28.04.2014 Aufrufe

Fußball live und für alle - MS und Ich

Fußball live und für alle - MS und Ich

Fußball live und für alle - MS und Ich

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Nr. 16 – Dezember 2013<br />

Menschen<br />

++ Im Interview: <strong>MS</strong>-Patientin Christine Heller* <strong>und</strong> ihr Mann Sven Heller* ++<br />

„Gegen uns hat die <strong>MS</strong> keine Chance“<br />

Multiple Sklerose kann die Partnerschaft<br />

auf eine harte Probe stellen.<br />

Denn die Erkrankung bringt häufig<br />

Probleme <strong>und</strong> Veränderungen mit<br />

sich, die das Zusammenleben <strong>und</strong> den<br />

Lebensplan von Paaren gr<strong>und</strong>legend<br />

durcheinander bringen können. Aber<br />

auch der Alltag wird durch die Krankheit<br />

stark beeinflusst. So kommt es<br />

nicht selten vor, dass vertraute Abläufe<br />

auf den Kopf gestellt werden <strong>und</strong><br />

sich neue Gewohnheiten erst einspielen<br />

müssen. Wie man die Herausforderung<br />

<strong>MS</strong> gemeinsam meistern kann,<br />

zeigen Christine <strong>und</strong> Sven Heller*.<br />

Christine Heller erhielt im Dezember<br />

2006 die Diagnose. Seitdem haben<br />

sich beide fest vorgenommen, der <strong>MS</strong><br />

als Paar zu trotzen.<br />

Frau Heller, wie haben Sie sich gefühlt,<br />

als Sie Ihre Diagnose erhalten<br />

haben?<br />

Das erste, was mir durch den Kopf geschossen<br />

ist, war: Jetzt kann ich nicht<br />

mehr Skifahren. Und erst im Anschluss<br />

kam der eigentliche Schock. <strong>Ich</strong> bin<br />

dann aus dem Krankenhaus raus <strong>und</strong><br />

habe meinen Mann angerufen. Dabei<br />

habe ich die ganze Zeit eigentlich nur<br />

geweint. Er ist gleich von der Arbeit<br />

nach Hause gekommen. Wir beide<br />

mussten uns erst einmal sammeln.<br />

Herr Heller, wie haben Sie auf die<br />

Diagnose Ihrer Frau reagiert?<br />

Also <strong>für</strong> mich war das ein richtiger<br />

Schlag. Denn mit so etwas hatte ich<br />

überhaupt nicht gerechnet. Meine Frau<br />

war eigentlich ins Krankenhaus gegangen,<br />

um sich an der Leiste operieren zu<br />

lassen, ein kleiner Routineeingriff. Man<br />

hatte ihr nach der OP erklärt, dass ihre<br />

Beine noch eine Zeit lang taub bleiben<br />

könnten, was bei ihr auch eintrat. Nur<br />

hielt der Zustand viel länger an als gewöhnlich.<br />

Da denkt man natürlich erst<br />

einmal, dass etwas bei der OP schief<br />

gelaufen ist. Aber dass es sich bei der<br />

Taubheit um ein erstes Symptom einer<br />

Autoimmunerkrankung handelt, damit<br />

habe ich auf keinen Fall gerechnet.<br />

»Unseren Lebenstraum<br />

haben wir .<br />

nicht aufgegeben.«<br />

Frau Heller, hat sich die Diagnose sehr<br />

stark auf Ihre gemeinsame Lebensplanung<br />

ausgewirkt?<br />

Im Nachhinein gesehen: eigentlich<br />

nicht. Das einzige, was sich geändert<br />

hat, war, dass wir nicht mehr über ein<br />

zweites Kind nachgedacht haben. Unseren<br />

Lebenstraum, uns irgendwann<br />

ein Wohnmobil zu kaufen <strong>und</strong> durch<br />

die Lande zu ziehen, haben wir aber<br />

nicht aufgegeben. Denn in der Reha<br />

habe ich erfahren, dass es <strong>für</strong> den Fall<br />

der Fälle Hebebühnen <strong>für</strong> verschiedene<br />

Fahrzeugtypen gibt. Natürlich hat<br />

mir auch die Unterstützung meines<br />

