„Ein Rockstar macht, was er will“ - Hessischer Rundfunk

02 | März/April | 2013
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hintergrund
Illegale – ein Leben im Schatten
Menschen ohne Pass und Papiere – illegale Einwanderer leben in ständiger Angst, entdeckt zu werden. hr-iNFO-Redakteure haben in
dieser Schattenwelt recherchiert.
Vielleicht ist es die eigene Putzfrau, die
Küchenhilfe im China-Imbiss oder der
schweigsame Handwerker? Sie leben
mitten unter uns, heimlich und unerkannt:
Staatenlose ohne Aufenthaltsgenehmigung,
sogenannte „Illegale“.
500.000 bis eine Million sollen es laut
Schätzungen in Deutschland sein. Sie
haben keine Gesundheitsvorsorge, sie
arbeiten illegal und werden häufig ausgebeutet.
Faktisch rechtlos leben sie in
der ständigen Bedrohung, abgeschoben
zu werden. „Sie führen ein Leben im
Schatten, in einer Parallelwelt, die der
Staat völlig ignoriert“, sagt hr-iNFO-
Redakteur Riccardo Mastrocola.
Mit seinen Kollegen Marsida Lluca
und Stefan Bücheler hat er sich in diese
Schattenwelt begeben. Über ein halbes
Jahr aufwändige Recherchen gingen
ihrer Serie „Leben im Schatten“ voraus.
„Erste Kontakte haben wir über kirchliche
und Nicht-Regierungsorganisationen
im Rhein-Main-Gebiet bekommen“,
berichtet Mastrocola. „Wir haben
viele, viele vertrauensbildende Gespräche
mit Mittelsleuten geführt, bis
schließlich Betroffene bereit waren, mit
uns zu sprechen.“ Den illegalen Einwanderern
sicherten sie zu: keine Klarnamen,
keine Fotos, keine identifizierenden
Aussagen! Dann erst kamen sie
zum vereinbarten Treffpunkt auf „neutralem
Boden“. So wie „Maria“ von den
Philippinen. Sie hat ihre drei Kinder verlassen,
bevor diese in die Schule kamen.
Seitdem schuftet sie in deutschen Haushalten,
um ihren Kindern eine Ausbildung
und bessere Zukunft zu ermöglichen.
Seit 17 Jahren hat Maria ihre Kinder
nicht gesehen. „Unglaublich, wie
viel seelischen Stress diese Menschen
ertragen und dass sie dafür ihre Heimat
aufgeben“, sagt Mastrocola. Manche, die
Bloß nicht auffallen! Bis zu einer Millionen staatenloser Einwanderer leben mitten unter uns.
rer, die nicht wissen, wie sie ihr Kind zur
Welt bringen können, ohne entdeckt zu
werden. Von Menschen, die ständig
ihren Wohnort wechseln, und Haushaltshilfen,
die sich selten aus ihren
kleinen Zimmern im Haus des Arbeitgebers
trauen. Von Arbeitgebern – oft Bau,
Reinigung, Gastronomie – , die nicht
nach Papieren fragen und Hungerlöhne
zahlen, und von Mittelsmännern, die
diesen Lohn einkassieren. „Wer profitiert
von den Illegalen?“, fragte sich
Reporterin Lluca und hat recherchiert.
„Oft sind es wir Wohlhabenden! Billige
Handwerker oder das günstige Imbiss-
Fotos: pa/dpa
Essen wären ohne illegale und schlecht
bezahlte Arbeit oft nicht zu haben.“
Lluca hat die „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“
begleitet, Schleuserprozesse besucht,
mit Polizisten gesprochen und
kommt zu dem Fazit: „Wer bei Kontrollen
entdeckt wird, wird ausgewiesen.
Man will aber vor allem Arbeitgeber
oder Schleuser drankriegen. Das Schicksal
der Illegalen steht dabei oft weniger
im Fokus.“ [kos] n
„Leben im Schatten“, Serie, hr-iNFO,
Mo, 18., bis Fr, 22. März, tägl. zwischen
6 und 9 sowie 16 und 19 Uhr.
Nachhören: www. hr-inforadio.de
Hessenschau zum Mitlesen
Fast jeder sechste Hesse hört schlecht. Der „Hessenschau“ kann trotzdem jeder folgen. Denn seit Januar
untertitelt der hr Hessens wichtigstes Nachrichtenmagazin – und zwar live.
Wer sich den neuen Service auf den Bildschirm
holen möchte, wählt im Videotext
die Seite 150. Dass der hr neben Spielfilmen
und Dokumentationen nun auch
Magazine wie die „Hessenschau“ oder
„Plusminus“ untertitelt, ist einer von vielen
Schritten in Richtung Barrierefreiheit.
Für die Untertitel-Redakteure ist das
Live-Angebot eine spannende Herausforderung.
Täglich untertiteln sie die
Hauptausgabe der „Hessenschau“ und
greifen dazu auf das Redaktionssystem
zu, in das die Fernsehkollegen ihre Texte
schreiben. Sobald ein Beitrag oder Mode-
nach langem Vertrauensaufbau bereit
zum Interview waren, überkam dann
doch die Angst. So wie den diplomierten
Studenten aus Nordafrika: Mitten im
Interview brach er ab. „Wenn ich erzähle,
was und wo ich studiert habe, erkennt
man mich vielleicht doch.“ Seit Jahren
lebt er im Rhein-Main-Gebiet, doch seine
wahre Geschichte dürfen nicht einmal
seine engsten Freunde wissen.
Die Reporter erfuhren von Schleusern,
die Zehntausende Euro kassieren,
die die Illegalen jahrelang abarbeiten
müssen. Von Kranken, die sich nicht
zum Arzt trauen, von der Not Schwangerationstext
vorliegt, wird er
bearbeitet – also sinnvoll portioniert
und wenn nötig
behutsam gekürzt, da wir
zum Lesen mehr Zeit brauchen
als zum Sprechen.
Ab 19 Uhr wird es hektisch:
Bei einer aktuellen Live-Sendung
werden Beiträge oft erst
kurz vor knapp fertig. Pünktlich
um 19.30 beginnt ein
Redakteur, die vorbereiteten
Untertitel zu senden, immer mit einem
Blick auf den Ablaufplan: Ändert sich die
Neuer Service: Hessenschau mit Untertitelung Foto: hr
Reihenfolge, weil noch eine Meldung
reinkommt? Ein zweiter Redakteur unter-
titelt fehlende Texte und Live-Gespräche
mithilfe einer Spracherkennungssoftware.
Er muss das Gehörte blitzschnell
zusammenfassen. Bevor der Redakteur
diese Untertitel sendet, kontrolliert er, ob
alle Worte richtig erkannt wurden. Verzögerungen
sind unvermeidlich, auf den
roten Faden kommt es an – damit alle
Hessen wissen, was ihr Bundesland
bewegt. [js] n
Untertitel zur „hessenschau“, hr-text
Seite 150, täglich, 19.30 Uhr. Wochenvorschau
untertitelter Sendungen im
hr-fernsehen: hr-text S. 360