Berliner Bestell-Fax für Themenhefte - Der Paritätische Berlin
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Gesamtverband<br />
Neue Studie des <strong>Paritätische</strong>n Gesamtverbandes<br />
Keine Entwarnung:<br />
Dramatische Kinderarmut<br />
durch Hartz IV<br />
Vor einer Verhärtung der Kinderarmut in Deutschland<br />
auf hohem Niveau warnt der <strong>Paritätische</strong><br />
Wohlfahrtsverband in einer neuen Studie. <strong>Der</strong><br />
Verband fordert eine arbeitsmarktpolitische Kehrtwende,<br />
die bessere Unterstützung von Alleinerziehenden<br />
sowie eine Totalreform der Hartz-IV-<br />
Leistungen <strong>für</strong> Kinder.<br />
„Es gibt keinen Anlass zum Jubel. Wir haben in Deutschland<br />
nach wie vor eine skandalös hohe Kinderarmut. Die<br />
gute Arbeitsmarktentwicklung kommt bei Kindern in<br />
Hartz IV kaum an“, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer<br />
des <strong>Paritätische</strong>n. Zwar zeichne sich in allen ostdeutschen<br />
Bundesländern ein deutlich positiver Trend ab,<br />
doch verharre der Anteil armer Kinder bundesweit seit<br />
Einführung von Hartz IV auf fast gleichbleibend hohem<br />
Niveau: Jedes siebte Kind unter 15 Jahre lebe von Hartz<br />
IV, in Ostdeutschland sogar jedes vierte Kind.<br />
Schlusslicht im Länderranking bildet nach wie vor <strong>Berlin</strong>.<br />
Hier lebt jedes dritte Kind von Hartz IV. Auch in <strong>Berlin</strong><br />
ging die Quote zwar über die Jahre zurück, doch ist dies<br />
in erster Linie der erfreulichen demografischen Entwicklung<br />
und weniger dem Abbau von Hartz IV zu verdanken.<br />
Die Fallzahlen von Kindern in Hartz IV gingen in<br />
<strong>Berlin</strong> gerade einmal um 2,5 Prozent zurück. (siehe Tabelle).<br />
Da jedoch die Gesamtzahl <strong><strong>Berlin</strong>er</strong> Kinder gleichzeitig<br />
spürbar zunahm (+7,4 Prozent), fiel die Armutsquote<br />
im Ergebnis um 9,4 Prozent. Besorgniserregend<br />
sei auch die Entwicklung im Ballungsraum Ruhrgebiet,<br />
wo die Kinderarmut seit Jahren ansteigt. „Die Hartz IV-<br />
Quote im Revier liegt mit 25,6 Prozent höher als in Ostdeutschland,<br />
Gelsenkirchen steht mit einer Quote von<br />
34,3 Prozent schlechter da als <strong>Berlin</strong>“, warnt Schneider.<br />
Die Entwicklung in Städten wie Mülheim oder Hamm<br />
mit Zuwächsen von bis zu 48 Prozent in fünf Jahren<br />
komme einem armutspolitischen Erdrutsch gleich.<br />
Selbst im Ländle lebt jede dritte Alleinerziehende<br />
von Hartz IV<br />
Nach der Studie, die auch Ländertrends abbildet, sind<br />
kinderreiche Familien und Alleinerziehende besonders<br />
gefährdet, und zwar unabhängig von ihrem Wohnort<br />
oder wirtschaftlichem Umfeld. Selbst im wirtschaftsstarken<br />
Baden-Württemberg lebe jede dritte Alleinerziehende<br />
mit ihren Kindern von Hartz IV.<br />
Scharfe Kritik übt der Verband an der Arbeitsmarktpolitik<br />
der Bundesregierung: „Durch die aktuellen Kürzungen<br />
drohen Alleinerziehende und ihre Kinder zu<br />
Opfern einer neuen Zwei-Klassen-Arbeitsmarktpolitik<br />
zu werden. <strong>Der</strong> Fokus auf den Ausbau der Kinderbetreuung<br />
greift zu kurz. Die Hälfte der Frauen hat keinen<br />
Berufsabschluss. Ohne Hilfen bei der Qualifizierung<br />
und ohne öffentlich geförderte Beschäftigungsangebote<br />
wird man den meisten Alleinerziehenden im Hartz IV-<br />
Bezug nicht helfen können“, so Schneider.<br />
Neben einer arbeitsmarktpolitischen Kehrtwende fordert<br />
der <strong>Paritätische</strong> eine Reform des Kinderzuschlags<br />
sowie der Hartz IV-Leistungen selbst: „Wir brauchen<br />
eine kräftige Erhöhung der Kinderregelsätze, eine echte<br />
schulische Bildungsoffensive sowie einen Rechtsanspruch<br />
<strong>für</strong> einkommensschwache Kinder auf Teilhabe<br />
– vom Sportverein über die Musikschule bis zur Ferienfreizeit<br />
mit dem Jugendclub.“<br />
www.der-paritaetische.de/armekinder<br />
März 2012 9