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Erfahrungen mit dem Abendmahl - Seelscheid.de

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THEMA – Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen<br />

<strong>Erfahrungen</strong><br />

<strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

<strong>Abendmahl</strong><br />

Ich feiere gerne <strong>Abendmahl</strong>. Wie ein roter Fa<strong>de</strong>n zieht sich<br />

das durch mein ganzes Leben. Dabei ist es mir egal, ob ich<br />

Teilnehmer <strong>de</strong>s <strong>Abendmahl</strong>s bin o<strong>de</strong>r ob ich die <strong>Abendmahl</strong>sfeier<br />

<strong>mit</strong>gestalte o<strong>de</strong>r selbst leite.<br />

Ich feiere gern <strong>Abendmahl</strong> auch und gera<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Vielfalt<br />

möglicher Formen. Dabei ist mir die Vielgestaltigkeit <strong>de</strong>s<br />

<strong>Abendmahl</strong>es eine Hilfe, <strong>de</strong>n Reichtum <strong>de</strong>r Gna<strong>de</strong> Gottes<br />

und die Fülle seiner Menschenfreundlichkeit zu ent<strong>de</strong>cken.<br />

Die Heiligkeit <strong>de</strong>r Feier<br />

Meine frühesten <strong>Erfahrungen</strong> <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>m</strong> <strong>Abendmahl</strong> sind fest<br />

verbun<strong>de</strong>n <strong>mit</strong> meiner Konfirmation. Der erste Gang zum<br />

<strong>Abendmahl</strong> ist in meiner Erinnerung aber eher <strong>mit</strong> <strong>de</strong>r<br />

Befürchtung verknüpft, nur ja alles richtig zu machen. Die<br />

Spannung und die Erwartungen, die auf diesen einen Tag<br />

konzentriert waren, wirkten wie eine Blocka<strong>de</strong>. Irgendwie<br />

hatte ich das Gefühl nicht wirklich zu wissen, was ich da tat<br />

und was an mir geschah. Es war halt irgendwie heilig, ohne<br />

dass ich dieses Gefühl näher ausdrücken hätte können. Auch<br />

in <strong>de</strong>r Zeit danach blieb das <strong>Abendmahl</strong> für mich etwas Fernes,<br />

das in meiner Heimatgemein<strong>de</strong> auch nur selten gefeiert<br />

wur<strong>de</strong>. Am besten lässt sich meine Haltung gegenüber <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

<strong>Abendmahl</strong> als eine heilige Distanziertheit beschreiben. Eine<br />

positive Gewöhnung durch regelmäßigen Vollzug blieb mir<br />

lange verwehrt.<br />

Im Rückblick muss ich allerdings sagen: diese sperrigen<br />

Anfangserfahrungen haben mich davor bewahrt, <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

<strong>Abendmahl</strong> allzu leichtfertig umzugehen. Die Heiligkeit <strong>de</strong>s<br />

Mahles in <strong>de</strong>r Gegenwart Gottes – das ist wohl <strong>de</strong>r bleiben<strong>de</strong><br />

Ertrag dieser ersten kaum verstan<strong>de</strong>nen <strong>Abendmahl</strong>sfeiern<br />

meiner Jugendzeit.<br />

Die Kraft <strong>de</strong>r Gemeinschaft<br />

Das wur<strong>de</strong> an<strong>de</strong>rs in meiner Stu<strong>de</strong>ntenzeit. Als Abschluss<br />

einer Nachtwan<strong>de</strong>rung haben wir <strong>Abendmahl</strong> gefeiert oben<br />

auf <strong><strong>de</strong>m</strong> Berg o<strong>de</strong>r <strong>mit</strong>ten in <strong>de</strong>r Nacht <strong>mit</strong> liturgischen<br />

Gesängen, Gebeten und viel Schweigen. Es waren intensive<br />

Glaubenserlebnisse, die mir die Kraft <strong>de</strong>r Gemeinschaft<br />

zwischen mir und Gott und unter uns Menschen bezeugten.<br />

Gern <strong>de</strong>nke ich an die Abschlussgottesdienste <strong>de</strong>r Kirchentage<br />

zurück, wo ich <strong>mit</strong> über tausend Menschen zusammen<br />

<strong>Abendmahl</strong> gefeiert habe, tief berührt durch das<br />

Erleben geschwisterlicher Gemeinschaft. Aus diesen <strong>Erfahrungen</strong><br />

grün<strong>de</strong>t meine Freu<strong>de</strong> auch in kleinen Gruppen<br />

<strong>Abendmahl</strong> zu feiern <strong>mit</strong> Menschen, die sich zur Vorbereitung<br />

und Gestaltung <strong>de</strong>r Feier bewusst Zeit nehmen. In Häusern<br />

<strong>de</strong>r Stille, bei Einkehrtagen o<strong>de</strong>r wie jetzt während <strong>de</strong>r<br />

