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Download - juridikum, zeitschrift für kritik | recht | gesellschaft

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ZEITDOKUMENT<br />

Diskriminierungsschutz für Lesben und Schwule?<br />

Der zweite Rechtsgang<br />

In Juridikum 3/98 dokumentierten wir das empörende Urteil des Linzer<br />

Richters Klaus-Peter Bittmann im Verfahren wegen übler Nachrede und<br />

Beleidigung gegen Kurt Dieman und dessen homophobe Hetzschrift. Der<br />

Richter reagierte auf die heftige Kritik, die sein Urteil ausgelöst hatte, mit<br />

einem Beschluß, der einen Teil der angegriffenen Urteilspassagen ersatzlos<br />

entfallen ließ. Außerdem erhoben die 44 PrivatanklägerInnen Berufung, und<br />

bekamen Recht. Das Urteil wurde vom Oberlandesgericht aufgehoben und zu<br />

neuerlicher Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht zurückverwiesen.<br />

Wir möchten Ihnen den Beschluß des Richters Bittmann und Auszüge<br />

aus dem durchaus erfreulichen Berufungsurteil in diesem auch <strong>recht</strong>lich sehr<br />

spannenden und wichtigen Prozeß nicht vorenthalten. Richter Bittmann hat<br />

übrigens für den neuerlich erforderlichen Rechtsgang seine<br />

Ausgeschlossenheit angezeigt.<br />

"Landesgericht UNZ<br />

BESCHLUSS:<br />

24 EVr 2326/97<br />

24 EHv 159/97<br />

Medien<strong>recht</strong>ssache der PrivatanklägerInnen<br />

und AntragstellerInnen Günter Tolar und<br />

andere gegen Kurt DIEMAN, geborener<br />

Dichtl, geboren am 9.7.1923 in Wien, öster~<br />

reichischer Staatsbürger, Pensionist und<br />

Schriftsteller wegen des Vergehens der Beleidigung<br />

nach § 115 StGB und die Medieninhaberin<br />

und Antragsgegnerin Albert Engelmann<br />

GesmbH wegen Zahlung einer Entschädigung<br />

nach §§ 6, 7 MedienG.<br />

Die schriftliche Ausfertigung des Urteils<br />

des Landesgerichtes Linz vom 13.7.1998,<br />

24 EVr 2326/997 -27, wird dem am 13.7.1998<br />

in der vorliegenden Medien<strong>recht</strong>ssache verkündeten<br />

Urteil dahingehend<br />

angeglichen,<br />

daß die Textpassage von Urteilsseite 14<br />

(Aktenseite 261), 3. Zeile (,darüber hinaus<br />

... ') bis Urteilsseite 15 (Aktenseite 263),17.<br />

Zeile (, ... Lesbizismus')<br />

ersatzlos zu entfallen hat.<br />

Begründung:<br />

Mit der im Spruch näher bezeichneten<br />

Textstelle in der schriftlichen Urteilsausfertigung<br />

wurde im wesentlichen wörtlich ein<br />

Originalzitat des Sexualwissenschaftlers Prof<br />

Ernest Borneman al1S dem wissenschaf~lichen<br />

Nachschlagewerk ,Lexikon der Liebec~JSeite<br />

584 und 585 wiedergegeben. Dieses Zitat sollte<br />

die <strong>recht</strong>liche Beurteilung, die Homosexuellen<br />

seien ein großes Kollektiv und daher ein<br />

Mitglied dieses Kollektivs nicht persönlich anklage<br />

be<strong>recht</strong>igt, untermauern.<br />

6<br />

Nach einer Presseaussendung von Dr.<br />

Wolfgang Aistleitner, Richter des Oberlandesgerichtes<br />

Linz, stehe dieser Erklärungsansatz<br />

,außerhalb jeglichen Diskussionsrahmens,<br />

in dem sich die Justiz themenspeziJisch<br />

bewegt. Er ist in einem Maß vereinzelt und<br />

isoliert, daß er in Wahrheit nicht als Bestandteil<br />

österreichischer Rechtsprechung angesehen<br />

werden kann. '<br />

In der mündlichen Urteilsbegründung<br />

vom 13.7.1998 wurde dieser Erklärungsansatz<br />

Prof Ernest Bornemans allerdings nicht<br />

gebraucht.<br />

Ein mit dem mündlich verkündeten Urteil<br />

nicht übereinstimmendes schriftliches Urteil<br />

kann berichtigt werden (OGH 15.5.1997,15<br />

O.S. 61/97, Richterzeitung 1998, Nr. 9).<br />

