Rotkreuz-Spiegel 2009-4 - DRK Landesverband Niedersachsen
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Stephanie Zwilling<br />
S eit 20 Jahren mit dem Herzen dabei<br />
Seit 20 Jahren arbeiten Anni Wilken und Birgit Wieland beim Pflegedienst<br />
vom Deutschen Roten Kreuz (<strong>DRK</strong>) in Nenndorf. Sie haben<br />
Entwicklungen in der häuslichen Pflege erlebt, die die Veränderungen<br />
in der Gesundheitspolitik widerspiegeln. „Von der Gemeindeschwester<br />
zur Fachkraft einer Dienstleistung“ – nein, diese Aussage würde den<br />
Kern ihrer Arbeit nicht treffen. Denn dafür ist sie mit viel zu viel Gefühl<br />
verbunden.<br />
Anni Wilken ist examinierte Krankenschwester aus innerer<br />
Überzeugung. Die 64-Jährige hat beim Erste-Hilfe-Kurs für<br />
den Führerschein den Bezug zu ihrer Arbeit gefunden. „Das<br />
war es, was ich brauchte“, sagt sie im Rückblick. Die Arbeit<br />
macht ihr auch ein Jahr vor dem Ruhestand noch Freude.<br />
„Man bekommt so viel wieder von den Patienten und das gibt<br />
Kraft“, sagt sie. Mit ihr hat Birgit Wieland als erste Altenpflegerin<br />
in der Pflegestation Rosengarten ihren Dienst angetreten.<br />
„Wir haben eher als Gemeindeschwester gearbeitet und<br />
das Ansehen war ganz anders, viel offizieller“, erinnert sie<br />
sich. Die beiden sind seit vielen Jahren in Rosengarten und<br />
Umgebung bekannt und werden immer wieder gefragt, ob<br />
denn das <strong>DRK</strong> nach dem Vater, der Mutter, dem pflegebedürftigen<br />
Angehörigen sehen könnte.<br />
Hilfe, die vor 20 Jahren noch relativ unbürokratisch geleistet<br />
wurde, ist heute stark von Vorschriften und Verordnungen<br />
geprägt. Aus der Gemeindeschwester, die mit ihren Schützlingen<br />
am Kaffeetisch saß, ist schon fast eine halbe Bürokraft<br />
geworden. „Die Pflichten und Aufgaben haben sich sehr<br />
verändert“, sagt Anni Wilken, „wir hatten früher sehr wenig<br />
Schreibarbeit im Gegensatz zu heute.“ Die beiden Berufs-Jubilarinnen<br />
füllen durch die Änderungen in der Sozialgesetzgebung<br />
Formulare aus, stellen Anträge an die Krankenkassen<br />
und sorgen für Verordnungen der Pflegekassen. Allerdings<br />
sind auch die pflegerischen Aufgaben verändert. „Wir arbeiten<br />
viel professioneller in der Pflege, denn wir nehmen an<br />
vielen Fortbildungen teil“, sagt Birgit Wieland.<br />
Auch diese Entwicklung resultiert aus den Änderungen im<br />
Anni Wilken und Birgit Wieland.<br />
Gesundheitswesen. Viele Patienten werden schon nach kurzer<br />
Zeit aus dem Krankenhaus entlassen, sodass die Aufgaben<br />
neben der Grundpflege sehr häufig in der Nachsorge von<br />
Operationen bestehen. Oder das achtköpfige Team des <strong>DRK</strong>-<br />
Pflegedienstes in Rosengarten hat nur für kurze Zeit Palliativ-<br />
Patienten zu betreuen, deren Angehörige vorher die Grundpflege<br />
selbst übernommen hatten.<br />
Je länger die beiden sich um jemanden kümmern, desto enger<br />
wird auch das persönliche Verhältnis. Eine Distanz bleibt<br />
dennoch, denn die Patienten von heute sind informierter über<br />
die Leistungen der Pflegekräfte und auch die müssen sich<br />
mehr abgrenzen, denn ihre Tätigkeit wird von Vereinbarungen<br />
bestimmt. Die Pflegekassen geben vor, welche Leistungen<br />
genehmigt und übernommen werden. Wo es früher intensive<br />
Gespräche gab und jede Menge Vertrauen, steht heute der<br />
Behandlungsplan eher im Vordergrund. Der Beruf der beiden<br />
bleibt trotzdem Berufung und Anni Wilken bringt es auf<br />
den Punkt: „Die Patienten freuen sich am meisten über ein<br />
Lachen, ein Lächeln und unser freundliches Auftreten.“ Ein<br />
Herr, der nicht mehr viel reden konnte, hat sie zu ihrer Freude<br />
„Strahlemann“ genannt.<br />
Zu den Veränderungen der Arbeitsbedingungen gehören<br />
auch die positiven Aspekte und die wissen die beiden über<br />
60-Jährigen zu schätzen. „Teile der Pflegeversicherung werden<br />
auch für die Pflegenden aufgewendet. Beispielsweise ist<br />
es eine echte Entlastung, dass man jeden Patienten mit einem<br />
Pflegebett auf die eigene Arbeitshöhe fahren kann“, freuen sie<br />
sich. Das würde den Rücken wesentlich mehr schonen als die<br />
Pflegebetten von früher.<br />
Wenn Anni Wilken und Birgit Wieland, eine nach der anderen<br />
in Ruhestand gehen, wissen sie ihre Schützlinge in guten<br />
Händen. „Wir haben gute junge Kräfte, die wir dahin ausbilden,<br />
dass jeder alles können muss. Wenn wir aufhören, fällt<br />
das gar nicht auf“, hoffen sie.<br />
Stephanie Zwilling<br />
<strong>Rotkreuz</strong>-<strong>Spiegel</strong> 04/09 9