Studienfahrt in Israel. Die Feier am Ufer <strong>de</strong>s See Genezareth<br />

im Garten <strong>de</strong>r Brotvermehrungskirche in Tabga war gewiss<br />

ein Höhepunkt dieser Reise.<br />

Sehnsucht nach Jesu Nähe<br />

Prägend für meine <strong>Abendmahl</strong>serfahrungen war die Begegnung<br />

<strong>mit</strong> <strong>de</strong>r Jesus Bru<strong>de</strong>rschaft in Gna<strong>de</strong>nthal. Je<strong>de</strong>r Tag<br />

beginnt dort am Morgen <strong>mit</strong> einer schlichten <strong>Abendmahl</strong>sfeier<br />

und selbstverständlich ist auch an je<strong><strong>de</strong>m</strong> Sonntag das<br />

<strong>Abendmahl</strong> Teil <strong>de</strong>s Gottesdienstes. Mir wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>utlich,<br />

dass ich mich selbst um <strong>de</strong>n Segen einer Kraftquelle für meinen<br />

Glauben gebracht hatte, in<strong><strong>de</strong>m</strong> ich nur sehr sporadisch<br />

und eher zufällig am <strong>Abendmahl</strong> teilnahm. Offenbar hatte es<br />

Jesus ganz an<strong>de</strong>rs gemeint, dass sein Mahl eben keinen Scha<strong>de</strong>n<br />

nimmt, wenn man es häufig empfängt und dass seine<br />

Wirkung nicht von meiner Stimmung abhängt, solange ich<br />

Sehnsucht nach ihm und seiner Nähe habe.<br />

4 Bote 3/2010


Vor Gott ein Einzelner<br />

Allein <strong>de</strong>r Anblick <strong>de</strong>s festlich geschmückten, stilvollen<br />

<strong>Abendmahl</strong>stisches erweckt in mir Freu<strong>de</strong>. Ich nehme bewusst<br />

die gesungenen liturgischen Stücke in mich auf und<br />

ich reihe mich gern ein in <strong>de</strong>n Gang zum <strong>Abendmahl</strong>. In<br />

Gna<strong>de</strong>nthal gibt es die Wan<strong>de</strong>lkommunion. Je<strong>de</strong>r kann<br />

seinen Schritt nach vorne gehen, zügig aber nicht eilig. Ich<br />

kann für einen Augenblick verweilen und wer<strong>de</strong> als Einzelner<br />

wahrgenommen.<br />

Das ist in dieser Form das Wesentliche: Ich bin vor Gott<br />

ein Einzelner. Ich bin nicht nur Teil einer Gemeinschaft. Vor<br />

Gott bin ich unvertretbar <strong>de</strong>r eine Mensch <strong>mit</strong> meinem Namen.<br />

Und doch habe ich meine Schwierigkeiten <strong>mit</strong> <strong><strong>de</strong>m</strong> Einzelkelch.<br />

Für mich ist <strong>de</strong>r Kelch <strong>de</strong>r Gemeinschaft, aus <strong><strong>de</strong>m</strong><br />

alle trinken, ein starkes Symbol: Wir gehören zusammen.<br />

Aber erzwingen sollte man hier nichts. Die Rücksicht auf<br />

die Gewohnheiten in einer Gemein<strong>de</strong> und <strong>de</strong>r Hinweis auf<br />

Ängste vor Ansteckung und das Hygienebewusstsein mahnen<br />

zur Nachsicht und Gelassenheit.<br />

Getaufte Kin<strong>de</strong>r sind zugelassen<br />

Überhaupt haben die <strong>Abendmahl</strong>sfeiern in <strong>de</strong>r eigenen Gemein<strong>de</strong><br />

mein Verständnis weiter vertieft. Es sind die vertrauten<br />

Gesichter, das Wissen um die Lebensschicksale <strong>de</strong>rer,<br />

die da zum Tisch <strong>de</strong>s Herrn kommen, die mich je<strong>de</strong>smal<br />

tief anrühren. Auch das gehört dazu, dass <strong>de</strong>r Ablauf gleich<br />

bleibt, dass keine wil<strong>de</strong>n Experimente gemacht wer<strong>de</strong>n, dass<br />

es eine gelassene Sicherheit in <strong>de</strong>r Form gibt. So kann sich<br />

<strong>de</strong>r Glaube beheimaten.<br />

In <strong>de</strong>n letzten Jahren habe ich dazugelernt. Mitgebrachte<br />

Kin<strong>de</strong>r zu segnen o<strong>de</strong>r auch nach einem Gespräch <strong>mit</strong> <strong>de</strong>n<br />

Eltern am <strong>Abendmahl</strong> teilnehmen zu lassen, gehört in <strong>Seelscheid</strong><br />

