Pfarreiblatt 7/2012 - Katholische Kirchgemeinde Kriens
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2 Thema<br />
Ostern erfahren: Alkoholkranker Jesuitenpater ging durch die Finsternis<br />
Das Wunder des neuen Lebens<br />
Kaum eine Sendung am Schweizer<br />
Radio bewegte letztes Jahr die Hörer<br />
so sehr wie das Interview von<br />
Lorenz Marti mit dem 70-jährigen<br />
Genfer Jesuitenpater Albert Longchamp,<br />
der offen und ehrlich über<br />
seine Alkoholsucht sprach und sich<br />
nicht scheute, in diesem Zusammenhang<br />
Begriffe wie Tod, Hölle<br />
und Auferstehung zu verwenden.<br />
Vor genau zwei Jahren, an Ostern<br />
2010, schrieb Albert Longchamp einen<br />
Rundbrief an seine Freunde. Aus<br />
dem kanadischen Montreal sprach<br />
er offen darüber, dass er seit fünf Jahren<br />
mehr und mehr in den Alkohol<br />
abgeglitten sei und nun eine längere<br />
Rehabilitationstherapie abgeschlossen<br />
habe. In diesem Brief reflektierte<br />
der ehemalige Redaktor von ECHO<br />
MAGAZINE sein persönliches Schicksal<br />
auch theologisch:<br />
Gott teilt unser Leiden<br />
«Ich habe so spät in meinem Leben die<br />
Bekanntschaft mit der Zerbrechlichkeit<br />
und der Verletzlichkeit des Lebens<br />
gemacht. Und gerade in dieser Zerbrechlichkeit<br />
entdecke ich auch Gottes<br />
Verwundbarkeit. Karfreitag lässt uns<br />
daran erinnern, dass uns das Geheimnis<br />
des Bösen ganz im Griff haben<br />
kann. Es hat auch Jesus nicht verschont,<br />
der sich mit seiner Schöpfung<br />
solidarisiert. In unseren Leiden brauchen<br />
wir keinen Gott, der Erklärungen<br />
abgibt, vielmehr glauben wir an einen<br />
Gott, der sich ganz auf uns und die<br />
Welt einlässt. Möge die Freude der<br />
Auferstehung in euch ausbrechen und<br />
euch mit Liebe und Frieden erfüllen!»<br />
Weg an die Öffentlichkeit<br />
In einem folgenden persönlichen<br />
Briefwechsel doppelte Longchamp<br />
Vom Höllentor zur Hoffnung: Albert Longchamp SJ.<br />
im Sommer 2010 mit eindrücklichen<br />
Bildern der Auferstehung nach:<br />
«In unseren Wunden erfindet sich die<br />
Heilung neu, in unseren Leiden wird<br />
die Hoffnung neu geboren, und aus<br />
unseren Schwächen bilden sich neue<br />
Widerstandskräfte heraus.»<br />
Nach seiner Rückkehr aus Kanada<br />
entschied Albert Longchamp, mit<br />
seiner persönlichen Geschichte an<br />
die helvetische Öffentlichkeit zu<br />
gehen und erteilte an Ostern 2011<br />
dem Radio Suisse Romande und<br />
einigen Westschweizer Zeitungen<br />
Interviews. In diesen Gesprächen<br />
nahm der geheilte Alkoholiker<br />
mehrmals Bezug auf die österliche<br />
Passionsgeschichte.<br />
Objekt des Skandals<br />
Beim Eintritt in die Entzugsklinik sei<br />
er sich beispielsweise wie der gekreuzigte<br />
Jesus an der Wand hinter<br />
seinem Schreibtisch vorgekommen –<br />
(Bild: J.-C. Gadamer)<br />
als ein Objekt des Skandals. Noch<br />
ausführlicher und deutlicher sprach<br />
Longchamp über seine Alkoholsucht,<br />
über Tod und Neugeburt schliesslich<br />
im Interview mit Lorenz Marti, das<br />
am 13. November 2011 im Schweizer<br />
Radio ausgestrahlt wurde.<br />
Leiden am Amt<br />
Im Jahr 2005 wurde Albert Longchamp<br />
zum Oberen der rund 70<br />
Schweizer Jesuiten gewählt, musste<br />
seine Redaktorenstelle in Genf aufgeben<br />
und konnte sich in Zürich<br />
schlecht abgrenzen gegen die belastenden<br />
Situationen seiner Mitbrüder:<br />
«Ich war nicht in der Lage, mit den<br />
Situationen der Mitbrüder umzugehen.<br />
Mir fehlte der Abstand und ich<br />
machte deren Probleme zu meinen<br />
eigenen. Darum fiel ich immer mehr<br />
in Angstzustände und litt an Schlaflosigkeit.<br />
Mehr und mehr begann ich<br />
zu trinken. Zuerst dann und wann ein