Halleffekt und Leitfähigkeit von Halbleitern
Halleffekt und Leitfähigkeit von Halbleitern
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<strong>Halleffekt</strong> <strong>und</strong> Leitfähigkeit <strong>von</strong> <strong>Halbleitern</strong><br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Vorbemerkung<br />
1. Kristallstruktur ............................................................................................................... 1<br />
2. Die Zustände der Elektronen im Festkörper .................................................................. 2<br />
2.1 Das Potentialtopfmodell......................................................................................... 2<br />
2.2 Das Bändermodell.................................................................................................. 3<br />
2.3 Die Zustandsdichte................................................................................................. 7<br />
3. Halbleiterstrukturen reduzierter Dimensionalität........................................................... 9<br />
4. Dotierung, Elektronen <strong>und</strong> Löcher............................................................................... 10<br />
5. Die Ladungsträgerkonzentration im nichtentarteten Halbleiter ................................... 15<br />
6. Die Bestimmung der Bandlücke aus der intrinsischen Ladungsträgerkonzentration .. 17<br />
7. Die Leitfähigkeit ......................................................................................................... 18<br />
8. Die Ladungsträgerbeweglichkeit................................................................................. 19<br />
8.1 Streuung an geladenen Störstellen ....................................................................... 19<br />
8.2 Streuung an Phononen.......................................................................................... 20<br />
8.2.1 Akustische Phononen ................................................................................... 20<br />
8.2.2 Optische Phononen....................................................................................... 21<br />
8.3 Weitere Streumechanismen.................................................................................. 21<br />
8.4 Gesamtbeweglichkeit <strong>und</strong> Beispiele .................................................................... 21<br />
9. Das zweidimensionale Elektronengas in modulationsdotierten GaAs/AlGaAs-<br />
Heterostrukturen........................................................................................................... 23<br />
10. Der <strong>Halleffekt</strong>............................................................................................................... 25<br />
10.1 <strong>Halleffekt</strong> im bipolaren Halbleiter ...................................................................... 25<br />
10.2 Beweglichkeit im unipolaren <strong>und</strong> im bipolaren Halbleiter ................................. 28<br />
11. Die Messung <strong>von</strong> Leitfähigkeit <strong>und</strong> Hallkoeffizient.................................................... 29<br />
11.1 Die Barren- oder Plättchengeometrie.................................................................. 29<br />
11.2 Die Van-der-Pauw-Geometrie............................................................................. 30<br />
11.3 Die Proben A <strong>und</strong> B ............................................................................................ 31<br />
11.4 Materialparameter ............................................................................................... 33<br />
11.5 Einheiten.............................................................................................................. 33<br />
Anhang ................................................................................................................................ 34<br />
