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MENSCHENRECHTSJAHR '98<br />
EINE REPLIK<br />
Das Jahr ist um - die<br />
Arbeit geht weiter<br />
Österreich ische Nichtregierungsorganisationen und das<br />
Menschen<strong>recht</strong>sjahr 1998<br />
VON MARION WISINGER<br />
Etwas tun, etwas tun in der Höhe, der Tiefe.<br />
Etwas, auf Erden. (Paul Celan)<br />
Ein abschließendes Resümee der Arbeit<br />
eines Jubiläumsjahres zu ziehen, ist undankbar.<br />
Ein Resümee von Menschen<strong>recht</strong>sarbeit<br />
zu ziehen, ist fast unmöglich. Denn<br />
nichts ist schwieriger evaluierbar als die Arbeit<br />
an politischen Strukturen, die offensichtliche,<br />
alltägliche Menschen<strong>recht</strong>sverletzungen<br />
institutionell tolerieren und entschuldigen,<br />
sie unter dem vielzitierten Deckmantel<br />
"vereinzelter menschlicher Fehlleistungen"<br />
verdrängen möchten. Das jüngst<br />
vorübergegangene Menschen<strong>recht</strong>sjahr ist jedoch<br />
trotz aller oberflächlicher Nutzbarmachung<br />
durch politisch Verantwortliche eine<br />
wichtige Episode gewesen. Einiges wurde erreicht,<br />
und etwas ist nicht geschehen: Daß die<br />
NGOs, wie etwa nach dem UN-Jahr gegen<br />
38<br />
Rassismus, frustriert zurückbleiben, wenn<br />
die Jubiläumsmillionen nach einem Jahr versickern.<br />
Die Menschen<strong>recht</strong>sarbeit in Österreich<br />
wird auf allen Ebenen verstärkt weitergehen,<br />
wir haben viel dazugelernt.<br />
Die NGOs sind gut vorbereitet in dieses<br />
Jahr 1998 gegangen. Bereits Monate zuvor<br />
hat sich eine Gruppe von NGOs die Aufgabe<br />
gestellt, einen Forderungskatalog zu erarbeiten.<br />
Der trocken klingende Titel, "Forderungskatalog<br />
österreichischer nichtstaatlicher<br />
Organisationen zur strukturellen Verankerung<br />
der Menschen<strong>recht</strong>e in Österreich",<br />
barg eine Anzahl innovativer Punkte, deren<br />
auf den ersten Blick unspektakuläres Ziel es<br />
ist, auf allen Ebenen der Politik Defizite bei<br />
der Umsetzung internationaler menschen<strong>recht</strong>licher<br />
Standards zu orten und Verbesserungsvorschläge<br />
zu präsentieren. Denn,<br />
so meinen die NGOs, Bundesregierung, Parlament,<br />
Länder, Gemeinden und die politischen<br />
Parteien haben es bisher verabsäumt,<br />
die Menschen<strong>recht</strong>e systematisch als Orientierungslinie<br />
allen politischen Handels zu<br />
entwickeln. Besonders genannt sind erhebliche<br />
Defizite im Bereich des Asyl- und Fremden<strong>recht</strong>s,<br />
des Minderheitenschutzes, der<br />
Frauen<strong>recht</strong>e, der Rechte gleichgeschlechtlich<br />
Liebender, aber auch der Rechte von<br />
Kindern und Jugendlichen. Daher sollten die<br />
Rahmenbedingungen für eine menschlichere<br />
Politik auf allen Ebenen der politischen Entscheidungsfindung<br />
anhand dieses Forderungskatalogs<br />
verändert werden. Taugliche<br />
Instrumente wären ein regelmäßig erstellter<br />
Menschen<strong>recht</strong>sbericht der Regierung und<br />
ein Menschen<strong>recht</strong>sausschuß im Parlament.<br />
Überdies sollte das anläßlich des Menschen<strong>recht</strong>sjahres<br />
von der Bundesregierung eingerichtete<br />
Nationalkomiteefur Menschen<strong>recht</strong>e<br />
institutionalisiert werden. Auch Menschen<strong>recht</strong>skoordinatorInnen<br />
in den Bundesministerien,<br />
die Einrichtung und Stärkung<br />
von Menschen<strong>recht</strong>ssprecherInnen in den<br />
Parteien, Interessensvertretungen und Gewerkschaften,<br />
sowie ein nationaler Aktionsplan<br />
zur Umsetzung der Ziele der Wiener<br />
Weltmenschen<strong>recht</strong>skonferenz 1993, sind<br />
wesentliche Forderungen des Katalogs. In<br />
seinem zweiten Teil setzt er sich auch mit der<br />
außenpolitischen Perspektive auseinander. So<br />
soll die Bundesregierung dem Parlament<br />
über die menschen<strong>recht</strong>liche Orientierung<br />
der Außenpolitik berichten, und darauf achten,<br />
daß die österreichische Außenhandelsund<br />
Entwicklungspolitik zur Verwirklichung<br />
der Menschenrechre beiträgt. Die Europäische<br />
Union sollte grundsätzlich auf menschen<strong>recht</strong>liche<br />
Auswirkungen ihrer Politik<br />
achten und Inkohärenz und Widersprüche<br />
ihrer Maßnahmen vermeiden, sowie der Europäischen<br />
Menschen<strong>recht</strong>skonvention beitreten.<br />
So bedeutete der Forderungskatalog,<br />
der von zahlreichen Organisationen unterschrieben<br />
wurde, eine wertvolle Argumentationshilfe<br />
in diesem Menschen<strong>recht</strong>sjahr. Das<br />
Besondere der gemeinsamen Bemühungen<br />
war, daß NGOs verschiedenster Provenienz,<br />
thematisch weit gestreut, hinter diesen Forderungen<br />
standen. Denn verbesserte Strukturen,<br />
wo Menschen<strong>recht</strong>e gezielt eingefordert<br />
werden können, dienen allen NGOs<br />
gleichermaßen.<br />
Was nun noch fehlte, war eine koordinierte<br />
Vorgehensweise und Vernetzung von<br />
NGOs zur Umsetzung ihrer Forderungen.<br />
Die Bundesregierung hatte die Finanzierung<br />
von Aktivitäten und Projekten in Rahmen<br />
des Menschen<strong>recht</strong>sjahres zugesagt, und so<br />
Juridikum 1/99