Energieverbrauch Luftweben (AiF 15599 N) - Institut für Textiltechnik ...
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Leistungssteigerung und Lärmminderung in der Weberei durch<br />
Reduzierung der Webmaschinenschwingungen<br />
(<strong>AiF</strong> 15476 N)<br />
<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>Textiltechnik</strong> der RWTH Aachen University:<br />
Dipl.-Ing. Achim Hehl, Dipl.-Phys. Christian Rosiepen, Dipl.-Ing. Heiko Schenuit, Univ.-Prof.<br />
Dr.-Ing. Dipl.-Wirt. Ing. Thomas Gries<br />
<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> Getriebetechnik und Maschinendynamik der RWTH Aachen University:<br />
Dipl.-Ing. Felix Allmendinger, Univ.-Prof. Dr.-Ing. Burkhard Corves<br />
Laufzeit: 01.01.2008 – 30.06.2010<br />
Einleitung<br />
Moderne Fachbildemaschinen ermöglichen sehr hohe Webmaschinendrehzahlen.<br />
Die damit verbundene hohe Produktivität kann häufig nicht vollständig erreicht werden.<br />
Dies liegt vor allem daran, dass im hochtourigen Betrieb starke Schwingungen<br />
im Antriebsstrang der Fachbildung auftreten. Als Gegenmaßnahme wird in der Praxis<br />
die Maschinendrehzahl erheblich gesenkt. Die Schwingungen im Antriebsstrang der<br />
Fachbildung haben verschiedene negative Folgen. Zu diesen Folgen gehören hohe<br />
Kosten durch einen starken Verschleiß des Webgeschirrs und ein erhöhter Wartungsaufwand.<br />
Eine weitere Folge ist eine erhöhte Lärmbelastung in den Webereien.<br />
Die Maschinenkomponenten, die an der Fachbildung beteiligt sind (z.B. Schäfte, Unterzug,<br />
Fachbildemaschine), werden von unterschiedlichen Firmen produziert. Die<br />
Aufteilung auf mehrere Firmen führt zu Problemen an den Schnittstellen der Systemkomponenten<br />
und zu fehlender maschinendynamischer Abstimmung der Einzelkomponenten.<br />
Schwingungsanalyse<br />
Es wurde zunächst eine umfassende Schwingungsanalyse des Fachbildungsstrangs<br />
durchgeführt. Dabei wurden Schaftbewegung, Schwingungen im Unterzugsystem,<br />
Kettfadenzugkräfte, Schaftbeschleunigung und Lärmemission messtechnisch erfasst.<br />
Diese Schwingungsanalyse wurde an einem speziellen Fachbildungsprüfstand und<br />
an einer Luftdüsenwebmaschine durchgeführt. Der Fachbildungsprüfstand wurde im<br />
Rahmen des <strong>AiF</strong>-Projektes 14683 N (Litzenspiel) auf Basis einer Luftdüsenwebma-
schine der Firma Lindauer Dornier GmbH, Lindau entwickelt [Sch09]. Die verwendete<br />
Webmaschine war eine Luftdüsenwebmaschine OmniPlus 800 der Firma Picanol NV,<br />
Ieper, Belgien. Bei der Schwingungsanalyse wurde sowohl am Prüfstand als auch an<br />
der Webmaschine der Einfluss des Profils der Schaftbewegung auf Schwingungsund<br />
Lärmentwicklung deutlich. Bei einer Leinwandbindung erwies sich ein sinusförmiges<br />
Bewegungsprofil als deutlich bessere Wahl gegenüber einer genäherten Rastin-Rast-Bewegung.<br />
Geringere Schwingungen, Schaftbeschleunigungen und Lärmemission<br />
zeichnen das sinusförmige Profil aus. Beispielhaft dargestellt ist in Abbildung<br />
1 die Schaftbeschleunigung <strong>für</strong> eine genäherte Rast-in-Rast-Bewegung. Die<br />
Schaftbeschleunigungen nehmen dabei Werte von 18 bzw. -20 g an. Bei einer sinusförmigen<br />
Bewegung liegen die Maximalwerte lediglich bei ca. 10 bzw. -11 g.<br />
60<br />
30<br />
Hubhöhe [mm]<br />
40<br />
20<br />
0<br />
-20<br />
-40<br />
Schaftbewegung<br />
Schaftbeschleunigung<br />
-60<br />
0 300 600 900 1200<br />
Maschinenwinkel [°]<br />
20<br />
10<br />
0<br />
-10<br />
-20<br />
