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Nachrichten und Namen<br />

Berner Ausweg für Suizidgefährdete<br />

Suizid verhindern: Dieses Anliegen vereint Suizidforscher und<br />

Präventions-Expertinnen alle zwei Jahre in Aeschi bei Spiez.<br />

Die Berner Wissenschaftler erarbeiten konkret anwendbare<br />

Konzepte und Studien, die international beachtet werden.<br />

Eine Publikation aus Bern trug entscheidend<br />

dazu bei, die bei Selbstmördern<br />

besonders beliebte Golden Gate Bridge in<br />

San Francisco mit baulichen Massnahmen<br />

zu sichern. Eine Studie von Thomas Reisch<br />

und Konrad Michel über die Wirksamkeit<br />

der Sicherungsnetze bei der Berner Münsterplattform<br />

diente als wesentliches Argument<br />

für die Massnahmen in San Francisco.<br />

Die Suizidforschung in Bern, heute<br />

im Rahmen der Universitären Psychiatrischen<br />

Dienste Bern (UPD), hat im Laufe<br />

der letzten Jahre zahlreiche Projekte mit<br />

internationaler Ausstrahlung hervorgebracht.<br />

Nicht zufällig findet auch alle zwei<br />

Jahre in Aeschi bei Spiez ein am Patienten<br />

orientierter Suizidpräventions-Kongress<br />

statt. Dies bedeutet: Forscherinnen und<br />

Experten aus aller Welt treffen sich, um<br />

Methoden für die praktische klinische<br />

Arbeit zu besprechen, zu verbreiten und<br />

weiterzuentwickeln. Die Patienten können<br />

also von den Resultaten unmittelbar profitieren.<br />

Der fünfte Kongress fand in diesem<br />

März zum Thema «The therapeutic<br />

approach to the suicidal patient: New<br />

perspectives for health professionals»<br />

statt.<br />

Suizidversuch als Geschichte erzählen<br />

Der Psychiater Konrad Michel und der<br />

Psychologe Ladislav Valach von der damaligen<br />

Psychiatrischen Universitätspoliklinik<br />

entwickelten in den 90er Jahren ein neues<br />

Modell zur Erklärung von suizidalem<br />

Verhalten. Ihr Ansatz lautet: Selbsttötung<br />

ist eine Handlung, nicht eine Krankheit.<br />

Ausgehend von der Handlungstheorie und<br />

praktischen Erfahrungen mit Patienten<br />

Verzweifelte erzählen ihren Suizidversuch.<br />

erkannten Michel und Valach, dass suizidgefährdete<br />

Menschen ihren Suizidversuch<br />

am leichtesten in Form einer Geschichte<br />

mitteilen können. Der Patient erzählt dem<br />

Therapeuten in seinen eigenen Worten,<br />

wie es zur Verzweiflungstat gekommen ist.<br />

In der Fachsprache heisst diese Geschichte<br />

«Narrativ». Die Abklärungsgespräche mit<br />

den individuellen Geschichten der Patienten<br />

erwiesen sich als ergiebiger und<br />

aufschlussreicher als die Suche der Therapeuten<br />

nach psychischen Auffälligkeiten.<br />

Die Idee, dass die dadurch aufgebaute<br />

gute therapeutische Beziehung das Suizidrisiko<br />

reduziert, wurde in einer vom<br />

Schweizerischen Nationalfonds unterstützten<br />

Studie bestätigt.<br />

Direkte Anwendung<br />

Konrad Michel begann, international anerkannte<br />

Fachleute in die Schweiz einzuladen.<br />

Daraus entstand die «Aeschi<br />

Working Group». Sie erarbeitete eine<br />

gemeinsame Publikation mit Richtlinien für<br />

Psychiater und Psychologinnen an Kliniken.<br />

In der Folge wurde jedes zweite Jahr eine<br />

erweiterte «Aeschi Conference» durchgeführt,<br />

