Kater Murr, Pitschi und ein Göttergatte - Sonnengarten
Kater Murr, Pitschi und ein Göttergatte - Sonnengarten
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Was aber, wenn die Augen das Nadelöhr nicht Stücken trennt man sich schwer, auch wenn man<br />
mehr sehen oder es infolge der zittrigen Hände sie im <strong>Sonnengarten</strong> kaum mehr trägt.<br />
immer wieder verfehlt wird? Da springe ich dann<br />
Letzthin aber pressierte <strong>ein</strong>mal <strong>ein</strong>e Sendung <strong>und</strong><br />
hie <strong>und</strong> da <strong>ein</strong>, früher mehr der Not gehorchend<br />
ich konnte nicht bis zum Abend warten. Mühsam<br />
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als dem eigenen Triebe, nun aber immer mehr auch<br />
schleppte ich die Koffer auf den Balkon, damit<br />
mit Freude. Oftmals lege ich dann am Abend<br />
ich die Arbeit bei Sonnensch<strong>ein</strong> machen konnte.<br />
9<br />
neben mich Türme von Pullovern, Hemden, L<strong>ein</strong>tüchern,<br />
M<strong>ein</strong>e vierjährige Enkelin half mir dabei.<br />
Mänteln <strong>und</strong> was der Mensch sonst noch so<br />
«Gäll, i bi e Schwäri», m<strong>ein</strong>t sie nach dem Krampf.<br />
braucht seit dem Sündenfall, um s<strong>ein</strong>e Blösse zu<br />
Sie packte schnell die Koffer aus, <strong>und</strong> eh ich’s versah,<br />
bedecken, <strong>und</strong> m<strong>ein</strong> <strong>Göttergatte</strong> liest mir etwas<br />
hatte sie sich <strong>ein</strong> Béret auf den Kopf gesetzt,<br />
Spannendes vor, während m<strong>ein</strong>e Hände eifrig<br />
<strong>ein</strong>en Shawl um die Schultern <strong>und</strong> <strong>ein</strong> Tüchli um<br />
sticheln. Es ist unglaublich, wie viel man in so<br />
den Hals geb<strong>und</strong>en. Sie sah bezaubernd aus <strong>und</strong><br />
heimeligen St<strong>und</strong>en auf die Seite bringt. Und da<br />
schnell musste sie sich dem Mami zeigen. «sie hätt<br />
ich die Besitzer dieser Kleider meist (noch) nicht<br />
g’lachet», m<strong>ein</strong>t sie strahlend. Und nun erlebe ich<br />
kenne, träume ich mich so quasi in ihre Hüllen<br />
<strong>ein</strong>e richtige Modeschau. Mühsam zwängt sie sich<br />
hin<strong>ein</strong> <strong>und</strong> versuche, mir den Kern vorzustellen.<br />
in <strong>ein</strong>en lila Trikotrock, schürzt ihn mit beiden<br />
M<strong>ein</strong> Plausch am «Nämeli» Annähen<br />
Wenn man <strong>ein</strong>mal den Entschluss gefasst hat <strong>und</strong><br />
in den <strong>Sonnengarten</strong> <strong>ein</strong>gezogen ist, kommt<br />
unweigerlich etwas auf <strong>ein</strong>en zu, was für den<br />
<strong>ein</strong>en selbstverständlich, für den anderen aber <strong>ein</strong>e<br />
Plage ist: Alle Kleider müssen mit dem Namen des<br />
Besitzers versehen werden. Nicht nur mit Wäschestift,<br />
sondern <strong>ein</strong> »Nämeli» muss angenäht werden,<br />
damit die diversen «Nastüechli», Waschlappen <strong>und</strong><br />
Leibchen nicht das gleiche Schicksal erfahren wie<br />
<strong>ein</strong>ige ihrer «Kollegen», die als «namenloses Elend»<br />
jeden Monat auf dem Tischchen liegen <strong>und</strong> von<br />
ihren Besitzern nicht mehr erkannt werden.<br />
Da liegt Wäsche vor mir, alles aus r<strong>ein</strong>er Seide <strong>und</strong> Händen <strong>und</strong> betrachtet sich, kokett die Hüften<br />
