Neues Plattformkonzept für Wartungsfahrzeuge - Windhoff Bahn
Neues Plattformkonzept für Wartungsfahrzeuge - Windhoff Bahn
Neues Plattformkonzept für Wartungsfahrzeuge - Windhoff Bahn
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Industrieforum<br />
Sowohl der öffentliche<br />
Schienenverkehr als auch<br />
private Gleisanlagen müssen<br />
gewartet werden.<br />
Dafür werden spezielle<br />
Schienenfahrzeuge benötigt,<br />
die für die Wartungsarbeiten<br />
mit entsprechenden<br />
Aufbauten<br />
ausgerüstet werden.<br />
Hier soll nun ein universell einsetzbares<br />
vierachsiges Schienenfahrzeug,<br />
der MPV, vorgestellt werden,<br />
bei dem die gesamte Antriebstechnik<br />
Unterflur angeordnet ist. Dies<br />
bietet eine fast unbegrenzte Mög-<br />
lichkeit, verschiedenste Aufbauten<br />
für Wartungsarbeiten bis zu einer<br />
Aufbaulänge von 50“ rund um das<br />
Schienennetz zu installieren. Für<br />
verschiedene im Jahr 2008 gelieferte<br />
Fahrzeuge wurde ein komplett<br />
neuer, modularer System-Baukasten<br />
erstellt, der sich den unterschiedlichen<br />
Bedürfnissen der Kunden<br />
leicht anpassen lässt (Bild 1) und<br />
dabei die Anforderungen der EN<br />
14033 erfüllt.<br />
Antriebsleistung<br />
zwischen 315<br />
und 390 kW<br />
Angetrieben werden die rund 22 m<br />
langen Fahrzeuge durch Antriebsmodule,<br />
so genannte Powerpacks<br />
mit einer Leistung von 315 – 390<br />
kW, wie sie auch bei Triebwagen<br />
Schienenverkehr<br />
<strong>Neues</strong> <strong>Plattformkonzept</strong><br />
für <strong>Wartungsfahrzeuge</strong><br />
des Personennahverkehrs eingesetzt<br />
werden. Sie sind mit mechanischen<br />
oder hydrodynamischen Getrieben<br />
ausgerüstet. Die aktuellen Abgasnormen<br />
werden eingehalten und<br />
für den Arbeitsbetrieb sind die Fahrzeuge<br />
zusätzlich mit einem speziell<br />
für diese Anwendung entwickelten<br />
Bild 1: Die Fahrzeuge lassen sich aus einem modularen<br />
System-Baukasten individuell ausrüsten.<br />
Partikelfiltersystem versehen, wodurch<br />
auch Tunneleinsätze gefahrlos<br />
realisiert werden können.<br />
Für die Kraftübertragung gibt es<br />
mehrere Möglichkeiten. Sie kann<br />
von minimal einem Powerpack<br />
auf eine Achse eines Drehgestells<br />
bis zu der maximalen Möglichkeit,<br />
durch zwei Powerpacks auch alle<br />
vier Achsen anzutreiben, erfolgen<br />
(Bild 2 + 3). Um die Fahrzeuge bis<br />
zu einem Dienstgewicht von 90 t zu<br />
betreiben, mussten neue Drehgestelle<br />
entwickelt werden, die über<br />
integrierte Hydraulikzylinder das<br />
Verfahren im Arbeitsbetrieb auch<br />
bei Benutzung von Kranaufbauten<br />
und Hubarbeitsbühnen zulassen.<br />
Dabei wurde ein Achsabstand von<br />
2,6 m und ein Drehgestellmittenabstand<br />
von 15,5 m gewählt, um<br />
einerseits Laufeigenschaften für die<br />
Zulassung bis 140 km/h zu erreichen<br />
und andererseits eine bessere Auflösung<br />
der Kräfte auf die Räder von<br />
momentenerzeugenden Aufbauten<br />
zu realisieren.<br />
Auch Bremsanlage<br />
Unterflur<br />
Die Bremsanlage, eine <strong>Windhoff</strong>-<br />
Entwicklung, ist ebenfalls komplett<br />
Unterflur in einem Gerüst untergebracht.<br />
Dabei wurde hier ein vom<br />
TÜV Nord nach SIL 3 zertifizierter<br />
Schnellbremskreis realisiert, der die<br />
Grundlage für die leichte Adaption<br />
verschiedener Zugsicherungssystemen<br />
bis hin zu ETCS 2 ist. Auch dieses<br />
wurde bereits an Fahrzeugen mit<br />
den Firmen SIEMENS und ALSTOM<br />
