Jugendarbeit und Schule - Jugend-landkreis-waldshut.de
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<strong><strong>Jugend</strong>arbeit</strong> <strong>und</strong> <strong>Schule</strong> „Zwei sind mehr …“ – Wege zur gelingen<strong>de</strong>n<br />
Partnerschaft<br />
Fachtag <strong>de</strong>s Landratsamts Waldshut <strong>und</strong> <strong>de</strong>s Staatlichen Schulamts Lörrach<br />
am 23.10.2012<br />
Referat: <strong><strong>Jugend</strong>arbeit</strong> als Partner <strong>de</strong>r <strong>Schule</strong><br />
Bernd Mugrauer, Arbeitsstelle Kooperation Staatliches Schulamt Lörrach<br />
Glie<strong>de</strong>rung:<br />
1. Begrüßung<br />
2. Einführung / Aufbau <strong>de</strong>s Referats<br />
3. Erziehungs- <strong>und</strong> Bildungsauftrag von <strong>Schule</strong><br />
4. Die <strong>Schule</strong> als „natürlicher“ Partner <strong>de</strong>r <strong><strong>Jugend</strong>arbeit</strong><br />
5. <strong>Schule</strong>ntwicklung im Schulamtsbezirk Lörrach – Potentiale für die Kooperation <strong>Schule</strong><br />
– <strong><strong>Jugend</strong>arbeit</strong><br />
+ Aktuelle Kooperationen<br />
+ Demographische Entwicklung<br />
+ Entwicklung im Bereich <strong>de</strong>r Ganztagsschulen <strong>und</strong> Gemeinschaftsschulen<br />
6. Kooperation von <strong>Schule</strong> <strong>und</strong> <strong><strong>Jugend</strong>arbeit</strong> gelingt – Mögliche Stolpersteine<br />
1. Begrüßung<br />
Sehr geehrte Damen <strong>und</strong> Herren,<br />
liebe Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen,<br />
bevor ich nun mit meinem Einstiegsreferat beginne, möchte ich mich kurz vorstellen.<br />
Mein Name ist Bernd Mugrauer <strong>und</strong> ich bin am Staatlichen Schulamt Lörrach<br />
Mitarbeiter <strong>de</strong>r Arbeitsstelle Kooperation <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Ansprechpartner für<br />
Kooperationen im schulischen Umfeld.<br />
Bernd Mugrauer<br />
Arbeitsstelle Kooperation<br />
Staatliches Schulamt Lörrach<br />
Am Alten Markt 2<br />
79539 Lörrach<br />
Tel.: 07621/91419-43<br />
E-Mail: asko@ssa-loe.kv.bwl.<strong>de</strong>
2. Einführung / Aufbau <strong>de</strong>s Referats<br />
In meinem Referat möchte ich zunächst <strong>de</strong>n Erziehungs- <strong>und</strong> Bildungsauftrag von<br />
<strong>Schule</strong> aufzeigen. Die Bewusstheit dieser Gr<strong>und</strong>lagen auf Seiten <strong>de</strong>r <strong>Schule</strong> <strong>und</strong> das<br />
Verständnis für die Ausgangslage <strong>de</strong>s Partners für die <strong><strong>Jugend</strong>arbeit</strong> sind ein wichtiges<br />
F<strong>und</strong>ament für eine gelingen<strong>de</strong> Kooperation. Danach möchte ich darlegen, warum<br />
die <strong>Schule</strong> <strong>de</strong>r "natürliche" Partner <strong>de</strong>r <strong><strong>Jugend</strong>arbeit</strong> ist, ja sein muss.<br />
Im dritten Teil meiner Ausführungen wer<strong>de</strong> ich dann, meinen Blick konkret auf die<br />
Situation im Schulamtsbezirk Lörrach richten. Hier geht es um die Potenziale <strong>de</strong>r<br />
Zusammenarbeit von <strong><strong>Jugend</strong>arbeit</strong> in Hinblick auf aktuelle Kooperationen, die<br />
<strong>de</strong>mographische Entwicklung <strong>und</strong> die Entwicklung im Bereich <strong>de</strong>r Ganztagesschulen /<br />
