelecks o<strong>de</strong>r Blutungen. Unverän<strong>de</strong>rt<br />
gefürchtete Komplikationen umfassen<br />
Thrombosen <strong>de</strong>r Pforta<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Arteria hepatica.<br />
Diese haben oftmals <strong>de</strong>n Verlust <strong>de</strong>s<br />
Transplantates zur Folge, können jedoch durch<br />
eine konsequente Antikoagulation, ein stringentes<br />
Flüssigkeitsmanagement und regelmäßig<br />
durchgeführte Ultraschalluntersuchungen<br />
auf eine sehr geringe Inzi<strong>de</strong>nz reduziert wer<strong>de</strong>n.<br />
Des Weiteren führt sehr selten ein primäres<br />
Transplantatversagen zur Notwendigkeit<br />
<strong>de</strong>r notfallmäßigen Re-Ltx.<br />
Akute Abstoßungsreaktionen treten mit einer<br />
Inzi<strong>de</strong>nz mit bis zu 40% auf (10, 11, 12) und sollten<br />
immer bioptisch gesichert wer<strong>de</strong>n. Eine<br />
Steroidbolustherapie über 3 bis 5 Tage vermag<br />
in <strong>de</strong>r Regel diese erfolgreich zu therapieren.<br />
Im Langzeitverlauf nach Ltx sind drei Komplikationen<br />
beson<strong>de</strong>rs vorzuheben. Zum einen<br />
entwickelt sich bei einigen Patienten eine<br />
chronische Transplantatdysfunktion, wobei die<br />
Ursachen hierfür noch weitestgehend unklar<br />
sind und auch prädiktive klinische o<strong>de</strong>r immunologische<br />
Marker nach wie vor fehlen. An<strong>de</strong>rerseits<br />
ist auch davon auszugehen, dass insbeson<strong>de</strong>re<br />
pubertieren<strong>de</strong> Jugendliche eine mangeln<strong>de</strong><br />
Adhärenz bieten und ihre Immunsuppressiva<br />
nur unregelmäßig einnehmen. Letztendlich<br />
scheint auch die CNI-bedingte Nierenschädigung<br />
bei lebertransplantierten Kin<strong>de</strong>rn<br />
eine lange unterschätzte Rolle zu spielen, in bis<br />
zu 30% <strong>de</strong>r Fälle muss im Langzeitverlauf von<br />
einer eingeschränkten GFR ausgegangen wer<strong>de</strong>n<br />
(13, 14, 15).<br />
Auch bei einer Risiko-Konstellation für eine<br />
CMV-Infektion (Donor CMV+, Empfänger CMV<br />
neg.) ist eine klinisch relevante CMV-Infektion<br />
sehr selten gewor<strong>de</strong>n. Eine dreimalige prophylaktische<br />
Gabe eines Standard-Immunglobulinpräparates<br />
zeigte sich effektiv in <strong>de</strong>r Protektion<br />
einer CMV-Infektion (16). Im Falle einer relevanten<br />
und behandlungspflichtigen CMV-Infektion<br />
liegen inzwischen erste Daten für die<br />
Anwendung von Valganciclovir vor (17). Noch<br />
seltener wird bei o. g. niedriger Immunsuppression<br />
ein Posttransplantationslymphom (PTLD)<br />
beobachtet (18).<br />
Wie bei Erwachsenen besteht bei autoimmunologisch<br />
bedingten Lebererkrankungen ein<br />
gewisses Rezidivrisiko, welches mit 20-40% anzunehmen<br />
ist.<br />
Die Situation in Deutschland<br />
In <strong>de</strong>n vergangenen Jahren wur<strong>de</strong>n in<br />
Deutschland jeweils zwischen 90 und 100 <strong>Lebertransplantation</strong>en<br />
bei Kin<strong>de</strong>rn durchgeführt.<br />
Die Zahl <strong>de</strong>r <strong>Transplantation</strong>szentren,<br />
welche Kin<strong>de</strong>rlebertransplantationen durchführen,<br />
hat sich hingegen in <strong>de</strong>n letzten 5 Jahren<br />
mehr als verdoppelt. Im Jahre 2008 wur<strong>de</strong>n<br />
insgesamt 98 <strong>Lebertransplantation</strong>en bei Kin<strong>de</strong>rn<br />
und Jugendlichen bis zum 16. Lebensjahr<br />
in bun<strong>de</strong>s<strong>de</strong>utsche Zentren durchgeführt<br />
(Tab. 2). In 5 von 11 Zentren wur<strong>de</strong>n in diesem<br />
Jahr 5 o<strong>de</strong>r weniger <strong>Transplantation</strong>en durchgeführt,<br />
was ver<strong>de</strong>utlicht, dass die von Melter<br />
im Jahre 2007 gefor<strong>de</strong>rten Qualitätsanfor<strong>de</strong>rungen<br />
an ein Kin<strong>de</strong>r-Ltx-Zentrum (19) in praxi<br />
in Deutschland aktuell lei<strong>de</strong>r nicht realisiert<br />
wer<strong>de</strong>n. In an<strong>de</strong>ren europäischen Län<strong>de</strong>rn gibt<br />
es aus Grün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Qualitätssicherung klare<br />
Vorgaben, welches Zentrum unter welchen Voraussetzungen<br />
Kin<strong>de</strong>rlebertransplantationen<br />
durchführen darf.<br />
Im Jahre 2007 wur<strong>de</strong> die Arbeitsgruppe „Pädiatrische<br />
<strong>Lebertransplantation</strong>“ im Rahmen <strong>de</strong>r<br />
Gesellschaft für Pädiatrische Gastroenterologie<br />
und Ernährung (GPGE) e. V. gegrün<strong>de</strong>t, wobei<br />
wichtige Ziele bislang noch nicht umgesetzt<br />
wer<strong>de</strong>n konnten. So fehlt bislang ein bun<strong>de</strong>s<strong>de</strong>utsches<br />
Register für <strong>Lebertransplantation</strong>en<br />
im Kin<strong>de</strong>s- und Jugendalter und ebenso<br />
wären weitestgehend einheitliche Protokolle