umgesetzt. Ein wichtiger Punkt ist<br />
hier auch der Nachweis der EMV-<br />
Verträglichkeit der Gesamtfahrzeuge.<br />
Durch Messungen wurde<br />
<strong>Windhoff</strong> <strong>Bahn</strong>- und Anlagentechnik<br />
Die <strong>Windhoff</strong> <strong>Bahn</strong>- und Anlagentechnik GmbH aus Rheine, Mitglied der<br />
Georgsmarien-Unternehmensgruppe, ist seit 1889 im Maschinen- und<br />
Anlagenbau tätig. Seit Jahrzehnten hat sich <strong>Windhoff</strong> auf Spezialprodukte<br />
für besondere Marktsegmente konzentriert. Die Entwicklung,<br />
Herstellung und der Vertrieb umfassen heute eine breitgefächerte Palette<br />
technologisch anspruchsvoller Produkte aus den Unternehmensbereichen<br />
Schienenfahrzeuge, <strong>Bahn</strong>technik und Anlagentechnik.<br />
Ein Erfolgsprodukt aus Rheine ist der MPV, ein universell einsetzbares<br />
vierachsiges Schienenfahrzeug, bei dem die gesamte Antriebstechnik<br />
Unterflur angeordnet ist.<br />
Bild 2 (oben) und 3: Es gibt<br />
verschiedene Möglichkeiten<br />
der Kraftübertragung: von<br />
einem Powerpack auf eine<br />
Achse eines Drehgestells bis<br />
zu zwei Powerpacks auch<br />
alle vier Achsen<br />
der Nachweis geführt, dass die<br />
Fahrzeugfamilie den Anforderungen<br />
nach EN 50121 entspricht.<br />
Nachfolgend sollen einige Anwendungen<br />
mit den kundenspezifischen<br />
Anpassungen erläutert werden.<br />
<strong>Wartungsfahrzeuge</strong><br />
für Oberleitungen<br />
Für die Hochgeschwindigkeitsstrecke<br />
in Taiwan von Taipei nach Khaoshung<br />
wurden <strong>Wartungsfahrzeuge</strong><br />
mit Kranaufbau und Hubarbeitsbühne<br />
geliefert (Bild 4). Für die Wartung<br />
der Oberleitung an der 350 km langen<br />
Strecke wurden sechs 100 km/h<br />
schnelle Fahrzeuge beschafft, die an<br />
jeder zweiten Station der Strecke<br />
positioniert sind, um die schnelle<br />
Störungsbeseitigung, wie auch die<br />
präventive Wartung zu gewährleisten.<br />
Da bei diesen Fahrzeugen auf<br />
große Anhängelasten verzichtet<br />
werden konnte, reicht als Antrieb<br />
ein 390 kW starkes Powerpack, das<br />
46
Technikforum<br />
Industrieforum<br />
beide Achsen eines Drehgestells<br />
antreibt.<br />
Lösch und<br />
Rettungszüge<br />
Die Schweizer Bundesbahnen setzt<br />
Lösch und Rettungszüge als dreiteilige<br />
Züge mit einer Gesamtleistung<br />
von 1560 kW ein (Bild 5). Hierbei<br />
handelt es sich um eine Weiterentwicklung<br />
von bereits 2004 für den<br />
Lötschbergtunnel gelieferten Fahrzeugen.<br />
Ein Konsortium unter der<br />
Führung der <strong>Windhoff</strong> <strong>Bahn</strong>- und<br />
Anlagentechnik GmbH liefert mit<br />
den Schweizer Partnern Josef Meyer<br />
Waggon AG (Löschwagen), der Vogt<br />
AG (Löscheinheiten mit Pumpen und<br />
Wasserkanonen) sowie der Dräger<br />
Safety Schweiz AG (Rettungstechnik<br />
zur Evakuierung gefährdeter<br />
Fahrgäste) derzeit acht Einheiten<br />
an die Betriebswehr der Schweizer<br />
Bundesbahn. Herzstück der Züge<br />
ist ein vierachsig angetriebenes<br />
Fahrzeug mit je zwei 390 kW starken<br />
Powerpacks an beiden Enden. Die<br />
Funktionsaufbauten sind mittels<br />
Twistloks auf dem Fahrzeug aufgesetzt.<br />
Die hier realisierte Version<br />
kann dank hydrodynamischer Kraftübertragung<br />
sogar dazu benutzt<br />
werden, einen Reisezug mit 730 t<br />
bei 27°% aus dem Gefahrenbereich<br />
zu ziehen. Das entspricht bei vollem<br />
Löschwagen einem Gesamtgewicht<br />
von 1000 t.<br />
