Altenhilfe auf dem Weg in die Zukunft - Barmherzige Brüder Trier e. V.
Altenhilfe auf dem Weg in die Zukunft - Barmherzige Brüder Trier e. V.
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Schwerpunkt <strong>Altenhilfe</strong><br />
und Blumen wachsen. Nach <strong>dem</strong> Abendbrot<br />
hilft Frau S. meist noch beim Aufräumen der<br />
Wohnküche und sitzt später noch e<strong>in</strong>e Weile<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en Runde im Gespräch. Ab und<br />
zu badet sie am Abend <strong>in</strong> <strong>dem</strong> schönen Pflegebad.<br />
Duftende Essenzen im Badewasser und<br />
entspannende Musik geben meist <strong>die</strong> richtige<br />
„Bettschwere“. Manchmal räumt sie aber auch<br />
nachts mit Ausdauer ihren Kleiderschrank <strong>auf</strong><br />
oder sitzt mit der Nachtschwester <strong>auf</strong> e<strong>in</strong>e Tasse<br />
Kakao zusammen.<br />
Altenheim Maria vom Siege,<br />
Plaidt, Sonnenblumen-Ebene<br />
Auch im Altenheim Maria vom Siege kann<br />
e<strong>in</strong>e positive Bilanz gezogen werden. Da das<br />
Verhalten der Mitarbeiter das Verhalten des<br />
Bewohners bee<strong>in</strong>flusst, wurde <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Auswahl<br />
der Mitarbeiter, <strong>die</strong> <strong>auf</strong> <strong>die</strong>ser Wohnebene e<strong>in</strong>gesetzt<br />
s<strong>in</strong>d, sehr großen Wert gelegt. Sie haben<br />
sich freiwillig für <strong>die</strong> Dementenbetreuung entschieden<br />
und besitzen e<strong>in</strong>e alle akzeptierende<br />
und wertschätzende Grundhaltung. Diese ist<br />
geprägt durch <strong>die</strong> Liebe zum <strong>dem</strong>enten Menschen.<br />
Sie besitzen Kenntnisse über Validation<br />
und Biographiearbeit und haben großes<br />
Interesse zur persönlichen Weiterentwicklung<br />
und Fortbildung. Jeder von den Mitarbeitern,<br />
ob Hauswirtschaft oder Pflege, weiß, dass<br />
<strong>die</strong> Betreuung von <strong>dem</strong>enten Menschen e<strong>in</strong>e<br />
große Herausforderung ist und <strong>die</strong>ses nur <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em gut e<strong>in</strong>gespielten Team funktionieren<br />
kann. Alle Mitarbeiter verstehen den Begriff<br />
der Ganzheitlichkeit. Sie sehen <strong>die</strong> Vorlieben<br />
und Eigenarten unserer Bewohner und nehmen<br />
<strong>die</strong>se ernst. Körperliche Pflege reicht bei<br />
der Betreuung von <strong>dem</strong>enten Menschen nicht.<br />
Gerade <strong>die</strong> Seele will gehört werden. Viele nicht<br />
<strong>auf</strong>gearbeitete Probleme von früher erzeugen<br />
häufig nicht verständnisvolles Verhalten. In<br />
unserer E<strong>in</strong>richtung gibt es e<strong>in</strong>e Bewohner<strong>in</strong>,<br />
<strong>die</strong> sich jahrelang von ihrer Schwester<br />
ausgenutzt fühlte. Sie steht jetzt stundenlang<br />
vor e<strong>in</strong>em großen Spiegel <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> Flur und<br />
schimpft mit <strong>dem</strong> Spiegelbild. In <strong>dem</strong> Spiegel<br />
sieht sie ihre Schwester. Dieses zuzulassen bedeutet,<br />
dass sie ihre tiefe Wut und ihre verletzten<br />
Gefühle, <strong>die</strong> sie ihr ganzes Leben unterdrückt<br />
hat, ausleben kann und darf.<br />
Vor der Implementierung des Dementenkonzeptes<br />
gab es zwar e<strong>in</strong>ige ehrenamtliche<br />
Mitarbeiter, sie wurden aber nicht gezielt <strong>in</strong><br />
der Betreuung e<strong>in</strong>gesetzt. Heute s<strong>in</strong>d fünf ehrenamtliche<br />
Mitarbeiter im Team <strong>in</strong>tegriert.<br />
Sie haben klar def<strong>in</strong>ierte Aufgaben, <strong>die</strong> ihren<br />
eigenen Fähigkeiten entsprechen und s<strong>in</strong>d so<br />
e<strong>in</strong>e große Unterstützung im Bereich der Aktivierungs-<br />
und Betreuungsangebote, <strong>die</strong> über<br />
Waffeln backen, Vorlesen, S<strong>in</strong>gen, Beten, Ball<br />
spielen, Spaziergänge, Haarstyl<strong>in</strong>g, Er<strong>in</strong>nerungspflege<br />
h<strong>in</strong>ausgehen. Jeder ehrenamtliche<br />
Mitarbeiter hat se<strong>in</strong>e festen Wochentage<br />
an denen er sich e<strong>in</strong>setzen lässt. Die Wohngruppenleitung<br />
ist der Ansprechpartner und<br />
organisiert Fortbildungs-, Informationsveranstaltungen<br />
oder e<strong>in</strong>fach nur e<strong>in</strong>en kollegialen<br />
Austausch. Alle ehrenamtlichen Mitarbeiter<br />