A1. Freie Ladungsträgerkonzentration im Halbleiter ............................................... 34<br />
A2. Hallfeld bei bipolarer Leitung ............................................................................ 35
Fortgeschrittenen-Praktikum (FP oder P III)<br />
Institut für Angewandte Physik<br />
Versuch: <strong>Halleffekt</strong> <strong>und</strong> Leitfähigkeit <strong>von</strong> <strong>Halbleitern</strong><br />
Vorbemerkung: Mehrere der Versuche im FP des Instituts für Angewandte Physik zielen auf<br />
das Verständnis verschiedener Effekte <strong>und</strong> Phänomene aus dem Bereich Halbleiterphysik in<br />
Übereinstimmung mit der Hauptarbeitsrichtung des Instituts <strong>und</strong> der Anwendung in der<br />
Industrie, wie z.B. die Versuche pn-Übergang, Solarzelle, <strong>Halleffekt</strong>,<br />
Lumineszenzspektroskopie, Photoleitfähigkeit oder Halbleiterspektroskopie. Die Mehrzahl<br />
der Studierenden führt die Versuche zum FP im 5. oder 6. Semester durch. Das ist im<br />
Hinblick auf die Dauer des Studiums sinnvoll, hat aber das Problem, dass die<br />
Festkörperphysik (Physik V) oft erst im gleichen Semester gehört wird, sodass insbesondere<br />
zu Beginn dieses Semesters noch kaum Festkörperkenntnisse vorliegen. Dieses Problem<br />
sollen die nachfolgenden Ausführungen beheben. Der Aufbau ist folgendermaßen:<br />
Die zur Vorbereitung dienenden Informationen zu den Halbleiterphysik-Versuchen sind<br />
modular aufgebaut. Zunächst werden Gr<strong>und</strong>lagen des Bändermodells eingeführt. Diese sind<br />
für alle oben genannten Versuche identisch. Dann folgen weiterführende Abschnitte, die für<br />
die jeweiligen Versuche spezifisch sind, z.B. pn Übergang <strong>und</strong> Zenereffekt für den Versuch<br />
„pn-Übergang“, elektrische Leitfähigkeit <strong>und</strong> <strong>Halleffekt</strong> für den Versuch <strong>Halleffekt</strong> oder<br />
optische Eigenschaften <strong>und</strong> Excitonen für den Versuch Halbleiterspektroskopie.<br />
Die Kenntnis der hier dargestellten Gr<strong>und</strong>lagen ist Voraussetzung für die sinnvolle<br />
Durchführung des Versuchs <strong>und</strong> wird in der Besprechung vor Versuchsbeginn mit dem<br />
Assistenten überprüft. Der Text der Vorbereitung soll selbst verfasst sein, kurz auf die<br />
Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> auf die zu Beginn des Aufgabenblattes gestellten Fragen eingehen. Es ist<br />
nicht nötig, den ganzen Text aus der Vorbereitungsmappe abzuschreiben oder zu kopieren. Es<br />
ist verboten, Vorbereitungstexte „alter Meister“ aus dem Netz auszudrucken, da der<br />
Lerneffekt dieses Verfahrens Null ist <strong>und</strong> die Texte im Netz erfahrungsgemäß mit Fehlern<br />
behaftet sind.<br />
Da die hier angegebenen Darstellungen sehr elementar <strong>und</strong> knapp sind <strong>und</strong> i.a. ohne Beweise<br />
erfolgen, sondern mit dem Ziel, den Sinn <strong>und</strong> Zweck der Versuche nachvollziehen zu können,<br />
ersetzen sie nicht die Teilnahme an der Vorlesung Physik V <strong>und</strong> eine intensive weitere<br />
Beschäftigung mit der Festkörperphysik. Weiterführende Literatur zu den Versuchen ist am<br />
Ende der Aufgabenblätter angegeben <strong>und</strong> entweder mit beigeheftet oder in der<br />
Fakultätsbibliothek verfügbar.<br />
1. Kristallstruktur<br />
Wir betrachten zunächst <strong>und</strong> im Folgenden, soweit nicht anders vermerkt, kristalline<br />
Festkörper, die sich durch eine räumlich periodische Anordnung der Atome auszeichnen. Die<br />
r<br />
(primitive) Einheitszelle wird aufgespannt durch drei nicht koplanare Basisvektoren a i. Eine<br />
Translation, die den Kristall in sich selbst überführt, lässt sich schreiben als<br />
r<br />
R<br />
3<br />
∑ = ni<br />
i=<br />
1<br />
r<br />
a i<br />
mit n i =0, ±1, ±2,… (1)<br />
r<br />
Die ai<br />
spannen ein abstraktes Punktgitter im Ortsraum auf, das sog. Kristallgitter. Die<br />
Kristallstruktur besteht aus diesem abstrakten Punktgitter <strong>und</strong> der sog. Basis, die angibt, an<br />