-30<br />
Schaftbeschleunigung [g]<br />
Webmaschine<br />
900 U/min,<br />
genäherte Rast-<br />
in-Rast-<br />
Bewegung<br />
(gemessen)<br />
= Beschleunigungspeaks der Übergangsfunktionen<br />
Abbildung 1:<br />
Hubbewegung und Schaftbeschleunigung beim genäherten Rast-in-<br />
Rast-Bewegungsprofil (P2) bei 900 U/min<br />
Mehrkörpersimulation<br />
Es wurde ein Mehrkörper-Simulationsmodell des Fachbildungsstrangs erstellt. Dieses<br />
Modell wurde verwendet, um Einflussfaktoren auf die Schwingungsentwicklung<br />
besser quantifizieren zu können und Variationen dieser Einflussfaktoren einfacher zu<br />
prüfen. Zur Aufstellung des Modells war zunächst die Ermittlung der modalen Parameter<br />
(Eigenfrequenz, Dämpfung, Eigenform) der Komponenten des Fachbildungs-
strangs notwendig. Die modalen Parameter wurden in Versuchen und über Finite-<br />
Elemente-Simulationen auf Basis von CAD-Daten ermittelt. Diese Parameter wurden<br />
in Versuchen im laufenden Betrieb validiert. In die Validierung einbezogen wurden<br />
sowohl die simulierten Eigenfrequenzen als auch die Schwingungsform. Im Rahmen<br />
des Simulationsmodells wurde unter anderem der Einfluss des Bewegungsprofils untersucht.<br />
Die im Rahmen der Schwingungsanalyse festgestellten Vorteile der sinusförmigen<br />
Bewegung gegenüber der genäherten Rast-in-Rast-Bewegung bestätigten<br />
sich. Ferner wurde der Effekt einer Erhöhung der Steifigkeit der Unterzugstangen<br />
und des Schaftrahmens untersucht. Eine Versteifung von Unterzugstange und<br />
Schaftrahmen verbessert das Schwingverhalten des Systems. Ein Massenausgleich<br />
im Unterzugsystem wurde ebenfalls betrachtet. Der Massenausgleich im Unterzugsystem<br />
kann zur Beruhigung des Maschinenbetts beitragen. Der Effekt eines weiteren<br />
simulierten Konzepts, das eine gegenläufige Bewegung der Unterzugstangen beinhaltet,<br />
war gering.<br />
Verbesserungskonzepte<br />
Auf Basis der Erkenntnisse aus Schwingungsanalyse und Simulation ergaben sich<br />
zahlreiche Verbesserungskonzepte zur Verringerung von Schwingungen und Lärmentwicklung.<br />
Es erfolgte eine Bewertung der Konzepte nach technischen und wirtschaftlichen<br />
Kriterien (z.B. konstruktiver und monetärer Aufwand zur Umsetzung, Potenzial<br />
zur Kosteneinsparung, Reduktion der Schwingungsentwicklung, Reduktion<br />
der Lärmemission). Als am meisten Erfolg versprechende Maßnahmen stellten sich<br />
die Anpassung des Bewegungsprofils und die Integration von schwingungsdämpfenden<br />
Lagerelementen heraus. Diese Maßnahmen wurden im Praxistest überprüft.<br />
In der Schwingungsanalyse wie auch in der Simulation wurden mögliche Effekte der<br />
Anpassung des Bewegungsprofils bereits deutlich. Die Verwendung eines sinusförmigen<br />
Bewegungsprofils erweist sich als beste Lösung zur Vermeidung von Schwingungen<br />
im Fachbildungsstrang. Bei Bindungen mit einem größeren Rapport als bei<br />
der Leinwandbindung ist die Verwendung eines reinen Sinusprofils allerdings nicht<br />
möglich, da die Schäfte häufig bindungsgerecht über mehrere Schüsse in der Offenfachposition<br />
verbleiben. Dazu setzen die derzeitig verwendeten Fachbildemaschinen<br />
die Schäfte in Rast. Es ist eine Übergangsfunktion notwendig, um die sinusförmige<br />
Bewegung in eine Rastphase zu führen. Diese Übergangsfunktion ist mit höheren<br />
maximalen Beschleunigungen verbunden. Bei einer 3/1-Köperbindung verbleibt bei-
Hubhöhe<br />
spielsweise ein Schaft über drei Schüsse in der Offenfachposition. Es ergeben sich<br />
