Die Existenz in der Polarität und ihre Bedeutung
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"Der Psychiater G.A. Young bemerkt dazu: `Dabei macht man sich<br />
ger<strong>in</strong>ger, als man ist, <strong>und</strong> die Umwelt größer, als sie ist'. Der<br />
Entfremdungsprozeß führt dazu, daß wir mit unserer eigenen Energie auf<br />
uns selbst e<strong>in</strong>schlagen, o<strong>der</strong> um es mit Fre<strong>der</strong>ick Perls Worten zu<br />
sagen: `Sobald wir irgende<strong>in</strong> Potential projizieren, wendet sich dieses<br />
Potential gegen uns' ". 64 <strong>Die</strong> Umwelt verhält sich wie e<strong>in</strong> Spiegel, <strong>in</strong><br />
dem wir immer nur uns selbst sehen, allerd<strong>in</strong>gs auch <strong>und</strong> beson<strong>der</strong>s<br />
unseren Schatten.<br />
Thorwald Dethlefsen schreibt dazu: "Der Mensch beschäftigt sich am<br />
meisten mit dem, was er nicht will. Dabei nähert er sich dem<br />
abgelehnten Pr<strong>in</strong>zip so weit an, daß er es schließlich selbst lebt"<br />
[...]. "Nach diesem Gesetz nehmen K<strong>in</strong><strong>der</strong> später die Verhaltensweisen<br />
an, die ihnen bei <strong>ihre</strong>n Eltern so verhaßt waren, werden Kriegsgegner<br />
mit <strong>der</strong> Zeit militant, Moralisten ausschweifend <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsapostel<br />
schwer krank. Man sollte nicht übersehen, daß auch Ablehnung <strong>und</strong> Kampf<br />
letztlich H<strong>in</strong>wendung <strong>und</strong> Beschäftigung bedeuten. Im selben S<strong>in</strong>ne weist<br />
auch die strikte Vermeidung e<strong>in</strong>es Wirklichkeitsbereiches darauf h<strong>in</strong>,<br />
daß e<strong>in</strong> Mensch hiermit e<strong>in</strong> Problem hat. <strong>Die</strong> <strong>in</strong>teressanten <strong>und</strong><br />
wichtigen Bereiche s<strong>in</strong>d diejenigen, welche er bekämpft <strong>und</strong> vermeidet,<br />
- denn sie fehlen ihm <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Bewußtse<strong>in</strong> <strong>und</strong> machen ihn unheil.<br />
E<strong>in</strong>en Menschen können alle<strong>in</strong> die Pr<strong>in</strong>zipien im Außen stören, die er<br />
bei sich selbst nicht <strong>in</strong>tegriert hat". 65<br />
7 Folgen für das Individuum<br />
7.1 Schatten macht krank<br />
"Jungs Vorstellungen von <strong>der</strong> menschlichen Psyche führten ihn zu e<strong>in</strong>er<br />
Auffassung <strong>der</strong> psychischen Erkrankungen, die <strong>in</strong> den vergangenen Jahren<br />
die Psychotherapeuten stark bee<strong>in</strong>flußt hat. Für ihn war die Psyche e<strong>in</strong><br />
sich selbst regulierendes, o<strong>der</strong> wie wir heute sagen würden, e<strong>in</strong><br />
selbstorganisierendes System. Dementsprechend betrachtete er Neurosen<br />
als e<strong>in</strong>en Vorgang, mittels dessen dieses System versucht, verschiedene<br />
Störungen zu überw<strong>in</strong>den, die es daran h<strong>in</strong><strong>der</strong>n, als <strong>in</strong>tegriertes Ganzes<br />
zu funktionieren". 66 Ganz allgeme<strong>in</strong> kann gesagt werden, daß <strong>der</strong> Mensch,<br />
<strong>der</strong> sich mit dem e<strong>in</strong>en Pol e<strong>in</strong>es Gegensatzes identifiziert <strong>und</strong> damit<br />
den Gegenpol ablehnt, leugnet <strong>und</strong> verdrängt, e<strong>in</strong>er Spaltung verfällt,<br />
die e<strong>in</strong>e Störung des psychischen Zustandes bedeutet. Auch die<br />
psychosomatischen Erkrankungen beruhen im wesentlichen auf dieser<br />
Spaltung.<br />
<strong>Die</strong> Dase<strong>in</strong>sanalyse von Boss legt den Akzent darauf, daß nicht<br />
<strong>in</strong>nerseelische Triebe, son<strong>der</strong>n eher Wirklichkeitsbereiche verdrängt<br />
werden, die aus lebensgeschichtlichen Gründen <strong>und</strong> <strong>in</strong>folge von<br />
„Ichschwäche“ nicht assimiliert werden können. Der Verdrängungs<strong>in</strong>halt<br />
ist so furchterregend, daß das man gar nicht h<strong>in</strong>zublicken mag. Nun<br />
gibt es aber bei zahlreichen Menschen e<strong>in</strong>e so starke Berührungsscheu,<br />
daß das "Nicht mehr H<strong>in</strong>sehen" nicht ausreicht, - denn von allen Seiten<br />
drängt die Realität an den Verdränger heran, will sich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />
Bewußtse<strong>in</strong> Raum verschaffen. So kommt es allenfalls zu e<strong>in</strong>em zweiten<br />
Verdrängungsschub, <strong>und</strong> das bereits psychisch verdrängte wird noch<br />
weiter <strong>in</strong> den Leib abgedrängt. Mitscherlich spricht <strong>in</strong> diesem<br />
Zusammenhang von <strong>der</strong> zweiphasigen Verdrängung; diese läßt die<br />
psychosomatische Symptomwelt entstehen. 67<br />
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