Olympische Kongress von Baden-Baden - Der Deutsche ...
Olympische Kongress von Baden-Baden - Der Deutsche ...
Olympische Kongress von Baden-Baden - Der Deutsche ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Seit Monaten wird nun schon heftig diskutiert, ob<br />
Strafverschärfungen für Athleten im Anti-Doping-<br />
Kampf sinnvoll sein könnten oder eher nur kraftstrotzende<br />
Symbolik wären. Mehr staatliche Kompetenzen oder<br />
Effektivierung des bisherigen Systems? Das ist die Kernfrage,<br />
über die aufgebracht und erregt debattiert wird. Ideologische<br />
Zur Diskussion<br />
um ein Anti-<br />
Doping-Gesetz:<br />
<strong>Der</strong> Sport benötigt<br />
kein strafrechtliches<br />
Wächteramt des Staates<br />
Von Holger Schück<br />
Argumentationsketten werden <strong>von</strong> vielen Hardlinern<br />
geknüpft, weil die spektakulären Dopingfälle dieses Jahres<br />
öffentlich besonders deutlich die Grauzone der Manipulation<br />
aufgezeigt haben. Führt jedoch mehr Etatismus als Königsweg<br />
aus der Krise?<br />
Warum die Einnahme <strong>von</strong> Dopingmitteln durch den Sportler<br />
selbst strafwürdig werden sollte, konnte bisher keiner der<br />
Verfechter schlüssig darlegen. Sicherlich, ein dopender Athlet<br />
ist nicht Opfer, sondern Täter, und sein Verhalten macht<br />
unbestreitbar das eigentliche Unrecht des Geschehens aus.<br />
Doch effektive Präventivstrategien, die schon seit Jahren<br />
18<br />
professionalisierte und internationalisierte Dopingsysteme<br />
angreifen könnten, ein verbessertes Kontrollsystem und eine<br />
stärkere Fokussierung auf die Hintermänner im Doping-<br />
Netzwerk versprechen aussichtsreicher zu sein als strafprozessuale<br />
Ermittlungsbefugnisse und Strafandrohungen auf<br />
dem Papier des Gesetzbuches.<br />
<strong>Der</strong> organisierte Sport kann immerhin einen<br />
wichtigen Etappen-Erfolg verbuchen: Jahrelange<br />
Bekundungen politischer Kreise, aktiv<br />
dopende Sportler grundsätzlich strafrechtlich<br />
belangen zu wollen, sind endgültig vom Tisch.<br />
Die Befürworter dieser eisenharten Linie<br />
mussten einsehen, dass der Kampf gegen die<br />
betrügerischen Machenschaften durch eine<br />
Kriminalisierung des Dopingkonsums kaum<br />
wirksamer werden kann, sondern dass ungewollt<br />
eher das Gegenteil einträte. Die einfache<br />
Logik: Ahndete der Staat das eigenverantwortliche<br />
Doping eines Athleten nach<br />
einer strafrechtlichen Norm, müsste dem<br />
Täter die vorsätzliche oder fahrlässige Einnahme<br />
einer verbotenen Substanz nachgewiesen<br />
werden. Käme es zu einem Strafverfahren,<br />
kollidierte dies grundlegend mit dem<br />
"strict liability"-Prinzip, nach dem die Verbände<br />
bereits dann Dopingsanktionen verfügen<br />
können, wenn dem Athleten eine positive<br />
Dopingprobe zugeordnet werden kann - ohne<br />
den Nachweis individueller Schuld. Die übliche<br />
Verteidigungsstrategie, Dopingmittel<br />
seien heimlich beigebracht worden, es handele<br />
sich um Sabotage, es habe Unkenntnis<br />
bestanden, dass es sich bei den Medikamenten<br />
um Dopingmittel gehandelt habe oder<br />
dass sie in verunreinigten Nahrungsergänzungsmitteln<br />
enthalten gewesen seien, hilft<br />
vor den Sportgerichten nicht, vor dem Strafrichter<br />
sähe es anders aus.<br />
Bei der Strafzumessung müsste der Amtsrichter<br />
zwingend die konkreten Umstände würdigen<br />
und das Maß der Schuld bewerten. Die heute festen<br />
Sperren der Sportgerichtsbarkeit stünden dann neben dem<br />
individuell auszusprechenden Strafmaß. Weil das so ist,<br />
müsste das ordentliche Gericht nach den Strafrechtsnormen<br />
über den gerechten Schuldausgleich die sportrechtlichen<br />
Sanktionen berücksichtigen. In der Gesamtabwägung käme es<br />
am Ende in den allermeisten Fällen zur Verhängung <strong>von</strong><br />
Geldbußen. Wenn überhaupt.<br />
Schon allein diese groben Skizzierungen machen deutlich, auf<br />
welch dünnem Eis ein solcher Straftatbestand stünde. Es wäre<br />
letztlich nur symbolisches Strafrecht ohne rechtssetzende