11.03.2014 Aufrufe

Lutz-Ulrich Besser - Initiative zur sozialen Rehabilitation eV

Lutz-Ulrich Besser - Initiative zur sozialen Rehabilitation eV

Lutz-Ulrich Besser - Initiative zur sozialen Rehabilitation eV

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

24.01.2009<br />

Z P T N<br />

•Zentrum für Psychotraumatologie und<br />

Traumatherapie<br />

Niedersachsen<br />

Homepage: www.zptn.de<br />

Email: info@zptn.de<br />

<strong>Initiative</strong>… <strong>zur</strong> <strong>sozialen</strong> <strong>Rehabilitation</strong><br />

Fachtagung Bremen 5.Dezember 2008<br />

Geistige Behinderung und Trauma<br />

Trauma und posttraumatische Stresserkrankungen<br />

beim Einzelnen und in der Familie<br />

Traumatherapie nach dem vierphasigen<br />

KReST - Modell<br />

Körper-, Ressourcen- und Systemorientierte<br />

Traumatherapie<br />

ZPTN – 2008 <strong>Lutz</strong>-<strong>Ulrich</strong> <strong>Besser</strong><br />

<strong>Initiative</strong>… <strong>zur</strong> <strong>sozialen</strong> <strong>Rehabilitation</strong><br />

Fachtagung Bremen 5.Dezember 2008<br />

Geistige Behinderung<br />

Genetischer Defekt und / oder durch<br />

Traumata erworben ?<br />

ZPTN – 2008 <strong>Lutz</strong>-<strong>Ulrich</strong> <strong>Besser</strong><br />