aufgrund der Übergangsfunktion zwischen der Hubbewegung und der Rastphase<br />
ähnlich hohe Beschleunigungen wie bei der genäherten Rast-in-Rast-Bewegung der<br />
Leinwandbindung. An dem Beispiel der 3/1-Köperbindung wurde die Anpassung des<br />
Bewegungsprofils vorgenommen. Ein entsprechend modifizierter Exzenternocken<br />
wurde durch ein Mitglied des projektbegleitenden Ausschusses zur Verfügung gestellt.<br />
Das Bewegungsprofil wurde so angepasst, dass der Schaft in der Offenfachposition<br />
(über drei Schüsse) anstelle der Rast eine pendelnde Bewegung ausführt. Diese<br />
ist schematisch dargestellt in Abbildung 2. Dadurch wird eine Reduktion der Beschleunigungsspitzen<br />
im Übergang von der Hubbewegung in die Offenfachposition<br />
erreicht. Die Anpassung der Bewegungsprofile wurde an der Luftdüsenwebmaschine<br />
überprüft.<br />
Pendelnde Bewegung<br />
im Offenfach<br />
360 720 1080 1440<br />
Maschinenwinkel [ ]<br />
Abbildung 2:<br />
Schematische Darstellung der pendelnden Bewegung im Offenfach<br />
[Mün08]<br />
Mit der Entwicklung der schwingungsdämpfenden Lagerelemente wurde angestrebt,<br />
die schwingenden Systeme Schaft und Unterzug zu entkoppeln. Als Einbaupunkte<br />
wurden die Lagerstellen im Angriffspunkt des Schaftanschlusses gewählt. Diese<br />
Punkte stellen die Verbindung zwischen den Systemen dar. Die modifizierten,
schwingungsdämpfenden Lagerelemente wurden an dem Prüfstand installiert und<br />
überprüft.<br />
Für beide Verbesserungskonzepte wurden Messungen zur Schwingungsentwicklung,<br />
Schaftbeschleunigung, Kettfadenzugkraft und zur Lärmentwicklung vorgenommen.<br />
Ergänzend wurde bei der Anpassung des Bewegungsprofils der Gewebeausfall untersucht.<br />
Das pendelnde Bewegungsprofil weist Vorteile gegenüber konventionellen Bewegungsprofilen<br />
auf: Die Schaftbeschleunigung wird durch die Anpassung der Bewegungsfunktion<br />
erheblich verringert und auch die Lärmentwicklung ist geringer. Beides<br />
deutet auf einen geringeren Verschleiß der Schäfte hin. Die Kettfadenzugkräfte und<br />
der Gewebeausfall bleiben gleich. In Abbildung 3 ist der Vergleich der Schaftbeschleunigungen<br />
<strong>für</strong> unterschiedliche Drehzahlen dargestellt. Zu erkennen ist, dass<br />
beim Übergang von der Hubbewegung in die Rastphase bei Verwendung des pendelnden<br />
Profils bei einer Drehzahl von 900 U/min Beschleunigungen auftreten, die<br />
etwa den Beschleunigungen bei einer Drehzahl von 700 U/min bei Verwendung des<br />
asymmetrischen Bewegungsprofils entsprechen. Bei der Hubbewegung ins Unterfach<br />
(<strong>für</strong> einen Schuss) ergeben sich die gleichen Beschleunigungen wie bei Verwendung<br />
des asymmetrischen Nockens, da dieser Teil der Bewegung nahezu gleich<br />
ist, um das Schusseintragsfenster nicht zu beeinflussen. Insgesamt liegt bei Verwendung<br />
des pendelnden Bewegungsprofils kein Beschleunigungspeak oberhalb von 75<br />
% des maximalen Beschleunigungspeaks bei Verwendung des asymmetrischen Nockens.<br />
Dies bedeutet eine Verringerung der auf den Schaft einwirkenden Kräfte und<br />
somit einen geringeren Verschleiß. Allerdings verursacht die Pendelbewegung Beschleunigungen<br />
während der bindungsbedingten Rastphase. Diese (geringeren) Beschleunigungen<br />
sind ihrerseits ebenfalls <strong>für</strong> eine Belastung der Schäfte verantwortlich.<br />
Diese Beschleunigungen treten bei Verwendung eines konventionellen Bewegungsprofils<br />
nicht in dieser Höhe auf.