besitzen e<strong>in</strong>e wertschätzende, akzeptierende<br />
Grundhaltung, sehr viel Engagement und<br />
Liebe zu ihrer Aufgabe.<br />
Man darf nicht vergessen, dass der Bewohner<br />
mit se<strong>in</strong>er eigenen Biographie und se<strong>in</strong>er<br />
gesamten Familie <strong>in</strong>s Altenheim kommt. Somit<br />
haben wir es nicht nur mit e<strong>in</strong>em Menschen<br />
und se<strong>in</strong>em gelebten Leben zu tun. Wir müssen<br />
bedenken, dass schon der Entschluss für<br />
e<strong>in</strong>en Heime<strong>in</strong>zug e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>schneidendes Erlebnis<br />
für e<strong>in</strong>e Familie ist. K<strong>in</strong>der<br />
werden zu Eltern und umgekehrt.<br />
Die Angehörigenarbeit<br />
beg<strong>in</strong>nt mit <strong>dem</strong> E<strong>in</strong>zug <strong>in</strong><br />
unser Haus. Unser Wunsch ist<br />
es, dass sie sich auch bei uns<br />
zu Hause fühlen können. Dieses<br />
versuchen wir umzusetzen,<br />
<strong>in</strong><strong>dem</strong> wir e<strong>in</strong>e vertrauensvolle<br />
Beziehung <strong>auf</strong>bauen und<br />
Angehörige e<strong>in</strong>beziehen und<br />
<strong>in</strong>formieren. Sie s<strong>in</strong>d uns den<br />
ganzen Tag von montags bis<br />
sonntags herzlich willkommen<br />
und unterstützen unsere<br />
Arbeit, <strong>in</strong><strong>dem</strong> sie als „Brücke“<br />
zur Lebens geschichte unserer<br />
Bewohner wirken. Wir bieten<br />
regelmäßige Informationsveranstaltungen<br />
an, z. B. zum Krankheitsbild<br />
Demenz, Validation, <strong>die</strong> unseren Angehörigen<br />
Sicherheit im Umgang mit ihren Eltern br<strong>in</strong>gen,<br />
bieten ihnen Gelegenheiten zum E<strong>in</strong>nehmen<br />
von geme<strong>in</strong>samen Mahlzeiten, Austausch<br />
mit anderen Angehörigen, Teilnahme an allen<br />
Festen und Aktivitäten des Hauses. Im L<strong>auf</strong>e<br />
der Zeit ist e<strong>in</strong>e sehr familiäre Atmosphäre<br />
entstanden, <strong>die</strong> unseren Bewohnern und ihren<br />
Angehörigen sehr gut tut.<br />
Durch <strong>die</strong> Implementierung unseres<br />
Konzeptes ist es uns allen bewusst geworden,<br />
wie wichtig e<strong>in</strong>e für den Bewohner s<strong>in</strong>nvolle<br />
Aufgabe ist. Sie stärkt se<strong>in</strong> Selbstwertgefühl<br />
und <strong>die</strong> Freude am Leben. Da bei uns fast ausschließlich<br />
nur Frauen wohnen, s<strong>in</strong>d ihnen<br />
hauswirtschaftliche Tätigkeiten sehr vertraut.<br />
Sie beherrschen vertraute Tätigkeiten wie<br />
Tücher zusammenlegen, Kartoffeln schälen,<br />
Gemüse putzen, <strong>auf</strong>grund der vorhandenen<br />
Fähigkeiten im Langzeitgedächtnis noch sehr<br />
gut, und freuen sich <strong>die</strong>ses fast täglich zu<br />
tun. E<strong>in</strong>e Bewohner<strong>in</strong>, <strong>die</strong> früher e<strong>in</strong>e Gaststätte<br />
gepachtet hatte, achtet sehr genau <strong>auf</strong><br />
saubere Tischwäsche. Sie deckt mit großer<br />
Begeisterung den Kaffeetisch e<strong>in</strong> und er<strong>in</strong>nert<br />
sich dabei an früher, wo sie noch „geschafft“<br />
hat. Mit der Implementierung unseres Dementenkonzeptes<br />
haben wir uns auch für <strong>die</strong><br />
E<strong>in</strong>führung von F<strong>in</strong>gerfood entschieden. Viele<br />
Demente kommen mit <strong>dem</strong> Besteck nicht<br />
mehr zurecht und deshalb haben wir ihnen<br />
früher vermehrt das Essen angereicht. Durch<br />
das Essen mit den F<strong>in</strong>gern ist ihnen e<strong>in</strong> selbstständiges<br />
Essen wieder möglich und <strong>die</strong>ser<br />
Das aktive Mithelfen stärkt das Selbstwertgefühl und<br />
<strong>die</strong> Freude am Leben.<br />
Gew<strong>in</strong>n an Selbstständigkeit bedeutet auch<br />
Fortschritt und Förderung des Selbstwertgefühls.<br />
Der schön gedeckte Tisch sorgt für e<strong>in</strong>e<br />
angenehme Atmosphäre bei den Bewohnern<br />
und trägt zum Zusammengehörigkeitsgefühl<br />
bei. Sie können ihren eigenen Rhythmus und<br />
ihr eigenes Tempo wiederf<strong>in</strong>den, ohne Stress<br />
und Hektik und Ausgrenzung am Tisch. Ke<strong>in</strong>er<br />
hat etwas dagegen, wenn e<strong>in</strong>e Bewohner<strong>in</strong><br />
nach <strong>dem</strong> Essen den Teller ableckt. <br />
<br />
Ruth Kle<strong>in</strong>, Eleonore Grahn,<br />
Marion Lewe-Kreutz<br />
3/06<br />
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