"rosalux" 3/2008 - Rosa-Luxemburg-Stiftung
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Thema<br />
falls attraktiv erscheinen (vgl. SIREN-Studie).<br />
Solche an soziale Alltagserfahrungen<br />
anknüpfende Ansätze sind für die Erklärung<br />
des relativen Aufschwungs der extremen<br />
Rechten in Deutschland und Europa vorwärtsweisend.<br />
Sie liefern auch eine bessere<br />
Erklärung für ostdeutsche Schwerpunktregionen<br />
der extremen Rechten, als dies mit dem<br />
ausschließlichen Verweis auf die autoritäre<br />
Hinterlassenschaft der DDR möglich ist.<br />
Auch die extreme Rechte reagiert auf die veränderten<br />
sozioökonomischen Bedingungen.<br />
Während die NPD die soziale Frage für sich<br />
neu entdeckt hat, hier jedoch vor allem<br />
auf völkische Konzepte des Faschismus zurückgreift,<br />
nahmen zahlreiche erfolgreiche<br />
Parteien der extremen Rechten in Europa<br />
Anleihen bei neoliberalen Argumentationsmustern<br />
und entwickelten eine spezifi sche<br />
Form des Standortnationalismus (Ch. Butterwegge),<br />
womit sie teilweise für konservative<br />
und christliche Parteien bündnisfähig wurden.<br />
Mit dem Stichwort Rechtspopulismus<br />
wird die Form des Auftretens solcher modernisierter<br />
Parteien der extremen Rechten<br />
beschrieben, die traditionelle Inhalte der extremen<br />
Rechten (Rassismus, Nationalismus)<br />
mit neoliberalen Elementen vermischen.<br />
Für die Einschätzung des Potenzials der<br />
extremen Rechten sind Einstellungsuntersuchungen<br />
und Langzeitstudien zur Entwicklung<br />
ausgrenzender und autoritärer<br />
Einstellungen von großer Bedeutung (Heitmeyer,<br />
Brähler/Decker), da mit ihnen die<br />
Entwicklungen der Mehrheitsgesellschaft<br />
in den Blick genommen werden. Für eine<br />
möglichst umfassende Erklärung aktueller<br />
Entwicklungen der extremen Rechten in<br />
Deutschland und Europa ist die Kombination<br />
verschiedener Interpretationsansätze<br />
sinnvoll und fruchtbar, da sie unterschiedliche<br />
Ursachen und Phänomene untersuchen<br />
und es keine allgemeingültige Theorie<br />
gibt, die die Entstehung der extremen Rechten<br />
hinreichend erklärt.<br />
Dr. Gerd Wiegel ist Referent für Rechtsextremismus<br />
und Antifaschismus in der<br />
Fraktion DIE LINKE. im Bundestag.<br />
Literatur:<br />
Bathke, Peter/Spindler, Susanne (Hrsg.) (2006):<br />
Neo liberalismus und Rechtsextremismus in Europa. Zusammenhänge<br />
– Widersprüche – Gegenstrategien, Texte<br />
29 der RLS, Berlin<br />
Brähler, Elmar/Decker, Oliver (2006b):<br />
Vom Rand zur Mitte. Rechtsextreme Einstellungen und<br />
ihre Einfl ussfaktoren in Deutschland, hrsg. von der<br />
Friedrich-Ebert-<strong>Stiftung</strong>, Berlin<br />
Butterwegge, Christoph/Hentges, Gudrun (Hrsg.)<br />
(<strong>2008</strong>): Rechtspopulismus, Arbeitswelt und Armut.<br />
Befunde aus Deutschland, Österreich und der Schweiz,<br />
Opladen & Framington Hills<br />
Heitmeyer, Wilhelm (Hrsg.) (2003 ff.): Deutsche Zustände,<br />
Frankfurt am Main<br />
Stöss, Richard (2005): Rechtsextremismus im Wandel<br />
(hrsg. von der Friedrich-Ebert-<strong>Stiftung</strong>), Berlin<br />
12.06.2004 / Alt-Friedrichsfelde<br />
Gegen 22 Uhr wird der 18-jährige Djamal auf der Straße<br />
Alt-Friedrichsfelde, in der Nähe der Diskothek »Kalinka«<br />
von zwei Angreifern auf den Boden geworfen, mit Schlägen<br />
und Tritten traktiert und rassistisch beschimpft.<br />
Es werden ihm mehrere Rippen gebrochen.<br />
Anschließend schleppt er sich in einen Hausflur und bricht<br />
bewusstlos zusammen.<br />
Er muss stationär behandelt werden.<br />
Berliner Kurier, 16.06.2004<br />
<strong>Rosa</strong>Lux 3_ <strong>2008</strong> 15