Bewegung hält gesund - Der Paritätische Berlin
Bewegung hält gesund - Der Paritätische Berlin
Bewegung hält gesund - Der Paritätische Berlin
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
ziale Leistungen im Betreuten Einzelwohnen in Anspruch. Am<br />
Tag des Gesprächs fühlt sie sich unwohl: »Heute ist nicht mein<br />
Tag.« Frau R. ist trotzdem ins Sportcafé gekommen. Sie trainiert<br />
mit, wenn auch langsamer als die anderen. »Ich habe es<br />
hierher geschafft. Das ist für mich wichtig! Und was ich hier<br />
besonders gut finde: Man wird sich seiner Haltung bewusst. Wir<br />
richten uns auf, lassen die Schultern nicht hängen, trotz allem!«<br />
Monika R. spricht in ihrer Freude darüber, dass das Training<br />
vom Sozialamt bezahlt wird, von »purem Luxus«. Sie könne sich<br />
so etwas gar nicht leisten.<br />
Sich zu bewegen lernt man am besten, wenn man<br />
sich bewegt<br />
Ein purer Luxus? Birgit Angermann vom Vorstand des Trägervereins,<br />
die das Projekt auf den Weg gebracht hat, meint dazu:<br />
»Wenn man Dinge, die für uns ganz selbstverständlich sind, als<br />
Luxus für Menschen mit Behinderungen ansieht, dann sind<br />
wir von Inklusion noch weit entfernt.«<br />
Teilhabe ist auch das Stichwort von<br />
Sporttherapeut Adrian Pabst, der das<br />
Sportcafé leitet. »Unsere Nutzerinnen<br />
und Nutzer sind vor allem Menschen mit Lernschwierigkeiten<br />
oder mit seelischen Behinderungen, die vielfältig sind: Borderline-<br />
und Suchterkrankungen, Depressionen, Angststörungen,<br />
oft auch kombiniert mit Adipositas. Ein herkömmliches Fitnessstudio<br />
ist keine Option für diesen Personenkreis. Die Angst,<br />
dort hinzugehen, ist viel zu hoch. Hier können wir auf psychiatrische<br />
Krankheitsbilder, psychosomatische Beschwerden, eingeschränkte<br />
kognitive Fähigkeiten und eine häufig wechselnde<br />
Verfassung mit viel Geduld eingehen. Je persönlicher wir das<br />
Trainingsprogramm gestalten, begleiten und reflektieren, desto<br />
größer sind die Chancen, dass die Trainierenden dranbleiben<br />
und positive Effekte am eigenen Leib spüren.« Birgit Angermann<br />
erläutert den methodischen Ansatz: »Lust an <strong>Bewegung</strong><br />
und <strong>gesund</strong>er Lebensweise kann ich sozialpädagogisch auf verschiedene<br />
Weise vermitteln. Aus meiner Sicht lernt man sich zu<br />
bewegen am besten, wenn man sich bewegt!« Da lag ein Sportprojekt<br />
nahe.<br />
Es geht auch um den Kontakt mit anderen<br />
Adrian Pabst freut sich, dass von den etwa 80 regelmäßigen<br />
Gästen des Sportcafés schon 15 aus dem umliegenden Wohngebiet<br />
stammen. Es sind überwiegend ältere Menschen, die den<br />
Rückenfit-Kurs und das Zirkeltraining an den sicheren, Gelenke<br />
Wir richten uns auf, lassen die<br />
Schultern nicht hängen, trotz allem!<br />
schonenden Hydraulikgeräten nutzen. Die älteste Teilnehmerin<br />
ist 84 Jahre alt. Den meisten geht es um ganzheitliche Gesundheitsprävention.<br />
Und um den Kontakt zu anderen. Zum Beispiel<br />
zu Leuten aus anderen Betreuungseinrichtungen, aus Werkstätten<br />
und nicht zuletzt zu Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des<br />
Trägervereins, die zum Training kommen. Hier hat das betriebliche<br />
Gesundheitsmanagement einiges angeschoben.<br />
Berührungsängste abbauen<br />
Adrian Pabst mischt die Trainingsgruppen bewusst. »Wir achten<br />
genau darauf, wer zusammen passt. Da geht es um Leistungslevel,<br />
Frustrationstoleranz und Energien, die jemand aufbringen<br />
kann. Es gibt Kunden, die sofort das Training abbrechen,<br />
wenn sie feststellen, dass sie nicht so fit sind wie der Nachbar. Es<br />
gibt aber auch Kunden, die eine hohe Eigenmotivation haben.<br />
Diese Personen zu mischen, ergibt therapeutisch großen Sinn.<br />
Sie profitieren voneinander, lernen nicht mehr nur vom Trainer,<br />
sondern voneinander. So stellt sich<br />
Kontinuität ein.«<br />
Ausdauer und Verbindlichkeit<br />
Inzwischen gehen manche schon mal allein eine Runde im Park<br />
laufen oder machen zu Hause Krafttraining. Adrian Pabst erlebt<br />
das als großen Erfolg. Er weiß, welch ein langer Prozess dahintersteht,<br />
der ohne enge Begleitung nicht funktionieren würde,<br />
und er betont: »Man muss sich regelmäßig bewegen, um zu erleben,<br />
dass sich nicht nur Kraft und Ausdauer steigern, sondern<br />
auch Konzentration, Selbstbewusstsein und Lebensfreude …<br />
So argumentiere ich auch gegenüber dem Kostenträger. Die<br />
Menschen sollen sich gegenseitig motivieren, sich klarmachen:<br />
Ich habe eine Verabredung getroffen. Wenn der zum Training<br />
kommt, dann komm ich auch. Verbindlichkeit als Motivation<br />
brauchen wir ja eigentlich alle.«<br />
i<br />
Kontakt<br />
und<br />
Kooperationspartner<br />
Sportcafé<br />
Ein Projekt des Vereins die reha e. V.<br />
Weydemeyerstraße 2/2a | 10178 <strong>Berlin</strong><br />
Tel 030–58 58 49 97<br />
sportcafe@diereha.de<br />
www.sportcafe-mitte.de<br />
Menschen mit Behinderung<br />
31