Gemeinschaftsschule.<br />
Wir kennen, auch in unserem Schulamtsbezirk, viele gelungene<br />
Kooperationsbeispiele von <strong>Schule</strong>n <strong>und</strong> <strong>de</strong>r <strong><strong>Jugend</strong>arbeit</strong> hier lassen sich gut die<br />
Gelingensfaktoren für eine fruchtbare Zusammenarbeit erkennen. Dennoch sollte<br />
man Hür<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Zusammenarbeit von <strong>Schule</strong> <strong>und</strong> <strong><strong>Jugend</strong>arbeit</strong> nicht außer Acht<br />
lassen. Auf mögliche „Gefahrenstellen“ in <strong>de</strong>r Kooperation möchte ich im letzten<br />
Abschnitt meiner Ausführungen hinweisen. Ich bin mir aber sicher, dass wir heute im<br />
Verlauf <strong>de</strong>s Tages viele Wege kennen lernen wer<strong>de</strong>n, wie wir diese Klippen<br />
umschiffen können.<br />
3. Erziehungs- <strong>und</strong> Bildungsauftrag <strong>de</strong>r <strong>Schule</strong><br />
Damit eine Kooperation von <strong><strong>Jugend</strong>arbeit</strong> <strong>und</strong> <strong>Schule</strong> gelingen kann, muss<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich klar sein, welchen Bildungsauftrag die Partner für sich <strong>de</strong>finieren <strong>und</strong><br />
von welchem Bildungsverständnis ihr Han<strong>de</strong>ln geleitet ist. Als Vertreter <strong>de</strong>r <strong>Schule</strong><br />
möchte ich hier <strong>de</strong>n Fokus auf <strong>de</strong>n Bildungs- <strong>und</strong> Erziehungsauftrag <strong>de</strong>r <strong>Schule</strong> legen.<br />
Zunächst zeigt ein Blick in die Lan<strong>de</strong>sverfassung (Art. 12 (2)) <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s Ba<strong>de</strong>n-<br />
Württemberg, dass die gemeinsame Erziehungsverantwortung bei <strong>de</strong>n Eltern, <strong>de</strong>r<br />
<strong>Schule</strong> <strong>de</strong>n Kommunen aber auch bei (Zitat) "<strong>de</strong>r in ihren Bün<strong>de</strong>n geglie<strong>de</strong>rten<br />
<strong>Jugend</strong>" liegt. Für die <strong>Schule</strong> wird ein umfänglicher Erziehungs- <strong>und</strong> Bildungsauftrag,<br />
ausgehend von <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sverfassung, im § 1 <strong>de</strong>s Schulgesetzes beschrieben<br />
(Schlagworte: Eigenverantwortung, soziale Bewährung, freiheitlich-<strong>de</strong>mokratische<br />
Gr<strong>und</strong>ordnung, Entscheidungs- <strong>und</strong> Urteilsfähigkeit, Vorbereitung auf Berufs- <strong>und</strong><br />
Arbeitswelt). In <strong>de</strong>r Einführung zum <strong>de</strong>rzeit gültigen Bildungsplan von 2004 führt<br />
Hartmut von Hentig <strong>de</strong>n Bildungsbegriff weiter aus. Inhaltlich glie<strong>de</strong>rt von Hentig <strong>de</strong>n<br />
Bildungsbegriff in drei Fel<strong>de</strong>r 1 :<br />
- die persönliche Bildung<br />
- die praktische Bildung<br />
- die politische Bildung<br />
Persönliche Bildung, praktische Bildung <strong>und</strong> politische Bildung sind aber nicht nur die<br />
1 Siehe Bildungsplan: Ministerium für Kultus, <strong>Jugend</strong> <strong>und</strong> Sport Ba<strong>de</strong>n-Württemberg (Hrsg.): Bildungsplan 2004,<br />
Gr<strong>und</strong>schule, S. 9 ff.
