Mitteilungsblatt 2013
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Mitteilungsblatt 2013
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e historische Bild- und Filmpräsentationen und natürlich<br />
auch Personenführungen durch das Objekt. Im Mittelpunkt<br />
des Vormittags stand zweifellos die Eröffnung der<br />
Gemeinsamen Dokumentenausstellung der Stadtarchive<br />
Eschwege und Schmalkalden zum Leben und Wirken<br />
des bekannten Sozialdemokraten Ludwig Pappenheim<br />
(1887-1934). Nachdem diese Exposition 2012 bereits in<br />
seiner Geburtsstadt Eschwege und in seinem späteren<br />
Wohnort Schmalkalden gezeigt worden war, wurde sie<br />
erstmals außerhalb dieser beiden Städte präsentiert.<br />
Denn vor genau 80 Jahren befand sich der damalige preußische<br />
SPD-Provinziallandtagsabgeordnete Ludwig Pappenheim<br />
mehrere Monate in jenem Suhler Gefängnis in<br />
sogenannter Schutzhaft, das heute vom Thüringischen<br />
Staatsarchiv Meiningen als Außenstelle genutzt wird.<br />
Von dort aus begann letztendlich auch sein Leidensweg<br />
bis zu seiner Ermordung durch die Nationalsozialisten am<br />
4. Januar 1934 im KZ Neusustrum. Zur großen Freude der<br />
Veranstalter konnten die beiden hochbetagten Söhne von<br />
Ludwig Pappenheim, Günther und Kurt Pappenheim, dieser<br />
Veranstaltung beiwohnen. Die Eröffnungsrede hielt<br />
die Schirmherrin der Ausstellung, die Bundestagsabgeordnete<br />
und parlamentarische Geschäftsführerin der<br />
SPD-Bundestagsfraktion, Iris Gleicke. In ihrer engagierten<br />
Rede erinnerte sie an den politisch unbeirrbaren und<br />
moralisch integeren Menschen Ludwig Pappenheim, der<br />
für seinen Kampf für eine gerechte und demokratische<br />
Gesellschaft sein Leben lassen musste.<br />
Nachdem die Macher der Ausstellung, York-Egbert König<br />
vom Stadtarchiv Eschwege und Ute Simon vom Stadtund<br />
Kreisarchiv Schmalkalden, das Ausstellungsprojekt<br />
näher vorgestellt hatten, ergriffen die Söhne von Ludwig<br />
Pappenheim das Wort. Günter Pappenheim, der selbst<br />
1943 im Suhler Gefängnis von der Gestapo inhaftiert war<br />
und dort gefoltert wurde, ehe er in das berüchtigte KZ Buchenwald<br />
kam, schilderte die liebevolle Beziehung seines<br />
Vaters zu seinen Kindern und beklagte den großen Verlust<br />
mit seinem Tod im Jahr 1934. Der heutige Vizepräsident<br />
des Internationalen Buchenwald-Komitees erinnerte<br />
in eindringlichen Worten an den Schwur von Buchenwald,<br />
nie wieder Faschismus zuzulassen und jedes Aufflackern<br />
von nationalistischen und faschistischen Tendenzen in<br />
der Gesellschaft konsequent zu bekämpfen. Ähnlich beeindruckende<br />
Worte fand im Anschluss der jüngere Bruder<br />
Kurt Pappenheim. Die große Resonanz, die diese Ausstellungseröffnung<br />
fand, bestätigte auch die Absicht der<br />
Veranstalter, die Geschichte des Gefängnisses ausgewogener<br />
als bisher darzustellen. Dennoch wurde natürlich<br />
mit den anderen Dokumentenausstellungen nachhaltig<br />
auf die DDR-Geschichte aufmerksam gemacht.<br />
So wurde u. a. vom Thüringischen Staatsarchiv Meiningen<br />
in Anbetracht des unmittelbar bevorstehenden 60.<br />
Jahrestages des Volksaufstandes vom 17. Juni 1953 eine<br />
inhaltlich und technisch überarbeitete Dokumentenausstellung<br />
über die Geschehnisse im Bezirk Suhl in jenen<br />
Wochen vorgestellt.<br />
Mit der Geschichte der DDR befasste sich auch der zweite<br />
Veranstaltungshöhepunkt des Tages am Nachmittag.<br />
Unter der Fragestellung „Die Geschichte der DDR – nur<br />
eine böse Diktatur“ diskutierten fast zwei Stunden im<br />
Rahmen einer Podiumsdiskussion der Oberkirchenrat<br />
Ludwig Große, der Lehrer Martin Mroß, der Pfarrer Michael<br />
Wagner und die Landesbeauftragte für die Unterlagen<br />
des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, Hildigund<br />
Neubert über ihre persönliche Wahrnehmung der<br />
Geschichte der DDR. Die Veranstaltung wurde einfühlsam<br />
vom Professor für Neuere und Zeitgeschichte an der Universität<br />
Erfurt, Gunter Mai, moderiert. Interessanter Vorspann<br />
zu dieser Veranstaltung war die erstmalige öffentliche<br />
Präsentation eines viertelstündigen ZDF-Magazinbeitrages<br />
über die damalige Bezirkshauptstadt Suhl im<br />
Jahr 1974, der nach 1990 über viele Zwischenstationen<br />
im Thüringischen Staatsarchiv Meiningen gelandet war.<br />
Als letzten Programmpunkt ließ der Suhler Liedermacher<br />
Holger Uske mit seinen poetischen Texten und Songs aus<br />
seinem Programm „Erdfahrt“ den Tag nachdenklich-besinnlich<br />
ausklingen. Insgesamt konnten die Veranstalter<br />
des Thüringischen Staatsarchivs bei herrlichem Sommerwetter<br />
650 Besucher begrüßen, und damit die Zahl von<br />
400 Besuchern im Jahr 2011 erheblich überbieten. Alle interessierten<br />
Leser, die einen filmisch professionell aufbereiteten<br />
Mitschnitt dieser Veranstaltung im Umfang von<br />
15 Minuten sehen möchten, sollten online diesem Link<br />
folgen: http://www.ustream.tv/recorded/34563135<br />
Historischer Buchhof (Foto: Dr. Norbert Moczarski, Thüringisches Staatsarchiv Meiningen)<br />
„Archive in Thüringen“ <strong>2013</strong><br />
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