1


24.01.2009<br />

Psychotraumatologie<br />

Der Historische, gesellschaftliche, familiäre und individuelle<br />

Umgang mit traumatischen Lebensereignissen unterliegt meist<br />

folgendem Phänomen:<br />

Traumata –<br />

vom Zwang<br />

der Sprachlosigkeit<br />

des Ausblendens<br />

des Vergessens,<br />

und der Wiederholung<br />

zum heilsamen Erinnern ?!<br />

• Traumata sind Ereignisse,<br />

die durch ihre<br />

– Plötzlichkeit („aus heiterem Himmel“)<br />

– Heftigkeit<br />

(zerstörerische Kräfte / Gewalt …<br />

Natur, Verkehr, Kriege, emotionale,<br />

körperliche, sexuelle Gewalt in<br />

Familie u. Gesellschaft)<br />

– Ausweglosigkeit (hilflos, ohnmächtig, ausgeliefert)<br />

– Dauer<br />

(zeitl. Ablauf, einmalig, wiederholt,<br />

sequentiell über Tage, Wochen,<br />

Monate, Jahre)<br />

Traumata sind daher Ereignisse, die<br />

jeden Menschen mehr oder weniger:<br />

- „ aus der Bahn werfen“<br />

- „ umhauen“<br />

- „ fertig machen“ , „erschlagen“<br />

- „ sprachlos machen“<br />

- „ fassungslos <strong>zur</strong>ück lassen“<br />

- verwirren „das gibt es doch nicht, das glaube ich nicht“<br />

- „ in Mark und Bein erschüttern“<br />

- „ einem den Boden unter den Füssen wegziehen“<br />

- „ das hat unser Leben auf den Kopf gestellt“<br />

- „ das ist wie Schnee im Juli…“ (Gorbatschow b. Tod seiner Frau)<br />

„Danach ist nichts mehr, wie es vorher war“<br />

fühlen und sagen viele Betroffenen nach erlebten Traumata<br />

2


24.01.2009<br />

Was sind Traumen ?<br />

• „Kurz- oder langanhaltende Ereignisse oder<br />

Geschehen von außergewöhnlicher Bedrohung mit<br />

katastrophalem Ausmaß, die nahezu bei jedem<br />

tiefgreifende Verzweiflung auslösen würde“<br />

(WHO-Definition, 1991 ICD-10)<br />

• „Potenzielle oder reale Todesbedrohungen, ernsthafte<br />

Verletzung oder eine Bedrohung der körperlichen<br />

Unversehrtheit bei sich oder bei anderen, auf die mit<br />

intensiver Furcht, Hilflosigkeit oder Schrecken reagiert<br />

wird“<br />

(Amerikanische Definition, 1994 DSM-IV)<br />

Trauma–Definition 3<br />

• S. Freud (1920):<br />

„ … ein Erlebnis, welches dem Seelenleben<br />

innerhalb kurzer Zeit einen so starken<br />

Reizzuwachs bringt, dass die Aufarbeitung in<br />

normal gewohnter Weise missglückt, woraus<br />

dauernde Störungen im Energiebetrieb<br />

resultieren müssen…“.<br />

Trauma - Definition 4<br />

Ein „Erinnerungsabszess“<br />

<strong>Ulrich</strong> Sachsse, Göttingen<br />

3


24.01.2009<br />

Trauma - Definition 5<br />

• Traumata sind plötzliche oder lange anhaltende oder auch sich<br />

wiederholende objektiv oder subjektiv existenziell bedrohliche und<br />

auswegslose Ereignisse, bei denen Menschen in die Schutzlosigkeit<br />

d e r s g n . „T r a u m a t i s c h e n Z a n g e “ g e r a t e n:<br />

– Bedrohung - Angst – Schmerz<br />

– Keine Fluchtmöglichkeit<br />

– Keine Kampfmöglichkeit<br />

– Erstarrung (äußerlich / innerlich)<br />

(Stress)<br />

(no flight)<br />

(no fight)<br />

(freeze)<br />

Körperl. Erregung<br />

Hilflosigkeit<br />

Ohnmacht<br />

Ausgeliefert sein<br />

• In dieser Situation arbeitet (reagiert, verarbeitet und speichert) unser Gehirn<br />

