Aufgeklärter Absolutismus ① - Jens Peter Kutz
Aufgeklärter Absolutismus ① - Jens Peter Kutz
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<strong>Aufgeklärter</strong> <strong>Absolutismus</strong> 00.01.81<br />
⇒ von den Ideen der Aufklärung beeinflußte Regierungspraxis des <strong>Absolutismus</strong> ab der<br />
zweiten Hälfte des 18. Jh.<br />
→ der Herrscher wird legitimiert durch das Gesetz, das aus der Vernunft und dem<br />
Gesellschaftsvertrag hervorgegangen ist ⇒ neues Herrschaftsverständnis<br />
→ die absolute Stellung des Herrschers rechtfertigt sich aus der besonderen Verantwortung<br />
gegenüber den Untertanen<br />
↔ früher wurde der Herrscher durch das Gottesgnadentum legitimiert<br />
• der Herrscher war nicht mehr der Staat, sondern der erste Diener des Staates<br />
→ Staat und Herrscher traten verfassungsrechtlich auseinander (vgl. ALR)<br />
»L’État c’est moi« (Ludwig XIV.) »Ich bin der erste Diener des Staates« (Friedrich II.)<br />
vgl. auch den Ausspruch des Majors Ferdinand von Walter in Schillers Kabale und Liebe:<br />
»Der Staat gab ihn [den Degen] mir durch die Hand des Fürsten«<br />
• der Staat wurde zum Rechts- und Verwaltungsstaat<br />
• Anwendung der Theorien der Aufklärung auf die Politik<br />
→ vernunftgeleitete Gestaltung des Staates (↔ zuvor war die Religion die Richtschnur des<br />
Politischen)
• gekennzeichnet durch eine am »gemeinen Wohl« orientierte Reformpolitik<br />
Maßstab des Gemeinwohls war weniger das<br />
Los der Untertanen als die Macht des Staates<br />
• Bildungsreformen → staatliche Schulbildung<br />
• Agrarreformen → Anlegung von Urbarien, d.h. schriftlich fixierte Abgabenpflichten<br />
»Bauernbefreiung«<br />
→ Ablösung von dinglichen Abgaben durch Renten<br />
• Justizreformen → Gleichstellung vor dem Gesetz<br />
→ Einrichtung von Appellationsinstanzen<br />
→ Humanisierung des Strafrechts<br />
→ staatliche Richterbesoldung (zuvor Bezahlung durch »Sportel«)<br />
→ Vereinheitlichung und Kodifikation des Rechts<br />
• Kirchenreformen → Toleranzpolitik, d.h. rechtliche Gleichstellung der Konfessionen<br />
→ Verstaatlichung der Kirche<br />
• Verwaltungsreformen → Ausschaltung intermediärer Instanzen<br />
• ein idealer Vertreter des aufgeklärten <strong>Absolutismus</strong> ist Friedrich d. Gr.<br />
→ »Das Zeitalter der Aufklärung ist das Jahrhundert Friedrichs« (Kant)<br />
↔ der aufgeklärte <strong>Absolutismus</strong> unterstützte nicht das Ideal der Freiheit → er beseitigte mit der<br />
ständischen Freiheit die letzten Reste der Freiheit überhaupt (»alles für das Volk, nichts durch<br />
das Volk«) ⇒ deshalb hatten diese Regime gegen die Ideen der Französischen Revolution keine<br />
Chance
<strong>Aufgeklärter</strong> <strong>Absolutismus</strong> 00.01.81<br />
↔ fundamentaler Widerspruch zwischen aufgeklärter Theorie und veralteter Praxis:<br />
→ Unterordnung des Königs unter das Gesetz, aber Erhaltung der absoluten Stellung<br />
→ Betonung der natürlichen Freiheiten der Bürger, aber Erhaltung der ständischen Ordnung<br />
↔ das Dilemma, in dem sich der aufgeklärte <strong>Absolutismus</strong> Friedrichs d. Gr. befand, bestand<br />
darin, daß der Einsicht in die Verletzung der Prinzipien der Humanität und Gerechtigkeit<br />
die Erkenntnis gegenüberstand, daß eine Verwirklichung dieser Prinzipien den Umsturz der<br />
auf den Adel gestützten Sozial- und Wirtschaftsordnung bedeutet hätte (Th. Schieder)<br />
⇒ die Widersprüche des aufgeklärten <strong>Absolutismus</strong> erklären sich z.T. aus seiner Zwischenstellung<br />
zwischen traditionellem <strong>Absolutismus</strong> auf der Legitimitätsgrundlage des Gottesgnadentums<br />
und der Herausbildung des modernen Staatsgedankens<br />
• der Begriff »despotisme éclairé« ist bereits ein zeitgenössischer Begriff (taucht zuerst in den<br />
Briefen Denis Diderots auf und wird dann von den Physiokraten verbreitet)<br />
→ in die wissenschaftliche Terminologie zuerst von Wilhelm Roscher 1847 eingeführt