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Prognostische Validität des ELFRA-1 bei der Früherkennung von ...

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Zusammenfassung<br />

S. Sachse<br />

M. Saracino<br />

W. <strong>von</strong> Suchodoletz<br />

<strong>Prognostische</strong> <strong>Validität</strong> <strong>des</strong> <strong>ELFRA</strong>-1 <strong>bei</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Früherkennung</strong> <strong>von</strong> Sprachentwicklungsstörungen<br />

Early Identification of Developmental Language Disor<strong>der</strong>s –<br />

Predictive Value of the German Version of the CDI – Infant Form (<strong>ELFRA</strong>-1)<br />

Abstract<br />

Originalar<strong>bei</strong>t<br />

Hintergrund: Die <strong>Früherkennung</strong> sprachentwicklungsgestörter<br />

Kin<strong>der</strong> ist Voraussetzung für eine Frühför<strong>der</strong>ung und damit ein<br />

wichtiges klinisches Anliegen. Der „Elternfragebogen für einjährige<br />

Kin<strong>der</strong>: Sprache, Gesten, Feinmotorik – <strong>ELFRA</strong>-1“ ist ein<br />

Screening-Instrument, das zur Früherfassung <strong>von</strong> Sprachentwicklungsstörungen<br />

im Rahmen <strong>der</strong> U6 konzipiert wurde. Ziel<br />

<strong>der</strong> Studie war es, die prognostische <strong>Validität</strong> dieses Screenings<br />

zu überprüfen. Probanden und Methoden: Zur Auswertung lagen<br />

121 <strong>ELFRA</strong>-1-Bögen vor, die <strong>von</strong> den Eltern zum Zeitpunkt<br />

<strong>der</strong> U6 ausgefüllt worden waren. Ein Jahr später wurde <strong>der</strong><br />

Sprachentwicklungsstand <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> mit dem <strong>ELFRA</strong>-2 beurteilt.<br />

Ergebnisse: Der <strong>ELFRA</strong>-1 erreichte <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Erkennung <strong>von</strong> „Late<br />

talkers“ eine Gesamttrefferquote <strong>von</strong> 63 %. Für die Sensitivität<br />

ergab sich ein Wert <strong>von</strong> 52 % und für die Spezifität <strong>von</strong> 65 %. Der<br />

relative Anstieg <strong>der</strong> Trefferquote gegenüber <strong>der</strong> Zufallstrefferquote<br />

(RATZ-Index) war mit 23 % eher gering. Als ungünstige<br />

Prädiktoren für die Sprachentwicklung <strong>von</strong> Risikokin<strong>der</strong>n erwiesen<br />

sich männliches Geschlecht und ein niedriges Ausbildungsniveau<br />

<strong>der</strong> Mutter. Schlussfolgerungen: Die prognostische <strong>Validität</strong><br />

<strong>des</strong> <strong>ELFRA</strong>-1 erwies sich als unbefriedigend. Mit dem<br />

Screening werden zu viele Kin<strong>der</strong> mit Spracherwerbsstörungen<br />

übersehen und Kin<strong>der</strong> mit altersgerechter Sprachentwicklung<br />

als Risikokin<strong>der</strong> eingestuft. Der <strong>ELFRA</strong>-1 kann somit nicht zur<br />

routinemäßigen Anwendung im Rahmen <strong>der</strong> U6 empfohlen werden.<br />

Background: Early identification of developmental language<br />

disor<strong>der</strong>s is a precondition for early intervention and therefore<br />

of high clinical relevance. The <strong>ELFRA</strong>-1 was constructed to identify<br />

children at risk for language disor<strong>der</strong>s in the context of the<br />

routine examination of children at the age of 12 months. The<br />

aim of the study was to determine the predictive validity of this<br />

screening tool. Subjects and Method: 121 parents completed<br />

the questionnaire for their 12 months old children. One year later<br />

the language development was assessed by means of the<br />

<strong>ELFRA</strong>-2, the German version of the CDI for two year old children.<br />

Results: 63% of the children were correctly classified. The<br />

sensitivity amounted to 52 % and the specificity to 65 %. The<br />

RATZ-index (relative improvement of the hit rate in comparison<br />

to the random hit rate) was 23 %, which has to be consi<strong>der</strong>ed as<br />

unsatisfying. Improvement of language abilities were less likely<br />

in boys compared to girls and in cases of low educational background<br />

of the mother. Conclusions: The prognostic validity of<br />

the <strong>ELFRA</strong>-1 is insufficient and too low to identify children at<br />

risk for later language impairment. The screening overlooked<br />

too many late talkers and classified too many normally developed<br />

children as language impaired. The <strong>ELFRA</strong>-1 can not be recommended<br />

as a useful method for the early identification of<br />

language impaired children at the age of 12 months.<br />

17<br />

Schlüsselwörter<br />

Sprachentwicklungsstörung · <strong>ELFRA</strong>-1 · <strong>Früherkennung</strong> · U6<br />

Key words<br />

Developmental language disor<strong>der</strong>s · CDI · <strong>ELFRA</strong>-1 ·<br />

early identification<br />

Institutsangaben<br />

Institut für Kin<strong>der</strong>- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, Ludwig-Maximilians-Universität München<br />