anders als auf sonstige Erfahrungen und Erlebnisse<br />

Erlebnisse und Erinnerungen<br />

• Jedes Ereignis, Erlebnis wird aus der Summe der<br />

sensorischen Eingänge (Input) vom Gehirn registriert und<br />

zusammen gesetzt und kann durch die assoziativen,<br />

integrativen Fähigkeiten unseres Gehirns als mehr oder<br />

weniger ganzheitliche Erfahrung, Erinnerung abgerufen<br />

werden. Die verschiedenen sensorischen Eingänge und<br />

Wahrnehmungskanäle sind:<br />

– Optisch<br />

– Akustisch<br />

– Olfaktorisch<br />

– Gustatorisch<br />

– Taktil<br />

– Viszeral-vegetativ<br />

– Motorik<br />

– Kognitionen<br />

– Emotionen<br />

– Beziehungsaspekt<br />

Bilder<br />

Töne, Geräusche, Klänge, (später) Sprache<br />

Gerüche<br />

Geschmack<br />

Berührung, Druck, Schmerz, Temperatur, Lage<br />

Körper- Binnenwahrnehmung (inneren Organsysteme)<br />

Muskulatur, Bewegungsimpulse, Bewegungen<br />

Gedanken, Bewertungen, Erklärungen<br />

Gefühle (Freude, Stolz, Glück, Angst, Ärger, Wut, Neid..)<br />

wer ist bei dem Erlebnis dabei und wie beteiligt<br />

Erlebnisse und Erinnerungen II<br />

• Jedes Ereignis, Erlebnis braucht zusammen<br />

mit den verschiedenen sensorischen<br />

Sinnesmodalitäten (Input) eine Struktur mit<br />

Anfang -<br />

Verlauf -<br />

Ende -<br />

Bedeutung<br />

um vom Gehirn sicher registriert und<br />

zusammen gesetzt werden zu können und als<br />

ganzheitliche Erfahrung, Erinnerung<br />

abgespeichert zu werden.<br />

4


24.01.2009<br />

Die Traumatische Zange<br />

Existentiell bedrohliches Ereignis<br />

Copyright – zptn <strong>Lutz</strong> <strong>Besser</strong><br />

1.<br />

Angst, Schmerz<br />

Alarmreaktion des Körpers<br />

2.<br />

3.<br />

9.<br />

Keine Bindungsperson<br />

R<br />

Keine Fluchtmöglichkeit<br />

4.<br />

Unterwerfung<br />

„Submission“<br />

Hilflosigkeit<br />

7.<br />

(Panik -System)<br />

No Flight<br />

Freeze<br />

Ausgeliefertsein<br />

T R A U M A<br />

(Furcht -System)<br />

No Fight<br />

Dissoziation<br />

8.<br />

10.<br />

5.<br />

6.<br />

Keine Kampfmöglichkeit<br />

Ohnmacht<br />

S<br />

Fragments<br />

K<br />

B<br />

P<br />

E<br />

Die Traumatische Zange<br />

Existentiell bedrohliches Ereignis<br />

Angst, Schmerz, Alarmreaktion des Körpers<br />

Keine Bindungsperson<br />

(Panik -System)<br />

No Flight<br />

No Fight<br />

Keine Kampfmöglichkeit<br />

Keine Fluchtmöglichkeit<br />

(Furcht -System)<br />

P<br />

R<br />

Hilflosigkeit<br />

Freeze<br />

Ausgeliefertsein<br />

Dissoziation<br />

Ohnmacht<br />

S<br />

B<br />

E<br />

Unterwerfung<br />

„Submission“<br />

T R A U M A<br />

Fragments<br />

K<br />

Die Traumatische Zange<br />

Existentiell bedrohliches Ereignis<br />

Angst, Schmerz, Alarmreaktion des Körpers<br />

Keine Bindungsperson<br />

(Panik -System)<br />

(Furcht -System)<br />

No Flight<br />

No Fight<br />

Keine Kampfmöglichkeit<br />

Keine Fluchtmöglichkeit<br />

R<br />

Dissoziation &<br />

Amnesie<br />

Ohnmacht<br />

Hilflosigkeit<br />

Ausblendung<br />

Freeze<br />

Dissoziation<br />

Verleugnung Lügen<br />

B<br />

S<br />

Ausgeliefertsein<br />

P<br />

E<br />

Unterwerfung<br />

„Submission“<br />

T R A U M A<br />

Fragments<br />

K<br />

5


24.01.2009<br />

Neurobiologie 1<br />

Es geht um unser Gehirn<br />

Copyright ZPTN – lutz-<strong>Ulrich</strong><br />

<strong>Besser</strong> 16<br />

Neurophysiologie 2<br />

Evolutionäre und biologische Entwicklung u. Struktur des<br />

menschlichen Gehirns<br />

Körperperipherie<br />

6


24.01.2009<br />

Neurophysiologie 4<br />

Neurophysiologie 6<br />

N e u r o p l a s t i z i t ä t<br />

7


24.01.2009<br />

N e u r o p l a s t i z i t ä t 1<br />

Unser Gehirn – eine Maschine oder Computer mit stabiler Hardware???<br />

Die veraltete Vorstellung vom menschlichen Gehirn als eine mehr oder weniger<br />

gut funktionierende Maschine zeigt sich in mundartlichen Redewendungen über<br />

psychischen Auffälligkeiten und Störungen:<br />

- Du hast wohl …:<br />

• …eine Schraube locker<br />

• …nicht alle Tassen im Schrank<br />

• …einen Sprung in der Schüssel<br />

• …du tickst nicht richtig<br />

• …ein Rad ab<br />

• …eine Macke<br />

• …ein Brett vor dem Kopf<br />

• …nicht alle Latten am Zaun<br />

• …bist neben der Spur<br />

• …bist wohl von der Rolle<br />

• …bist auf den Kopf gefallen<br />

• …bist nicht ganz dicht<br />

• …bist durch geknallt<br />

• …bekloppt / behämmert<br />

• …hast eine Meise usw.<br />

Zellkern<br />

Axon<br />

Dendrit<br />

N e u r o p l a s t i z i t ä t 1<br />

Die nutzungsabhängige Strukturierung<br />

des Gehirns und der Persönlichkeit<br />

• Die Hirnentwicklung ist ein sich selbst organisieren-<br />

der, durch Interaktion mit der Außenwelt gelenkter<br />

Prozess.<br />

• Keine andere Spezies, nur Menschenkinder kommen<br />

mit einem so wenig genetisch vorstrukturierten<br />

Gehirn und instinktmäßig festgelegten Reaktions-<br />

und Verhaltensmustern <strong>zur</strong> Welt.<br />

• Menschenkinder kommen als „Nesthocker“ <strong>zur</strong> Welt.<br />

8


24.01.2009<br />

N e u r o p l a s t i z i t ä t 2<br />

• Ihre Gehirne sind deshalb über den langen<br />

Entwicklungszeitraum „Kindheit und Jugend“<br />

extrem lernfähig und formbar<br />

• Nur so ist es möglich, dass sich Kinder in so<br />

unterschiedlichen Lebensräumen wie am<br />

Nordpol, in Afrika oder in den Industrie-<br />

staaten Europas so gut an die jeweiligen<br />

Lebensbedingungen angepasst entwickeln<br />

N e u r o p l a s t i z i t ä t 3<br />

Genetisch determiniert, angeboren sind nur:<br />

• Geschlecht und wesentlichen Körpermerkmale<br />

• Wachstumspotential<br />

• Fähigkeit <strong>zur</strong> Strukturbildung<br />

• Bindungsbedürfnis<br />

• Erkundungsbedürfnis<br />

• Basale Funktion und Regulation der körperlichen<br />

Vitalfunktionen und Überlebensreaktionsmuster<br />

(Flucht- , Kampfreaktion, Dissoziation)<br />

N e u r o p l a s t i z i t ä t 4<br />

• Die Verschaltung bzw. „Verdrahtung“ von<br />

Milliarden von Nervenzellen zu neuronalen Netzen<br />

(Funktionseinheiten) geschieht in Abhängigkeit<br />

von den Nutzungsbedingungen und Erfahrungen<br />

• Es ist besonders in der Kindheit der sensorische<br />

„Input“ , die psycho-<strong>sozialen</strong> <strong>sozialen</strong> Erfahrungen mit<br />