1
welchen Plätzen in der Einheitszelle die einzelnen Atome sitzen. Es können unterschiedliche<br />
Kristallstrukturen für das gleiche Punktgitter auftreten, so haben z.B. Diamant, Zinkblende<br />
oder Kochsalz ein kubisch flächenzentriertes Punktgitter, aber durchaus unterschiedliche<br />
Kristallstrukturen.<br />
Neben dem abstrakten Punktgitter im Ortsraum definiert man ein Punktgitter im reziproken<br />
r<br />
Raum, das sog. reziproke Gitter, aufgespannt durch die Vektoren b i mit<br />
r<br />
b 1<br />
2π<br />
r<br />
r<br />
= a 2×<br />
a3<br />
VEZ<br />
<strong>und</strong> zyklisch (2)<br />
sodass gilt:<br />
r<br />
a<br />
r<br />
i ⋅b j<br />
= 2πδij<br />
. (3)<br />
r<br />
Dabei ist V ez das Volumen der Einheitszelle im Ortsraum. Ein Translationsvektor G<br />
reziproken Gitter schreibt sich somit<br />
im<br />
r<br />
G<br />
= 3 i 1<br />
=<br />
∑<br />
r<br />
h i b i<br />
mit h i =0,±1,±2,… (4)<br />
Man definiert im reziproken Gitter sogenannte Brillouin-Zonen (BZ). Die erste Zone besteht<br />
aus allen Punkten des reziproken Raumes, die dem Ursprung (dem sog. Γ-Punkt) näher liegen<br />
r<br />
als allen anderen Punkten G .<br />
Für eine einfache kubische Kristallstruktur mit der Gitterkonstanten a erstreckt sich die erste<br />
BZ in alle drei Richtungen des reziproken Raumes <strong>von</strong><br />
π<br />
− ≤<br />
a<br />
ki<br />
≤<br />
π<br />
a<br />
i=x,y,z (5)<br />
2. Die Zustände der Elektronen im Festkörper<br />
2.1 Das Potentialtopfmodell<br />
Die einfachste Vorstellung des Elektronensystems in einem Festkörper ist das Sommerfeldoder<br />
Potentialtopfmodell. Hier geht man da<strong>von</strong> aus, dass der Kristall einen Potentialtopf mit<br />
einer Tiefe V 0 darstellt, dessen Zustände bis zur Fermi-Energie E F aufgefüllt sind.<br />
Fig. 2.1: Das Potentialtopfmodell für einfache Metalle.<br />
2
r<br />
r<br />
Der Abstand <strong>von</strong> E F zum Vakuumniveau ist die Austrittsarbeit der Elektronen Φ.<br />
Mit diesem Modell lassen sich einige Eigenschaften einfacher Metalle erklären, wie ihre<br />
spezifische Wärme, ihre elektrische Leitfähigkeit oder ihr Paramagnetismus.<br />
In diesem Modell ist aber die Existenz <strong>von</strong> <strong>Halbleitern</strong> oder Isolatoren nicht erklärbar. Dazu<br />
bedarf es des nachfolgend erläuterten Bändermodells.<br />
2.2 Das Bändermodell<br />
Das Auftreten <strong>von</strong> Energiebändern, die <strong>von</strong> sog. verbotenen Zonen oder Energielücken<br />
getrennt sind (englisch „gap“), in denen keine stationären, propagierenden<br />
Elektronenzustände existieren (Fig. 2.2), lässt sich verstehen ausgehend <strong>von</strong> freien Elektronen<br />
<strong>und</strong> <strong>von</strong> den Orbitalen der Atome, aus denen der Kristall aufgebaut ist. Die zugehörigen<br />
Methoden der Bandstrukturrechnung sind bekannt unter Namen wie NFE (nearly free<br />
r<br />
r<br />
electrons), OPW (orthogonalized plane waves), APW (augmented plane waves) <strong>und</strong> k ⋅ p<br />
r<br />
r<br />
(nach dem Produkt aus Wellenvektor k <strong>und</strong> Impulsoperator p ) bzw. LCAO (linear<br />
combination of atomic orbitals) oder tight binding approach.<br />
Fig. 2.2: Entwicklung des reduzierten Zonenschemas (b), ausgehend <strong>von</strong> freien Elektronen in<br />
einem schwachen periodischen Potential (a) oder <strong>von</strong> Atomorbitalen (d, c).<br />
Wir beginnen mit freien Elektronen. Wenn sich diese über einem konstanten Potential V 0<br />
bewegen, haben sie (nichtrelativistisch) die Energiedispersion<br />
mit ebenen Wellen als Eigenfunktionen<br />
r<br />
r<br />
k<br />
E(<br />
k ) = E +<br />
(6)<br />
3<br />
0<br />
2<br />
2<br />
h<br />
2m e<br />
r 1 ikr<br />
Ψ ( ) = e . (7)<br />
k<br />
Ω<br />
r<br />
Dabei sind 1/ Ω der Normierungsfaktor <strong>und</strong> k der Wellenvektor mit k = 2π / λ .<br />
Die Dispersion freier Elektronen zeigt die gestrichelte Linie in Fig. 2.2a.