Korrespondenzadresse<br />

Dipl.-Psych. Steffi Sachse · Institut für Kin<strong>der</strong>- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie,<br />

Ludwig-Maximilians-Universität · Nußbaumstr. 7 · 80336 München · Tel.: 0 89/45 22 90 30 ·<br />

Fax: 0 89/5160 47 56 · E-mail: Steffi.Sachse@lrz.uni-muenchen.de<br />

Bibliografie<br />

Klin Pädiatr 2007; 219: 17–22 · © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York<br />

DOI 10.1055/s-2005-836842<br />

ISSN 0300-8630


Originalar<strong>bei</strong>t<br />

18<br />

Hintergrund und Fragestellung<br />

Die gegenwärtige Betreuungssituation <strong>von</strong> Kin<strong>der</strong>n mit Sprachentwicklungsstörungen<br />

ist unbefriedigend. Im Rahmen <strong>der</strong><br />

<strong>Früherkennung</strong>suntersuchung im Alter <strong>von</strong> 12 Monaten (U6)<br />

wird die Sprachentwicklung durch ein einziges Item beurteilt<br />

(Silbenverdoppelungen wie „da-da“). Bei <strong>der</strong> U7 mit 24 Monaten<br />

wird etwas genauer nach dem Sprachentwicklungsstand gefragt.<br />

Trotzdem wird zu diesem Zeitpunkt nur je<strong>des</strong> vierte Kind mit einer<br />

Sprachentwicklungsverzögerung erkannt [16].<br />

Wenn eine Sprachretardierung auffällt, dann wird häufig anstelle<br />

<strong>der</strong> Verordnung einer Sprachtherapie zum Abwarten geraten.<br />

Im Durchschnitt vergehen bis zum Einsetzen einer logopädischen<br />

Behandlung ein bis zwei Jahre. Bei den meisten Kin<strong>der</strong>n<br />

beginnt eine Sprachtherapie erst im Alter <strong>von</strong> vier bis fünf Jahren,<br />

selbst wenn erhebliche Sprachdefizite bestehen [6]. Die sensible<br />

Phase <strong>der</strong> Sprachentwicklung bleibt somit ungenutzt, obwohl<br />

einige Untersuchungen darauf hinweisen, dass durch eine<br />

gezielte För<strong>der</strong>ung im Säuglings- bzw. Kleinkindalter die Manifestation<br />

einer Sprachentwicklungsstörung vermieden werden<br />

kann [18]. Zur Verbesserung <strong>der</strong> Entwicklungsprognose sprachentwicklungsgestörter<br />

Kin<strong>der</strong> sollte eine frühzeitige Intervention<br />

– z.B. in Form einer Anleitung <strong>der</strong> Eltern zu sprachför<strong>der</strong>ndem<br />

Verhalten – erfolgen [11]. Eine Frühför<strong>der</strong>ung setzt allerdings<br />

eine ausreichend zuverlässige <strong>Früherkennung</strong> voraus.<br />

Zunehmend wurden in den letzten Jahren Anstrengungen unternommen,<br />

Risikokin<strong>der</strong> für Sprachentwicklungsstörungen bereits<br />

in den ersten <strong>bei</strong>den Lebensjahren zu erkennen. Mehrere Ar<strong>bei</strong>tsgruppen<br />

versuchen <strong>der</strong>zeit zu klären, ob aus Lautäußerungen<br />

<strong>von</strong> Säuglingen Rückschlüsse auf den Spracherwerb und<br />

<strong>des</strong>sen Störung möglich sind. Erste Ergebnisse sprechen dafür,<br />

dass prosodische Merkmale eine Vorhersage erlauben [13].<br />

Ward [17] erfasste Wahrnehmung und Reaktion auf Sprache<br />

und Geräusche <strong>bei</strong> durchschnittlich zehn Monate alten Säuglingen.<br />

Nach Angaben <strong>der</strong> Autorin konnten so Probleme <strong>bei</strong>m<br />

Spracherwerb relativ sicher vorhergesagt werden. Bislang fehlen<br />

aber Replikationsstudien, so dass <strong>der</strong> prädiktive Wert <strong>des</strong> Screenings<br />

<strong>der</strong>zeitig nicht als gesichert gelten kann.<br />

Da Sprache ein wesentlicher Bereich <strong>der</strong> kognitiven Entwicklung<br />

ist, enthalten allgemeine Entwicklungstests in <strong>der</strong> Regel auch<br />

Skalen zur Sprachentwicklung. So verfügt z.B. die Münchener<br />

Funktionelle Entwicklungsdiagnostik – MFED [9] und <strong>der</strong> Entwicklungstest<br />

für Kin<strong>der</strong> <strong>von</strong> sechs Monaten bis sechs Jahre –<br />

