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PTB-Mitteilungen 2013 Heft 4 - Physikalisch-Technische ...

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<strong>PTB</strong>-<strong>Mitteilungen</strong> 123 (<strong>2013</strong>), <strong>Heft</strong> 4<br />

Helmholtz-Preis n<br />

HELMHOLTZ-PREIS 1993 (Preisverleihung am 15.03.1993)<br />

Dr. Hans Güsten, Prof. Dr. Ulrich Schurath<br />

für die Arbeit „Ein neuartiger Ozonsensor für vielfältige Anwendungen in der Umwelt“<br />

Ein neuartiger Ozonsensor<br />

Ozon ist ein allgegenwärtiger, wenn auch rarer Bestandteil<br />

der Erdatmosphäre. Am Erdboden in reiner Luft enthält jeder<br />

Kubikmeter Luft ca. 30 mm 3 Ozon, was einem Mischungsverhältnis<br />

von 30 ppb (parts per billion) entspricht. Während<br />

die direkte Wirkung dieses Gases in höherer Konzentration<br />

auf Lebewesen schädlich ist, bildet das stratosphärische Ozon<br />

einen lebenswichtigen Schutzschild gegen die gefährliche<br />

UV-Strahlung der Sonne. Veränderungen des Ozongehalts<br />

in allen Schichten der Atmosphäre sind deshalb von großem<br />

Interesse und sollten zuverlässig gemessen werden. Einen<br />

hochempfindlichen, kompakten und schnell ansprechenden<br />

Ozonsensor entwickelten Dr. Hans Güsten vom Kernforschungszentrum<br />

Karlsruhe und Prof. Dr. Ulrich Schurath<br />

von der Universität Bonn Anfang der 1990er Jahre. Für ihre<br />

Arbeit wurden sie mit dem Helmholtz-Preis 1993 im Bereich „<strong>Physikalisch</strong>e Messtechnik<br />

in Medizin und Umweltschutz“ ausgezeichnet.<br />

Der neuartige Sensor nutzte die Chemolumineszenz, die das Ozon in Reaktion<br />

mit bestimmten organischen Farbstoffen erzeugt. Dazu wurde die ozonhaltige Luft<br />

mittels eines kleinen Ventilators mit hoher Geschwindigkeit in das lichtdicht verschlossene<br />

Innere des Sensors gesaugt. Dort strömte die Luft an dem Sensorkopf<br />

vorbei, der aus einer 2,5 cm großen mit Silicagel beschichteten Platte bestand, auf<br />

welcher der im blauen Spektralbereich emittierende organische Farbstoff Coumarin<br />

47 absorbiert war. Das Ozon generierte mit dem Farbstoff ein schwaches bläuliches<br />

Leuchten, die Chemolumineszenz, die von einem Photomultiplier registriert wurde.<br />

Der Sensor hatte eine Reihe von günstigen Eigenschaften. Er war kompakt und<br />

etwa so groß wie eine Zigarrenkiste, wog weniger als 1 kg und verbrauchte weniger<br />

als 20 Watt, wohingegen gängige Ozondetektoren 15 kg wogen und 100 Watt verbrauchten.<br />

Außerdem war der Sensor schnell und empfindlich: Seine Ansprechzeit<br />

war kürzer als 0,1 s und seine Nachweisgrenze lag unter 0,1 ppb, während übliche<br />

Ozonmessgeräte Ansprechzeiten von 20 s und Empfindlichkeiten von 1 ppb aufwiesen.<br />

Dadurch ließen sich mit dem neuartigen Sensor schnelle Konzentrationsänderungen<br />

zeitlich auflösen, wie sie z. B. bei Ozonmessungen mit einem Flugzeug<br />

auftreten. Der Ozonsensor eignete sich auch hervorragend für Vertikalsondierungen<br />

in der Erdatmosphäre, bei denen man einen Sensor z. B. mit einem Ballon aufsteigen<br />

und, nach dem Platzen des Ballons in der Stratosphäre in 40 km Höhe, an einem<br />

Fallschirm herabschweben lässt. Die beim Auf- und Abstieg aufgezeichneten Ozonprofile<br />

sind nahezu identisch. Doch auch zur Überwachung der Ozonkonzentration<br />

in der Biosphäre oder am Arbeitsplatz eignete sich der Sensor. So wurden mit ihm<br />

kontinuierlich die vertikalen Ozonflüsse in ein Sonnenblumenfeld gemessen oder die<br />

schnellen Ozonkonzentrationsänderungen im Arbeitsfeld eines Schweißers überwacht.<br />

Der Ozonsensor von Güsten und Schurath wurde kommerziell verwertet und<br />

von anderen Forschungsinstituten nachgebaut und weiterentwickelt.<br />

Literatur<br />

Hans Güsten (li.), geboren 1931 in<br />

Den Haag, studierte von 1953 bis 1959<br />

Chemie in Mainz, ging nach dem Diplom<br />

1960 an die Universität Karlsruhe und<br />

promovierte 1964. Von 1965 bis 1968<br />

leitete er im Institut für Strahlenchemie<br />

des Kernforschungszentrums Karlsruhe<br />

die photochemische Arbeitsgruppe. Von<br />

1968 bis 1970 war er in Palo Alto am<br />

Synvar Research Institute und an der<br />

Stanford University tätig. Ab 1971 leitete<br />

er am Kernforschungszentrum eine<br />

Arbeitsgruppe für nicht-nukleare Umweltforschung<br />

in Luft und Wasser. In dieser<br />

Zeit begann seine Zusammenarbeit<br />

mit Ulrich Schurath von der Universität<br />

Bonn. 1996 wurde er pensioniert, leitete<br />

aber bis 1998 Arbeiten in der Atmosphärenchemie.<br />

Ulrich Schurath (re.), 1939 in Sofia<br />

geboren, studierte Chemie an der Universität<br />

Bonn, wo er 1969 promovierte.<br />

Danach erforschte er an der „Großen<br />

Bonner Kugel“ Gasreaktionen bei extrem<br />

niedrigen Drucken. Er habilitierte 1977<br />

für das Fach <strong>Physikalisch</strong>e Chemie und<br />

wurde 1978 in Bonn auf eine Professur<br />

berufen. Seine Arbeitsgruppe erforschte<br />

physikalisch-chemische Prozesse in der<br />

Atmosphäre und führte quantenchemische<br />

und spektroskopische Untersuchungen<br />

durch. 1995 wurde er an die<br />

Universität Heidelberg und ans Institut<br />

für Meteorologie und Klimaforschung des<br />

Forschungszentrums Karlsruhe berufen.<br />

2006 trat er in den Ruhestand.<br />

••<br />

Hans Güsten, Ulrich Schurath: Ein neuartiger Ozonsensor für vielfältige Anwendungen in der<br />

Umwelt. <strong>PTB</strong>-<strong>Mitteilungen</strong> 103, (1993), 324<br />

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