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Pfarreiblatt 7/2012 - Katholische Kirchgemeinde Kriens

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Thema 3<br />

Glas Whisky, später immer mehr<br />

Whisky Cola. Und irgendwann eine<br />

ganze Flasche Wodka pro Tag. Ich<br />

wollte mir und anderen die Abhängigkeit<br />

nicht eingestehen. Niemand<br />

sprach mich auf die Sucht an und ich<br />

belog mich selbst.»<br />

Tiefschläge und Absturz<br />

Im Sommer 2007 nahm sich seine<br />

Schwester das Leben und ein Cousin,<br />

der Priester ist, wurde wegen sexuellem<br />

Missbrauch angeklagt. Das<br />

brachte das Fass zum Überlaufen.<br />

Longchamp trank sich fast zu Tode.<br />

Er spricht von Hölle.<br />

«Diese Hölle war weniger ein Ort als<br />

ein Zustand, in dem ich mich selbst<br />

verloren habe. Ich ging wirklich in die<br />

Nähe des Todes, wo die Frage lautete:<br />

Willst du sterben oder leben?»<br />

Erst nach einem weiteren Absturz in<br />

Rom vertraute er sich seinem kanadischen<br />

Kollegen an, der ihn zu einer<br />

Therapie in Kanada ermutigte.<br />

Unsere Gesichter sind<br />

schöner als Masken,<br />

die sie verbergen.<br />

Neubeginn<br />

Anfang 2009 wurde Longchamp von<br />

seiner Aufgabe als Provinzial entbunden<br />

und fuhr für eine Auszeit nach<br />

Kanada. Das Schild am Eingang der<br />

Rehabilitationsklinik trug die Inschrift<br />

«Nouveau Départ» (Neubeginn),<br />

was für den Patienten ein Licht<br />

der Hoffnung bedeutete. In den sieben<br />

Wochen in der Klinik und den<br />

350 Therapiestunden realisierte er,<br />

wie nahe er am Rande des Todes war.<br />

Sich und Gott neu entdecken<br />

Die Abhängigkeit vom Alkohol stürzte<br />

auch Longchamps Gebets­ und<br />

Glaubensleben in eine Krise:<br />

«In den finsteren Stunden wurden das<br />

Gebet und der Glaube sehr arm. Wenn<br />

Ostern, die geheimnisvolle Lebenskraft.<br />

ich jeweils betete, hörte ich in mir immer<br />

wieder Stimmen, die zweifelten.<br />

Ich fragte Gott jeweils, ob er wirklich<br />

da sei oder nicht. Das Gebet wurde zu<br />

einem verzweifelten Stammeln. Der<br />

Weg durch die Finsternis war lange<br />

und steinig. Aber ich habe im Blick auf<br />

Jesus in der Bibellektüre die Hoffnung<br />

neu gefunden, dass niemand aus der<br />

Hand Gottes weggeschickt und weggeworfen<br />

wird. Nach dieser Zeit der<br />

Hölle habe ich die Hoffnung und die<br />

Freude wieder gefunden.»<br />

«Du bist Jesus!»<br />

Beim Abschied in der Klinik gab ihm<br />

das jüngste Gruppenmitglied einen<br />

Klaps auf die Schulter und sagte: «Albert,<br />

du bist Jesus.» Dieser Satz traf<br />

ihn wie ein Blitz. Longchamp hatte<br />

20 Jahre Theologie wiedergefunden.<br />

Die Aussage, dass wir Christus sind,<br />

sei wirklich der Kern des Evangeliums.<br />

Und eine zweite Botschaft empfing<br />

er einige Wochen später in der<br />

U­Bahn von Montreal, als auf einer<br />

Reklametafel der Slogan blinkte:<br />

«Unsere Gesichter sind schöner als<br />

die Masken, die sie verbergen.»<br />

Heilende Wunden<br />

Albert Longchamp spricht von Auferstehung<br />

und Neugeburt. Der Jesuit<br />

(Bild: Br. Jakob Thür SJ)<br />

und Journalist betrachtet seine<br />

Krankheit heute nicht als Fluch. Vielmehr<br />

weckt sie in ihm das Verlangen,<br />

mit seinen Wunden und seinen<br />

Misserfolgen zu leben. Vielleicht mit<br />

Bedauern, aber ohne Scham.<br />

Parallelen zur Passion Jesu<br />

Für diesen Osterartikel wollte ich<br />

von Albert Longchamp darum noch<br />

genauer wissen, ob, wo und wie er<br />

Parallelen zwischen der Passion und<br />

Auferstehung Jesu und seiner eigenen<br />

Hölle und Heilung sieht.<br />

«Der junge Mann, der mir sagte, ich<br />

sei Jesus, hat mich vor der Verzweiflung<br />

gerettet. Er hat mich quasi zurückgeführt<br />

zu Jesus, indem er mich<br />

vor meinem Selbstekel befreite. Er hat<br />

mir die Grabtüre geöffnet und ist zu<br />

meinem Engel geworden. Gott hat sich<br />

einen Drogensüchtigen gewählt als<br />

Bote seiner Liebe mir gegenüber. Vor<br />

Gott werde ich einst mit leeren Händen<br />

ankommen, aber ich weiss, dass<br />

er mich mit der ganzen Menschheit in<br />

seine Liebe hineinnehmen wird – so<br />

wie es Paulus im Römerbrief (8,38 f.)<br />

ausdrückte: Weder Tod noch Leben …<br />

können uns scheiden von der Liebe<br />

Gottes, die in Christus Jesus ist.»<br />

Lukas Niederberger

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