Fußball live und für alle - MS und Ich
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Nr. 16 – Dezember 2013<br />
Menschen<br />
Frau <strong>alle</strong>ine zu lassen. Aber sie sagte:<br />
„Gönn dir das noch einmal, wer weiß,<br />
wann sich wieder einmal die Gelegenheit<br />
dazu bietet.“ Und dann ist es<br />
passiert. <strong>Ich</strong> hatte einen wahnsinnig<br />
schweren Skiunfall. Als ich aus der<br />
Narkose aufgewacht bin, habe ich nur<br />
gedacht: Oh mein Gott, hoffentlich bekommt<br />
meine Frau jetzt keinen Schub,<br />
wenn sie das erfährt.<br />
Frau Heller: Mein Mann lag dann<br />
neun Tage lang im Krankenhaus in Österreich.<br />
<strong>Ich</strong> konnte Überst<strong>und</strong>en-Ausgleich<br />
nehmen <strong>und</strong> bin zu ihm geflogen.<br />
Bei dem Krankentransport nach<br />
Berlin war ich mit dabei. Zurück in der<br />
Heimat war <strong>alle</strong>s sehr stressig. Arbeit,<br />
Kind <strong>und</strong> jeden Tag ins Krankenhaus.<br />
<strong>Ich</strong> muss sagen, ich hatte Sorge, einen<br />
Schub zu bekommen. Aber was mir am<br />
meisten durch den Kopf ging war, dass<br />
ich meinen Mann wieder zu Hause haben<br />
will. Solche Momente schweißen<br />
zusammen.<br />
Gibt es Situationen, in denen es einem<br />
von Ihnen beiden einmal zu viel wird?<br />
Frau Heller: Ja, die gibt es. Dann nehmen<br />
wir uns ganz bewusst Auszeiten.<br />
Dann sage ich beispielsweise nach der<br />
Arbeit zu meinem Mann: „Bleib du<br />
heute bitte einmal bei der Kleinen <strong>und</strong><br />
ich gehe mit meinen Fre<strong>und</strong>innen noch<br />
aus.“ Es ist unheimlich wichtig, dass<br />
man sich diese Auszeiten nimmt, um<br />
einfach mal andere Personen zu sehen<br />
<strong>und</strong> abzuschalten.<br />
Welche Ängste <strong>und</strong> Wünsche haben<br />
sich <strong>für</strong> Sie durch Ihre Krankheit ergeben?<br />
Frau Heller: Angst habe ich eigentlich<br />
nur davor, dass ich mich eventuell<br />
irgendwann nicht mehr so bewegen<br />
kann, wie ich es gewöhnt bin. Das<br />
kommt daher, dass ich ein sehr lauffreudiger<br />
Mensch bin <strong>und</strong> unruhig<br />
werde, wenn ich keinen Bewegungsausgleich<br />
bekomme. Mein Wunsch<br />
ist es daher, dass <strong>alle</strong>s noch lange so<br />
bleibt, wie es im Moment ist – also<br />
dass ich bis ins hohe Alter einigermaßen<br />
laufen kann. <strong>Ich</strong> möchte auch<br />
später noch zum Auto hin- <strong>und</strong> wieder<br />
zurücklaufen oder einen Einkaufsbummel<br />
oder einen Städtetrip machen<br />
können, natürlich <strong>alle</strong>s mit Pausen. .<br />
Hatten Sie jemals Angst, dass Ihr<br />
Mann Sie wegen Ihrer Erkrankung<br />
verlassen würde?<br />
Ja, anfangs. Das ist ganz natürlich. Aber<br />
mit der Zeit habe ich gemerkt, wie viel<br />
Hilfe <strong>und</strong> Verständnis mein Mann mir<br />
zukommen lässt. Somit war <strong>für</strong> mich<br />
das Thema eigentlich nach ein oder<br />
zwei Jahren abgehakt. Seitdem denke<br />
ich: Nein, wegen der Krankheit verlässt<br />
er dich nicht. Wenn du schrullig wirst,<br />
dann kann es dir passieren, aber nicht<br />
wegen der <strong>MS</strong>.<br />
»Man sollte nicht sein<br />
ganzes Leben nach der<br />
<strong>MS</strong> ausrichten.«<br />
Welche Tipps können Sie anderen <strong>MS</strong>-<br />
Patienten <strong>und</strong> deren Partnern geben?<br />