ET 6/6 [14] über Skalen für Sprachproduktion und Sprachverständnis.<br />

Auch <strong>der</strong> Elternfragebogen zur kindlichen Entwicklung<br />

– EFkE [2] enthält 50 Fragen zur Sprachentwicklung. Entwicklungstests<br />

sind aber vorrangig zur Beurteilung <strong>der</strong> allgemeinen<br />

kognitiven Entwicklung konzipiert. Sie <strong>bei</strong>nhalten für jede Altersstufe<br />

nur wenige sprachliche Items, so dass sie keine differenzierte<br />

Aussage über den Sprachentwicklungsstand o<strong>der</strong> eine<br />

ausreichend zuverlässige <strong>Früherkennung</strong> <strong>von</strong> Störungen <strong>des</strong><br />

Spracherwerbs ermöglichen.<br />

Das erste, speziell für die <strong>Früherkennung</strong> <strong>von</strong> Sprachentwicklungsstörungen<br />

erar<strong>bei</strong>tete Verfahren im deutschsprachigen<br />

Raum ist <strong>der</strong> „Elternfragebogen zur Erfassung <strong>von</strong> Risikokin<strong>der</strong>n<br />

– <strong>ELFRA</strong>-1“ <strong>von</strong> Grimm u. Doil [7]. Dieses Sprach-Screening beruht<br />

auf zwei Elternfragebögen, die im angloamerikanischen Sprachraum<br />

weite Verbreitung gefunden haben, den MacArthur Communicative<br />

Development Inventories – CDI [4] und dem Language<br />

Development Survey – LDS [15]. Der <strong>ELFRA</strong>-1 ist für zwölf Monate<br />

alte Kin<strong>der</strong> normiert und für die Erfassung <strong>von</strong> sprachlichen Risikokin<strong>der</strong>n<br />

im Rahmen <strong>der</strong> U6 gedacht. Das Screening ist schnell<br />

durchführbar und einfach auszuwerten. Über die Zuverlässigkeit<br />

<strong>der</strong> Vorhersage einer Sprachentwicklungsstörung liegen bislang<br />

aber kaum Erfahrungen vor. Nach Angaben <strong>der</strong> Testautorinnen bestehen<br />

signifikante Korrelationen zwischen den Ergebnissen im<br />

<strong>ELFRA</strong>-1 und dem produktiven Wortschatz ein Jahr später. Über<br />

Spezifität und Sensitivität für die <strong>Früherkennung</strong> <strong>von</strong> Sprachentwicklungsstörungen<br />

fehlen Daten.<br />

In <strong>der</strong> vorliegenden Studie wird <strong>der</strong> Frage nachgegangen, ob <strong>der</strong><br />

<strong>ELFRA</strong>-1 Sprachauffälligkeiten <strong>bei</strong> zweijährigen Kin<strong>der</strong>n ausreichend<br />

sicher vorhersagt und ob ein routinemäßiger Einsatz <strong>bei</strong><br />

<strong>der</strong> U6 empfohlen werden kann. Des Weiteren wird versucht,<br />

Prädiktoren für die Sprachentwicklung <strong>von</strong> Risikokin<strong>der</strong>n zu<br />

identifizieren.<br />

An<strong>der</strong>e Ar<strong>bei</strong>tsgruppen überprüften die prognostische <strong>Validität</strong><br />

neurophysiologischer und neuropsychologischer Untersuchungen.<br />

Nach einer finnischen Risikokin<strong>der</strong>-Studie erlaubt die Ableitung<br />

<strong>der</strong> Mismatch Negativity (MMN) <strong>bei</strong> Neugeborenen eine<br />

Vorhersage <strong>der</strong> sprachlichen Fähigkeiten im Alter <strong>von</strong> zweieinhalb<br />

Jahren [8]. Die Mismatch Negativity ist eine Komponente<br />

<strong>der</strong> späten akustisch evozierten Potenziale und spiegelt die automatische<br />

Diskriminierung <strong>von</strong> Tönen und Lauten wi<strong>der</strong>. Mit einem<br />

an<strong>der</strong>en Ansatz wird untersucht, ob sich <strong>bei</strong> Säuglingen die<br />

zeitliche Auflösung akustischer Signale zur Vorhersage <strong>der</strong> späteren<br />

Sprachfähigkeit eignet. Benasich u. Mitarb. [1] berichteten<br />

über eine Korrelation zwischen <strong>der</strong> Diskriminationsfähigkeit<br />

schnell aufeinan<strong>der</strong> folgen<strong>der</strong> verbaler bzw. non-verbaler Reize<br />

im Säuglingsalter und <strong>der</strong> Sprachfähigkeit im Alter <strong>von</strong> drei Jahren.<br />

Die genannten Methoden zur <strong>Früherkennung</strong> im Säuglingsalter<br />

befinden sich gegenwärtig aber noch im experimentellen<br />

Stadium. Es gibt bislang we<strong>der</strong> ein standardisiertes Untersuchungs<strong>des</strong>ign<br />

noch Normwerte.<br />

Studien<strong>des</strong>ign und Untersuchungsmethoden<br />

Der <strong>ELFRA</strong>-1 wurde zusammen mit einem soziodemographischen<br />

Fragebogen an Eltern (n = 239) eine Woche vor dem ersten<br />

Geburtstag ihres Kin<strong>des</strong> geschickt. Die Adressen wurden dem<br />

