Der innovative Querdenker - akomag
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Präventio<br />
«Das hat mir zu denken gegeben»<br />
Kinderzahnärztin Dr. Nadja-Marina Kellerhoff-Kupferschmied muss oft Zahnsanierungen unter Vollnarkose vornehmen<br />
Die Kinderzahnärztin Dr. Nadja-MarinaKellerhoff-Kupferschmied<br />
und Prof. Dr. Adrian<br />
Lussi entwickelten CuraBaby,<br />
einen Beissring mit Massagebürste<br />
und Rassel für Kleinkinder.<br />
Sie erhielten dafür den<br />
Preis für Forschung und Entwicklung<br />
2004. Curaden bringt<br />
das Produkt jetzt auf den Markt.<br />
Frau Kellerhoff, was löste bei<br />
Ihnen die Idee aus, CuraBaby zu<br />
entwickeln?<br />
Als Kinderzahnärztin bin ich<br />
immer wieder mit Kleinkindern im<br />
Alter von 2 bis 5 Jahren konfrontiert,<br />
deren Gebiss in einem so<br />
desolaten Zustand ist, dass eine<br />
Sanierung einzig unter Vollnarkose<br />
möglich ist. Das hat mir zu denken<br />
gegeben.<br />
Was ist der Grund für diese<br />
Zahnschäden in so jungen Jahren?<br />
Viele Eltern haben Mühe, ihren<br />
Kindern das Zähneputzen anzugewöhnen,<br />
und immer wieder gibt es<br />
Eltern, die ihre Kleinen bei jeder<br />
Gelegenheit mit dem Fläschchen<br />
«ruhig stellen», sodass die Zähne<br />
buchstäblich in den Zuckerlösungen<br />
oder Säuren dieser Säfte baden<br />
– bis sie zerstört sind. Zudem stellte<br />
ich bei der Zahnpflege meiner<br />
eigenen Kinder fest, dass die<br />
erhältlichen Kinder-Zahnpflegeprodukte<br />
unbefriedigend sind. Ich<br />
suchte also etwas, das die Kinder<br />
auf spielerischem Weg dazu bringt,<br />
das Zähneputzen als etwas Normales<br />
zu akzeptieren.<br />
Wie sind Sie vorgegangen?<br />
Ich habe die Kinder beobachtet:<br />
Was nehmen sie in den Mund? Wie<br />
reagieren sie, wenn die ersten<br />
Milchzähne kommen? Da habe ich<br />
zum Beispiel gesehen, dass sie oft<br />
auf den Fingern herumkauen, das<br />
Zahnfleisch selber massieren und<br />
damit die natürlichen Prozesse<br />
gegen die Schmerzen während des<br />
Zahndurchbruchs unterstützen. Ich<br />
habe also nach Lösungen gesucht,<br />
die diesen Effekt ohne Medikamente<br />
verstärken.<br />
Und welches sind nun die Vorteile<br />
von CuraBaby?<br />
Im Alter von drei bis vier Monaten<br />
erkundet ein Kind seine Umwelt,<br />
indem es alles in den Mund nimmt.<br />
CuraBaby verfügt darum über eine<br />
Massagebürste: Später wird das<br />
Kind den Zahnbürstenkopf wiedererkennen<br />
und als etwas Bekanntes<br />
und Wohltuendes empfinden, und<br />
das Zähneputzen wird keine stressige<br />
Pflichtübung sein.<br />
Gleichzeitig massiert die Bürste<br />
das Zahnfleisch, fördert die Durchblutung<br />
und lindert damit die<br />
erwähnten Schmerzen. Dies er-<br />
möglicht, auf anästhesierende Zahnungs-Gels<br />
oder andere chemische<br />
Schmerzmittel weitgehend zu verzichten.<br />
Schliesslich hat CuraBaby<br />
einen Beissring, auf dem das Kind<br />
herumkauen kann: Er ist unterschiedlich<br />
genoppt, womit das<br />
Baby verschiedenste Oberflächen<br />
kennen lernt und in der Wahrnehmung<br />
gefördert wird. Schliesslich<br />
kombinierten wir das Ganze mit<br />
einer Rassel, gestalteten es farbig<br />
und ergänzten es dadurch mit<br />
einem spielerischen, visuellen und<br />
<strong>Der</strong> Beissring mit Massagebürste...<br />
...fördert die spielerische Annäherung ans Zähneputzen.<br />
akustischen Reiz. Auch dies fördert<br />
die Entwicklung.<br />
Haben Sie Tests durchgeführt?<br />
Wir haben CuraBaby in 28 europäischen<br />
Staaten fürs Patent angemeldet.<br />
Studien sind in Planung. In<br />
meinem Bekanntenkreis haben<br />
aber verschiedene Mütter Cura-<br />
Baby bereits angewendet: Keine<br />
einzige hatte später Probleme, ihr<br />
Kind an die Zahnbürste zu gewöhnen.<br />
Aber dies sind natürlich noch<br />
keine repräsentativen Daten.<br />
Was versprechen Sie sich, wenn<br />
CuraBaby auf den Markt<br />
kommt?<br />
Das Hauptziel ist die Reduktion<br />
von Karies. Den Eltern muss wieder<br />
bewusster werden, wie wichtig<br />
die Milchzähne sind! Letztlich geht<br />
es auch darum, die Zahl der umfangreichen<br />
Zahnsanierungen unter<br />
Vollnarkose zu senken. Ein kariös<br />
zerstörtes Gebiss kann ein Kind in<br />
seiner Entwicklung markant behindern.<br />
Auch verursacht der vorzeitige<br />
Milchzahnverlust oft langwieri-<br />
10<br />
ge und teure Zahnfehlstellungskorrekturen.<br />
Auch ein Abszess auf<br />
Grund kariöser Milchzähne ist<br />
trotz der heute möglichen Antibiotika-Therapie<br />
eine sehr ernst zu<br />
nehmende Erkrankung. Nicht zuletzt<br />
ist die Zahnprophylaxe bei<br />
Kindern ein gesundheitspolitischer<br />
und sozioökonomischer Faktor:<br />
Eine Gebisssanierung unter Vollnarkose<br />
kostet rund 3500 Franken.<br />
Allein an der Uni Bern führen wir<br />
jede Woche eine solche Gebisssanierung<br />
bei Kindern durch.<br />
Nadja-Marina Kellerhoff-<br />
Kupferschmied<br />
Nadja-Marina Kellerhoff-Kupferschmied<br />
ist zweifache Mutter<br />
und Kinderzahnärztin. Sie ist<br />
Oberärztin an der Abteilung für<br />
Kinderzahnmedizin der Universität<br />
Bern und führt seit drei<br />
Jahren in Freiburg eine eigene<br />
Kinderzahnarztpraxis innerhalb<br />
der Gemeinschaftspraxis mit<br />
ihrem Ehemann. Sie entwickelte<br />
auf eigene Initiative mit Cura-<br />
Baby ein Tool für Kleinkinder,<br />
das die Zahnpflege und natürliche<br />
Entwicklung erleichtert und<br />
fördert. In der Hoffnung, dass<br />
dereinst mehr Kinderzahnärzte<br />
ausgebildet werden können, hat<br />
sie ihre Erfindungsrechte an die<br />
Abteilung für Kinderzahnmedizin<br />
der Universität Bern abgetreten.