Frau Heller: <strong>Ich</strong> denke, man sollte versuchen,<br />
immer positiv zu denken. Außerdem<br />
sollte man Pläne schmieden,<br />
wie beispielsweise eine Reise ins Ausland<br />
planen, die vielleicht erst ein halbes<br />
bis dreiviertel Jahr später ansteht.<br />
Auf sie sollte man sich dann freuen <strong>und</strong><br />
nicht denken: „Hoffentlich habe ich da<br />
keinen Schub.“ Das heißt, einfach nicht<br />
zu viel nachdenken, sondern planen<br />
<strong>und</strong> machen. Und wenn es dann nicht<br />
klappt aus ges<strong>und</strong>heitlichen Gründen,<br />
dann ist es so. Aber man sollte nicht<br />
sein ganzes Leben nach der <strong>MS</strong> ausrichten,<br />
sondern es bewusst leben.<br />
Gemeinsame Krankheitsbewältigung in der Partnerschaft<br />
Tipps <strong>für</strong> eine konstruktive Kommunikation:<br />
Beginnen Sie ein Gespräch mit einer positiven Gr<strong>und</strong>haltung, ruhig<br />
<strong>und</strong> ohne Konfliktabsichten. Auf keinen Fall im verärgerten, angespannten<br />
oder erschöpften Zustand. Ebenso nicht nach zu viel<br />
Alkoholgenuss oder wenn beide müde <strong>und</strong> unkonzentriert sind.<br />
Schaffen Sie da<strong>für</strong> eine entspannte <strong>und</strong> angenehme Atmosphäre, in<br />
der Sie sich locker unterhalten können. Nehmen Sie sich Zeit <strong>für</strong> die<br />
Gespräche.<br />
Sprechen Sie über Ihre Gefühle! Nur so kann der Partner sich in Sie<br />
hineindenken. Versuchen Sie in Gesprächen deutlich zu machen, wo<br />
Unsicherheiten oder Probleme liegen. Beachten Sie dabei die Bedürfnisse<br />
des Partners, konzentrieren Sie sich aber auch auf eigene<br />
Wünsche.<br />
Seien sie offen <strong>für</strong> Kritik, die Bitten <strong>und</strong> Wünsche des Partners. Überlegen<br />
Sie erst in Ruhe, ob Sie einen Wunsch wirklich zurückweisen<br />
wollen. Beachten Sie, dass nicht nur Sie unter der Erkrankung leiden,<br />
sondern auch Ihr Partner Ängste <strong>und</strong> Unsicherheiten verspürt.<br />
Ihr Partner kann die Krankheit <strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>enen Probleme<br />
nicht in <strong>alle</strong>n Einzelheiten nachvollziehen, wenn Sie ihn nicht über<br />
Gefühle, Schmerzen <strong>und</strong> körperliche Einschränkungen aufklären.<br />
Gerade auch in Bezug auf die Sexualität sind Gespräche hier wichtig!<br />
Beenden Sie Gespräche mit einem positiven Resümee unabhängig<br />
vom Gesprächsverlauf <strong>und</strong> den erreichten Zielen. Jedes Gespräch<br />
an sich ist schon, wenn es in ruhiger Atmosphäre geführt wird, ein<br />
Erfolg <strong>für</strong> sich.<br />
Worüber Sie sprechen sollten:<br />
Sorgen, Zukunftsängste, Probleme in der Beziehung<br />
das Sexu<strong>alle</strong>ben <strong>und</strong> damit verb<strong>und</strong>ene Gefühle <strong>und</strong> Erwartungen<br />
unsichtbare Begleitsymptome der <strong>MS</strong>, die <strong>für</strong> den Partner vielleicht<br />
nicht sofort nachvollziehbar sind (Depressionen, Fatigue, …)<br />
Belastungen der Beziehung durch die <strong>MS</strong> (aus der Perspektive beider<br />
Partner)<br />
Bedürfnisse, Wünsche, vielleicht auch einen Kinderwunsch?<br />
Für jedes Gespräch gilt gr<strong>und</strong>sätzlich:<br />
Sprechen Sie offen miteinander, bauen Sie Hemmungen ab, vertrauen<br />
Sie sich einander an!<br />
* Namen von der Redaktion geändert<br />
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