Geburtsanzeiger einer Zeitung entnommen. Zur Beurteilung <strong>der</strong><br />

weiteren Sprachentwicklung wurden diejenigen Eltern, die den<br />

<strong>ELFRA</strong>-1 beantwortet hatten, ein Jahr später gebeten, den EL-<br />

FRA-2 [7] auszufüllen. In die Auswertung gingen Daten <strong>von</strong><br />

121 einsprachig deutsch aufwachsenden Kin<strong>der</strong>n, <strong>von</strong> denen<br />

<strong>der</strong> <strong>ELFRA</strong>-1 und <strong>der</strong> <strong>ELFRA</strong>-2 vorlagen, ein (Tab.1).<br />

Der <strong>ELFRA</strong>-1 besteht aus einer Wortliste mit 164 Wörtern. Die Eltern<br />

haben zu entscheiden, ob ihr Kind das jeweilige Wort „versteht“<br />

o<strong>der</strong> „versteht und spricht“. Weitere 67 Fragen zur Entwicklung<br />

sind mit „ja“ o<strong>der</strong> „nein“ zu beantworten. Die Wortliste<br />

und die Fragen werden vier Entwicklungsskalen (Sprachproduktion,<br />

Sprachverständnis, Gesten, Feinmotorik) zugeordnet. Der<br />

Wert für Sprachproduktion ergibt sich aus den als „versteht und<br />

Sachse S et al. <strong>Prognostische</strong> <strong>Validität</strong> <strong>des</strong> … Klin Pädiatr 2007; 219: 17–22


Tab. 1<br />

Stichprobe<br />

Anzahl verschickter <strong>ELFRA</strong>-1 (12. Monat)<br />

Rücklauf (61 %)<br />

Anzahl verschickter <strong>ELFRA</strong>-2 (24. Monat)<br />

Rücklauf (95 %)<br />

da<strong>von</strong> einsprachig deutsch<br />

239<br />

145<br />

140<br />

133<br />

121<br />

spricht“ angekreuzten Wörtern und dem Fragenabschnitt „Produktion<br />

<strong>von</strong> Lauten und Sprache“, <strong>der</strong> sich mit Lallen, Geräuschimitationen,<br />

Wortspielereien und musikalischem Umgang mit<br />

Sprache beschäftigt. Für die Skala Sprachverständnis werden<br />

die als „versteht“ angekreuzten Wörter <strong>der</strong> Wortliste und Fragen<br />

<strong>des</strong> Abschnitts „Reaktionen auf Sprache“ zusammengefasst.<br />

Werden die kritischen Werte für Sprachproduktion (kritischer<br />

Wert 7 <strong>bei</strong> maximal 181 Punkten) und/o<strong>der</strong> Sprachverständnis<br />

(kritischer Wert 17 <strong>bei</strong> maximal 171 Punkten) unterschritten,<br />

gilt ein Kind als Risikokind. Zusätzlich werden Werte für den Gebrauch<br />

<strong>von</strong> Gesten als wichtige Vorläuferfähigkeit für Sprache<br />

(kritischer Wert 17 <strong>bei</strong> maximal 30 Punkten) sowie für Feinmotorik<br />

(kritischer Wert 7 <strong>bei</strong> maximal 13 Punkten) erhoben.<br />

Das Sprach-Screening <strong>ELFRA</strong>-2 ist gleichfalls ein Elternfragebogen<br />

und für 24 Monate alte Kin<strong>der</strong> normiert. Zur Auswertung<br />

stehen kritische Werte für Wortschatz, Syntax und Morphologie<br />

zur Verfügung. Der <strong>ELFRA</strong>-2 besteht aus einer Wortliste mit<br />

260 Wörtern, <strong>bei</strong> denen die Eltern zu entscheiden haben, ob das<br />

Kind das jeweilige Wort „spricht“ und 36 zusätzlichen Fragen,<br />

die Satz<strong>bei</strong>spiele o<strong>der</strong> Beispiele für verwendete Wortendungen<br />

enthalten. Der <strong>ELFRA</strong>-2 ist im Gegensatz zum <strong>ELFRA</strong>-1 ein reiner<br />

Sprachproduktionstest. Kin<strong>der</strong>, die im „produktiven Wortschatz“<br />

den kritischen Wert <strong>von</strong> 50 Wörtern unterschreiten, gelten<br />

als sprachentwicklungsverzögert (Late talkers).<br />

Ergebnisse<br />

Insgesamt verfehlten 46 Kin<strong>der</strong> (38 %) im <strong>ELFRA</strong>-1 die kritischen<br />

Werte auf den Skalen „Sprachproduktion“ und/o<strong>der</strong> „Sprachverständnis“<br />

und wurden somit als in <strong>der</strong> Sprachentwicklung verzögert<br />

eingestuft (Risikokin<strong>der</strong>). 21 Kin<strong>der</strong> (17 %) unterschritten<br />

den kritischen Wert auf <strong>der</strong> Skala Sprachproduktion, 12 (10%)<br />

auf <strong>der</strong> Skala Sprachverständnis und 13 (11 %) auf <strong>bei</strong>den Sprachskalen.<br />

