Programm Saison 2012/13 (PDF) - Berner Kammerorchester
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Wagner en miniature<br />
Wagner en miniature<br />
Freitag, 26. April 20<strong>13</strong><br />
19.30 Uhr Yehudi Menuhin Forum<br />
19.00 Uhr Konzerteinführung<br />
Philippe Bach<br />
Ursula Füri-Bernhard<br />
Leitung<br />
Sopran<br />
Richard Wagner aus Tristan und Isolde<br />
(18<strong>13</strong>-1883) - Vorspiel<br />
Andreas N. Tarkmann - Liebestod<br />
Bearbeiter<br />
Wesendonck-Lieder WWV 91<br />
1. Der Engel<br />
2. Stehe still!<br />
3. Im Treibhaus<br />
4. Schmerzen<br />
5. Träume<br />
aus Die Meistersinger von Nürnberg<br />
- Vorspiel 3. Akt<br />
aus Siegfried<br />
- Siegfrieds Waldweben<br />
Richard Wagner Siegfried-Idyll E-Dur WWV 103<br />
In abgrundtiefe Sehnsüchte taucht das BKO mit Richard Wagners<br />
musikalischen Artefakten. Unerfüllte Liebe – zwischen Mann und<br />
Frau oder auch zwischen Kind und Elternteil – ist der grösste<br />
Verlust, den der Mensch seit jeher erleben muss. Ein Auftauchen<br />
ist am Ende jedoch garantiert – steht das Siegfried-Idyll als Erlösung<br />
doch erfüllbarer Liebe da.<br />
Bereits vor der Uraufführung von Tristan und Isolde prophezeite Wagner<br />
seiner Geliebten Mathilde 1859 die enorme Resonanz, die die «Handlung»<br />
mit sich bringen würde: «Kind, dieser Tristan wird was furchtbares! Ich<br />
fürchte, die Oper wird verboten, nur mittelmässige Aufführungen können<br />
mich retten! Vollständig gute müssen die Leute verrückt machen.» Tatsächlich:<br />
Die suggestive Kraft des Werkes sollte das Schaffen vieler Komponisten,<br />
Philosophen und Literaten beeinflussen. Dabei steht die «Liebe<br />
als furchtbare Qual», als einzig innerer Seelenzustand im Mittelpunkt des<br />
Diskurses. Schon in den ersten Takten des Tristan-Vorspiels zeigt sich, dass<br />
ausschliesslich im Tod das Sehnen der unerfüllten und unerfüllbaren Liebe<br />
ein Ende findet, da die irdische Liebe durch die realen Bedingungen nicht<br />
existieren kann. Musikalischer Ausgangspunkt ist der berühmt-berüchtigte<br />
«Tristan-Akkord», der im Verlauf der Handlung leitmotivisch ausgearbeitet<br />
wird. Am Schluss stirbt Isolde als Konsequenz der Unerfüllbarkeit ihrer<br />
Sehnsucht den Liebestod, um in einer anderen Welt mit Tristan vereinigt<br />
zu sein.<br />
Die Wesendonck-Lieder sind die Vertonung Wagners von fünf Gedichten<br />
nach Mathilde von Wesendonck. Die Komposition entstand zeitgleich mit<br />
Tristan und Isolde; die zwei Lieder Im Treibhaus und Träume bezeichnete<br />
Wagner ausdrücklich als Studien zum Bühnenwerk. Sein Verhältnis zu Mathilde<br />
spielte dabei eine herausragende Rolle, denn sowohl Wagner als<br />
auch Mathilde waren zu diesem Zeitpunkt verheiratet, wodurch keine legitimierte<br />
Liebesbeziehung entstehen konnte: Es blieb bei einer gegenseitigen,<br />
unerfüllten Sehnsucht. So durchdringen tief empfundener Schmerz<br />
und ersehnte Erlösung den Liederzyklus, der ursprünglich für Klavier und<br />
Sopran geschrieben wurde. Im Verlauf des letzten Jahrhunderts wurden die<br />
Lieder unterschiedlich arrangiert. Das BKO spielt die Version von Andreas N.<br />
Tarkmann, die 2003 zur Uraufführung kam.<br />
Der Dreh- und Angelpunkt der Meistersinger von Nürnberg ist folgender:<br />
Tochter Eva soll verheiratet werden, wobei der «Richtige» durch eine Prüfung<br />
auserkoren wird. Er muss das bevorstehende Wettsingen gewinnen.<br />
Natürlich buhlen mehrere Anwärter um die Tochter des reichen Goldschmiedes,<br />
darunter Schuster Sachs. Aufgrund seiner Loyalität gegenüber<br />
dem jungen Ritter Stolzing verzichtet der angesehene Meistersinger auf<br />
die Zuneigung zu Eva und verhilft ihm stattdessen mit einem Preislied zum<br />
Sieg. Das Vorspiel zum 3. Akt, welches laut Wagner mit «einer weichen, tief<br />
melancholischen Passage [...] den Charakter grösster Resignation trägt»,<br />
schildert diesen Entsagungsprozess auf tiefgreifende Weise.<br />
Der Protagonist Siegfried aus der gleichnamigen Oper befindet sich während<br />
der Waldweben-Szene in einem tiefen Wald und sinniert über seine<br />
unbekannte Herkunft. Dabei wird er von den Klängen des Waldes um ihn<br />
herum verzaubert. Die idyllische, zarte und teilweise auch sehnsüchtige<br />
Musik porträtiert mit Flöte, Oboe und Klarinette naturnahe Vogelgesänge.<br />
Der in der Oper stattfindende Drachenkampf während dieser Szene wird<br />
in der Orchesterfassung ausgeblendet. Ein hinzukommendes Glockenspiel<br />
symbolisiert eine neue Dimension des Vogelgesangs, denn Siegfried ist<br />
nach dem Kampf in der Lage, die Vögel zu verstehen.<br />
Wagner widmete seiner treu ergebenen Cosima ein Jahr nach der Geburt<br />
des gemeinsamen Sohnes Siegfried das Siegfried-Idyll. Das Werk wurde in<br />
kleiner Besetzung an Cosimas 33. Geburtstag 1870 «als symphonischer<br />
Geburtstagsgruss» in Wagners Landhaus Tribschen bei Luzern uraufgeführt.<br />
Die Sinfonische Dichtung «en miniature» weist Verbindungen zur<br />
Oper Siegfried auf und ist zugleich ein verhalten-poetisches Tongemälde<br />
– ein Ruhepol in Wagners turbulentem Leben.<br />
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