Die ebene Welle ist gleichzeitig Eigenfunktion des Impulsoperators i<br />
h grad mit dem<br />
r<br />
Impulseigenwert h k.<br />
Der Fall freier Elektronen im konstanten Potential entspricht dem<br />
Potentialtopfmodell unter Kap. 2.1.<br />
Wir betrachten jetzt ein schwaches periodisches Potential längs der x-Achse <strong>und</strong> lassen eine<br />
ebene Welle in x − Richtung auf dieses Potential auftreffen (Fig. 2.3)<br />
Fig. 2.3: Ein schwaches eindimensionales periodisches Potential V(x) <strong>und</strong> die Aufenthaltswahrscheinlichkeit<br />
der beiden Lösungen.<br />
Dann wird an jedem Potential die ebene Welle etwas gestreut. Die Streuwellen interferieren<br />
für einen allgemeinen Wert <strong>von</strong> k x weitgehend destruktiv, d.h. für ein solches k werden<br />
Eigenenergie <strong>und</strong> Eigenfunktion (6) <strong>und</strong> (7) nicht wesentlich verändert.<br />
Es gibt aber bestimmte k x -Werte, für die sich die rückgestreuten Wellen konstruktiv<br />
überlagern. Diese sind für unser Beispiel gegeben durch<br />
oder<br />
nλ = 2a<br />
(8)<br />
k x<br />
π = n ⋅ mit n = ±1, ±2…. (9)<br />
a<br />
Das sind gerade die Grenzen der 1. <strong>und</strong> der höheren BZ in einem einfach kubischen Gitter aus<br />
r<br />
(5). Der reziproke Raum ist also der Raum, in dem die k -Vektoren aufgetragen werden.<br />
Die Überlagerung der einfallenden mit der rücklaufenden Welle führt zu einer stehenden<br />
λ Welle. Diese hat für gleiches bzw. k zwei Lösungen, die sin k x x <strong>und</strong> die cos k x x Lösung. Bei<br />
r<br />
2 2<br />
h k<br />
gleicher kinetischer Energie ist die potentielle Energie der Zustände mit großer<br />
2m<br />
Aufenthaltswahrscheinlichkeit im Bereich der Potentialminima kleiner als die der anderen<br />
Lösung. Deshalb bilden sich an den Rändern der Brillouin Zonen zwei Lösungen<br />
unterschiedlicher Gesamtenergie <strong>und</strong> damit Energielücken aus (durchgezogene Linie in Fig.<br />
2.2a).<br />
4
steckt<br />
r<br />
r<br />
r<br />
r<br />
r<br />
Da sich ein Wellenpaket, aufgebaut aus stehenden Wellen, auch nicht bewegt <strong>und</strong> damit die<br />
Gruppen Geschwindigkeit v g null wird, d.h.<br />
v<br />
g<br />
=<br />
1 ∂E<br />
⋅<br />
∂k<br />
h<br />
x<br />
= 0<br />
, (10)<br />
muss die Dispersionskurve mit waagrechter Tangente auf den Zonenrand zulaufen.<br />
Geht man statt <strong>von</strong> freien Elektronen <strong>von</strong> Atomorbitalen aus, so hat man zunächst bei großem<br />
Abstand zwischen den Atomen die scharf definierten δ-förmigen Energieterme (Fig. 2.2d).<br />
Mit abnehmendem Abstand fangen die Atomorbitale an zu überlappen. Diese<br />
Wechselwirkung führt zu einer Aufspaltung in Bänder (Fig. 2.2c). Die Bandbreite wächst mit<br />
weiter abnehmendem Abstand, da dann die beteiligten Wellenfunktionen zunehmend<br />
überlappen.<br />
Die genauere Untersuchung ergibt das sog. (Ewald-)Bloch Theorem:<br />
In einem periodischen Potential sind die Wellenfunktionen der Elektronen sog. Blochwellen<br />
1<br />
r<br />
r<br />
ikr<br />
Ψ ( ) = e u (<br />
) , (11)<br />
k<br />
k<br />
Ω<br />
r<br />
r<br />
r<br />
r<br />
dabei ist u ( + R)<br />