Jungen wurden deutlich häufiger als Mädchen als Risikokin<strong>der</strong><br />

klassifiziert (Abb.1).<br />

Von den 46 Risikokin<strong>der</strong>n unterschritten fast die Hälfte (n = 22)<br />

gleichzeitig kritische Werte auf den Skalen Gestik und/o<strong>der</strong> Feinmotorik.<br />

Aber auch <strong>von</strong> den 75 Nicht-Risikokin<strong>der</strong>n verfehlten<br />

12 (16 %) min<strong>des</strong>tens einen <strong>der</strong> kritischen Werte auf diesen nonverbalen<br />

Skalen. Zwischen den einzelnen Subskalen <strong>des</strong> <strong>ELFRA</strong>-1<br />

ergaben sich mittlere Korrelationen (Spearman-Korrelation 0,5<br />

bis 0,6). Da<strong>bei</strong> waren die Übereinstimmungen zwischen den <strong>bei</strong>den<br />

Sprachskalen etwas höher als die zwischen den Sprach- und<br />

den nicht-sprachlichen Skalen.<br />

Zur Beurteilung <strong>der</strong> prognostischen <strong>Validität</strong> <strong>des</strong> <strong>ELFRA</strong>-1 wurde<br />

ein Jahr nach <strong>der</strong> ersten Datenerhebung <strong>der</strong> <strong>ELFRA</strong>-2 eingesetzt.<br />

Nach den <strong>ELFRA</strong>-2-Ergebnissen zeigten 21 <strong>der</strong> 121 Kin<strong>der</strong> im Alter<br />

<strong>von</strong> 24 Monaten eine Sprachentwicklungsverzögerung. 11<br />

dieser Kin<strong>der</strong> waren bereits mit dem <strong>ELFRA</strong>-1 als sprachretardiert<br />

eingestuft worden. Somit ergibt sich für den <strong>ELFRA</strong>-1 eine<br />

Sensitivität <strong>von</strong> 52 %. Von den 100 mit zwei Jahren sprachlich altersgerecht<br />

entwickelten Kin<strong>der</strong>n waren 65 auch mit dem EL-<br />

FRA-1 ein Jahr zuvor als sprachunauffällig beurteilt worden. Die<br />

Spezifität <strong>des</strong> <strong>ELFRA</strong>-1 beträgt demnach 65 %. Knapp zwei Drittel<br />

aller Kin<strong>der</strong> (76 <strong>von</strong> 121; Gesamttrefferquote 63 %) wurden zu<br />

<strong>bei</strong>den Untersuchungszeitpunkten übereinstimmend <strong>der</strong> gleichen<br />

Kategorie zugeordnet. Die Übereinstimmung <strong>der</strong> Zuordnung<br />

in unauffällige und auffällige Sprachentwicklung im Alter<br />

<strong>von</strong> ein und zwei Jahren ist statistisch nicht signifikant (Chi-<br />

Quadrat-Test p = 0,136). Von den 46 mit dem <strong>ELFRA</strong>-1 als sprachverzögert<br />

eingestuften Kin<strong>der</strong>n waren nur 11 (24%) ein Jahr später<br />

Late talkers und damit richtig klassifiziert worden (Tab. 2).<br />

Zwischen den <strong>ELFRA</strong>-1-Ergebnissen und dem Wortschatz mit<br />

zwei Jahren fanden sich statistisch signifikante, aber nur geringe<br />

Korrelationen (Tab. 3).<br />

Die klinische Relevanz <strong>der</strong> Vorhersagekraft <strong>des</strong> <strong>ELFRA</strong>-1 lässt<br />

sich durch eine Berücksichtigung <strong>des</strong> Informationsgewinns gegenüber<br />

<strong>der</strong> Zufallstrefferquote abschätzen. Hierzu eignet sich<br />

<strong>der</strong> RATZ-Index (Relativer Anstieg <strong>der</strong> Trefferquote gegenüber<br />

<strong>der</strong> Zufallstrefferquote). Die Vorhersagekraft eines Untersuchungsverfahrens<br />

gilt als unzureichend, wenn <strong>der</strong> RATZ-Index<br />

unter 34 % liegt, als gut <strong>bei</strong> einem Index <strong>von</strong> 34 bis 66 % und als<br />

sehr gut <strong>bei</strong> Werten über 66 % [12]. Für den <strong>ELFRA</strong>-1 ergab sich<br />

ein RATZ-Index <strong>von</strong> 23 %, also ein Wert, <strong>der</strong> die prognostische <strong>Validität</strong><br />

<strong>des</strong> Fragebogens als unzureichend einstuft.<br />

Tab. 2 Übereinstimmung <strong>der</strong> Klassifikation im Alter <strong>von</strong> 12<br />

(<strong>ELFRA</strong>-1-Befund) und 24 Monaten (<strong>ELFRA</strong>-2-Befund)<br />