Leitbegriffe für die schulische Bildung. Sie spielen auch in <strong>de</strong>r <strong><strong>Jugend</strong>arbeit</strong> eine<br />
große Rolle <strong>und</strong> stellen somit einen ersten Anknüpfungspunkt zwischen <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n<br />
Bildungssystemen dar. Weiter schreibt von Hentig zu <strong>de</strong>n drei Fel<strong>de</strong>rn: "Der<br />
Bildungsplan 2004 <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sregierung muss auf <strong>de</strong>r Gleichgewichtigkeit aller drei<br />
Aufträge bestehen - <strong>de</strong>r Ausbildung <strong>de</strong>r Gesamtpersönlichkeit <strong>de</strong>r Schülerinnen <strong>und</strong><br />
Schüler, <strong>de</strong>r Überlebensfähigkeit <strong>de</strong>r Gesellschaft <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Übung <strong>de</strong>r jungen<br />
Menschen in <strong>de</strong>r Rolle <strong>de</strong>s Bürgers unserer Republik, <strong>de</strong>s entstehen<strong>de</strong>n Europas , <strong>de</strong>r<br />
zukünftigen Weltgemeinschaft." 2<br />
Dieser Auftrag einer umfassen<strong>de</strong>n Bildung <strong>und</strong> Erziehung <strong>de</strong>r Schüler ist dabei in <strong>de</strong>r<br />
<strong>Schule</strong> eng mit <strong>de</strong>r Schulpflicht (SchG 3 §§ 73 ff.) <strong>und</strong> <strong>de</strong>r daraus resultieren<strong>de</strong>n<br />
Schulbesuchsverordnung verb<strong>und</strong>en. Dies be<strong>de</strong>utet ganz konkret, dass es <strong>de</strong>m<br />
einzelnen Schüler nicht frei steht, ob er sich auf einen schulischen Bildungsweg<br />
begibt. In <strong>de</strong>r Konsequenz be<strong>de</strong>utet dies auch, dass die schulische Bildung in einem<br />
Rahmen von Regeln stattfin<strong>de</strong>t, ja stattfin<strong>de</strong>n muss, <strong>de</strong>r für alle Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong><br />
<strong>Jugend</strong>lichen gleichermaßen gilt. Diese Regelungen laufen letztendlich im § 90 <strong>de</strong>s<br />
Schulgesetzes zusammen, in <strong>de</strong>m die Erziehungs- <strong>und</strong> Ordnungsmaßnahmen<br />
dargestellt sind. Im Absatz eins <strong>de</strong>s § 90 heißt es zum Sinn <strong>und</strong> er Funktion von<br />
Erziehungs- <strong>und</strong> Ordnungsmaßnahmen: „Erziehungs- <strong>und</strong> Ordnungsmaßnahmen<br />
dienen <strong>de</strong>r Verwirklichung <strong>de</strong>s Erziehungs- <strong>und</strong> Bildungsauftrags <strong>de</strong>r <strong>Schule</strong>, <strong>de</strong>r<br />
Erfüllung <strong>de</strong>r Schulbesuchspflicht, <strong>de</strong>r Einhaltung <strong>de</strong>r Schulordnung <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Schutz<br />
von Personen <strong>und</strong> Sachen innerhalb <strong>de</strong>r <strong>Schule</strong>.“<br />
Zusammenfassend kann gesagt wer<strong>de</strong>n, dass für die Umsetzung <strong>de</strong>s schulischen<br />
Bildungs- <strong>und</strong> Erziehungsauftrag ein klar <strong>de</strong>finierter Rahmen gegeben ist. Dieser<br />
Rahmen <strong>de</strong>finiert sich in Bezug auf die inhaltlichen, methodischen <strong>und</strong> didaktischen<br />
Vorgaben durch <strong>de</strong>n Bildungsplan, <strong>de</strong>r auf Gr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r weiter erwähnten rechtlichen<br />
Normen (von <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sverfassung über das Schulgesetz <strong>und</strong> die daraus<br />
resultieren<strong>de</strong>n Verordnungen) in allen Schularten verbindlich umgesetzt wird. Eine<br />
Kooperation zwischen <strong>Schule</strong> <strong>und</strong> <strong><strong>Jugend</strong>arbeit</strong> wird nur dann nachhaltig gelingen,<br />
wenn sich alle Beteiligten über <strong>de</strong>n Bildungs- <strong>und</strong> Erziehungsauftrag <strong>de</strong>r <strong>Schule</strong> <strong>und</strong><br />
die rechtlichen Rahmenbedingungen für das schulische Leben bewusst sind.<br />
4. Die <strong>Schule</strong> als „natürlicher“ Partner <strong>de</strong>r <strong><strong>Jugend</strong>arbeit</strong><br />
„Wir Schüler lernen dann, wenn wir über <strong>de</strong>n Tellerrand blicken können. Die<br />
Zusammenarbeit von <strong><strong>Jugend</strong>arbeit</strong> <strong>und</strong> <strong>Schule</strong> birgt hier ein großes Potenzial“, sagt<br />
Lisa Baumbusch vom Schülerbeirat Ba<strong>de</strong>n-Württemberg in ihrem Geleitwort zur<br />
aktuellen Broschüre „Lebens-Werte ent<strong>de</strong>cken“- Praxishilfe für die Kooperation von<br />
Kirche, <strong><strong>Jugend</strong>arbeit</strong> <strong>und</strong> <strong>Schule</strong> in Ba<strong>de</strong>n-Württemberg 4 .<br />
2 Ministerium für Kultus, <strong>Jugend</strong> <strong>und</strong> Sport Ba<strong>de</strong>n-Württemberg (Hrsg.): Bildungsplan 2004, Gr<strong>und</strong>schule S. 9 ff.<br />
3 Alle verweise auf das Schulgesetz nehmen Bezug auf das Schulgesetz <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s Ba<strong>de</strong>n-Württemberg (Stand:<br />
23.10.2012)<br />
4 Evangelische Lan<strong>de</strong>skirche in Württemberg, Erzdiözese Freiburg, Diözese Rottenburg-Stuttgart, Evangelische<br />
Lan<strong>de</strong>skirche Ba<strong>de</strong>n (Hrsg.): Lebens-Werte ent<strong>de</strong>cken. Praxishilfe für die Kooperation von Kirche, <strong><strong>Jugend</strong>arbeit</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Schule</strong> in Ba<strong>de</strong>n-Württemberg. Stuttgart 2012; S. 8.
