Ein Wasser, ein Mond. Walensee. - Peter Donatsch
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Walenstadt – Weesen<br />
Die Aussicht<br />
muss verdient<br />
werden. Blick auf<br />
das Quintner<br />
Wildheuergebiet<br />
Laubegg (bei der<br />
Hütte) und den<br />
<strong>Walensee</strong>.<br />
Dorf<br />
Aus dem schattigen Wald tauche ich hinab, in die vorletzte Stufe<br />
dieser himmlischen irdischen Treppe, die mich von den Gipfeln<br />
der Churfirsten, den Kalkwänden entlang, vorbei an den obersten<br />
Tannen, über <strong>ein</strong>en schmalen Alpgürtel und durch den<br />
Mischwald hinabgeführt hat – zu den Rebhängen, den Häusern<br />
und den Menschen von Quinten.<br />
Es gibt k<strong>ein</strong>en mit Quinten vergleichbaren Ort in der<br />
Schweiz. Das kl<strong>ein</strong>e Dorf ist nur mit dem Schiff oder zu Fuss<br />
erreichbar. Es ist abgelegen und doch in Sichtweite. Die Natur<br />
hat hier <strong>ein</strong>en Lebensraum geschaffen, der mit «Riviera der<br />
Ostschweiz» beschrieben wird.<br />
Dazu kamen kulturelle und gesellschaftliche Be<strong>ein</strong>flussungen,<br />
denn der <strong>Walensee</strong> war stets Durchgangsgebiet. Die<br />
«alte Post» gleich am Hafen gilt als Sonderfall im ganzen Sarganserland.<br />
Der Fachwerkbau entstand wohl um die Mitte des<br />
17. Jahrhunderts und verschiedene Bauelemente lassen fremde<br />
<strong>Ein</strong>flüsse erkennen. So findet man in <strong>ein</strong>em Torbogen das Wappen<br />
<strong>ein</strong>es Luzerner Münzmeisters von 1694. <strong>Ein</strong> anderes herausstechendes<br />
Gebäude ist das herrschaftliche, strahlend<br />
weisse «Kublihaus» im Westen von Quinten. Das fünfstöckige<br />
Glarner Herrenhaus stammt aus dem 17. Jahrhundert und verfügt<br />
über 12 Zimmer.<br />
Die 50 <strong>Ein</strong>wohner Quintens leben heute von Landwirtschaft,<br />
Rebbau, Fischfang, St<strong>ein</strong>bruch und Tourismus. <strong>Ein</strong>ige<br />
pendeln und die Schüler fahren ebenfalls über den See. Es gibt<br />
drei Restaurants, neun Voll- und Nebenerwerbsw<strong>ein</strong>bauern –<br />
die Rebfläche beträgt rund 10 Hektaren – bei der Post betreiben<br />
Renate Janser und Rosmarie Büsser <strong>ein</strong> Handarbeits-<br />
Geschenklädeli und im Dorf verkauft die ehemalige Lehrerin<br />
und heutige «Geisslerin» Margrit Bärlocher Ziegenwürste,<br />
selbstgemachte Konfitüre und anderes.<br />
An schönen Wochenenden oder Ferientagen im Sommer<br />
drängen sich die Besucher zu Hunderten auf den Bootsstegen<br />
und Terrassen der Restaurants. Im Kontrast zu dieser Hektik<br />
stehen die stillen Tage des Quintner Winters, wenn sich der <strong>Walensee</strong><br />
<strong>ein</strong>e Nebelkappe aufgesetzt hat und nicht <strong>ein</strong>mal mehr<br />
der Lärm der Autobahn herüberdringt. Quinten ist anders.<br />
Und immer <strong>ein</strong>en Besuch wert.<br />
Zusammen mit dem Mundart-Autoren Hans Bernhard Hobi<br />
Nostalgie: 1999<br />
war zum letzten<br />
Mal Heuet im<br />
Quintner Wildheugebiet<br />
Laubegg.<br />
In der Tiefe<br />
der <strong>Walensee</strong>.<br />
Walenstadt – Weesen<br />
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