PTB-Mitteilungen 2013 Heft 4 - Physikalisch-Technische ...
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<strong>PTB</strong>-<strong>Mitteilungen</strong> 123 (<strong>2013</strong>), <strong>Heft</strong> 4<br />
Helmholtz-Preis n<br />
HELMHOLTZ-PREIS 1993 (Preisverleihung am 15.03.1993)<br />
Dr. Ulrich von Pidoll, Dr. Helmut Krämer<br />
für die Arbeit „Die Mindestzündenergie von Pulverlacken für die elektrostatische Pulverbeschichtung“<br />
Mindestzündenergie von Pulverlacken<br />
Das lösungsmittelfreie Lackieren mit Pulverlacken wird<br />
wegen seiner Wirtschaftlichkeit und seiner hervorragenden<br />
Lackierergebnisse vielfältig eingesetzt, u. a. in der Haushaltsgerätefertigung<br />
und in der Automobilproduktion. Bei diesem<br />
Verfahren wird ein Gemisch aus Luft und Lackpartikeln, die<br />
durch eine Hochspannung elektrisch aufgeladen werden, von<br />
einem elektrostatischen Feld auf das zu lackierende Werkstück<br />
gelenkt. Das beschichtete Werkstück wird anschließend<br />
in einem Ofen erhitzt, so dass die Pulverteilchen schmelzen<br />
und eine gleichmäßige Lackschicht bilden. Wenn das leicht<br />
entzündliche Pulverlack-Luft-Gemisch in der Sprühpistole<br />
die Hochspannungselektrode passiert, muss sichergestellt<br />
sein, dass eventuell auftretende elektrische Entladungen von<br />
der Elektrode keine Explosion auslösen. Früher erfolgte dies<br />
durch eine Zündprüfung der Sprühpistole in einem explosionsfähigen Methan-Luftgemisch,<br />
heute wird die Entladeenergie weltweit nach einem Vorschlag von Ulrich<br />
von Pidoll mit einer speziellen Elektrode, die an ein Oszilloskop angeschlossen ist,<br />
rein elektrisch bestimmt. Die Betriebssicherheit der Sprühpistole ist gewährleistet,<br />
wenn deren maximal mögliche Entladeenergie niedriger ist als die Mindestzündenergie<br />
aller in der Praxis verwendeten Pulverlacke. Hierzu bestimmten Dr. Ulrich<br />
von Pidoll und Dr. Helmut Krämer von der <strong>PTB</strong> die Mindestzündenergie einer<br />
großen Zahl von unterschiedlichen Pulverlacken und untersuchten systematisch, von<br />
welchen physikalischen und chemischen Eigenschaften der Pulverlacke sie abhing.<br />
Sie konnten eine allgemeingültige Formel entwickeln, mit der sich die Mindestzündenergie<br />
von Pulverlacken hinreichend genau berechnen lässt. Für diese Arbeit wurden<br />
sie mit dem Helmholtz-Preis 1993 im Bereich „<strong>Physikalisch</strong>e und Chemische Sicherheitstechnik“<br />
ausgezeichnet.<br />
Bei den Experimenten wurde das zu untersuchende Pulver unter einem Druck von<br />
20 bar mit Luft durch eine Ringdüse in ein zuvor evakuiertes Zündgefäß eingeblasen.<br />
In diesem explosionsdruckfesten Kugelgefäß bildete sich eine gleichmäßig verteilte<br />
Pulverwolke. Danach wurde mit einer Drei-Elektroden-Funkenstrecke im Zündgefäß<br />
ein Zündfunke von variabler Energie erzeugt und der Minimalwert der Funkenenergie<br />
gemessen, der gerade noch ausreichte, das Pulver-Luft-Gemisch zu entzünden.<br />
Die gemessene Mindestzündenergie eines Pulverlackes war beispielsweise umso<br />
kleiner, je größer die Gesamtoberfläche war. Ein Pulverlack aus kleinen Partikeln<br />
ließ sich also leichter zünden als ein Pulverlack aus größeren Teilchen. Auch spielten<br />
die chemische Zusammensetzung und der Anteil nichtbrennbarer Stoffe eine große<br />
Rolle. Der absolut niedrigste Wert für die Mindestzündenergie wurde für superfeine<br />
Epoxid-Klarlacke gemessen und betrug 1,7 mJ. Die beiden Forscher schlugen vor,<br />
diesen Minimalwert bei der Zündprüfung von Sprühgeräten für die Pulverlackierung<br />
zugrunde zu legen. Sowohl dieser Wert als auch die erwähnte Formel wurden inzwischen<br />
in europäische Normen übernommen.<br />
Ulrich von Pidoll (li.) wurde 1956<br />
in Köln geboren. Von 1975 bis 1980<br />
studierte er physikalische Chemie an<br />
der TU Darmstadt, wo er 1984 promovierte.<br />
Von 1985 bis 1990 arbeitete er<br />
bei der Feldmühle AG. Anschließend<br />
ging er zur <strong>PTB</strong> Braunschweig und ist<br />
seither in der Arbeitsgruppe „<strong>Physikalisch</strong>e<br />
Zündvorgänge“ tätig. Seine Arbeit<br />
hat zur Aufstellung von zahlreichen<br />
deutschen, europäischen und internationalen<br />
Normen im Bereich der Sicherheit<br />
beigetragen.<br />
Helmut Krämer (re.), 1937 in Hamm in<br />
Westfalen geboren, studierte von 1958<br />
bis 1963 Physik in Göttingen. Anschließend<br />
ging er an die TH Darmstadt, wo<br />
er 1966 am Lehrstuhl für Elektrochemie<br />
promovierte. Nach Tätigkeiten am<br />
Chemical Department der University of<br />
Aberdeen (1966-67) und als Gymnasiallehrer<br />
in Hamm (1967-70) kam er 1970<br />
zur <strong>PTB</strong> Braunschweig. Hier leitete er<br />
die Fachlaboratorien „Brennbare Flüssigkeiten“<br />
(1980-86) und „<strong>Physikalisch</strong>e<br />
Zündvorgänge“ (1986-89). Von 1989 bis<br />
1998 war er Direktor der Fachgruppe<br />
„Grundlagen der physikalischen Sicherheitstechnik“.<br />
Er ist 1998 verstorben.<br />
Literatur<br />
••<br />
U. von Pidoll, H. Krämer: Die Mindestzündenergie von Pulverlacken für die elektrostatische<br />
Pulverbeschichtung. <strong>PTB</strong>-<strong>Mitteilungen</strong> 103, (1993), 329<br />
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