Wie sieht dieser Tellerrand aus <strong>und</strong> warum sind vor diesem Hintergr<strong>und</strong> <strong>Schule</strong> <strong>und</strong><br />
<strong><strong>Jugend</strong>arbeit</strong> „natürliche“ Partner?<br />
Dass die <strong>Schule</strong> für sich kein Bildungsmonopol hat, ist bereits in <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sverfassung<br />
festgelegt. Schulische Bildung ist auch kein Selbstzweck, dass wird beim Blick auf die<br />
Definition von Bildung im Bildungsplan <strong>de</strong>utlich. Deshalb hat Lisa Baumbusch recht,<br />
dass sie für die Bildung <strong>de</strong>n Blick über <strong>de</strong>n Tellerrand hinaus, die Einbeziehung <strong>de</strong>r<br />
außerschulischen Kooperationspartner, for<strong>de</strong>rt. In seiner Einführung in <strong>de</strong>n<br />
Bildungsplan schreibt Hartmut von Hentig dazu: „Außerschulische Erfahrungen <strong>und</strong><br />
außerschulischer Einsatz tragen in hohem Maß zur Lernmotivation bei, sind darum<br />
systematisch einzubeziehen <strong>und</strong> bei <strong>de</strong>r Bewertung hoch zu veranschlagen „Aus <strong>de</strong>r<br />
<strong>Schule</strong> gehen – etwas in die <strong>Schule</strong> mitbringen“, diese Maxime steigert die<br />
Wirksamkeit <strong>de</strong>r <strong>Schule</strong> <strong>und</strong> ihrer Gegenstän<strong>de</strong>.“ 5 Die Kooperation mit <strong>de</strong>r<br />
<strong><strong>Jugend</strong>arbeit</strong> bietet eine Möglichkeit für die <strong>Schule</strong> diesem „Aus <strong>de</strong>r <strong>Schule</strong> gehen –<br />
etwas in die <strong>Schule</strong> mitbringen“ eine Struktur zu geben.<br />
Ganz konkret wird die Notwendigkeit für die Kooperation <strong>de</strong>r <strong>Schule</strong> mit<br />
außerschulischen Partnern in <strong>de</strong>n Anfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>finiert, die an neu<br />
einzurichten<strong>de</strong> Gemeinschaftsschulen gestellt wer<strong>de</strong>n, meiner Meinung nach aber<br />
für alle <strong>Schule</strong>n gleichermaßen gelten. In <strong>de</strong>n Handreichungen zur Beantragung einer<br />
Gemeinschaftsschule vom Juli 2012 wer<strong>de</strong>n exemplarisch folgen<strong>de</strong> Fragen an die<br />
<strong>Schule</strong> gestellt:<br />
* Wie wird unterrichtliches <strong>und</strong> außerunterrichtliches Lernen aufeinan<strong>de</strong>r<br />
abgestimmt?<br />
* Wie wer<strong>de</strong>n außerschulische Lernorte genutzt <strong>und</strong> wie erfolgt die Zusammenarbeit<br />
mit außerschulischen Partnern?<br />
* Wie ist die <strong>Schule</strong> in <strong>de</strong>n Sozialraum hinein vernetzt? Übernehmen Schüler<br />
Verantwortung für <strong>de</strong>n Ort / <strong>de</strong>n Stadtteil in <strong>de</strong>m sie leben?<br />
In <strong>de</strong>r Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>r <strong><strong>Jugend</strong>arbeit</strong> kann es <strong>de</strong>r <strong>Schule</strong> gelingen, alle diese<br />
Fragen positiv zu beantworten.<br />
Aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r hier dargestellten Gr<strong>und</strong>anfor<strong>de</strong>rungen an eine zeitgemäße schulische<br />
Bildung wird klar, dass die <strong><strong>Jugend</strong>arbeit</strong> – in all ihren Formen – einer <strong>de</strong>r ersten<br />
Ansprechpartner <strong>de</strong>r <strong>Schule</strong> sein kann, ja sein müsste.<br />
Thomas Hausch, jahrelanger Ansprechpartner für die Kooperation von <strong><strong>Jugend</strong>arbeit</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Schule</strong> in <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sarbeitsstelle Kooperation, sieht in <strong>de</strong>r Kooperation von<br />