<strong>ELFRA</strong>-2<br />

unauffällig<br />

<strong>ELFRA</strong> 1 unauffällig 65 (65 %)<br />

richtig negativ<br />

Risikokind 35 (35 %)<br />

falsch positiv<br />

Abb. 1 Häufigkeit <strong>von</strong> Risikokin<strong>der</strong>n nach Einstufung durch den EL-<br />

FRA-1 (Angaben in Prozent, n = Risikokind, & = altersgerechter Sprachentwicklungsstand).<br />

Sprachverzögerung<br />

10 (48%)<br />

falsch negativ<br />

11 (52%)<br />

richtig positiv<br />

gesamt<br />

75 (62 %)<br />

46 (38 %)<br />

gesamt 100 (100 %) 21 (100%) 121 (100 %)<br />

graue Zellen = Fehlklassifikationen<br />

Originalar<strong>bei</strong>t<br />

19<br />

Sachse S et al. <strong>Prognostische</strong> <strong>Validität</strong> <strong>des</strong> … Klin Pädiatr 2007; 219: 17–22


Abb. 2 Vorhersagekraft einzelner Subscalen<br />

<strong>des</strong> <strong>ELFRA</strong>-1 bzw. <strong>der</strong>en Kombinationen<br />

hinsichtlich einer Sprachentwicklungsverzögerung<br />

im Alter <strong>von</strong> zwei Jahren: Der<br />

RATZ-Index (Relativer Anstieg <strong>der</strong> Trefferquote<br />

gegenüber <strong>der</strong> Zufallstrefferquote in Prozent)<br />

ist ein Maß für die Verbesserung <strong>der</strong><br />

Vorhersage <strong>bei</strong> Berücksichtigung <strong>der</strong> Ergebnisse<br />

in einzelnen <strong>ELFRA</strong>-1-Subskalen. Werte<br />

unter 34% entsprechen einer unzureichenden,<br />

zwischen 34 und 66% einer guten und<br />

über 66% einer sehr guten Vorhersagekraft<br />

<strong>der</strong> jeweiligen Subskala.<br />

Originalar<strong>bei</strong>t<br />

Tab. 3 Beziehung zwischen <strong>ELFRA</strong>-1-Ergebnissen und Wortschatz<br />

mit zwei Jahren (Spearman-Korrelationen: r sp )<br />

<strong>ELFRA</strong>-1-Skalen<br />

r sp<br />

20<br />

Sprachproduktion 0,413 **<br />

Sprachverständnis 0,351**<br />

Gesten 0,420**<br />

Feinmotorik 0,240*<br />

* p < 0,01, ** p < 0,001<br />

Abb. 3 Sprachentwicklung <strong>der</strong>jenigen Kin<strong>der</strong>, die nach dem <strong>ELFRA</strong>-<br />

1-Ergebnis als Risikokin<strong>der</strong> eingestuft worden waren, in Abhängigkeit<br />

vom Geschlecht <strong>des</strong> Kin<strong>des</strong> bzw. <strong>der</strong> Schulbildung <strong>der</strong> Mutter (Unterschiede<br />

tendenziell: p < 0,10, n = Nicht-Aufholer, & = Aufholer).<br />

Um zu klären, ob ein Unterschreiten <strong>des</strong> kritischen Wertes auf<br />

Einzelskalen evtl. eine bessere Vorhersage ermöglicht als die<br />

<strong>ELFRA</strong>-1-Einstufung in Risiko- und Nicht-Risikokin<strong>der</strong>, wurde<br />

<strong>der</strong> RATZ-Index auch für die Subskalen berechnet (Abb. 2). Da<strong>bei</strong><br />

zeigte sich, dass <strong>der</strong> prädiktive Wert <strong>der</strong> Subskalen etwas besser<br />

als <strong>der</strong>jenige <strong>der</strong> Risikoeinstufung ist. Die Übereinstimmung <strong>der</strong><br />

Klassifikation zu <strong>bei</strong>den Untersuchungszeitpunkten war im Gegensatz<br />

zur Risikoeinstufung für alle <strong>ELFRA</strong>-1-Untertests im Chi-<br />

Quadrat-Test signifikant. Der RATZ-Index erreichte aber nur für<br />

die Skala „Sprachverständnis“ und die Summenskala „Sprachproduktion<br />

und Sprachverständnis“ (Unterschreiten <strong>der</strong> kritischen<br />

Werte in <strong>bei</strong>den Sprachskalen) das Niveau einer guten<br />

Vorhersage. Die positive Einschätzung <strong>der</strong> <strong>bei</strong>den letzteren Skalen<br />

relativiert sich aber, wenn die Sensitivität (43 bzw. 38 %) betrachtet<br />

wird. Sie ist geringer als <strong>bei</strong> einer Klassifikation <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong><br />

nach dem <strong>ELFRA</strong>-1-Risikokriterium, während die Spezifität<br />

etwas höher ausfällt (84 bzw. 95 %).<br />

In einem nächsten Auswertungsschritt überprüften wir, ob sich<br />

Prädiktoren für die Sprachentwicklung <strong>der</strong>jenigen Kin<strong>der</strong> identifizieren<br />

lassen, die mit dem <strong>ELFRA</strong>-1 im Alter <strong>von</strong> 12 Monaten als<br />