Bindungspersonen und Umwelt, die die Neuronen<br />

in unserem Gehirn „verdrahten“ und damit unsere<br />

kognitiven, emotionalen, körperlichen und<br />

<strong>sozialen</strong> Fähigkeiten, unser Wesen, unsere<br />

Persönlichkeit nach und nach formen.<br />

9


24.01.2009<br />

N e u r o p l a s t i z i t ä t 5<br />

• Unser Gehirn ist zeitlebens plastisch wie<br />

eine Wachstafel<br />

• In der Kindheit ist es jedoch besonders<br />

formbar<br />

• Es sind die „Ein-drücke“, Erfahrungen,<br />

Erlebnisse und unsere emotionalen und<br />

körperlich-physiologischen physiologischen Reaktionen<br />

darauf, die unsere Prägungen hervorrufen<br />

N e u r o p l a s t i z i t ä t 6<br />

Wir bestehen als Persönlichkeit mit unserer/m<br />

• Wahrnehmung<br />

• Denken (Sprache, Wissen, Wertvorstellungen, Normen)<br />

• Fühlen<br />

• Körperlichen Empfindungen und Reaktionen<br />

• Handeln / Verhalten<br />

auf dem Nährboden unseres genetischen Potentials<br />

also aus der Summe unserer<br />

- positiv-förderlichen und<br />

- negativ-beeinträchtigenden<br />

Erfahrungen und den erprobten Reaktionen darauf<br />

„Cells that fire together, survive together.“<br />

Alan Schore<br />

Die Nervenzellen<br />

bilden ein<br />

gleichmäßiges<br />

dichtes Netz, das<br />

Impulse in alle<br />

Richtungen<br />

weiterleitet.<br />

Durch Lernen<br />

verstärken sich<br />

einige Bahnen,<br />

andere verkümmern.<br />

Vielfältige<br />

Anregungen führen<br />

zu komplexen<br />

Strukturen.<br />

Zum Lernen steht<br />

weitgehend das bis<br />

dahin gebildete Netz<br />

<strong>zur</strong> Verfügung. Neue<br />

Verbindungen<br />

entstehen schwerer.<br />

10


24.01.2009<br />

N e u r o p l a s t i z i t ä t 8<br />

Bindungspersonen und Umwelt steuern die angeborenen Entwicklungsprogramme<br />

und beeinflussen damit maßgeblich die Reifung und spätere Funktionsweise des<br />

Gehirns und der Persönlichkeit<br />

Entwicklung / Alter<br />

Bindungs-Programme (Priming) sind maßgeblich<br />

für die weitere Entwicklung zuständig<br />

- Geburt<br />

- 9 Monate<br />

Molekulares Milieu<br />

Gene<br />

- Umwelt / Vorbilder<br />

- Gedächtnis<br />

- Lernen<br />

- Erfahrungen<br />

- Gefühle<br />

- mütterliches<br />

Befinden u.<br />

Verhalten<br />

- Zeugung<br />

Gene und Molekulare Programme steuern<br />

anfänglich Wachstum und Entwicklung<br />

N e u r o p l a s t i z i t ä t 8<br />

Bindungspersonen und Umwelt steuern die angeborenen Entwicklungsprogramme<br />

und beeinflussen damit maßgeblich die Reifung und spätere Funktionsweise des<br />