<strong>Schule</strong> <strong>und</strong> <strong><strong>Jugend</strong>arbeit</strong> nicht nur eine Komplettierung <strong>de</strong>r schulischen Bildung<br />
son<strong>de</strong>rn darüber hinaus einen Mehrwert für alle Beteiligten: „Arbeiten <strong>Schule</strong> <strong>und</strong><br />
beispielsweise Vereine o<strong>de</strong>r Verbän<strong>de</strong> aus <strong>de</strong>r außerschulischen <strong>Jugend</strong>bildung<br />
zusammen, entstehen neue Bildungsarrangements, profitieren junge Menschen von<br />
bei<strong>de</strong>n Bereichen. In Kooperationen wer<strong>de</strong>n Angebote bei<strong>de</strong>r Träger nicht bloß<br />
addiert; die Angebote – die schulischen <strong>und</strong> die außerschulischen – wer<strong>de</strong>n nicht nur<br />
5 Ministerium für Kultus, <strong>Jugend</strong> <strong>und</strong> Sport Ba<strong>de</strong>n-Württemberg (Hrsg.): Bildungsplan 2004, Hauptschule<br />
Werkrealschule, S. 17
zeitlich aufeinan<strong>de</strong>r bezogen. Durch die Kooperation entsteht ein Mehr an Bildung,<br />
das ohne diese Zusammenarbeit so nicht entstehen wür<strong>de</strong>.“ 6<br />
5. <strong>Schule</strong>ntwicklung im Schulamtsbezirk Lörrach – Potentiale für die<br />
Kooperation <strong>Schule</strong> - <strong><strong>Jugend</strong>arbeit</strong><br />
Aktuelle Kooperationen<br />
Im Schuljahr 2010/2011 habe ich im Auftrag von Herrn Schulamtsdirektor Zolg eine<br />
schulamtsinterne Umfrage zu <strong>de</strong>n Kooperations- <strong>und</strong> Bildungspartner <strong>de</strong>r Haupt- <strong>und</strong><br />
Werkrealschulen im Bereich <strong>de</strong>s Staatlichen Schulamts Lörrach durchgeführt.<br />
Schwerpunktmäßig ging es dabei um Kooperationspartner <strong>de</strong>r <strong>Schule</strong>n im Bereich<br />
<strong>de</strong>s Übergangs zwischen <strong>Schule</strong> <strong>und</strong> Beruf. Als „Nebenprodukt“ <strong>de</strong>r Umfrage hat sich<br />
gezeigt, dass viele <strong>Schule</strong>n im Bereich <strong>de</strong>s Staatlichen Schulamts bereits heute stark<br />
mit <strong>de</strong>r <strong><strong>Jugend</strong>arbeit</strong> kooperieren. Einen beson<strong>de</strong>ren Stellenwert hat dabei die<br />
Kooperation <strong>de</strong>r <strong>Schule</strong>n mit <strong>de</strong>n Vereinen <strong>und</strong> Verbän<strong>de</strong>n, hier sind vor allem<br />
Angebote im Bereich Sport <strong>und</strong> Musik zu nennen. Auch die Kooperation <strong>de</strong>r <strong>Schule</strong>n<br />
mit <strong>de</strong>r offenen <strong><strong>Jugend</strong>arbeit</strong> darf nicht unterschätzt wer<strong>de</strong>n.<br />
6 Informationen <strong>de</strong>s Ministeriums für Kultus, <strong>Jugend</strong> <strong>und</strong> Sport: <strong>Jugend</strong>bildung in Ba<strong>de</strong>n-Württemberg,<br />
Son<strong>de</strong>rausgabe <strong><strong>Jugend</strong>arbeit</strong> – <strong>Schule</strong>, Stuttgart Juli 2010. S. 4
Demographische Entwicklung<br />
Aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r <strong>de</strong>mographischen Entwicklung wird die Schülerzahl im Bezirk <strong>de</strong>s<br />
Staatlichen Schulamtes Lörrach (Landkreise Lörrach <strong>und</strong> Waldshut) zwischen heute<br />
<strong>und</strong> <strong>de</strong>m Schuljahr 2020/21 um knapp 15 % zurück gehen.<br />
Nach Angaben <strong>de</strong>s Statistischen Lan<strong>de</strong>samtes besuchen heute im Landkreis Lörrach<br />
