BEST OF Otto Brenner Preis 2011 - Otto Brenner Shop
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Begründung der Jury<br />
Stachybotrys oder Aspergillus – das sind Schimmelpilze, eklig und gefährlich. Sie sollen<br />
nicht mit dem Menschen wohnen, denn sie machen krank. Sie lösen Allergien aus. Sie<br />
lösten in Hamburg eine grandiose Recherche, einen Skandal, einen Widerstand aus.<br />
Die Autoren Volker ter Haseborg und Lars-Marten Nagel sezieren den Niedergang ganzer<br />
Wohnviertel – aus ökonomischer, kommunalpolitischer und menschlicher Perspektive.<br />
Sie analysieren wie ein amerikanischer Hedgefonds aus ehemals staatlichem Immobilienbesitz<br />
größtmögliche Profite herausschlägt – auf Kosten der Bewohner. Sie nennen<br />
diesen Prozess scharfsinnig RAUBBAU. Ich bin sehr überzeugt von dieser Serie, denn<br />
sie wirft ein gleißendes Licht auf Probleme, die Hunderttausende Menschen in diesem<br />
Land umtreiben. Ein Aufreger-Thema mitten aus dem Leben, von größter Relevanz.<br />
Die Autoren mussten „nur“ recherchieren, am Ort hingucken, um klar benennen zu<br />
können, wie Markt-Macht missbraucht wird.<br />
Ein Unternehmen mit Wohnimmobilien muss im Schnitt 12-15 Euro pro Quadratmeter<br />
jährlich ausgeben, um die Substanz ordentlich zu erhalten. Die Gagfah senkte diese<br />
Investitionen von neun auf sechs Euro. Renditen wurden gerettet, nicht morsche Balkone.<br />
Und Mieter sahen hilflos zu wie aus einem Viertel ... Verfall wurde.<br />
RAUBBAU: Die Gagfah gehört einem amerikanischen Hedgefonds, der auf der Privatisierungswelle<br />
in deutsche Wohnstuben gespült wurde. Kommunen stießen in Milliardenhöhe<br />
ihr Tafelsilber ab, um leere Kassen zu füllen. Aber auch, weil das Gemeinschaftliche,<br />
das Soziale irgendwie spießig wurden. Man trug jetzt „Privatisierung“, „Profit“,<br />
„Professionalität“. Ein Paradigmenwechsel. Auf den Schimmel in der Wohnung von<br />
Familie Dohrwardt heruntergebrochen heißt das: „Sie lüften und heizen nicht richtig“<br />
– so kann ein Vermieter natürlich auch seine Mieter mundtot machen, die sich<br />
beschweren.<br />
Die Autoren erklären sehr anschaulich, wie eingeschüchterte Mieter mit kaputten<br />
Auf zügen, alten Leitungen und maroden Fassaden leben müssen – ohne Aussicht<br />
auf Verbesserung, insbesondere sozial Schwache und Zuwanderer trauen sich<br />
kaum aufzumucken. Wissen nicht, was ein Mieterverein ist.<br />
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