Risikokin<strong>der</strong> klassifiziert worden waren. Dazu wurden Kin<strong>der</strong>,<br />

welche die Sprachrückstände aufholten, mit denjenigen verglichen,<br />

die auch noch mit zwei Jahren eine sprachliche Verzögerung<br />

zeigten. Als Prädiktoren erwiesen sich das Geschlecht und<br />

<strong>der</strong> Bildungsgrad <strong>der</strong> Mutter (Abb. 3). Jungen hatten eine etwas<br />

ungünstigere Prognose als Mädchen, genauso wie Kin<strong>der</strong> <strong>von</strong><br />

Müttern ohne gegenüber denjenigen <strong>von</strong> Müttern mit Abitur.<br />

Die Unterschiede fielen aber nur tendenziell aus und konnten in<br />

Anbetracht <strong>der</strong> kleinen Fallzahlen statistisch nicht abgesichert<br />

werden. Für den Schulabschluss <strong>des</strong> Vaters, den Familienstand,<br />

die Berufstätigkeit <strong>der</strong> Mutter und die Geschwisterzahl konnte<br />

keine prädiktive Aussage nachgewiesen werden.<br />

Diskussion<br />

In unserer Studie wurde mit dem <strong>ELFRA</strong>-1 je<strong>der</strong> zweite Junge<br />

und je<strong>des</strong> vierte Mädchen als Risikokind klassifiziert. Diese Werte<br />

liegen deutlich über dem Erwartungswert. Dies könnte durch<br />

eine systematische Verzerrung unserer Stichprobe verursacht<br />

sein, da nur 60 % <strong>der</strong> Eltern zu einer Mitar<strong>bei</strong>t bereit waren. Gegen<br />

einen solchen Stichprobenfehler spricht allerdings, dass <strong>der</strong><br />

Sachse S et al. <strong>Prognostische</strong> <strong>Validität</strong> <strong>des</strong> … Klin Pädiatr 2007; 219: 17–22


Anteil an sprachretardierten Kin<strong>der</strong>n <strong>von</strong> 17 % ein Jahr später<br />

(<strong>ELFRA</strong>-2-Befund) mit den aus <strong>der</strong> Literatur bekannten Daten<br />

übereinstimmt. Die große Häufigkeit <strong>von</strong> Risikokin<strong>der</strong>n in unserer<br />

Studie dürfte somit eher auf unzutreffende Normen für den<br />

<strong>ELFRA</strong>-1 zurückzuführen sein. Es liegen keine Angaben darüber<br />

vor, wie repräsentativ die Normstichprobe war, weshalb die Verlässlichkeit<br />

<strong>der</strong> angegebenen Werte nicht eingeschätzt werden<br />

kann. Mit dem CDI wurden deutlich niedrigere Prävalenzen gefunden.<br />

So wird z. B. <strong>von</strong> Horwitz u. Mitarb. [10] die Häufigkeit<br />

<strong>von</strong> Sprachretardierungen im Alter <strong>von</strong> 12 Monaten für Jungen<br />

mit 19 % und für Mädchen mit 8 % angegeben.<br />

Eine Vorhersage <strong>der</strong> weiteren Sprachentwicklung gelingt mit<br />

dem <strong>ELFRA</strong>-1 nur unbefriedigend. Nur je<strong>des</strong> vierte Risikokind<br />

zeigte im Alter <strong>von</strong> zwei Jahren Sprachauffälligkeiten und die<br />

Hälfte <strong>der</strong> mit zwei Jahren sprachretardierten Kin<strong>der</strong> wurde<br />

vom <strong>ELFRA</strong>-1 als unauffällig eingestuft. Sensitivität (52 %) und<br />

Spezifität (65 %) entsprechen damit nicht den Anfor<strong>der</strong>ungen,<br />

die an ein Screening-Verfahren zu stellen sind. Ähnlich unbefriedigende<br />

Ergebnisse wurden für den CDI mitgeteilt [5]. Wegen<br />

<strong>der</strong> hohen intra- und interindividuellen Variabilität sowie <strong>der</strong><br />

geringen prognostischen <strong>Validität</strong> wird die Eignung <strong>des</strong> CDI zur<br />

<strong>Früherkennung</strong> <strong>von</strong> Sprachentwicklungsstörungen <strong>bei</strong> Kin<strong>der</strong>n<br />

bis zum Alter <strong>von</strong> 1 1 / 2 Jahren angezweifelt. Die Korrelationen<br />

zwischen den CDI-Werten im Alter <strong>von</strong> einem und zwei Jahren<br />

betrug in einer Stichprobe <strong>von</strong> 2156 Kin<strong>der</strong>n lediglich 0,18 bis<br />

0,39 [3].<br />

Die Einzelskalen und ein Unterschreiten <strong>der</strong> kritischen Werte in<br />