Gehirns und der Persönlichkeit<br />

Entwicklung / Alter<br />

- Geburt<br />

- 9 Monate<br />

Molekulares Milieu<br />

Gene<br />

- Zeugung<br />

Gene und Molekulare Programme steuern<br />

anfänglich Wachstum und Entwicklung<br />

Bindungs-Programme (Priming) sind maßgeblich<br />

für die weitere Entwicklung zuständig<br />

Kulturelle und<br />

gesellschaftliche<br />

Werte, Normen und<br />

- Umwelt / Vorbilder<br />

Lebensbedingungen<br />

- Gedächtnis<br />

- Lernen<br />

Eigenen Internalisierten<br />

(+ / - ) biografischen<br />

- Erfahrungen<br />

Erfahrungen<br />

- Gefühle<br />

Werte & Normen<br />

- mütterliches<br />

Befinden u.<br />

Verhalten<br />

Stress-Toleranzfenster „<br />

Übererregung / Dissoziation <br />

• Bindungssuche (attachement)<br />

• Flucht (flighte<br />

flighte)<br />

• Kampf (fighte)<br />

• Einfrieren „Freeze<br />

Freeze“<br />

+<br />

„Window of Tolerance“<br />

Sympathikus<br />

Panik, Todesangst<br />

-<br />

Untererregung / Dissoziation Parasympathikus<br />

Unterwerfung – „Totstell-Reflex“ (submisson)<br />

Copyright Zptn-<strong>Lutz</strong> <strong>Besser</strong><br />

11


24.01.2009<br />

PROTEKTIVE FUNKTION FRÜHER<br />

BINDUNG FÜR DAS STRESSERLEBEN<br />

• „New stimuli are expected to be presented in a way<br />

which is safe, nurturing, predictable, repetitive, gradual<br />

and attuned to the infant`s or child`s developmental<br />

stage" (Perry & Pollard 1998)<br />

• „Early environment is able to fine-tune<br />

the sensitivity<br />

and efficiency of certain neuroendocrine systems that<br />

mediate the response to stimuli that threaten<br />

homeostasis" (Meaney<br />

et al 1993, 1998)<br />

Funktionelle<br />

Bildgebung<br />

-PET<br />

-fMRT<br />

N e u r o p l a s t i z i t ä t 8<br />

Nutzungsabhängige Hirnentwicklung:<br />

• Aus ursprünglich schmalen Pfaden (geknüpften neuronalen<br />

Verbindungen) werden je nach Häufigkeit, Dauer und<br />

emotionaler Intensität der Nutzung dieser vernetzten<br />

Funktionseinheiten im Gehirn also:<br />

• - Trampelpfade<br />

• - Wege<br />

• - Strassen<br />

• - Autobahnen<br />

• - d.h. schließlich feste Strukturen (gebahnte Fähigkeiten,<br />

Gewohnheiten, Muster, Introjekte, Repräsentanzen,<br />

neuronale Netzwerke<br />

„innere Bilder“ / Hüther ),<br />

die nun häufig vom Individuum genutzt<br />

bzw. „befahren“ werden oder auch wieder „verfallen“.<br />

12


24.01.2009<br />

Bindung und Trauma 21<br />

Bindung und psychische Entwicklung<br />

• Sichere Bindung<br />

• Un-sichere Bindung<br />

Schutz<br />

Risiko<br />

„Big-T“ T“- Traumata 3<br />

• Diese Ereignisse sind durch Überstimulierung aller Sinne so<br />

stressbeladen, dass sie unsere gewöhnlichen Bewältigungs-<br />

strategien überfordern.<br />

Dadurch kommt es zum Erleben von<br />

• Gefühlen intensiver Angst, extremer Hilflosigkeit,<br />

Ohnmacht und Kontrollverlust<br />

> E m o t i o n a l e r S c h o c k <<br />

Verwirrung und massive Erschütterungen der:<br />

1. kognitiven Funktionen<br />

2. Affektsteuerung<br />

3. Körperregulation<br />

was häufig<br />

dauerhafte substantielle, psychische Schäden<br />

PTBS / PTSD verursacht<br />

PTBS<br />

„small - t “- Traumata<br />

Emotionale Schocksituationen mit:<br />

Verwirrung und massive Erschütterungen der -<br />

• kognitiven Funktionen<br />

• Affektsteuerung u.<br />

• Körperregulation<br />

können auch bei sgn. „small-t-Traumata“<br />

auftreten !<br />

“ t “-TRAUMATA<br />

sind<br />

sind Ereignisse mit<br />

• Erschrecken<br />

• Demütigungen, Erniedrigungen<br />

• großer Peinlichkeit, Scham, Rat- u. Hilflosigkeit<br />

Sie hinterlassen auch oft dauerhafte, psychische<br />

