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Leseprobe downloaden (PDF) - Vandenhoeck & Ruprecht

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Max Koranyi, Gottesdienste zur Konfirmation<br />

Aber nun ist das mit den Spiegeln so eine Sache. Wohl zeigen<br />

sie uns, wie unser Äußeres beschaffen ist. Aber manchmal verbergen<br />

sie gerade auch dabei, was eigentlich hinter unserer Fassade<br />

noch so alles steckt. Aus Eurer Kindheit wisst Ihr noch sehr gut,<br />

wie das mit dem „Spieglein, Spieglein an der Wand“ im Märchen<br />

weiterging. Denn eines Tages lobte der Spiegel nicht mehr nur das<br />

Antlitz der Königin, sondern pries darüber hinaus viel mehr noch<br />

ihre Konkurrentin; und holte dabei das Dunkelste aus ihr zum<br />

Vorschein: „Frau Königin, Ihr seid die Schönste hier“ (evtl. Gemeinde<br />

zum Mitsprechen animieren), „aber Schneewittchen über<br />

den Bergen, bei den sieben Zwergen, ist noch tausendmal schöner<br />

als Ihr.“ Bei so einer Nachricht verändert der Spiegel unser Gesicht<br />

und unser Herz; und macht aus uns Menschen nur allzu oft ganz<br />

neidische, eifersüchtige Geschöpfe, die sich immer gleich mit anderen<br />

vergleichen müssen. Weil ja jeder der Schönste und Beste<br />

und Klügste sein will.<br />

Ich muss Euch heute einmal ganz ehrlich erzählen: Als ich konfirmiert<br />

wurde, da fand ich mich in unserem Badezimmerspiegel<br />

gar nicht so toll. Meine Eltern hatten mir aus Protest gegen die<br />

Beatles beim Friseur um die Ecke einen „Fassonschnitt-möglichstkurz“<br />

verpassen lassen; und entsprechend rasiert sah ich dann auch<br />

aus. Außerdem war ich noch zu meinem Leidwesen Brillenträger.<br />

Mit dem Spiegel stand ich also auf Kriegsfuß. Ich hatte den Eindruck:<br />

eigentlich verdeckt er mein wirkliches Wesen, statt die ganze<br />

Wahrheit über meine Person zu zeigen. Ich war doch nicht nur das,<br />

was man äußerlich von mir wahrnehmen konnte. Ich war doch<br />

noch viel, viel mehr. Ich hatte Humor. Ich konnte ganz gut Klavier<br />

spielen. Ich hatte ziemlich interessiert im KonfirmandInnenunterricht<br />

mitgemacht. Wo war das alles denn jetzt im Spiegel geblieben?<br />

Auch der Apostel Paulus kannte sehr wohl die Fragwürdigkeit<br />

und die Begrenztheit eines Spiegels. Nicht nur für Menschen.<br />

Auch auf ihrer Suche nach Gott. Beim Versuch, ihn zu „sehen“,<br />

ihn zu verstehen, meinte Paulus, würde man nur ein verschwommenes,<br />

eher dunkles, schemenhaftes Bild von ihm zu erkennen bekommen.<br />

Erst viel später im Leben, wahrscheinlich erst nach diesem<br />

Leben hier, werden wir erkennen und richtig begreifen, wer da<br />

hinter dem Spiegel dieser Welt als Gott auf uns gewartet hat. Und<br />

wie wir dann in seinem Licht auch unser eigenes ganzes Leben verstehen<br />

dürfen.<br />

12<br />

© 2011, <strong>Vandenhoeck</strong> & <strong>Ruprecht</strong> GmbH & Co. KG, Göttingen<br />

ISBN Print: 978-3-525-59541-1 — ISBN E-Book: 978-3-647-59541-2

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