<strong>bei</strong>den Sprachskalen sagen Sprachverzögerungen im Alter <strong>von</strong><br />

zwei Jahren etwas besser als die kategoriale Zuordnung in Risiko-<br />

und Nicht-Risikokind voraus. Aber auch die Vorhersagekraft<br />

<strong>der</strong> Subskalen ist, insbeson<strong>der</strong>e in Anbetracht <strong>des</strong> häufigen<br />

Übersehens <strong>von</strong> Kin<strong>der</strong>n mit Spracherwerbsstörungen (geringe<br />

Sensitivität), nicht zufrieden stellend. Von einem Screening<br />

wird erwartet, dass Risikokin<strong>der</strong> relativ sicher erfasst werden,<br />

während falsch positive Zuordnungen als eher tolerierbar gelten.<br />

Die Sprachskalen <strong>des</strong> <strong>ELFRA</strong>-1 scheinen auch wenig sprachspezifisch.<br />

Die Vorhersagekraft dieser Skalen war nicht höher als die<br />

<strong>der</strong> nicht-sprachlichen Skala „Feinmotorik“. Dies deutet darauf<br />

hin, dass <strong>bei</strong> einjährigen Kin<strong>der</strong>n die Sprachskalen eher die allgemeine<br />

und nicht die spezifisch sprachliche Entwicklung wi<strong>der</strong>spiegeln.<br />

Die Korrelationen <strong>der</strong> <strong>ELFRA</strong>-1-Sprachskalen mit dem Wortschatz<br />

im Alter <strong>von</strong> zwei Jahren waren in unserer Studie hochsignifikant,<br />

aber nur relativ gering ausgeprägt. Die <strong>von</strong> uns gefundenen<br />

Zusammenhänge entsprechen den im Handbuch [7] angegebenen.<br />

Hohe Signifikanz bedeutet aber lediglich, dass die<br />

Wahrscheinlichkeit für irgendeinen Zusammenhang sehr groß<br />

ist, nicht aber, dass dieser Zusammenhang bedeutend und klinisch<br />

relevant ist. Die Werte auf den Sprachskalen im Alter <strong>von</strong><br />

12 Monaten klärten nur etwa 15 % <strong>der</strong> Varianz <strong>des</strong> späteren<br />

Wortschatzes auf. Sie sind damit kaum zur Vorhersage <strong>der</strong> weiteren<br />

Sprachentwicklung geeignet.<br />

Eine etwas bessere Vorhersage <strong>von</strong> Late talkers erscheint möglich,<br />

wenn neben dem <strong>ELFRA</strong>-1-Ergebnis weitere Prädiktoren beachtet<br />

werden. Als Risikofaktoren stellten sich in unserer Untersuchung<br />

ein niedriger Bildungsstand <strong>der</strong> Mutter und das männliche<br />

Geschlecht heraus.<br />

Die Ergebnisse unserer Studie weisen insgesamt darauf hin, dass<br />

die prognostische <strong>Validität</strong> <strong>des</strong> <strong>ELFRA</strong>-1 unbefriedigend ist. Es<br />

werden nicht nur zu viele Kin<strong>der</strong> als Risikokin<strong>der</strong> eingestuft,<br />

son<strong>der</strong>n auch zu viele tatsächliche Risikokin<strong>der</strong> übersehen. Die<br />

Vorhersagekraft <strong>der</strong> Einzelskalen ist zwar etwas besser als die<br />

<strong>der</strong> Risikozuordnung, jedoch werden auch <strong>bei</strong> Berücksichtigung<br />

<strong>der</strong> Ergebnisse <strong>der</strong> Einzelskalen sehr viele Late talkers nicht erkannt.<br />

Insgesamt kann <strong>der</strong> <strong>ELFRA</strong>-1 in <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitigen Fassung<br />

nicht als Screening-Instrument zur routinemäßigen Anwendung<br />

<strong>bei</strong> <strong>der</strong> U6 empfohlen werden.<br />

An<strong>der</strong>erseits besteht ein großes klinisches Interesse an einem<br />

zuverlässigen Instrument zur <strong>Früherkennung</strong> <strong>von</strong> Kin<strong>der</strong>n mit<br />

Sprachentwicklungsstörungen, da nach ersten Erfahrungen<br />

durch eine Frühför<strong>der</strong>ung in vielen Fällen die Manifestation einer<br />

Sprachbehin<strong>der</strong>ung vermieden werden kann. In weiteren<br />

Untersuchungen sollte <strong>des</strong>halb geklärt werden, ob eine verlässlichere<br />

Vorhersage <strong>von</strong> Sprachentwicklungsstörungen gelingt,<br />

wenn neben dem <strong>ELFRA</strong>-1-Befund protektive und Risikofaktoren<br />

sowie <strong>der</strong> Entwicklungsstand <strong>von</strong> Vorläuferfertigkeiten berücksichtigt<br />

werden. Für den Spracherwerb wesentliche Vorläuferfertigkeiten,<br />

die nach bisherigen Erfahrungen als Prädiktoren geeignet<br />

sein könnten, sind die Fähigkeit, akustische Informationen<br />

kurzzeitig zu speichern, prosodische Sprachmerkmale zu erkennen<br />

und akustische Signale zeitlich aufzulösen.<br />

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