Die gesamte Neujahrsrede von Dr. Günther Petry - Stadt Kehl
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5 Beispiel für ein Hindernis: Voies publiques und öffentliche<br />
Straßen<br />
Es gibt – ich sagte es schon – vielfältige Schwierigkeiten und Probleme, die<br />
in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit auftauchen. Sie werden<br />
deshalb sichtbar, weil grenzüberschreitende Projekte nicht zu den<br />
Normalfällen gehören, die in den jeweiligen staatlichen Regelwerken<br />
geregelt sind. Und manchmal kommen ganz einfach sprachliche Probleme<br />
dazu, so wie bei der Tram:<br />
2009 begannen wir nach langem politischem Vorlauf mit den gemeinsamen<br />
Planungen zur Verlängerung der Strasbourger Tram über den Rhein nach<br />
<strong>Kehl</strong>. Wir dachten, dass die notwendige Brücke im Rahmen des Freiburger<br />
Abkommens abgewickelt werden könnte. Um sicherzugehen, fragten die<br />
französischen Kollegen beim französischen Außenministerium nach, wir<br />
beim Auswärtigen Amt.<br />
<strong>Die</strong> Franzosen erhielten ein klares Ja zur Antwort. Das Auswärtige Amt<br />
sagte ja – aber andere Bundesministerien müssten noch zustimmen. Wenige<br />
Wochen später erreichte uns dann ein Schreiben, dass das Freiburger<br />
Abkommen in seiner bestehenden Form nicht auf die Tram-Brücke<br />
angewendet werden könne. Der Grund: Der französische Text des<br />
Freiburger Abkommens spricht in Artikel 1 und auch im weiteren Text <strong>von</strong><br />
"voies publiques", während der deutsche Text <strong>von</strong> "öffentlichen Straßen"<br />
spricht. Nach französischem Verständnis ist eine Straßenbahnstrecke eine<br />
"voie publique", nach deutschem Verständnis aber keine "öffentliche<br />
Straße".<br />
<strong>Die</strong>ser Umstand führte zu einigem Schriftwechsel und schließlich zu einem<br />
Treffen in Berlin, an dem Vertreter des Auswärtigen Amts, des<br />
Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur, des Bundesjustizministeriums,<br />
des Bundesinnenministeriums und der <strong>Stadt</strong> <strong>Kehl</strong> teilnahmen. Dabei wurde<br />
die Frage erörtert, ob – wegen der Trambrücke in <strong>Kehl</strong> – ein Nachtrag zum<br />
Freiburger Abkommen erarbeitet werden müsse (Dauer des Verfahrens:<br />
Minimum zwei Jahre) oder ob ein Notenwechsel (das heißt ein Austausch<br />
diplomatischer Briefe) ausreichend sein könne (Dauer: mehrere Monate).<br />
Glücklicherweise konnte man sich darauf verständigen, dass das Problem<br />
mit einem Notenwechsel beizulegen ist – dieser ist inzwischen erfolgt. Und<br />
das alles wegen einer sprachlichen Unschärfe!