Dialog 55 - KSG Hannover
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Wissenswert<br />
Erfinder im Königreich <strong>Hannover</strong><br />
Straßennamengeschichte(n) – die Hackethalstraße in Langenhagen<br />
Zweigeschossige Wohnhäuser,<br />
blaue Vorstellbalkone, buntes<br />
Herbstlaub in den Vorgärten: Die<br />
Hackethalstraße in Langenhagen<br />
hat ihren ganz eigenen Charme.<br />
Den Menschen, die hier leben<br />
gefällt’s. Selten sieht man so viele<br />
Nachbarn nett plauschen.<br />
Die Arbeitsbedingungen in den Hackethal-<br />
Draht- und Kabelwerken <strong>Hannover</strong> waren hart.<br />
»Hackethal? War das nicht dieser<br />
umstrittene Mediziner?«. War<br />
er. Aber der hieß Julius mit Vornamen<br />
und hat mit der Namens-<br />
Patenschaft nichts zu tun. Im<br />
19. Jahrhundert lag Langenhagen<br />
noch weit vor den Toren der Landeshauptstadt<br />
<strong>Hannover</strong>. Was ein<br />
bisschen schade war, denn die<br />
Leine metropole war damals eine<br />
echte königliche Residenzstadt, Sitz<br />
des Welfen-Regenten Ernst August.<br />
Der letzte König von <strong>Hannover</strong>: der<br />
mit dem Standbild vorm Bahnhof.<br />
In <strong>Hannover</strong> trat im Jahre 18<strong>55</strong><br />
der 19-jährige, frisch gebackene<br />
Abiturient Louis Hackethal in die<br />
»Königliche Post- und Telegraphenverwaltung«<br />
ein. Der Telegraph war<br />
die fortschrittlichste Technik der<br />
damaligen Zeit. Blitzschnell konnte<br />
man Nachrichten über weite Entfernungen<br />
morsen. Wer also damals<br />
in einer so modernen Anstalt arbeitete,<br />
wurde mit einer ebensolchen<br />
Mischung aus Faszination und Kopfschütteln<br />
angeschaut wie heute<br />
pfiffige Internet-Pioniere.<br />
Und pfiffig war Louis Hackethal<br />
wohl über alle Maßen. Mit 39 Jahren<br />
leitet er das Amt bereits als<br />
Telegraphendirektor und Vorsteher<br />
Idylle in Langenhagen – hier lebt man gern.<br />
der Fernsprechämter <strong>Hannover</strong><br />
und Bremen. Inzwischen gab es<br />
nämlich eine weitere ungeheuerliche<br />
Erfindung: das Telefon. Nur<br />
mit dem Königreich war es vorbei.<br />
Das hatten die Preußen annektiert<br />
und wenig später in ein Kaiserreich<br />
verwandelt. Louis Hackethal saß<br />
am Puls der Zeit, für 20 Jahre an<br />
der Spitze des Fortschritts. Pensionierung,<br />
das gab es für ihn nicht.<br />
Statt in den wohlverdienten Ruhestand<br />
zu treten, tüftelte er weiter.<br />
1894 entdeckte er, dass mit Mennige<br />
gestrichene Eisenträger nach<br />
kurzer Zeit keine Elektrizität mehr<br />
leiteten.<br />
Gleichzeitig explodierte aufgrund<br />
der eben erwähnten Erfindungen<br />
der Bedarf an Kabeln geradezu. Nur<br />
dass diese sehr schnell rosteten,<br />
wie alles Metall. Drei Jahre tüftelte<br />
Louis Hackethal an einer perfekte<br />
Mischung für Kabel, die über<br />
ein sehr gute Isolation und hohe<br />
Wetterbeständigkeit verfügten:<br />
der Hackethaldraht. Die Patente<br />
darauf bildeten den Grundstein der<br />
1906 gegründeten Hackethalwerke<br />
an der heutigen Vahrenwalder Straße<br />
in <strong>Hannover</strong>.<br />
Nach einer Jahrzehnte andauernden<br />
Erfolgsgeschichte und verschiedenen<br />
Bezeichnungen, die klangvollste<br />
sicherlich »kabelmetall«,<br />
wechselte die Firma schlussendlich<br />
in die Hände der französischen<br />
Betreiber Nexan.<br />
Von all dem bekam Lois Hackethal<br />
aber nichts mehr mit. Er starb friedlich<br />
und hoch geehrt 1911, im Alter<br />
von 75 Jahren – noch zu Kaisers<br />
Zeiten. z<br />
<strong>Dialog</strong> Magazin für Bauen und Wohnen 19