Neue Mitte - KKV Bundesverband
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Prof Dr. Paul Kirchhoff (links) zu Gast beim <strong>KKV</strong>-Samstagsforum in Mannheim.<br />
Keine Kultur des Maßes<br />
„Politik kann nur verteilen, was sie vorher abgeschöpft hat“: Prof. Dr. Paul Kirchhoff sprach beim<br />
<strong>KKV</strong>-Samstagsforum über Schulden, Generationengerechtigkeit und die Rolle des Staates.<br />
V<br />
on 1949 bis 2008 haben sich<br />
die Schulden Deutschlands<br />
auf 1,6 Billionen Euro summiert.<br />
Gleichzeitig wurden in dieser<br />
Zeit insgesamt 1,5 Billionen Euro nur<br />
für die Zahlung von Zinsen aufgewendet.“<br />
Mit diesen Zahlen machte Prof.<br />
Dr. Paul Kirchhof auf einer Veranstaltung<br />
des <strong>KKV</strong>-Fördererkreises und der<br />
Ortsgemeinschaft Columbus Mannheim<br />
das ganze verheerende Ausmaß<br />
der Staatsverschuldung deutlich.<br />
Der Staat nehme Kredite auf, um seinen<br />
Bürgern mehr zu bieten, als wir uns<br />
leisten könnten. Dabei sei nicht nur die<br />
„Kultur des Maßes“ verloren gegangen,<br />
sondern der Staat belaste durch diese<br />
Politik die Kinder und Kindeskinder<br />
mit Rückzahlungen und Zinspflichten.<br />
„Wir haben einen Generationenvertrag<br />
ohne Zustimmung der künftigen Generationen<br />
abgeschlossen“, so der Direktor<br />
des Instituts für Finanz- und Steuerrecht<br />
der Universität Heidelberg.<br />
„Das ist schlicht und einfach unseriös.“<br />
Schließlich könne auch der Staat prinzipiell<br />
nur so viel „Wohltäter“ sein, wie<br />
er als Steuereintreiber „Übeltäter“ sei.<br />
Bernd-M. Wehner, Bundesvorsitzender<br />
des <strong>KKV</strong>, wies in seiner Begrüßung<br />
vor fast 90 Zuhörern darauf hin, dass<br />
der <strong>KKV</strong> als katholischer Sozialverband<br />
für das christliche Menschenbild<br />
und damit auch für die Prinzipien<br />
der katholischen Soziallehre eintrete.<br />
Nur so sei gewährleistet, dass<br />
der Mensch im <strong>Mitte</strong>lpunkt stehe<br />
und Werte wie Ehrlichkeit, Nachhaltigkeit<br />
und Maß Leitschnur für das<br />
Handeln in Politik und Gesellschaft<br />
werde. „Der ‚Ehrbare Kaufmann’<br />
muss nicht nur in aller Munde sein,<br />
sondern er muss vor allem praktiziert<br />
werden“, unterstrich Wehner.<br />
Wie „Teilhabe und Gerechtigkeit in<br />
Deutschland und Europa“ – so lautete<br />
das Motto des <strong>KKV</strong>-Forums – umgesetzt<br />
werden könne, machte Prof.<br />
Kirchhof an einigen Grundsätzen<br />
klar. So habe jeder Mensch eine gleiche<br />
Würde, die ihm auch nicht vom<br />
Staat genommen werden könne.<br />
Jeder muss für sein Handeln<br />
Verantwortung übernehmen<br />
Daraus folge, dass jeder aufgrund seiner<br />
individuellen Fähigkeiten zwar die gleichen<br />
Startchancen haben, aber nicht<br />
am Ende das gleiche Ergebnis herauskommen<br />
müsse. Gleichzeitig müsse<br />
jeder für sein Handeln auch die Verantwortung<br />
übernehmen. Deshalb seien<br />
eine verständliche und klare Rechtskultur<br />
sowie die Verständigung über<br />
verbindliche Werte und Verhaltensmaßstäbe<br />
nötig. Im Hinblick auf die Staatsverschuldung<br />
setze das geltende Recht<br />
zwar klare Grenzen, doch diese seien in<br />
der Vergangenheit missachtet worden.<br />
Deshalb bedürfe es besonderer politischer<br />
Anstrengungen, um zur Normalität<br />
eines ohne Kredite ausgeglichenen<br />
Haushalts zurückzukehren.<br />
Sein Vorschlag: „Wenn die Schulden<br />
um ein Prozent gewachsen sind, sollten<br />
alle Staatsleistungen um ein Prozent<br />
sinken.“ So werde die Last eines<br />
Darlehens in der Gegenwart spürbar<br />
und fördere den allgemeinen Willen<br />
zum Sparen, betonte der Ex-Verfassungsrichter.<br />
Zum Schluss plädierte<br />
Prof. Kirchhof für seinen Entwurf<br />
eines vereinfachten Steuersystems,<br />
bei dem ein einheitlicher Steuersatz<br />
von 25 Prozent vorgesehen sei.<br />
Der <strong>KKV</strong>-Bundesvorsitzende unterstrich<br />
ebenfalls die Notwendigkeit<br />
einer Steuerreform, da das bisherige<br />
komplizierte Steuersystem dazu führe,<br />
dass die Bürger nicht mehr durchblickten.<br />
„Ihr Hinweis, Prof. Kirchhof,<br />
dass Menschen, die nie einen<br />
Banküberfall begehen würden, aber<br />
bereit seien, Steuern zu hinterziehen,<br />
zeige, dass das Rechtsbewusstsein<br />
im Steuerrecht immer mehr verloren<br />
gehe“, so Bernd-M. Wehner.<br />
<strong>KKV</strong> Bund<br />
20 neue mitte 02/13