Hessische Seniorenblätter 112/2013 - Hessisches Sozialministerium
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Seniorenbetreuung<br />
Welche Tier wofür?<br />
Hunde wirken beruhigend.<br />
Sie besitzen einen hohen<br />
Aufforderungscharakter,<br />
was Kontaktaufnahme und<br />
Zuwendung betrifft. Darüber<br />
hinaus wirken sie integrierend.<br />
Lamas wirken auf die meisten<br />
Klienten als sehr offen<br />
und wertfrei, da in der Regel<br />
noch keine schlechten<br />
Erfahrungen mit diesen<br />
Tieren gemacht wurden.<br />
Die Lamatherapie kann bei<br />
Menschen mit Behinderung<br />
oder bei Patienten mit einer<br />
psychischen Erkrankung<br />
angewendet werden.<br />
Hamster sind nachtaktive<br />
Tiere und schlafen in der<br />
Regel tagsüber. Da sie erst<br />
spät abends wach werden,<br />
können sie gut harmonieren<br />
mit Klienten, die nicht mehr<br />
so viel Schlaf brauchen.<br />
Katzen fungieren aufgrund<br />
einer geschickten Domestikation<br />
als Begleiter, Kumpan<br />
oder Familienmitglied.<br />
Sie tun der Psyche des Menschen<br />
besonders in Krisensituationen<br />
gut. Katzenhalter<br />
fühlen sich weniger verlassen<br />
und einsam.<br />
Aquariumsfische üben<br />
wohltuende und beruhigende<br />
Wirkung auf Patienten<br />
mit einem zu hohen Puls<br />
aus. Außerdem sind sie<br />
äußerst praktisch zu halten,<br />
verschmutzen die Wohnung<br />
nicht, verursachen keinen<br />
Lärm und müssen nicht<br />
erzogen werden.<br />
regt geistig an. Ganz wichtig: Tiere<br />
bringen Leben und Spaß in den<br />
Alltag der Heimbewohner.<br />
Vorbereitung unumgänglich<br />
Allerdings müssen die Tiere selbst<br />
auch auf ihre Aufgabe vorbereitet<br />
werden. Beispielsweise wird bei<br />
der praktischen Schulung der<br />
Hunde Wert darauf gelegt, dass das<br />
Tier lenkbar ist. Nicht jede Hunderasse,<br />
nicht jeder Hundecharakter<br />
eignet sich dazu, auf Befehl zum<br />
passiven Streicheltier zu mutieren.<br />
Auch muss sich der Hund mit seinen<br />
Artgenossen vertragen. Und<br />
schließlich ist es wichtig, therapiespezifische<br />
Situationen einzuüben,<br />
damit der Vierbeiner sich etwa vor<br />
Rollstühlen oder Krücken nicht<br />
fürchtet oder nicht nach einer<br />
stark zitternden Hand schnappt.<br />
Und sie können auch neue Impulse<br />
und Ordnung in ein Leben bringen.<br />
Wie bei der Witwe Brigitte A.:<br />
In ihrem Berufsleben musste sie<br />
viel und oft verreisen. „Als ich<br />
Rentnerin wurde, hatte ich auf einmal<br />
viel Zeit darüber nachzudenken,<br />
was mir alles weh tut. Besonders<br />
nach meinem Schlaganfall“,<br />
erzählt die 70-Jährige. Da blieb ihre<br />
linke Hand verkrampft, sie<br />
schaffte es kaum, sie zu öffnen. Bis<br />
eine Freundin mit ihrem neuen<br />
Hund zu Besuch kam, da geschah<br />
ein kleines Wunder. Beim Streicheln<br />
und Füttern des Hundes<br />
wurde die linke Hand allmählich<br />
„entkrampft“. „Da hat selbst meine<br />
Ergotherapeutin Klötze gestaunt“,<br />
lacht Brigitte. Später hat sich Brigitte<br />
den Hundemischling Max aus<br />
dem Tierheim geholt. Seitdem<br />
geht es gesundheitlich aufwärts.<br />
„Es tut mir gut, mit dem Hund<br />
mehrmals täglich rauszugehen, die<br />
Bewegung hält mich fit. Max ist der<br />
beste Doktor!“<br />
Zu einem richtigen Highlight des<br />
Tages kann die tierische Freude<br />
über den Besuch eines Vierbeiners<br />
bei bettlägerigen Personen werden.<br />
Goldhamster, Schildkröte<br />
und Co. sind imstande, selbst mürrischen<br />
Zeitgenossen ein Lächeln<br />
oder ein paar freundliche Worten<br />
abzuringen. So wird Lebensfreude<br />
in den Pflegealltag gebracht.<br />
Literatur zum Thema<br />
Immer häufiger werden Tiere erfolgreich<br />
im Tierbesuchsdienst<br />
oder in pädagogischen und therapeutischen<br />
Projekten eingesetzt.<br />
In dem Buch „Menschen brauchen<br />
Tiere“ der Herausgeber Prof. Erhard<br />
Olbrich und Carola Otterstedt<br />
wird von heilpädagogischen<br />
Förderungen verhaltensauffälliger<br />
Kinder über Begleitung von Koma-<br />
Patienten und Schwerkranken bis<br />
hin zu Assistenzhunden für Behinderte<br />
über tiergestützte Arbeit in<br />
Schule, Altenheim und Krankenhaus<br />
berichtet.<br />
Prof. Dr. Erhard Olbrich (* 1941)<br />
ist emeritierter Hochschullehrer<br />
für Psychologie, insbesondere Entwicklungspsychologie<br />
der Universität<br />
Erlangen-Nürnberg. Er ist<br />
Präsident der International Society<br />
for Animal-Assisted Therapy.<br />
Carola Otterstedt gründete 2009<br />
die Stiftung Bündnis Mensch &<br />
Tier (buendnis-mensch-und-tier.de),<br />
die sich für eine nachhaltige<br />
Förderung der Mensch-Tier-Beziehung<br />
in der Gesellschaft einsetzt.<br />
Olbrich, E. & Otterstedt, C.<br />
(Hrsg.): Menschen brauchen Tiere.<br />
Grundlagen und Praxis der<br />
tiergestützten Pädagogik und<br />
Therapie, Kosmos, Stuttgart<br />
<strong>Hessische</strong> <strong>Seniorenblätter</strong> Nr. <strong>112</strong>/November <strong>2013</strong>