Berlin - Kulturnews
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Theater<br />
Foto: © Arno Declair<br />
Foto: Falk Schreiber<br />
Deutsches Theater, Kammerspiele<br />
Gorki<br />
Fausts Verdammnis<br />
AB 23. 2. Deutsche Oper<br />
Arien, Märsche, Sinfonien, Trinklieder, Tänze<br />
und Fugen-Parodien – Christian Spuck zieht bei<br />
seiner Inszenierung von Hector Berliosz’ „Fausts<br />
Ver dammnis“ alle Register. Sparten über greifen des<br />
Arbeiten zwischen Oper und Tanztheater ist die<br />
ganz persönliche Handschrift des Regisseurs,<br />
der in Stuttgart und Zürich als Ballettdirektor<br />
Karriere gemacht hat und nun zum ersten Mal<br />
in <strong>Berlin</strong> inszeniert. Berlioz hätte diese kreative<br />
Inter pre tation sicherlich begrüßt, tat er sich<br />
doch selbst schwer damit, sein Stück zwischen<br />
„konzertanter Oper“ und „dramatischer Legende“<br />
einzuordnen. Trotz dieser Vielseitigkeit leidet<br />
Faust am „Ennui“, einer beklemmenden Lange -<br />
weile und Lethargie. Auch das musikalischtheatralische<br />
Spektakel, mit dem sein Gegen -<br />
spieler Mephisto aufwartet, kann ihn nicht<br />
daraus befreien. Die musikalische Leitung hat<br />
Donald Runnicles.<br />
Tee im Harem<br />
des Archimedes<br />
AB 9. 2. Deutsches Theater, Kammerspiele<br />
Ein Schüler soll das „Theorem des Archimedes“<br />
im Mathematikunterricht erklären, versteht<br />
aller dings nur Bahnhof und kapiert nicht einmal<br />
den Wortlaut der Aufgabe, weswegen er<br />
von „Tee im Harem des Archimedes“ spricht.<br />
Der Clou ist, dass ebenjener Schüler am Ende<br />
zu Wohlstand kommt, als einziger aus der<br />
Klasse in der Pari ser Banlieu, zu wahrscheinlich<br />
kriminellem Wohl stand vielleicht, aber, hey:<br />
Geld! Mehdi Charefs Film „Tee im Harem des<br />
Archimedes“ traute sich 1985 an einen im<br />
französischen Kino damals undenkbaren<br />
Sozialrealismus, humorvoll, ultrarealistisch,<br />
warmherzig. Wenn die Bühnen fass ung am<br />
Deutschen Theater von Nuran David Calis<br />
inszeniert wird, dann ist das einerseits kon se -<br />
quent, andererseits aber auch so naheliegend,<br />
dass man diese Personalie nicht unbedingt gut<br />
finden muss: Calis hat als türkischstämmiger<br />
Ostwestfale einen vergleichbaren Migrations -<br />
hintergrund wie der algerischstämmige Franzose<br />
Charef, und Calis ist mittlerweile als Spezialist<br />
für die (keinesfalls ausschließlich negativen)<br />
Nachtseiten der multikulturellen Gesellschaft so<br />
etabliert in der deutschen Kulturszene wie<br />
Charef im Nachbarland.<br />
100° <strong>Berlin</strong><br />
20.–23. 2.<br />
HAU 1–3, Ballhaus Ost, Sophiensæle<br />
Schon wieder ein Jahr vorbei, und schon<br />
wieder haben wir unzähliche freie Theater auf -<br />
führun gen verpasst, bei denen doch so wichtig<br />
gewesen wäre, sie zu sehen! Zum Glück gibt es<br />
„100° <strong>Berlin</strong>“, das (mittlerweile elfte) lange<br />
Wochen ende des freien Theaters, bei dem die<br />
wichtigsten freien Gruppen der Stadt im Stunden -<br />
takt die freien Bühnen bespielen. Neben HAU<br />
und Sophiensælen ist 2014 erstmals auch das<br />
Ball haus Ost Ausrichter des mittlerweile fest im<br />
Theaterkalender verankerten Festivals, während<br />
sich der Charakter des Wochenendes von einer<br />
eher spröden Leistungsschau zu einem Hap pe -<br />
ning eigener Qualität entwickelt hat. Dazu passt,<br />
dass das Gesehene live in Blogs verarbei tet wird,<br />
dazu passt, dass ein Shuttleservice zwischen<br />
den Bühnen eingerichtet wurde, dazu passt<br />
auch ein Moderator wie Schorsch Kamerun, der<br />
zwar bei Licht betrachtet Ham bur ger ist und<br />
kein <strong>Berlin</strong>er, dafür aber der derzeit angesagtes te<br />
Grenzgänger zwischen Nacht leben und Theater,<br />
den man sich vorstellen kann.<br />
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