Die Existenz in der Polarität und ihre Bedeutung

Insel auf dem unabsehbaren, eigentlich die ganze Welt umfassenden
grenzenlosen Meer des Unbewußten".56 In der Mitte dieser Insel
befindet sich unser Ich, welches umgeben und getragen wird vom
Bewußtsein, jener Seite der Psyche, die besonders bei uns westlichen
Menschen vor allem an die Anpassung an die "äußerliche Wirklichkeit"
eingestellt ist.
Abb. 3
Die Inhalte des persönlichen Unbewußten sind in der Hauptsache die
sogenannten gefühlsbetonten Komplexe, welche die persönliche Intimität
des seelischen Lebens ausmachen. Die Komplexe definiert Jung als
abgesprengte seelische Persönlichkeitsteile, Gruppen von psychischen
Inhalten, die sich vom Bewußtsein abgetrennt haben, willkürlich und
autonom funktionieren, also "ein Sonderdasein in der dunklen Sphäre
des Unbewußten führen, von wo aus sie jederzeit bewußte Leistungen
hemmen oder fördern können". 57 Weiter enthält diese Schicht Inhalte,
die zurückgestellt wurden, da unser Bewußtsein nur wenige gleichzeitig
fassen kann. Sie können jedoch wieder ins Bewußtsein aufgenommen
werden. Sie beinhaltet auch Situationen und Zustände, die wir
vergessen haben, am Rande Wahrgenommenes, Gedachtes, oder Gefühltes.
Die Schicht des kollektiven Unbewußten entstammt nicht mehr
persönlicher Erfahrung und Erwerbung, sondern ist "angeboren". Es hat
im Gegensatz zur persönlichen Psyche, Inhalte und Verhaltensweisen,
welche in allen Individuen gleich sind. 58 Die Inhalte des kollektiven
Unbewußten sind die sogenannten Archetypen. Bei den Archetypen handelt
es sich nach Jung um altertümliche oder - besser noch - um urtümliche
Typen, das heißt, seit alters vorhandene allgemeine Bilder. Es sind
Bilder aus Mythen und Märchen, aus Religion und Mysterien, spezifisch
geprägte Formen, welche durch lange Zeiträume übermittelt wurden, so
wie die des Zauberers, des Drachens, der Schlange, des alten Mannes,
des bösen Geistes, der guten Fee u.s.w. Diese Formen, dieser Bilder
tragen Symbolcharakter und ohne weiteres läßt sich das eine Bild gegen
das andere austauschen, wie ja auch in unseren Träumen ein Austausch
stattfindet und unser Auto sich in ein Boot oder unser Badewasser sich
in ein stürmisches Meer verwandeln kann.
Durch das kollektive Unbewußte steht der Einzelmensch, ohne dessen
inne zu werden, mit der gesamten Menschheit in Verbindung. Die
Schranken, die ihm durch die Begrenztheit seiner Sinne gesetzt sind,
hier spielen sie keine Rolle. Das kollektive Unbewußte, sagt Jung,
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