Dracula (1930) - Das Dokument des Grauens
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5. <strong>Dracula</strong> (<strong>1930</strong>)<br />
Nachdem Renfields Kutsche den kleinen Ort wieder verlassen hat, dürfen wir eine<br />
der stärksten Szenen erleben, welche in Vampirfilmen zu sehen ist. Der Film versetzt<br />
uns in das riesige Gruftgewölbe von <strong>Dracula</strong>s Schloss. Schlichte Särge stehen auf dem<br />
mit Erde bedeckten Boden und die Kamera bewegt sich auf den vordersten der Särge<br />
zu. Der Deckel öffnet sich einen Spaltbreit und eine Hand tastet sich aus der Öffnung<br />
hervor. Weitere Särge öffnen sich und am Ende stehen <strong>Dracula</strong> und seine Bräute<br />
vor uns. Die ganze Szene spielt sich in völliger Lautlosigkeit ab, was den Vorgängen<br />
und den Untoten einen starken Hauch <strong>des</strong> Übernatürlichen verleiht. Szenen in späteren<br />
Vampirfilmen, in welchen solche Szenen durch Spezialeffekte und Geräusche begleitet<br />
werden, sind vielleicht spektakulärer anzusehen, aber ihre Wirksamkeit bleibt stets auf<br />
der Strecke. In <strong>Dracula</strong> (<strong>1930</strong>) muss kein Wort mehr darüber verloren werden, dass<br />
der Wirt recht hatte und es sich bei den Bewohnern <strong>des</strong> Schlosses um übernatürliche<br />
Kreaturen handelt, gefährliche Biester, welche in der Nacht auf die Jagd gehen.<br />
Neben dem ersten Auftritt <strong>des</strong> Grafen<br />
<strong>Dracula</strong> ist hier noch die Darstellerin<br />
seiner Braut, welcher wir beim Verlassen<br />
ihres Sarges zusehen dürfen, besonders<br />
erwähnenswert. Kommt Ihnen dieser erste<br />
echte Vampir Hollywoods vielleicht<br />
entfernt bekannt vor? Diese Frau ist Geraldine<br />
Dvorak, die aufgrund ihrer frappanten<br />
Ähnlichkeit mit Greta Garbo vor<br />
allem als Double der legendären Schauspielerin<br />
beschäftigt war.<br />
Es folgt die erste Einstellung Bela<br />
Lugosis und <strong>des</strong> Grafen <strong>Dracula</strong>s der<br />
Filmgeschichte. Dies ist ein sogenannter<br />
Abbildung 5.5: Geraldine Dvorak, der erste<br />
wirkliche Vampir Hollywoods<br />
tracking shot - die Kamera bewegt sich auf Bela Lugosis Gesicht zu, sodass der Eindruck<br />
entsteht, als werde man selbst von <strong>Dracula</strong>s magischen und tödlichen Blick angezogen.<br />
Hierdurch wird das Publikum durch diesen ersten Blickkontakt bereits in die<br />
Rolle eines potenziellen Opfers <strong>des</strong> Vampirs versetzt. Dies macht diese Szene einzigartig.<br />
In dieser das Böse meisterlich etablierenden Sequenz fallen weiterhin noch zwei<br />
Dinge auf. Dem Kenner von Tod Brownings Werk wird auffallen, dass hier Kamerafahrten<br />
stattfinden, was für Browning äußerst untypisch ist. Browning inszenierte<br />
seine Filme bevorzugt statisch, die Kamera bewegt sich in seinen Filmen nur in Ausnahmefällen.<br />
<strong>Das</strong>s sie es in diesem Film tut, und dazu noch in einer durch und durch<br />
expressionistischen Szenerie, ist ein klares Indiz dafür, dass die Sequenz von Karl<br />
Freund inszeniert wurde und nicht von Browning. Diese Szene ist durch und durch<br />
Deutsch.<br />
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