In diesem Sinne ist daher spruchgemäß zu<br />

entscheiden.<br />

Landesgericht Linz, Abteilung 24,<br />

am 18.9.1998<br />

Dr. Klaus-Peter Bittmann"<br />

"REPUBLIK ÖSTERREICH<br />

Oberlandesgericht Linz<br />

IM NAMEN DER REPUBLIK<br />

8 Bs 355/98<br />

Das Oberlandesgericht Linz hat durch die<br />

Richter Dr. Fischer als Vorsitzenden, Dr. Astleitner<br />

und Dr. Schütz, im Beisein der Schriftführerin<br />

Rp. Dr. Kratochwill, in der Privatanklagesache<br />

des Günter Tolar und weiterer<br />

42 Privatankläger gegen Kurt Dieman wegen<br />

des Vergehens der üblichen Nachrede nach<br />

§ 111 Abs. 1 und 2 ~tGB und/oder des Vergehens<br />

der Beleidigung nach § 115 Abs. 1 StGB<br />

über die Berufungen sämtlicher (43) Privatankläger<br />

wegen Nichtigkeit und Schuld gegen<br />

das Urteil des Einzelrichters des LG Linz<br />

vom 13.7.1998, 24E Vr 2326/97-27, in<br />

nichtöffentlicher Sitzung entschieden:<br />

Den Berufungen wird Folge gegeben, das<br />

angefochtene Urteil in seinem den Angeklagten<br />

Kurt Dieman freisprechenden Teil aufgehoben<br />

und die Sache in diesem Umfang zu<br />

neuerlicher Verhandlung und Entscheidung<br />

an das LG zurückverwiesen.<br />

Entscheidungsgründe:<br />

Mit dem <strong>recht</strong>smittelrelevanten Teil der<br />

angefochtenen Entscheidung wurde Kurt<br />

Dieman von der ,wider ihn erhobenen Anklage,<br />

er habe durch die Verfassung des Artikels<br />

mit der Überschrift Diemans Orientierung<br />

in der Zeitschrift der 13. vom 13.11.1997<br />

auf den Seiten 7 bis 9 diese (privatanklagenden)<br />

Personen öffentlich beschimpft', gem.<br />

§ 259 Z 3 StPO - kostenpflichtig für die Privatankläger<br />

- freigesprochen.<br />

Dagegen wenden sich die Berufungen von<br />

. 43 namentlich genannten Privatanklägern<br />

(worunter der Einfachheit halber auch Privatanklägerinnen<br />

zu verstehen sind) wegen<br />

Nichtigkeit sowie mit reiner Beweisrüge. Die<br />

Berufungen sind, soweit sie die Kassierung<br />

der angefochtenen Entscheidungen zum<br />

Zwecks der Verfahrenserneuerunganstreben,<br />

be<strong>recht</strong>igt. "<br />

Auszüge aus der Argumentation des<br />

Oberlandesgerichtes Linz:<br />

"Mit der auf § 281 Abs. 1 Z 9lit. a StPO gestützen<br />

Rechtsrüge greifen die Privatankläger<br />

jedoch jenen Fehler auf, der dem freisprechenden<br />

Urteil in der Tat anhaftet: den die<br />

bisher gegebenen Argumente für die Nichterkennbarkeit<br />

der einielnen Privat ankläger<br />

- im Ersturteil abgehandelt unter dem Prätext<br />

des Problems der Kollektivbeleidigung -<br />

tragen den Freispruch nicht.<br />

Die wesentlichen -:- immer noch gültigen­<br />

Kriterien für die anstehende Lösung gibt Foregger<br />

im Wiener Kommentar (Vorbemerkungen<br />

zu § 111, Rz 15) instruktiv und treffend<br />

wider: für die passive Beleidigungsfähigkeit<br />

kommen vor allem kleine Kollektive<br />

in Betracht, wozu etwa auch kleine Vereine<br />

oder andere, unter einer gemeinsamen Bezeichnung<br />

aufscheinende Gruppe~ zählen.<br />

Auch bei einem großen Kollektiv ist die Aktivlegitimation<br />

(zur Anklage) des einzelnen<br />

Angehörigen dieses Kollektivs nicht vorweg<br />

ausgeschlossen. Wenn nach den Umständen<br />

des Einzelfalles eine oder mehrere bestimmte<br />

einzelne Personen erkennbar betroffen<br />

sind, so sind auch diese klagsbe<strong>recht</strong>igt. Bei<br />

einer umfassenden Sammelbezeichnung muß<br />

regelmäßig nach Personen, die der Täter beleidigen<br />

wollte, und solchen, die er nicht be-<br />

Juridikum 1/99

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