"rosalux" 3/2008 - Rosa-Luxemburg-Stiftung
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Bericht<br />
habe keine Bedeutung mehr und Frauen<br />
stünden heute alle Türen offen. Ausgestattet<br />
mit Ehrgeiz und einer guten Ausbildung<br />
werden sie heute sogar Kanzlerin. Aber nur,<br />
weil eine Frau an der Spitze steht, heißt das<br />
noch lange nicht, dass sich die geschlechterspezifi<br />
schen Benachteiligungen für Frauen<br />
in der Gesellschaft in Luft aufl ösen. Auch<br />
wenn das Thema Gleichberechtigung heute<br />
in vielen Bereichen selbstverständlicher geworden<br />
ist, gibt es noch viel zu tun. Frauen<br />
erhalten noch immer weniger Lohn für gleiche<br />
Arbeit und sind im besonderen Maße<br />
von Hartz IV, Armut und Niedriglöhnen betroffen.<br />
Leitende Positionen werden immer<br />
noch von Männern dominiert, selbst bei der<br />
Frauenzeitschrift »Brigitte« sitzt ein Mann<br />
auf dem Chefsessel. Nach wie vor ist es vor<br />
allem »Frauensache«, Lohnarbeit, politisches<br />
Engagement, Kinder und Hausarbeit unter<br />
einen Hut zu bringen. Trotzdem hört Frau<br />
täglich in den Medien, dass es zu wenige<br />
Kinder gäbe.<br />
Die Feministinnen der dritten Welle haben<br />
etwas zu sagen. Sie setzen sich für die Geschlechtergerechtigkeit<br />
ein, distanzieren sich<br />
jedoch vom »Emma-Feminismus« und passen<br />
ihre Themen an die heutige Gesellschaftsrealität<br />
an. Die klassischen feministischen<br />
Themen, wie Abtreibung und Vereinbarkeit<br />
von Beruf und Familie, stehen nicht mehr<br />
alleine im Mittelpunkt, die feministische<br />
Perspektive wird auf jeden Lebensbereich<br />
und jedes Thema angewandt. Die Frage des<br />
Geschlechts wird analytisch mit weiteren<br />
Kategorien verzahnt, wie Hautfarbe, Nationalität<br />
oder Klassenzugehörigkeit. Popfeministinnen<br />
kritisieren die Lebenswelt im Kapitalismus,<br />
wozu die Politik, das Fernsehen,<br />
die Werbung oder die Musik gehören.<br />
Das Fazit des Seminars lautete: Feminismus<br />
ist (wieder) sexy – nicht als weiterer Zwang,<br />
sondern als Chance, daraus einen coolen<br />
Lifestyle zu machen, der auch noch Spaß<br />
macht.<br />
Frauenthemen müssen gestärkt werden,<br />
auch in der Kommunalpolitik. Am vierten<br />
Tag bekam die Runde daher Besuch von<br />
Katharina Weise, die aus ihrer eigenen Erfahrung<br />
als Kommunalpolitikerin und über<br />
die kommunalpolitische Bildungsarbeit der<br />
<strong>Rosa</strong>-<strong>Luxemburg</strong>-<strong>Stiftung</strong> vor allem in den<br />
westdeutschen Bundesländern berichtete.<br />
Unterstützung bekam sie von Claudia Butta,<br />
die von ihrem gewerkschaftlichen Engagement<br />
in einer Frauengruppe erzählte, und<br />
von Conny Swillus-Knöchel, die über ihre<br />
Arbeit in der Partei DIE LINKE, insbesondere<br />
in der AG Lisa, referierte.<br />
Nach den Erfahrungsberichten blieb den<br />
Frauen genug Raum, sich Gedanken zu<br />
machen, wie sie sich in Zukunft politisch<br />
einbringen werden und wie sie ihr eigenes<br />
Engagement im Hinblick auf Frauenthemen<br />
verstärken können. Lange Diskussionen gab<br />
es über die Frauenquote, auf die bestanden<br />
werden müsse. Grundtenor des Seminars<br />
war, dass Frauen durch ihr politisches Engagement<br />
innerlich gestärkt werden, auch<br />
wenn sie oft mit Widerständen und Herausforderungen<br />
umgehen müssen. Dass es<br />
wichtig ist, sich ein eigenes Profi l zu erarbeiten,<br />
sich auf einen Themenbereich zu<br />
konzentrieren und die eigene Arbeit immer<br />
wieder zu refl ektieren, war eine Quintessenz<br />
des Seminars.<br />
Julia Killet ist Mitglied des Vorstandes<br />
der <strong>Rosa</strong>-<strong>Luxemburg</strong>-<strong>Stiftung</strong> Nordrhein-<br />
Westfalen.<br />
Lifestyle-Feminismus, cool unter freiem Himmel<br />
<strong>Rosa</strong>Lux 3_ <strong>2008</strong> 11