ca. 22700 Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler die allgemeinbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n <strong>Schule</strong>n (GS, HS/WRS, RS<br />
<strong>und</strong> Gym) 2020/21 wer<strong>de</strong>n es voraussichtlich ca. 18800 sein. Im Landkreis Waldshut<br />
wird sich die Zahl <strong>de</strong>r Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler an <strong>de</strong>n genannten <strong>Schule</strong>n von ca.<br />
17400 auf ca. 14600 reduzieren. Diese Entwicklung wird nicht ohne Folgen für die<br />
<strong>Schule</strong> <strong>und</strong> <strong><strong>Jugend</strong>arbeit</strong> bleiben. Für unsere Flächen<strong>landkreis</strong>e befürchten Mike<br />
Corsa <strong>und</strong> Michael Freitag von <strong>de</strong>r Arbeitsgemeinschaft <strong>de</strong>r Evangelischen <strong>Jugend</strong> in<br />
Deutschland e.V., stellvertretend für viele an<strong>de</strong>re, die folgen<strong>de</strong> Entwicklung: „Mit<br />
<strong>de</strong>m Schwin<strong>de</strong>n von Kin<strong>de</strong>rn wird das Netz <strong>de</strong>r sozialen Infrastruktur für junge<br />
Menschen <strong>und</strong> ihre Eltern löchrig. Nicht nur die Kin<strong>de</strong>rtageseinrichtungen <strong>und</strong><br />
<strong>Schule</strong>n befin<strong>de</strong>n sich nicht mehr im sozialen Nahraum, son<strong>de</strong>rn auch wichtige<br />
an<strong>de</strong>re Netzwerkknoten wie Verbän<strong>de</strong>, Vereine, Beratungs- <strong>und</strong><br />
Freizeiteinrichtungen gehen verloren o<strong>de</strong>r können nur noch in räumlicher Ferne mit<br />
schlechter Anbindung an <strong>de</strong>n öffentlichen Personenverkehr genutzt wer<strong>de</strong>n.“ 7<br />
Um <strong>de</strong>n Anfor<strong>de</strong>rungen, die durch <strong>de</strong>n <strong>de</strong>mographischen Wan<strong>de</strong>l auf uns zukommen<br />
7 Mike Corsa, Michael Freitag: Junge Menschen in einer altern<strong>de</strong>n Gesellschaft, Arbeitsgemeinschaft <strong>de</strong>r<br />
Evangelischen <strong>Jugend</strong> in Deutschland e.V., 2008
wer<strong>de</strong>n begegnen zu können <strong>und</strong> um <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn- <strong>und</strong> <strong>Jugend</strong>lichen in unseren<br />
Landkreisen eine möglichst gute Bildungsunterstützung gewährleisten zu können,<br />
braucht es eine zunehmen<strong>de</strong> Kooperation aller Beteiligten in <strong>de</strong>n regionalen <strong>und</strong><br />
lokalen Bildungsnetzwerken. Auf diese Notwendigkeit hat auch Herr Dr. Ulrich Bürger<br />
am 19.4.2012 bei seinem Vortrag am Fachtag zu <strong>de</strong>n Potenzialen <strong>und</strong> Perspektiven<br />
<strong>de</strong>r offen Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> <strong><strong>Jugend</strong>arbeit</strong> in Bad Säckingen eindrücklich hingewiesen, als er<br />
die Studie „Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> <strong>Jugend</strong>hilfe im <strong>de</strong>mografischen Wan<strong>de</strong>l“ vorgestellt hatte <strong>und</strong><br />
beson<strong>de</strong>ren Wert auf die Darstellung <strong>de</strong>s Paradoxons in <strong>de</strong>r Bildungsentwicklung<br />
legte: „Entgegen einer auf <strong>de</strong>n ersten Blick plausiblen Annahme erfor<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>mografische Wan<strong>de</strong>l <strong>und</strong> <strong>de</strong>r damit verb<strong>und</strong>ene Rückgang in <strong>de</strong>r Zahl <strong>de</strong>r jungen<br />
Menschen gera<strong>de</strong> jetzt nicht weniger, son<strong>de</strong>rn mehr Engagement <strong>und</strong> mehr<br />