<strong>mit</strong>tlerweile zum Normalfall. Auf Konfirman<strong>de</strong>nfreizeiten<br />

das <strong>Abendmahl</strong> zum Thema machen und gemeinsam<br />

vorbereiten und die Jugendlichen dann auch sonntags zum<br />

<strong>Abendmahl</strong> einzula<strong>de</strong>n, all das dient <strong><strong>de</strong>m</strong> Verständnis im<br />

Vollzug und ermöglicht eine positive Gewöhnung.<br />

Immer wichtiger ist mir <strong>de</strong>r Frie<strong>de</strong>nsgruß gewor<strong>de</strong>n. Der<br />

Frie<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r vom Tisch <strong>de</strong>s Herrn ausgeht, will uns aufeinan<strong>de</strong>r<br />

zubewegen, dass wir einan<strong>de</strong>r anschauen und die Hän<strong>de</strong><br />

reichen. So erkennen wir uns als Glie<strong>de</strong>r an <strong><strong>de</strong>m</strong> einen Leib<br />

Christi. Der Frie<strong>de</strong>nsgruß verbin<strong>de</strong>t mich <strong>mit</strong> Menschen und<br />

hat mich schon manchen inneren Vorbehalt überwin<strong>de</strong>n lassen.<br />

Der Auferstan<strong>de</strong>ne ist allgegenwärtig<br />

Vielleicht hat sich schon manch einer gefragt, warum ich bei<br />

<strong>de</strong>n Einsetzungsworten „Das ist mein Leib; das ist mein Blut“<br />

ein Kreuzzeichen über Brot und Wein mache. Das Kreuzzeichen<br />

ist keine Zauberhandlung, dadurch verwan<strong>de</strong>ln wir<br />

nicht Brot und Wein in Leib und Blut Christi, wie es die katholische<br />

Kirche <strong>de</strong>utet, son<strong>de</strong>rn wir machen da<strong>mit</strong> <strong>de</strong>utlich,<br />

dass wir in diesen bei<strong>de</strong>n Elementen Christus selbst empfangen.<br />

Er ist uns als Auferstan<strong>de</strong>ner gegenwärtig. Er hat es so<br />

versprochen. Wie, das bleibt sein Geheimnis. Nach <strong>de</strong>r Feier<br />

ist Brot und Wein wie<strong>de</strong>r Brot und Wein. Dennoch bemühen<br />

wir uns um einen sorgfältigen und würdigen Umgang <strong>mit</strong><br />

<strong>de</strong>n <strong>Abendmahl</strong>selementen. Das Brot legen wir zurück in die<br />

kostbare Silberdose, <strong>de</strong>n Wein, die Frucht <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong>, trinken<br />

wir später aus o<strong>de</strong>r gießen ihn zurück in Gottes Er<strong>de</strong>.<br />

Stärkung in <strong>de</strong>r Schwachheit<br />

Beson<strong>de</strong>rs eindrücklich sind mir die <strong>Erfahrungen</strong> <strong>de</strong>s Krankenabendmahls<br />

gewor<strong>de</strong>n. In Zeiten <strong>de</strong>r Schwäche und <strong>de</strong>r<br />

Angst ist vielen das <strong>Abendmahl</strong> zur eigenen Stärkung <strong>de</strong>s<br />

Glaubens und zur Spendung <strong>de</strong>s Trostes gewor<strong>de</strong>n. Das hat<br />

<strong>mit</strong> einem Sterbesakrament nichts zu tun, im Gegenteil ist<br />

das <strong>Abendmahl</strong> eine Hilfe zum Leben. Schwäche, Schmerzen<br />

und Not können viel besser angenommen wer<strong>de</strong>n, wenn<br />

die Nähe und die Liebe Gottes so handfest erfahren, ja geschmeckt<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Diese <strong>Erfahrungen</strong> haben mir <strong>de</strong>n Blick geweitet, <strong>de</strong>n<br />

Blick für die Kraft, die in dieser Feier liegt, für die Freu<strong>de</strong>,<br />

die aus <strong><strong>de</strong>m</strong> Empfangen wächst und für die Zusammengehörigkeit<br />

<strong>mit</strong> <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren, <strong>mit</strong> <strong>de</strong>nen ich zusammen am Tisch<br />

<strong>de</strong>s Herrn sein darf. Ja, Ich feiere gerne <strong>Abendmahl</strong>. Deshalb<br />

bin ich froh darüber, dass wir heute in unserer Gemein<strong>de</strong><br />

häufiger als früher zum <strong>Abendmahl</strong> einla<strong>de</strong>n können. Es ist<br />

ein guter Grund, aus <strong><strong>de</strong>m</strong> Glauben wachsen kann.<br />

Carsten Schleef<br />

Bote 3/2010<br />

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