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Erika Saucke Fernsehredakteurin a.D. im Gespräch mit Dr. Ernst ...

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schon nicht mehr 'Tante' nennen lassen?" Ich will nicht zu sehr darauf<br />

herumreiten, aber das zeigt doch, dass manche Dinge, die bereits<br />

durchgesetzt schienen, auch wieder vergessen werden. Wenn einer z. B.<br />

zum ersten Mal etwas gemacht hat – und das geht ja querbeet durch unser<br />

Gesellschaftsleben –, dann wird das auch oft wieder vergessen. Fröbel war<br />

z. B. der Erste, der sich um die Kleinkindererziehung bemüht hat. Wenn<br />

man diesen Namen dann aber in den siebziger Jahren nannte, als diese<br />

Kinderläden usw. entstanden, fielen die jungen Leute regelrecht vom Stuhl<br />

und riefen: "Fröbel, um Gottes willen, das ist doch das Altmodischste<br />

überhaupt!"<br />

Emrich: In diesen siebziger Jahren hat es dann ja auch diese Welle der<br />

antiautoritären Erziehung gegeben: Da wurde manches gut gemeint, aber<br />

auch vieles völlig missverstanden. Denn <strong>im</strong> Grunde genommen war das<br />

nämlich häufig nur noch eine autoritätslose Erziehung. So konnte es aber<br />

eben auch nicht gehen. Haben Sie denn einen Tipp für Eltern <strong>im</strong> Hinblick<br />

auf die Kindererziehung - nicht für Ihre Nachfolgerinnen als Erzieherinnen,<br />

sondern konkret für Eltern, die <strong>mit</strong> Kindern leben? Denn manche Eltern<br />

stöhnen heute ja darüber, dass die Kinder oft zu frei sind. Die Großeltern<br />

sagen dann <strong>im</strong>mer: "Um Gottes Willen, zu unserer Zeit hätten wir das alles<br />

aber nicht machen dürfen!" Wie findet man in der Erziehung diese Balance<br />

zwischen Freiheit und Ordnung, in die sich Kinder eben auch einfügen<br />

müssen?<br />

<strong>Saucke</strong>: Ich finde das ganz schwierig zu sagen, weil das ja <strong>im</strong>mer auf die einzelnen<br />

Kinder selbst ankommt. Ich konnte <strong>im</strong>mer dann am besten Ratschläge<br />

geben, wenn ich <strong>mit</strong> konkreten Situationen konfrontiert war. Mir fiel vor der<br />

Sendung dazu noch ein Beispiel ein, das in einem Buch eines Professors<br />

Soundso vorkommt. Dieses Buch hieß damals "Kinder fordern uns heraus".<br />

Das Beispiel geht so: Ein Kind zappelt permanent und wirft dabei eines<br />

Tages eine Blumenvase um. Die Tischdecke ist nass geworden, die<br />

Blumen liegen auf dem Boden usw. Die Mutter gibt in der Situation dem<br />

Kind ganz spontan eine Ohrfeige. Das Wesentliche dabei ist, dass die<br />

Mutter will, dass nun aufgeräumt und sauber gemacht wird. Das Kind ist in<br />

einem solchen Moment jedoch völlig blockiert. Wenn die Mutter jedoch die<br />

Geduld hätte zu sagen, "Um Gottes willen, be<strong>im</strong> nächsten Mal passt du<br />

aber besser auf!", dann wäre das natürlich viel besser. Sie könnte dann zu<br />

dem Kind sagen: "Komm, jetzt lass uns den Schaden begrenzen. Du holst<br />

schnell einen Lappen, während ich die Tischdecke wegnehme!" Mit dieser<br />

Methode wäre das Kind nämlich nicht blockiert, sondern könnte den<br />

Anweisungen der Mutter durchaus folgen. Ich fand jedenfalls <strong>im</strong>mer, dass<br />

kleine Kinder die Sicherheit haben müssen, geschützt zu sein, und dass sie<br />

gehört werden müssen. Denn selbst so ein kleiner Winzling hat, kaum dass<br />

er sprechen gelernt hat, uns bereits etwas zu sagen. Wenn man aber dem<br />

Kind <strong>im</strong>mer nur sagt, es solle den Mund halten, dann wird man in der<br />

Erziehung nicht weit kommen. Eine Mutter, die selbst auch einmal<br />

Erzieherin war, sagte mir aber vor kurzem mal: "Die Kinder sind heutzutage<br />

doch sehr viel schwieriger zu erziehen, weil so wahnsinnig viel auf sie<br />

einstürmt." Da gibt es ja nicht nur das Fernsehen. Als wir damals anfingen<br />

bzw. als ich damals zu Ihnen ins Familienprogramm kam, hat man genau<br />

aus dem Grund eben noch empfohlen – genau so, wie das der Günter<br />

Jauch erzählt hat –, dass die Kinder nur das Kinderfernsehen ansehen<br />

sollen. Bei den anderen Sendungen sollte man die Kinder dann eben vom<br />

Fernseher wegholen. Ich kann mich <strong>im</strong> Hinblick auf diese damalige Zeit<br />

noch an eine junge Mutter <strong>mit</strong> vier sehr kräftigen Buben erinnern. Sie sagte<br />

mir damals: "Das hilft mir alles gar nicht. Ich setze sie halt doch auch sonst<br />

vor den Fernseher!" Der Fernseher war eben in der Situation so etwas wie<br />

ein Babysitter. Ich fürchte, dass das heute noch <strong>im</strong>mer sehr häufig der Fall<br />

ist: Man lässt die Kinder <strong>im</strong>mer noch aus diesem Grund viel zu viel<br />

Fernsehen ansehen. Man müsste das also begrenzen. Man sollte dabei

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