Investitionen in Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Familien. Die Geschwindigkeit <strong>und</strong> die Ernsthaftigkeit, mit<br />
<strong>de</strong>r dieser Sachverhalt zur Kenntnis genommen <strong>und</strong> in konkretes Han<strong>de</strong>ln umgesetzt<br />
wird, wird wesentlich über die Zukunftschancen <strong>de</strong>r Städte <strong>und</strong> Gemein<strong>de</strong>n, damit<br />
aber auch die <strong>de</strong>s jeweiligen Landkreises <strong>und</strong> <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s entschei<strong>de</strong>n. Alle weiteren<br />
Überlegungen zu <strong>de</strong>n Handlungserfor<strong>de</strong>rnissen <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> <strong>Jugend</strong>hilfe im<br />
<strong>de</strong>mografischen Wan<strong>de</strong>l sind vor <strong>de</strong>m Hintergr<strong>und</strong> dieser gr<strong>und</strong>legen<strong>de</strong>n<br />
Erkenntnisse einzuordnen.“ 8<br />
Diese Ausgangslage sollte uns bestärken gemeinsam bestehen<strong>de</strong> Kooperationen<br />
zwischen <strong>Schule</strong> <strong>und</strong> <strong><strong>Jugend</strong>arbeit</strong> weiter auszubauen <strong>und</strong> uns auf neue Projekte in<br />
<strong>de</strong>r Gestaltung neuer Bildungsregionen einzulassen.<br />
Entwicklung im Bereich <strong>de</strong>r Ganztagsschulen <strong>und</strong> Gemeinschaftsschulen<br />
Die Kooperation von <strong>Schule</strong> <strong>und</strong> <strong><strong>Jugend</strong>arbeit</strong> ist, wie ich bereits erwähnt habe, für<br />
alle <strong>Schule</strong>n ein Thema von gr<strong>und</strong>legen<strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung. Eine beson<strong>de</strong>re<br />
Berücksichtigung bei <strong>de</strong>r Zusammenarbeit von <strong>Schule</strong> <strong>und</strong> <strong><strong>Jugend</strong>arbeit</strong> verdient aber<br />
das Gebiet <strong>de</strong>r Ganztagsschulentwicklung <strong>und</strong> hier beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>r Bereich <strong>de</strong>r neuen<br />
Gemeinschaftsschulen im Schulamtsbezirk Lörrach. Im Leitfa<strong>de</strong>n „Ganztagsschulen in<br />
Ba<strong>de</strong>n-Württemberg“ steht hierzu: „Ziel <strong>de</strong>s Ausbaus <strong>de</strong>r Ganztagsschulen in Ba<strong>de</strong>n-<br />
Württemberg ist ein flächen<strong>de</strong>cken<strong>de</strong>s <strong>und</strong> bedarfsorientiertes Netz an<br />
Ganztagsschulen in allen Schularten <strong>de</strong>r allgemein bil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n <strong>Schule</strong>n. Je<strong>de</strong> Schülerin<br />
8 Kommunalverband für <strong>Jugend</strong> <strong>und</strong> Soziales Ba<strong>de</strong>n-Württemberg (Hrsg.): Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> <strong>Jugend</strong>hilfe im<br />
<strong>de</strong>mografischen Wan<strong>de</strong>l Zusammenfassung zentraler Ergebnisse <strong>de</strong>r Berichterstattung 2010, S. 10
<strong>und</strong> je<strong>de</strong>r Schüler soll bei Bedarf eine Ganztagsschule in erreichbarer Nähe besuchen<br />
können.“ 9 Alle genehmigten Gemeinschaftsschulen sind Ganztagsschulen<br />
(2012/2013: Hebelschule Schliengen, Friedrich-Ebert-<strong>Schule</strong> Schopfheim,<br />
Alemannenschule Wutöschingen; für 2013/2014 beantragt: GMS Hotzenwald<br />
Rickenbach / Herrischried, GMS Klettgau, GMS Rheintal Hohentengen / Küssaberg,<br />
GMS Lörrach, GMS Maulburg, GMS Todtnau). Herr Ltd. Schulamtsdirektor Rüdlin geht<br />