150<br />
Schaftbewegung<br />
60<br />
Beschleunigung [%]<br />
100<br />
50<br />
0<br />
-50<br />
40<br />
20<br />
0<br />
-20<br />
Hubhöhe [mm]<br />
Webmaschine<br />
700 bis<br />
900 U/min,<br />
asymmetrische<br />
und pendelnde<br />
Bewegung,<br />
Köperbindung<br />
unsymm. 900 SE/min<br />
-100<br />
pendelnd 900 SE/min<br />
unsymm. 800 SE/min<br />
unsymm. 700 SE/min<br />
-150<br />
0 300 600 900 1200<br />
Maschinenwinkel [°]<br />
-40<br />
-60<br />
Abbildung 3:<br />
Vergleich der Beschleunigung des Schaftrahmens in Abhängigkeit<br />
von dem Bewegungsprofil: asymmetrisches und pendelndes<br />
Bewegungsprofil bei 700 bis 900 U/min<br />
Für die schwingungsdämpfenden Lagerelemente konnte der angestrebte Effekt der<br />
Dämpfung von Schwingungen nicht nachgewiesen werden. Die Schwingungen im<br />
Unterzug sind vergleichbar mit den bei Verwendung der bisherigen Lagerkonstruktion<br />
auftretenden Schwingungen. Bezüglich der Lärmemission ergaben sich <strong>für</strong> die entworfenen<br />
Lager sogar höhere Schallleistungspegel.<br />
Fazit<br />
Durch die Anpassung des Bewegungsprofils kann eine Reduzierung der Schwingungs-<br />
und Lärmentwicklung erreicht werden. Dies wurde anhand einer Leinwandund<br />
einer Köperbindung nachgewiesen. Das angestrebte Forschungsziel einer<br />
Lärmminderung um 2 dB kann hierdurch erreicht werden. Ebenso ergibt sich eine<br />
Reduktion der Webmaschinenschwingungen um 20 %. Für den Maximalwert der<br />
Schaftbeschleunigung konnte beispielhaft eine Reduktion um 30 % aufgezeigt werden.<br />
Damit lässt sich die Erhöhung der Produktivität der Webmaschine oder eine<br />
Verlängerung der Lebensdauer der Fachbildungskomponenten (z.B. Schäfte und Litzen)<br />
bei gleichbleibender oder sogar verbesserter Gewebequalität erreichen.
Literatur<br />
[Sch09]<br />
[Mün08]<br />
Schenuit, H.; Gries, T.:<br />
Untersuchung des Einflusses des Litzenspiels auf die Laufeigenschaften<br />
von Hochleistungswebmaschinen und die Gewebequalität<br />
Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben <strong>AiF</strong> 14683 N am <strong>Institut</strong> <strong>für</strong><br />
<strong>Textiltechnik</strong> der RWTH Aachen, Aachen 2009<br />
Münster, B.; Mettler, F.:<br />
Kurvenscheibe <strong>für</strong> Exzentermaschine einer Webmaschine<br />
Offenlegungsschrift DE 10 2007 015 411 A1<br />
Anmelder: Groz-Beckert KG, Albstadt<br />
Offenlegungstag: 02.10.2008<br />
Danksagung<br />
Das IGF-Vorhaben „Leistungssteigerung und Lärmminderung in der Weberei durch<br />
Reduzierung der Webmaschinenschwingungen“, <strong>AiF</strong>-Nr. 15476 N der Forschungsvereinigung<br />
Forschungskuratorium Textil e.V., Reinhardtstraße 12-14, 10117 Berlin<br />
wurde über die <strong>AiF</strong> im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung<br />
und –entwicklung (IGF) vom Bundesministerium <strong>für</strong> Wirtschaft<br />
und Technologie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.<br />
Der Abschlussbericht ist über die Bibliothek des <strong>Institut</strong>s <strong>für</strong> <strong>Textiltechnik</strong> der RWTH<br />
Aachen zu beziehen.