Wolle: Das muss jemand s<strong>ein</strong>, der die Wichtigkeit wiegend, im Balkonfenster, kichernd, dann schallend<br />
lachend. «Mémé, wird i emol e Prinzessin,<br />
erkannt hat, in was sich der Mensch kleidet. Wenn<br />
dazu die Farben vorwiegend in Lila <strong>und</strong> Violett wenn i gross bi?» «Jo, denn muesch halt en Prinz<br />
leuchten, kann man fast mit Sicherheit annehmen, hürote.» «Jo, da tue-n-i. De Pépé (Grossvater)<br />
dass es <strong>ein</strong> Anthroposoph ist oder gar jemand vom siiicher, <strong>und</strong> wenn er stirbt, stirb i eifach au.»<br />
«Hügel», wenn alle Firmenetiketten den Namen<br />
«Mémé, tüe mer e chli singe?» «Was wöttsch<br />
Dornach tragen. Nieren- <strong>und</strong> Pulswärmer lassen<br />
denn?» – «Da vo de chrüseli-gäle.» «Ah, du m<strong>ein</strong>sch:<br />
auf Wärmebedürftige schliessen, während Pflegeleichtes<br />
mehr auf Naturen hinweist, die genug<br />
Roti, schwarzi, gibeli-gäli?» «Jo, aber i säg chrüseligäli.»<br />
Es wird flott gesungen, darauf bemerkt m<strong>ein</strong>e<br />
Rebecca: «I gang jetzt denn i d’Musikschuel zu<br />
Eigenwärme besitzen. Nachthemden aus schwerem<br />
L<strong>ein</strong>en <strong>und</strong> steifer Baumwolle, mit «Wallnähten»,<br />
de Fröl<strong>ein</strong> Klapperer.» «Kappeler – heisst sie.»<br />
wie ich sie auch noch unter Tränen <strong>und</strong> schwitzigen<br />
«Aha. Worom nöd Klapperer?» – «Mémé, för wa<br />
Händen lernen musste (es wurden nur «gräuliche»<br />
brucht me da?» Sie hat aus dem Wäscheberg <strong>ein</strong>en<br />
Würmer <strong>und</strong> trugen mir miserable Noten <strong>ein</strong>),<br />
Strumpfhalter gefischt. Mit wehmütigem Gefühl<br />
lassen auf <strong>ein</strong>en Charakter schliessen, der das Alte<br />
bemerke ich den Namen m<strong>ein</strong>er Mutter darin.<br />
achtet, hauptsächlich, wenn die Stücke «plätzet»<br />
Auch sie hat ihn geerbt; solche Raritäten führen im<br />
<strong>und</strong> «gwiflet» sind <strong>und</strong> trotzdem <strong>ein</strong>e Würde ausstrahlen.<br />
Sie könnten sicher Romane erzählen.<br />
<strong>Sonnengarten</strong> <strong>ein</strong> richtiges Wanderleben.<br />
«Mémé, darf i es Guetzli? Danke. – Bitte. Jetzt han<br />
Oder die vielen Sorten von «Unaussprechlichen»:<br />
i aber no Dorscht; darf i usem Bierchlumpe (Humpen)<br />
trinke?»<br />
Buxen Kaliber 56, handgestrickt <strong>und</strong> langb<strong>ein</strong>ig,<br />
Textilungetüme, Marke «Liebestöter», bis hin zu<br />
Wen w<strong>und</strong>ert es da, dass bei dieser Unterhaltung<br />
den f<strong>ein</strong>en, niedlichen Nylonspitzengebilden, die<br />
die Arbeit leicht vorankommt <strong>und</strong> wir die Koffer<br />
sich wie versehentlich ins Altersheim <strong>ein</strong>geschlichen<br />
haben. Der knöchellange Seidenunterrock<br />
wieder füllen können.<br />
«Mémé, gäll, jetzt hämmer aber viel g’schaffet,<br />
durfte sicher, unter dem Abendkleid versteckt, die<br />
jetzt bini müed; i lig ebitz ufs Kanabett (Kanapee).»<br />
Trägerin an Feste oder gar Bälle begleiten. Und die<br />
schwarze Samtjacke hat bestimmt schon manch<br />
Auch ich bin müde, aber Sie verstehen es jetzt:<br />
herrliches Konzert gehört <strong>und</strong> manche Mode überdauert<br />
in ihrer klassischen Schönheit. Von<br />
«I ha ächt de Plausch bim Nämele.»<br />
solchen