Schäden – „subsyndromale PTBS / PTSD“ , die meist als<br />

>Anpassungsstörungen< klassifiziert werden<br />

13


24.01.2009<br />

Neurobiologie<br />

Evolutionär entstandene Schutzfunktionen<br />

- archaische Notfall-Reaktionen<br />

• Vigilanz<br />

• Bindungssystem<br />

• Flucht<br />

• Kampf<br />

• Einfrieren- Dissoziation<br />

Sympathicus<br />

• Unterwerfung („<br />

(„Totstellreflex“)<br />

„submission“, körperliches Runterschalten<br />

Copyright – zptn <strong>Lutz</strong> <strong>Besser</strong><br />

Parasympaticus<br />

40<br />

Die fragmentierte Speicherung traumatischer Erlebnisse in<br />

sensorische, emotionale und kognitive Aspekte<br />

23<br />

Dissoziation<br />

Traumatherapie nach dem vierphasigen KReST<br />

Körper-, Ressourcen- und Systemorientierte<br />

Traumatherapie<br />

Phase 1 - c -<br />

• Diagnostik<br />

1. Symptomverständnis<br />

KReST - Modell<br />

• Mit welchem theoretischen Ansatz „interpretiere ich die<br />

Symptomatik, ordne sie welchem Theoriegebäude zu?<br />

– Medizinisch: organische Erkrankung, Disposition, Gene ?<br />

– Analytisch (traditionell) Symptom = unbewusster frühkind-<br />

licher neurotischer (Entwicklungs-)Konflikt ?<br />

– Lerntheoretisch: Modell-Lernen, klassisches u. operantes<br />

Konditionieren<br />

– Systemisch: Symptom drückt gestörte Interaktion/<br />

Kommunikation aus, IP wird vom System mit dem Symptom<br />

gebraucht ?<br />

– Traumaspezifisch / Bindungsorientiert: Bedrohungs-, Angst-<br />

erlebnisse mit neurobiologische Veränderungen<br />

14


24.01.2009<br />

Trauma und Symptomverständnis<br />

• In klinischen Symptomen im:<br />

– Denken (Kognitionen<br />

ognitionen)<br />

– Fühlen (Emotionen<br />

motionen)<br />

– Handeln / Verhalten (Verhalten<br />

erhalten)<br />

– Körper(miss)empfindungen (Körper<br />

örper) oder auch ganzen<br />

– KKEV-Mustern<br />

(Kognitions-Emotion-Verhaltens-Körper-Mustern)<br />

drücken sich häufig<br />

a) fragmentierte sensorische Teile traumatischer Situationen<br />

oder<br />

b) damals „sinnvolle“ Reaktionen darauf aus – sogn.:<br />

– „KKEV-Muster“ / „Traumaschemata“ und/ oder schließlich<br />

– „traumakompensatorische Schemata“ , die beide auch als<br />

– „ego-states“<br />

bezeichnet werden können;<br />

Angst, Panikattacken,<br />

Unruhe, Getriebenheit, Hektik<br />

Konzentrationsstörungen, Leistungsversagen<br />

„Flashbacks“ Aufblitzen traumatischer Bilder / Sinneseindrücke<br />

Depression, Trauer, Hoffnungslosigkeit, Stumpfheit („Leere“)<br />

Gereiztheit, Ärger, Wut<br />

Selbstzweifel, Selbsthass, Selbstverletzendes Verhalten ( SVV )<br />

Suizidalität<br />

Folgen / Symptome bei Extrem-<br />

Traumatisierungen - 1 -<br />

Anfallartiges Auftreten von:<br />

Rückzug bis <strong>zur</strong> Isolation<br />

zahlreiche körperliche Beschwerden<br />

Folgen / Symptome bei Extrem-<br />

Traumatisierungen - 2 -<br />

Autoprotektive Schutzmechanismen des Individuums :<br />

<br />

<br />

<br />

Derealisation<br />

Depersonalisation<br />

Ohnmachtsanfälle, Dämmerattacken, Umnachtungszustände<br />

stuporöse oder katatone „Krampfanfälle“<br />

psychogene Amnesie<br />

„ ich “- Fragmentierung<br />

dissoziative Symptome<br />

dissoziative Persönlichkeitsstörungen (DIS / MPS), entstehen<br />

bei frühem Beginn und langjährigen sadistischen meist<br />

sexuellen Misshandlungen<br />

15


24.01.2009<br />

Folgen / Symptome bei Extrem-<br />

Traumatisierungen - 3 -<br />

Selbstrettungs- und Heilungs -„Versuche“<br />

sekundäre / kompensatorische Trauma-Symptome<br />

<br />

<br />

Selbstverletzungen (SVV)<br />

„Selbstbetäubung“ = Suchtmittelmissbrauch (Alkohol, Drogen, …)<br />

Essstörungen (Buliemische<br />