Die Züge sollen jedoch nicht nur bei<br />
Störfällen auf der Schiene, sondern<br />
auch im unmittelbaren Umfeld<br />
eingesetzt werden, was deren Rentabilität<br />
erheblich steigert. Auch aus<br />
diesem Grund werden zwei dieser<br />
Fahrzeuge mit dem Zugsicherungssystem<br />
ETCS 2 auch für die Hochgeschwindigkeitsstrecken<br />
der Schweiz<br />
einsatztauglich gemacht.<br />
<strong>Wartungsfahrzeuge</strong><br />
für Hochgeschwindigkeitsstrecken<br />
Für alle anfallenden Wartungsarbeiten<br />
der 140 km langen Hochgeschwindigkeitsstrecke<br />
HSL Zuid in<br />
den Niederlanden hat die Wartungsgesellschaft<br />
Infraspeed Maintenance<br />
B.V. zwei Fahrzeuge erhalten, die mit<br />
Bild 4: <strong>Wartungsfahrzeuge</strong> für die Hochgeschwindigkeitsstrecke<br />
von Taipei nach Khaoshung mit Kranaufbau und<br />
Hubarbeitsbühne<br />
Bild 5: Die Schweizer Bundesbahnen setzt Lösch- und<br />
Rettungszüge als dreiteilige Züge ein<br />
Bild 6: Die <strong>Wartungsfahrzeuge</strong> für die Hochgeschwindigkeitsstrecke<br />
HSL Zuid werden mit zwei 315 kW starken<br />
Powerpacks auf die jeweils inneren Achsen der Drehgestelle<br />
angetrieben<br />
zwei 315 kW starken Powerpacks<br />
auf die jeweils inneren Achsen der<br />
Drehgestelle angetrieben werden<br />
(Bild 6). Die Kraftübertragung erfolgt<br />
wie bei den Taiwan-Fahrzeugen<br />
über Lastschaltgetriebe. Zusätzlich<br />
ist auch hier ein hydrostatischer Antrieb<br />
für eine feinfühlige konstante<br />
Arbeitsfahrt bis 10 km/h vorgesehen<br />
worden, so dass die Fahrzeuge zentimetergenau<br />
positioniert werden<br />
können.<br />
In der Hauptfahrkabine ist auch die<br />
für die Strecke erforderliche ETCS 2<br />
untergebracht. Die auf der gegenüberliegenden<br />
Seite angebrachte<br />
Krankabine ist ebenfalls mit einem<br />
vollwertigen Fahrstand sowie einem<br />
Lotsenplatz versehen, wodurch das<br />
Fahrzeug in beiden Fahrrichtungen<br />
mit 120 km/h verfahren werden<br />
kann. Der Kran erreicht sein volles<br />
Arbeitsdiagramm ohne zusätzliche<br />
Abstützungen. Die universelle Einsetzbarkeit<br />
dieser Fahrzeuge wird<br />
durch den 40“ langen Aufbauraum<br />
zwischen den Kabinen definiert.<br />
Mittels Twistloks aufgesetzt und<br />
an Hydraulik und Elektroversorgung<br />
angeschlossen, erkennt die<br />
Fahrzeugsteuerung selbstständig<br />
welches Modul verwendet wird,<br />
steuert die notwendigen Sicherheitseinrichtungen<br />
und sorgt für<br />
die notwendige Energieversorgung<br />
des Aufbaus. Dieses „Plug and Play“-<br />
Prinzip sorgt mit den unterschiedlichsten<br />
modularen Aufbauten von<br />
Bühnen, Jet-Fan-Handling-Systemen,<br />
Kabeltrommeleinheiten, etc. für eine<br />
hohe Auslastung der Trägerfahrzeuge<br />
und damit für Rentabilität.<br />
Der lange Aufbauraum ermöglicht<br />
es, anstelle zweier zweiachsiger<br />
Fahrzeuge einen MPV einzusetzen,<br />
was besonders durch den verringerten<br />
Bedarf an ausgebildeten<br />
Lokführern interessant ist. Weiterhin<br />
ist die erhöhte Effizienz durch den<br />
gleichzeitigen Aufbau von mehreren<br />
Modulen mit unterschiedlichen<br />
Funktionen gegeben. Hierbei ist<br />
es der Kreativität des Anwenders<br />
überlassen, alle Möglichkeiten auszuloten.<br />
Die Basis dazu ist durch<br />
das modulare Baukastensystem der<br />
Trägerfahrzeuge gelegt.<br />
Autor: Detlef Müller, <strong>Windhoff</strong><br />
<strong>Bahn</strong>- und Anlagentechnik GmbH,<br />
Rheine, Tel. 05971/58 – 233, Dmu@<br />
windhoff.de<br />
48