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Lebensberichte – Zeitgeschichte - Olms

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Die letzten Tage in Deutschland und der Einmarsch in Belgien<br />

In Zülpich wurden die Quartierzettel verteilt und im Nu war alles verschwunden.<br />

Um 10:00 Uhr war Appell und Fahrzeugreinigen und um 1:00<br />

Uhr ging es per Fußmarsch weiter.<br />

Die Quartiere waren nun meist so eingerichtet, daß immer zwei von uns<br />

4 Offizieren ein Quartier bekamen. Da nun Heugel Kompanieführer war,<br />

hatte er auch als Ältester stets das beste Quartier zu beanspruchen. Mich<br />

nahm er als zweiten immer mit und so kam es vielfach, daß ich als jüngster<br />

bessere Quartiere hatte, als Faust und Thiemann.<br />

Vielfach änderte sich die Sachlage aber auch dahin, daß wir, namentlich<br />

später in Belgien, alle vier zusammen lagen. Dann waren durch eine Tücke<br />

des Schicksals meist nur drei Betten da, und ich mußte teils grimmig, teils<br />

schadenfroh einem der drei anderen das schöne weiche Unterbett wegziehen<br />

und mich auf der Erde einnisten, während der Betreffende als Strafe<br />

auf der harten Matratze schlief, aber beileibe nicht das Zugeständnis machte,<br />

daß er härter oder gar schlechter geschlafen als ich auf der Erde: Er<br />

hatte doch ein Bett gehabt! So gab es vielfach Spaß und Stimmung durch<br />

diese Schlafgelegenheiten, namentlich wenn wir uns dann als Nachthemden<br />

die spitzendurchbrochenen Spinngewebe einer belgischen oder französischen<br />

Komtesse überstülpten – wir Barbaren!! Aber eins nach dem anderen,<br />

davon also später.<br />

In Zülpich wohnten Heugel und ich bei einem Kommerzienrat Sieger.<br />

Der gute Mann tischte uns morgens um 8:00 Uhr schon ein Diner auf mit<br />

Rheinwein Ia. Dann gab es ein warmes Bad und für jeden ein wunderschönes<br />

sonniges Fremdenzimmer und blütenweiß und sauber legten wir uns<br />

hin und schliefen so wunderbar wie noch nie.<br />

Aber lange dauerte diese Umschlingung von Morpheus Armen leider<br />

nicht. Die rauhe Wirklichkeit kam in Gestalt meines treuen Burschen und<br />

weckte mich mit einer geradezu vorschriftswidrigen Rücksichtslosigkeit und<br />

Ausdauer, wofür ich ihm, wie auch später, Dank schuldete, denn pünktlich<br />

mußte man sein.<br />

Der Appell um 10:00 Uhr ging vorüber, dann bummelten wir noch in<br />

die Stadt und wollten einen Photographenapparat kaufen. Aber in dem<br />

gottverlassenen Nest gab es ein solches übernormales Kulturerzeugnis noch<br />

nicht und unser Bemühen war umsonst.<br />

Um 1:00 Uhr war Abmarsch.<br />

Die Sonne stach durch den Helm mit glühenden Strahlen und es war<br />

eine Hitze zum Umkommen. Zum Glück ging der Marsch nicht weit, 10<br />

Kilometer. Aber zwischendurch übten wir, da wir allein marschierten, hatten<br />

wir Gelegenheit dazu, Geländefahren und Gefechtsexerzieren. Die Gäule<br />

waren natürlich noch gar nicht eingefahren und stutzten vor jedem Wiesengraben.<br />

Ein Fahrzeug mußte ausgeschirrt und von Mannschaften übergesetzt<br />

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