Essattacken, Anorexie)<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

exzessives „Sich-fühlen-Wollen“ (Gefahrensuche, Extremsport etc.)<br />

Zwangsrituale, Stereotypien (Bewegungsmuster)<br />

Reinszenierung alter traumatischer Situationen<br />

Impuls-, Gewaltausbrüche gegen andere<br />

• LANGZEITFOLGEN<br />

früher traumatischer<br />

STRESSERFAHRUNGEN bei KINDERN<br />

für die GESUNDHEIT im ERWACHSENENALTER<br />

WAS HÄLT UNS PSYCHISCH GESUND,<br />

WAS MACHT UNS KRANK ?<br />

• genetische Faktoren<br />

• Bindungsverhalten der Bezugspersonen in der Kindheit<br />

• Kindheitsbelastungs-/-schutzfaktorenschutzfaktoren<br />

• Konfliktbewältigungsstrategien / Abwehrmechanismen<br />

• Partnerbeziehung / Familie / soziale Unterstützung<br />

• Arbeitssituation / soziales Milieu<br />

• kritische Lebensereignisse / "daily hassles„ „ / Traumata<br />

• gesundheitliches Risikoverhalten<br />

• Geistige, körperliche und psychische „Nahrung“<br />

psychische<br />

Störung<br />

psychische<br />

Gesundheit<br />

16


24.01.2009<br />

Trauma -Therapie<br />

KReST-Modell<br />

der<br />

• Trauma(Psycho)therapie<br />

• Trauma-Beratung &<br />

• Trauma-Pädagogik<br />

Körper-, Ressourcen- und Systemorientierte<br />

Traumatherapie<br />

4 -phasige KReST-Modell der Traumatherapie<br />

1.) BEZIEHUNGSAUFBAU<br />

ANAMNESE,<br />

DIAGNOSTIK,<br />

INSTRUKTION<br />

2.) STABILISIERUNGS- / VORBEREITUNGS – PHASE<br />

-Ressourcenmobilisation-<br />

3.) TRAUMAKONFRONTATION / TRAUMASYNTHESE<br />

4.) TRAUER -und NEUORIENTIERUNGS - PHASE<br />

Trauma-Behandlung<br />

Voraussetzungen<br />

Grundsatz:<br />

• Es ist wichtig für die Patienten, dass sie „Kontrolle“ in der Therapie<br />

besitzen, d.h. sie müssen vom Therapeuten Folgendes vermittelt<br />

bekommen:<br />

– 1. Verstehbarkeit (Vorhersagbarkeit)<br />

– 2. Handhabbarkeit (Kontrollierbarkeit) Sicherheit<br />

– 3. Bedeutsamkeit (Sinnhaftigkeit)<br />

• Die Patienten brauchen ein gutes Selbstmanagement, um der<br />

traumabasiert erfahrenen / „erlernten“ Hilflosigkeit entgegenzuwirken<br />

• Es verbietet sich daher für traumatisierte Patienten jede Therapieform,<br />

die:<br />

– unstrukturiert ist<br />

– unklar ist<br />

– regressionsfördernd ist und damit auch Übertragungsphänomene stärkt<br />

17


24.01.2009<br />

Trauma -Therapie<br />

KReST-Modell<br />

der<br />

Körper-, Ressourcen- und Systemorientierte<br />

Traumatherapie<br />

• Trauma-Pädagogik<br />

– Wahrnehmen (beschreiben nicht werten)<br />

– Erkennen<br />

– Einordnen (traumaspezifisches Symptomverständnis)<br />

– Planen (pädagogisch-therapeutische Maßnahmen)<br />

– Erklären (Psychoedukation: was, wie, warum machen wir in d.Th)<br />

– Handeln – begleiten, begrenzen u. führen (Halt geben)<br />

– Üben, trainieren (Selbststeuerung, Selbstwirksamkeit,<br />

Selbstfürsorge, Verhaltenstraining)<br />

• „Nahrung“: körperlich, emotional, geistig, spirituell (Werte und<br />

Normen)<br />

Traumatherapie vierphasiges KReST – Modell<br />

Körper-, Ressourcen- und Systemorientierte<br />

Traumatherapie<br />

Phase 1<br />

• BEZIEHUNGSAUFBAU<br />

• ANAMNESE<br />

• DIAGNOSTIK<br />

• INSTRUKTION / PSYCHOEDUKATION<br />

Traumatherapie vierphasiges KReST - Modell<br />

Phase 2 - STABILISIERUNGS-PHASE<br />

• Ressourcenmobilisation<br />

• Stress-Coping, „self-management“, „skill-Training“ (Fertigkeitenerwerb)<br />

• „Selbst“-Stärkung Stärkung (Selbstwirksamkeit, -bild,<br />

-wertgefühl, Körperselbst)<br />

• Soziale Stabilisierung<br />

• Körperliche (medizinische) Stabilisierung (Fitness, Gesundheit)<br />

• Psychodynamische Trauma-Arbeit<br />

(Arbeit am Wahrnehmen, Verstehen von<br />

symptomatischem Erleben und Verhalten und pos. Übersetzung von diesem<br />

