Hessische Seniorenblätter 112/2013 - Hessisches Sozialministerium
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10<br />
Seniorenbetreuung<br />
Von tierischen Besuchern<br />
und struppigen Therapeuten<br />
Tiere wirken positiv auf alte,<br />
kranke oder behinderte Menschen<br />
ein. Deshalb werden sie<br />
immer häufiger als „Co-Therapeuten“<br />
eingesetzt. Gefiedert<br />
oder vierbeinig, Tiere nehmen<br />
Menschen an, wie sie sind. Sie<br />
machen keinen Unterschied zwischen<br />
blond oder dunkelhäutig,<br />
alteingesessen oder anderssprachig<br />
und haben keine Scheu vor<br />
Krankheit, Alter oder Behinderung.<br />
Peter J. ist 84 Jahre alt, ein<br />
freundlicher Mann, der vor<br />
40 Jahren aus Osteuropa<br />
nach Deutschland kam. Die deutsche<br />
Sprache hat er damals nur<br />
notdürftig gelernt. Seit anderthalb<br />
Jahren leidet er an fortschreitender<br />
Demenz und wohnt seit ein paar<br />
Monaten in einem Seniorenheim.<br />
Das wenige Deutsch, das er konnte,<br />
hat er mittlerweile fast vergessen.<br />
Manchmal fällt ihm noch<br />
nicht einmal der Name des eigenen<br />
Sohnes ein, der ihn oft besucht.<br />
Den Namen eines anderen<br />
Besuchers merkt Peter J.<br />
sich allerdings sehr wohl.<br />
Wenn die Hündin Nora<br />
immer montags und<br />
donnerstags mit ihrem<br />
Hundeführer zu Besuch<br />
kommt, ist die Freude groß. Da<br />
überschüttet der Senior das Tier<br />
mit tausend Worten in seiner Sprache<br />
und streichelt das Fell des geduldigen<br />
golden Retrievers. Nora<br />
apportiert für Leckerlis brav den<br />
kleinen Ball und wedelt so vehement<br />
mit der Rute, dass schon mal<br />
das Sitzkissen vom Stuhl auf den<br />
Boden gefegt wird. Dann lacht Peter<br />
glockenhell. Manchmal singt<br />
der Senior dem Hund auch ein<br />
Liedchen aus seinen Kindertagen<br />
vor. Nora stellt dann ihren Kopf<br />
ein wenig schräg und findet Peters<br />
zitternde Stimme so wunderbar,<br />
als wäre er Enrico Caruso.<br />
Schutz vor Einsamkeit<br />
und Resignation<br />
Es gibt Millionen von Tieren in<br />
deutschen Haushalten. Ob treuer<br />
Hund, verschmuste Katze, farbenfroher<br />
Wellensittich oder bunte<br />
Zierfische – die tierischen Freunde<br />
wirken sich positiv aufs Gemüt<br />
aus. Gerade im Alter haben die Lebewesen<br />
positive Auswirkungen<br />
auch auf die Gesundheit der Menschen<br />
um sie herum. „Tiere binden<br />
alte Menschen ans Leben und wirken<br />
oft besser als jedes Medikament“,<br />
weiß Professor<br />
Erhard Olbrich von<br />
der Universität Erlangen-Nürnberg,<br />
der sich in seinen<br />
Forschungen mit der Psychologie<br />
der Mensch-Tier-Beziehung<br />
widmet. In seinem Buch „Menschen<br />
brauchen Tiere“ wird deutlich,<br />
dass Heimtiere als Vorbeugung<br />
gegen Einsamkeit, Resignation<br />
und Depression wirken.<br />
Tiere tun hibbeligen Kindern gut,<br />
Schwerkranke schöpfen im Angesicht<br />
von Pferden neue Hoffnung,<br />
Anbieter von Delphin-Therapien<br />
locken gar mit der Aussicht auf eine<br />
„entscheidende Wende“ im Rehabilitationsprozess<br />
Querschnitts-<br />
<strong>Hessische</strong> <strong>Seniorenblätter</strong> Nr. <strong>112</strong>/November <strong>2013</strong>