davon aus, dass <strong>de</strong>r Großteil <strong>de</strong>r Ganztagsschulen, die in <strong>de</strong>n kommen<strong>de</strong>n Jahren<br />
genehmigt wer<strong>de</strong>n Gemeinschaftsschulen sein wer<strong>de</strong>n.<br />
Bei <strong>de</strong>n Ganztagsschulen stellt sich für <strong><strong>Jugend</strong>arbeit</strong> <strong>und</strong> <strong>Schule</strong> verstärkt die<br />
gr<strong>und</strong>legen<strong>de</strong> Frage, wie <strong>und</strong> mit welchen Ressourcen sich die Angebote im<br />
rhythmisierten Schulalltag verknüpfen lassen.<br />
6. Die Kooperation von <strong>Schule</strong> <strong>und</strong> <strong><strong>Jugend</strong>arbeit</strong> gelingt – Mögliche Stolpersteine<br />
Bei <strong>de</strong>r Beschreibung möglicher Stolpersteine in <strong>de</strong>r Kooperation von <strong>Schule</strong> <strong>und</strong><br />
<strong><strong>Jugend</strong>arbeit</strong> möchte ich mich an Strukturen orientieren, die Benedikt Sturzenhecker<br />
in seinem Aufsatz „Flirtregeln als Hilfe zur Kommunikationsgestaltung zwischen <strong>de</strong>n<br />
Partnern <strong><strong>Jugend</strong>arbeit</strong> <strong>und</strong> <strong>Schule</strong>, gera<strong>de</strong> bei gemeinsamer Konzeptentwicklung“<br />
beschrieben hat. 10<br />
Sich selbst kennen <strong>und</strong> schätzen – Kooperation gelingt, wenn bei<strong>de</strong> Partner sich ihrer<br />
Stärken <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>lagen bewusst sind, aber auch klar wissen, vor welchem<br />
Hintergr<strong>und</strong> (Aufgabenstellung, Ressourcen, Rechtsgr<strong>und</strong>lage) sie han<strong>de</strong>ln.<br />
Wissen, was man will – Wünsche <strong>und</strong> Grenzen müssen klar formuliert wer<strong>de</strong>n. Der<br />
Kommunikationsprozess muss unter „gleichwertigen“ Partnern stattfin<strong>de</strong>n.<br />
Den an<strong>de</strong>ren verstehen <strong>und</strong> seine Welt kennen lernen – Kooperation / Partnerschaft<br />
ohne gegenseitiges Verständnis funktioniert nicht! Der <strong>Schule</strong> muss z.B. klar sein,<br />
dass durch die <strong><strong>Jugend</strong>arbeit</strong> kein günstiges Betreuungsangebot in Haus kommt <strong>und</strong><br />
die <strong><strong>Jugend</strong>arbeit</strong> muss sich darüber klar wer<strong>de</strong>n, dass die <strong>Schule</strong> in ihrem Han<strong>de</strong>ln an<br />
<strong>de</strong>n vorgegebenen Rahmen geb<strong>und</strong>en ist.<br />
Unter Beachtung dieser Stolpersteine kann eine nachhaltige Partnerschaft zum<br />
Nutzen aller entstehen.<br />
Ich möchte Sie ermutigen, dort wo schon gute Kooperationen bestehen diese zu<br />
pflegen <strong>und</strong> dort, wo diese noch im Aufbau sind, mit Ihren jeweiligen Partnern einen<br />
guten Weg in <strong>de</strong>r gemeinsamen Anstrengung für die Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler, für<br />
die Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> <strong>Jugend</strong>lichen zu fin<strong>de</strong>n.<br />
9 Lan<strong>de</strong>sinstitut für <strong>Schule</strong>ntwicklung (Hrsg.): Leitfa<strong>de</strong>n „Ganztagsschule in Ba<strong>de</strong>n-Württemberg“, Stuttgart<br />
2012, S. 4<br />
10 Sturzenhecker, B. / Deinet U.: Konzeptentwicklung in <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> <strong><strong>Jugend</strong>arbeit</strong>. Weinheim <strong>und</strong> München<br />
2007, S. 161-169
Ich bin mir sicher, dass <strong>de</strong>r heutige Fachtag <strong>und</strong> die noch folgen<strong>de</strong>n Diskussionen uns<br />
alle auf diesem Weg weiterbringen können.<br />
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.