die erste mit Experten aus 16<br />

Ländern. Eines der Markenzeichen der<br />

«Aeschi Conferences» ist die Ausrichtung<br />

auf die Patienten. Deshalb werden neben<br />

Workshops vor allem auf Video aufgenommene<br />

Patientengespräche im Plenum<br />

diskutiert. Der Hintergrund der Rednerinnen<br />

und Workshopleiter umfasst ein<br />

breites Spektrum von den amerikanischen<br />

Ostküsten-Psychoanalytikern über Vertreter<br />

der Bindungstheorie, kognitive und Verhaltenstherapeutinnen<br />

bis hin zu Psychiatern,<br />

die Medikamente verschreiben. Das<br />

«Aeschi Movement» sticht aus anderen<br />

internationalen Suizidkongressen heraus:<br />

Im Gegensatz zu den an herkömmlichen<br />

Konferenzen präsentierten epidemiologischen<br />

und neurobiologischen Studien<br />

können die an den «Aeschi Conferences»<br />

erarbeiteten und besprochenen Resultate<br />

häufig direkt für die praktische Arbeit mit<br />

suizidalen Menschen angewendet werden.<br />

Prof. Dr. Konrad Michel und Dr. Anja<br />

Maillart, Universitäre Psychiatrische Dienste<br />

Berner Angebot<br />

Wie kann man verhindern, dass sich ein<br />

Mensch nach einem ersten Suizidversuch<br />

später erneut umbringen will? Denn: Ein<br />

erfolgter Versuch erhöht das Risiko für<br />

einen späteren Suizid über Jahre hinweg<br />

um das 60- bis 100-fache. Im Gegensatz<br />

zu einem traditionellen medizinischen<br />

Modell, das Suizidimpulse als Ausdruck<br />

einer psychischen Störung sieht,<br />

verstehen Berner Fachleute die Selbsttötung<br />

als zielgerichtete Handlung mit einer<br />

inneren Logik. Suizidgedanken entstehen<br />

oft, wenn wichtige Identitäts- und<br />

Lebensthemen bedroht sind und keine<br />

alternative Handlungs- oder Bewältigungsstrategie<br />

zur Verfügung steht. Ein<br />

Suizidrisiko kann nicht einfach «wegtherapiert»<br />

werden. Vielmehr erarbeiten<br />

Therapeuten mit ihren Patientinnen und<br />

Patienten Strategien im Umgang mit<br />

zukünftigen Krisen. Konrad Michel,<br />

Thomas Reisch und Anja Maillart haben<br />

ein Therapieangebot namens ASSIP<br />

(Attempted Suicide Short Intervention<br />

Program) entwickelt, das sich spezifisch<br />

an Personen nach einem Suizidversuch<br />

richtet. Die wesentlichen Elemente sind<br />

dabei: Klärung der Hintergründe einer<br />

suizidalen Krise mit einem narrativen<br />

Interview, daraus abgeleitet die schriftliche<br />

Formulierung verhaltensorientierter<br />

Massnahmen zur Vorbeugung suizidaler<br />

Handlungen und Kontakt zum Patienten<br />

über zwei Jahre hinweg mit regelmässigen<br />

Briefen, welche die Patienten an<br />

präventive Strategien erinnern, um einen<br />

schnellen und unkomplizierten Zugang<br />

zum «Hilfssystem» zu gewährleisten. Die<br />

Kurzintervention ASSIP für Patienten nach<br />

einem Suizidversuch wird in der allgemeinen<br />

Sprechstunde der Universitätsklinik<br />

und Poliklinik für Psychiatrie angeboten.<br />

In Zusammenarbeit mit dem<br />

Psychologischen Institut der Universität<br />

Bern wird die Methode derzeit evaluiert.<br />

www.aeschiconference.unibe.ch<br />

Notfallnummer für Suizidgefährdete:<br />

031 632 88 11<br />

14 <strong>unilink</strong> <strong>April</strong> 2009

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