Mannes geholfen, an unserem Traum<br />

festzuhalten. Denn er denkt bei jeder<br />

möglichen Barriere mit, wie man sie<br />

aus dem Weg schaffen kann.<br />

Herr Heller, hat sich seit der Diagnose<br />

etwas in Ihrer alltäglichen Aufgabenteilung<br />

geändert?<br />

Nur ganz wenig. Meine Frau macht das<br />

meiste. <strong>Ich</strong> helfe ihr zum Beispiel beim<br />

Getränkekisten hochtragen oder wenn<br />

ihr doch einmal bei etwas die Kraft<br />

ausgeht. Aber ansonsten versucht sie<br />

sogar eher, mich zu entlasten, da ich<br />

beruflich stark eingespannt bin.<br />

Nehmen Sie sich seit der Diagnose<br />

bewusst mehr Zeit <strong>für</strong> sich zu zweit?<br />

Herr Heller: Durch meine berufliche<br />

Situation <strong>und</strong> unsere unterschiedlichen<br />

Arbeitszeiten ist das schwierig.<br />

Und dann steht ja auch noch das Kind<br />

im Vordergr<strong>und</strong>. Unsere Tochter wird<br />

jetzt zwölf. Daher können wir uns nur<br />

selten Zeit <strong>für</strong> uns nehmen. <strong>Ich</strong> denke,<br />

das kommt dann erst in ein paar Jahren,<br />

wenn <strong>alle</strong>s etwas ruhiger geworden<br />

ist.<br />

Wie gehen Sie mit den Gegebenheiten<br />

um, die die Krankheit mit sich<br />

bringt?<br />

Frau Heller: Ein gutes Beispiel, wie wir<br />

mit gewissen Umständen umgehen,<br />

ist vielleicht das Spritzen. Damit hatte<br />

ich so meine Probleme. <strong>Ich</strong> konnte<br />

mich einfach nicht überwinden, mein<br />

Medikament selbst zu injizieren. So<br />

musste ich zum Spritzen regelmäßig<br />

zum Hausarzt gehen. Irgendwann hat<br />

mein Mann gesagt, dass er es lernen<br />

will, damit ich nicht ständig in die Praxis<br />

muss. Er ist dann mit mir zum Arzt<br />

gegangen <strong>und</strong> hat sich <strong>alle</strong>s zeigen<br />

lassen. Von da an hat er mir ein Jahr<br />

lang meine Injektion gegeben, obwohl<br />

man ihm angesehen hat, dass es ihn<br />

viel Überwindung kostet. Aber er hat<br />

durchgehalten, wo<strong>für</strong> ich ihm unheimlich<br />

dankbar bin.<br />

Herr Heller: Die Situation hat sich<br />

mittlerweile geändert, da meine Frau<br />

auf eine orale Therapie umgestellt<br />

wurde. Somit werde ich in dieser Hinsicht<br />

nicht mehr gebraucht <strong>und</strong> ich<br />

muss sagen, dass das neue Medikament<br />

die Lebensqualität von uns beiden<br />

stark verbessert hat.<br />

»Wir sind einfach .<br />

wieder zum Alltag übergegangen.«<br />

Hatte die Erkrankung Auswirkungen<br />

auf Ihre Partnerschaft?<br />

Herr Heller: Bis auf den ersten Schock,<br />

den man da zu verdauen hatte, glaube<br />

ich nicht. Wir sind irgendwann auch<br />

einfach wieder zum Alltag übergegangen.<br />

Manchmal habe ich das Gefühl,<br />

dass wir die Krankheit einfach ignorieren.<br />

Wir versuchen, sie erst gar nicht in<br />

unser Leben eindringen zu lassen. Wir<br />

beide sind sehr pragmatisch veranlagte<br />

Menschen. Das heißt, wir warten<br />

bis eine Situation eintritt <strong>und</strong> schauen<br />

dann, wie wir mit ihr umgehen.<br />

Gab es einen Moment, in dem sich<br />

gezeigt hat, wie groß Ihr Zusammenhalt<br />

ist?<br />

Herr Heller: Ja. Ein Jahr nach der Diagnose<br />

wollte ich mit Fre<strong>und</strong>en Skifahren.<br />

Mir war nicht wohl dabei, meine<br />

6

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!