Lebensberichte – Zeitgeschichte - Olms

Wir werden später, wenn wir den gesamten Hintergrund kennen, den
vollständigen Wortlaut dieses Urteils lesen können. Heute wissen wir diesen
Spruch als eines der vielen nationalsozialistischen Unrechtsurteile einzustufen.
Damals aber, vor 60 Jahren, sah es in vielen Köpfen anders aus. Zwischen
dem Spruch und seinem Vollzug lag nur das Hindernis, daß der Verurteilte
nicht aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft an sein Vaterland
ausgeliefert wurde, wo man mit der Vollstreckung nicht gezögert hätte.
Erst in den neunziger Jahren fand sich das deutsche Parlament bereit,
ein Verdikt über die sogenannten nationalsozialistischen Unrechtsurteile auszusprechen,
und auch das nur nach langen Wehen und politischem Gezerre.
Hingewiesen sei hier nur kurz auf die Genese des sogenannten Justiz-
Aufhebungs-Gesetzes (JustizAufhG) vom 17. Mai 2002 und dessen Vorläufer
vom 25. August 1998 und vom 25. Mai 1990. Danach ist das Todesurteil
gegen Botho Henning Elster seit 1998 (also seit mehr als 45 Jahren
nach seinem Tod!) aufgehoben.
Für die Geschichte Bothos interessierte sich die Öffentlichkeit in Deutschland
sechs Jahrzehnte lang nicht. Das wurde erst anders mit einem
Dokumentations-Film, den der Hessische Rundfunk zusammen mit »Arte«
im Jahre 2003 produziert und am 21. Januar 2004 erstmals ausgestrahlt
hatte.
Der Film handelt von jener Tat, die die Verurteilung zum Tode nach sich zog.
Diese Biographie aber beschreibt die Persönlichkeit dieses Mannes, der
die Kraft hatte, einem alten preußischen Grundsatz in einer Zeit Geltung zu
verschaffen, in der Fahnenflucht als das am meisten zu verabscheuende
Verbrechen angesehen wurde.
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