Dracula (1930) - Das Dokument des Grauens
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<strong>Das</strong> <strong>Dokument</strong> <strong>des</strong> <strong>Grauens</strong><br />
us Laemmle, der von seinem Onkel Carl zu seinem 21. Geburtstag die Universal als<br />
Geschenk erhielt und nun aus wirtschaftlichen Überlegungen seinen Namen in Carl<br />
Laemmle jr. geändert hatte. Junior witterte das Potenzial <strong>des</strong> Stoffes, aber er stieß auf<br />
Probleme.<br />
<strong>Das</strong> erste Problem war sein Onkel Carl. Carl Laemmle konnte den Erfolg <strong>des</strong> Bühnenstückes<br />
nicht nachvollziehen. Alles Morbide war ihm letztlich verhasst und passte<br />
nicht in sein Bild jener Produkte, für welche er mit seinem Namen zu bürgen bereit<br />
war. Carl Laemmle war zwar verantwortlich für einige der größten Filmklassiker aus<br />
der Welt <strong>des</strong> Makabren, allen voran The Hunchback of Notre Dame (1923), The<br />
Phantom of the Opera (1925) und The Man Who Laughs (1928), aber all diese<br />
großen Romanverfilmungen haben eine für Carl Laemmle maßgebende Gemeinsamkeit:<br />
Es handelt sich bei ihnen stets um in hohem Maße emotionale Geschichten über<br />
Menschen, es sind ausgesprochen humanistische Werke. Stokers <strong>Dracula</strong> hingegen ist<br />
das exakte Gegenteil zu diesen Geschichten. Graf <strong>Dracula</strong> ist ein morden<strong>des</strong> Monstrum<br />
und das Grauen die hauptsächliche Botschaft. Es gab nur eine Konstellation,<br />
unter welcher Carl Laemmle bereit gewesen wäre, sich auf dieses Filmprojekt einzulassen:<br />
eine modifizierte Variante <strong>des</strong> zugrunde liegenden Themas mit Paul Leni als<br />
Regisseur und Conrad Veidt als <strong>Dracula</strong>. Doch mit Paul Lenis Tod und Conrad Veidts<br />
Rückkehr nach Deutschland war der Gedanke für Carl Laemmle somit wieder vom<br />
Tisch und eine <strong>Dracula</strong>-Verfilmung unvorstellbar.<br />
Carl Laemmle jr. hingegen ließ sich davon nicht beirren. Der Stoff versprach, die<br />
Kasse klingeln zu lassen und wenn Universal nicht schnell reagiere, würden die Kassen<br />
woanders klingeln - nämlich bei MGM, wo man ebenfalls begann, die Fühler nach<br />
<strong>Dracula</strong> auszustrecken. Der ungreifbare Besetzungswunsch seines Onkels glitt an ihm<br />
ab, denn er hatte zwei gänzlich andere Männer im Blick. Junior wollte für sein Projekt<br />
das makabre Duo Hollywoods verpflichten: Tod Browning sollte auf dem Regiestuhl<br />
sitzen und Lon Chaney vor der Kamera agieren. In der Theorie war dies auch ein<br />
durchaus realistisches Szenario, denn auch wenn die beiden Männer bei MGM unter<br />
Vertrag standen, hatten beide Klauseln in ihren Verträgen, welche ihnen ermöglichten,<br />
einer freiberuflichen Tätigkeit nachzugehen. Junior schaffte es schließlich, seinen<br />
Onkel weichzuklopfen und Carl Laemmle erteilte der Produktion grünes Licht - allerdings<br />
nur unter der Voraussetzung, dass das Projekt auch wirklich mit Browning und<br />
Chaney realisiert werden würde.<br />
<strong>Das</strong> zweite Problem waren die Filmrechte. Florence Stoker war als harte und misstrauische<br />
Verhandlungspartnerin bekannt und Horace Liveright hatte es versäumt, neben<br />
den Bühnen- auch die Filmrechte von ihr zu erwerben.<br />
<strong>Das</strong> dritte Problem war jedoch das am schwierigsten zu überwindende: der Sturzflug,<br />
in welchen die Wirtschaftsentwicklung nach dem Börsencrash vom Oktober 1929<br />
übergegangen war. Juniors Absicht war, <strong>Dracula</strong> (<strong>1930</strong>) den Status einer von Universals<br />
Superproduktionen zu verpassen und aufgrund der sehr opulenten Romanvorlage<br />
und den damit verbundenen astronomisch hohen Kosten war dies auch ratsam. Doch<br />
der Börsencrash veränderte alles. Auch Universal musste ein Sparprogramm einläuten<br />
und <strong>Dracula</strong> (<strong>1930</strong>) wurde vom Status einer Superproduktion zu einem A-Picture her-<br />
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