Begegnungen - Evangelische Johannesgemeinde Bühl
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6 a n g e d a c h t<br />
Kennen Sie diese Antwort? „Ach, das<br />
wäre doch überhaupt nicht nötig gewesen“.<br />
Sie bekommen etwas geschenkt<br />
und dann dieses „Ach, das<br />
wäre doch überhaupt nicht nötig gewesen!“<br />
Früher hatte ich diese Floskel<br />
auch immer parat, bis mir eines<br />
Tages bewusst wurde, was ich da eigentlich<br />
von mir gab. Ich bekam etwas<br />
geschenkt, und statt dem anderen<br />
von Herzen zu danken und ihm<br />
zu sagen, wie sehr ich mich freue,<br />
diese seltsame Redewendung.<br />
Steckte dahinter vielleicht gar die Befürchtung,<br />
jetzt auch etwas schenken<br />
zu „müssen“?<br />
Warum schenken wir denn? Aus Freude,<br />
aus Verpflichtung, weil wir lieben? Weihnachten<br />
naht – für viele zum reinen Fest<br />
der Liebe und der Geschenke mutiert. Normalerweise<br />
können wir uns ja das ganze<br />
Jahr lieben und beschenken, warum also<br />
dieses besondere Fest?<br />
Ist dieses überwältigende Ereignis an<br />
Weihnachten, dass Gott uns seinen Sohn<br />
geschenkt hat, noch die Motivation, anderen<br />
Menschen eine Freude zu machen? An<br />
Ostern rufen wir uns zu:“ Der Herr ist auferstanden,<br />
er ist wahrhaftig auferstanden.“<br />
Müssten wir da an Weihnachten nicht rufen:<br />
“Der Herr ist zu uns auf diese Welt gekommen,<br />
er ist wahrhaftig zu uns gekommen?“<br />
Durch den Rummel an Weihnachten abgeschreckt,<br />
gibt es inzwischen viele Menschen,<br />
die sich zu Weihnachten gar nichts<br />
mehr schenken oder Weihnachten überhaupt<br />
nicht mehr feiern. Eigentlich auch<br />
schade. Denn wir brauchen diesen Rummel<br />
ja nicht mitzumachen. Es geht nicht<br />
um einen großen Geldbeutel, sondern dar-<br />
um, dem anderen zu zeigen, dass ich mich<br />
mit ihm über das allergrößte Geschenk der<br />
Liebe freue: der Liebe Gottes zu mir, und<br />
dass ich daher einfach das Bedürfnis habe,<br />
diese Liebe, die ich erfahren darf, an andere<br />
weiterzugeben, auch mit einem Geschenk.<br />
Wie dies aussieht, bleibt mir überlassen.<br />
Doch es müssen nicht immer materielle<br />
Werte sein. Kreativität ist gefragt.<br />
Wenn Menschen verliebt sind, kommen sie<br />
auf die tollsten Ideen, dem andern diese<br />
Liebe zu zeigen. Da steckt auch kein<br />
Zwang der Gegenleistung dahinter. Liebe<br />
ist immer ein Geben und Nehmen.<br />
Besonders ergreifend erfahren wir dies<br />
in der ersten Strophe des wunderschönen<br />
Weihnachtsliedes von Paul Gerhardt „Ich<br />
steh an deiner Krippen hier, o Jesu, du<br />
mein Leben; ich komme, bring und schenke<br />
dir, was du mir hast gegeben. Nimm hin, es<br />
ist mein Geist und Sinn, Herz, Seel und<br />
Mut, nimm alles hin und lass dir’s wohl gefallen“.<br />
Gott schenkt uns seinen Sohn. Können<br />
wir da einfach sagen: „Ach, das wäre überhaupt<br />
nicht nötig gewesen?“ Es wäre nur<br />
dann nicht nötig gewesen, wenn wir dieses<br />
Kind für immer in der Krippe ließen, es jedes<br />
Jahr aus- und wieder einpackten. Dieses<br />
Kind aber ist gewachsen und ist für uns<br />
den Weg ans Kreuz gegangen. Wäre das<br />
auch überhaupt nicht<br />
nötig gewesen? Immer<br />
gehören sie zusammen:<br />
Krippe und<br />
Kreuz. Ein unfassbares<br />
doppeltes Geschenk.<br />
Nehmen wir<br />
es mit dankbarem<br />
Herzen an!<br />
Marliese Eppstein