als damals normale jetzt aber störenden „ eingefrorenen“ Reaktionen)<br />

• Vorbereitungs-Phase (für Phase 3, Traumakonfrontation)<br />

18


24.01.2009<br />

Der Kernaspekt einer Ressource ist<br />

ein positiver Körperstate<br />

Traumatherapie vierphasiges KReST - Modell<br />

Phase 3 - TRAUMABEARBEITUNGS-PHASE<br />

• Traumakonfrontation (Screen-Technik<br />

& EMDR & VT)<br />

• Traumasynthese<br />

• Traumaintegration in<br />

- Bewusstsein<br />

- Biografie (Teil der Vergangenheit)<br />

- Persönlichkeit<br />

Traumatherapie vierphasiges KReST - Modell<br />

Phase 4 - ABSCHIED UND NEUORIENTIERUNG<br />

• Trauer und Abschied von Nie-Gehabtem<br />

• Trost für „Innere Kinder“ , „jüngere ICH‘s“<br />

• Neuorientierung<br />

- Berufliche Ziele<br />

- Persönliche Ziele / Interessen<br />

- Beziehungen / Partnerschaft<br />

19


24.01.2009<br />

Traumatherapie nach dem vierphasigen KReST<br />

Körper-, Ressourcen- und Systemorientierte<br />

Traumatherapie<br />

Phase 1 - cc –<br />

• Diagnostik …<br />

1. Symptomverständnis<br />

KReST - Modell<br />

• Traumaspezifisch / Bindungsorientiert: reale<br />

Bedrohungs-, Angsterlebnisse mit nachfolgenden<br />

neurobiologisch basierten Veränderungen in:<br />

– Wahrnehmung / Informationsverarbeitung<br />

– Denken<br />

– Fühlen<br />

– Handeln / Verhalten<br />

– Körperregulation und -organisation<br />

– Bindungsrepräsentationen / Kontakt- u. Beziehungsgestaltung<br />

– Persönlichkeitsstruktur<br />

Was brauchen insbesondere Kinder<br />

für ihre Entwicklung ?<br />

Gewalt - Trauma - Dissoziation<br />

Gewaltfreie Zone<br />

&<br />

Naturschutzgebiet für die Seele<br />

20


24.01.2009<br />

Gewalt - Trauma - Dissoziation<br />

Wir Erwachsenen<br />

„ver-gewaltigen“<br />

unsere Kinder und Jugendlichen<br />

durch Zulassen, zuschauen,<br />

ausblenden, (Dissoziation)<br />

fehlende Vorbildfunktion in<br />

unserer Haltung zu Gewalt<br />

Gewalt - Trauma - Dissoziation<br />

Aufrechte, klare,<br />

aufrichtige und mutige<br />

Erwachsene,<br />

die bezogen und liebevoll<br />

Kindern Halt geben,<br />

sie begleiten, unterstützen,<br />

schützen<br />

und begrenzen<br />

21


24.01.2009<br />

Der Panter<br />

S e i n B l i c k i s t v o m V o r ü b e r g e h e n d e r S t ä b e<br />

s o m ü d ‘ g e w o r d e n , d a s s i h n n i c h t s m e h r h ä l t<br />

I h m i s t a l s o b e s t a u s e n d S t ä b e g ä b e<br />

u n d h i n t e r t a u s e n d S t ä b e n k e i n e W e l t<br />

D e r w e i c h e G a n g g e s c h m e i d i g s t a r k e r S c h r i t t e ,<br />

d e r s i c h i m a l l e r k l e i n s t e n K r e i s e d r e h t<br />

i s t w i e e i n T a n z m i t K r a f t u m e i n e M i t t e ,<br />

i n d e r b e t ä u b t e i n g r o ß e r W i l l e s t e h t .<br />

N u r m a n c h m a l s c h i e b t d e r V o r h a n g d e r P u p i l l e ,<br />

s i c h l a u t l o s a u f – d a n n g e h t e i n B i l d h i n e i n ,<br />

g e h t d u r c h d i e G l i e d e r a n g e s p a n n t e S t i l l e<br />

u n d h ö r t i m H e r z e n a u f z u s e i n .<br />

Rainer-Maria<br />

Rillke<br />

22


24.01.2009<br />

Neuroplastizität<br />

• Achte auf Deine Gedanken<br />

• Sie werden zu Deinen Worten<br />

• Achte auf Deine Worte,<br />

• Sie werden zu Deinen Taten<br />

• Achte auf Deine Taten<br />

• Sie werden zu Deinen Gewohnheiten,<br />

• Achte auf Deine Gewohnheiten<br />

• Sie formen Deinen Charakter<br />

• Und Dein Charakter wird zu Deinem Schicksal<br />

D u b i s t s o<br />

w i e D u D i c h v e r h ä l t s t<br />

n i c h t w i e D u<br />

D i c h d e n k s t<br />

23

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!