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Warum ist das alles für die Markenführung so relevant?
Weil dies eine Entwicklung ist, die gesellschaftliche Implikationen hat. Weil sich nicht nur
die Medienlandschaft und die Technologie ändern, sondern mit ihr auch das Verhalten der
Menschen. Und damit auch, wie sie ihr Markenwissen erwerben.
Warum gesellschaftlicher Wandel? Technologischer Wandel allein verändert noch keine
Gesellschaft – er tut es nur, wenn er Resonanz in Bedürfnissen findet. Und diese Bedürfnisse
sind meistens nicht neu, sondern uralt und werden nur neu interpretiert und bedient.
Das Automobil revolutionierte das Verständnis von Mobilität, Flexibilität und Freiheit.
Das, was wir momentan erleben, vergleichen manche Medienwissenschaftler mit der Einführung
des Buchdrucks. Selbiger ermöglichte erstmals die Reproduktion und Verbreitung
von Wissen. Und schuf auch – durch die Strukturierung in Kapitel, Abschnitte, etc. – unser
analog-sequentielles Weltbild mit einem linear-kausalen Denken.
Das Internet gibt den Menschen nun Wissen und Macht in die Hand wie vorher nur der
Buchdruck. Die Vollendung erfolgt durch das Web 2.0, das den Menschen darüber hinaus
auch Kontrolle über Inhalte in die Hand gibt. So wie der Buchdruck den Beginn der Säkularisierung
und den Machtverlust der Kirchenfürsten bedeutete, so droht das Web 2.0
heute viele Monarchen der Markenartikelindustrie zu entmachten, wenn sie sich nicht an
die neue Zeit anpassen können. Die Geschwindigkeit nimmt zu. Beliebig viele
Informationen, nur eine Zuckung des Zeigefingers entfernt. Klick.
Dagegen ist die Fernbedienung des Fernsehers gar nichts. Man klickt sich durch. Und
nimmt sich kaum Zeit mehr. Entweder, eine Seite spricht sofort an – oder man ist schon
auf der nächsten. Vergleichen Sie mal die Länge eines Webtextes mit dem einer
Zeitschrift oder Zeitung. Es muss schon auf eine Bildschirmseite gehen, damit es eine
Chance hat. Und diese Art der Informationsaufnahme, das Kurze, Gehetzte, Komprimierte,
wird zum allgemeinen Standard. Die Geduld sinkt, die Bereitschaft sich mit etwas in der
Tiefe auseinanderzusetzen ebenso. Gleichzeitig steigt die Reizschwelle, die überschritten
werden muss, um überhaupt noch wahrgenommen zu werden. Das Normale, Alltägliche
läuft Gefahr unterzugehen.
Markenführung 2020 - Christoph Prox 4