= u (<br />
) , d.h. gitterperiodisch. (12)<br />
k<br />
k<br />
r<br />
In u k<br />
(r)<br />
die Information über die durch chemische Bindung <strong>und</strong> Wechselwirkung<br />
veränderten Atomorbitale, während die Exponentialfunktion den Charakter der ebenen Welle<br />
repräsentiert. In der Blochwelle sind somit beide obigen Ansätze vereint.<br />
Für die Energieeigenwerte gilt:<br />
r<br />
r<br />
r<br />
E( k ) = E(<br />
k + G)<br />
. (13)<br />
Das erlaubt einerseits, die Dispersion <strong>von</strong> Fig. 2.2a periodisch fortzusetzen oder alle Äste mit<br />
r<br />
geeigneten Vektoren G des reziproken Gitters in die erste Brillouin Zone zu schieben. Das<br />
liefert das sog. reduzierte Zonenschema <strong>von</strong> Fig. 2.2b, das man offenbar sowohl <strong>von</strong> dem<br />
Ansatz nach Fig. 2.2a als auch 2.2d erreicht.<br />
r<br />
Das Bändermodell lässt sich im k<br />
(Fig. 2.4)<br />
– oder reziproken Raum darstellen, oder im Ortsraum.<br />
r<br />
Fig. 2.4: Darstellung der Bandstruktur im k<br />
5<br />
- Raum (a) <strong>und</strong> im Ortsraum (b).
Je nach Problemstellung wählt man die eine oder andere Darstellung.<br />
Wir besetzen nun für T = 0 K die Zustände gemäß Fermi-Dirac Statistik mit den im Kristall<br />
vorhandenen Elektronen. Dieser Auffüllprozess kann so ausgehen, dass man eine Reihe<br />
vollständig gefüllter Bänder erhält <strong>und</strong> darüber ein (oder mehrere) teilweise gefüllte Bänder.<br />
Solche Substanzen sind Metalle. Sie haben für T → 0 eine endliche (oder bei Supraleitern eine<br />
unendliche) elektrische Leitfähigkeit. Gr<strong>und</strong>: In einem teilweise besetzten Band kann ein<br />
Elektron unter beliebig kleiner Energiezufuhr an der Grenze zwischen besetzten <strong>und</strong><br />
unbesetzten Zuständen <strong>von</strong> einem Ort an einen anderen Ort transportiert werden. Da das Band<br />
im Sommerfeldmodell immer nur teilweise besetzt ist, lassen sich damit, wie schon erwähnt,<br />
nur Metalle beschreiben.<br />
Gibt es nach Auffüllen aller Zustände bei T = 0 K nur vollständig gefüllte Bänder, dann eine<br />
Bandlücke <strong>und</strong> darüber vollständig leere Bänder, so hat das Material für T → 0 die elektrische<br />
Leitfähigkeit σ = 0, da vollständig leere Bänder trivialerweise nicht zur elektrischen<br />
Leitfähigkeit beitragen können, vollständig besetzte ebenfalls nicht aufgr<strong>und</strong> des<br />
Pauliprinzips. Die öfters <strong>und</strong> auch in manchen Lehrbüchern vertretene Auffassung, dass<br />
Elektronen in Leitungsband frei beweglich sind, Elektronen in Valenzbändern dagegen fest an<br />
die Atome geb<strong>und</strong>en seien, ist falsch. Dann dürfte es nämlich auch keine Löcher- oder p-<br />
Leitung geben (siehe unten).<br />
Hier gleich ein Hinweis zur Nomenklatur: alle bei T = 0 K vollständig besetzten Bänder<br />
heißen Valenzbänder, alle teilweise besetzten oder leeren Bänder heißen Leitungsbänder.<br />
Beträgt die Lücke E g zwischen dem höchsten gefüllten Valenzband (VB) <strong>und</strong> dem niedrigsten<br />
leeren Leitungsband (LB)<br />
0 < ≤ 4 eV , (14)<br />
E g<br />
so handelt es sich um einen Halbleiter (HL) <strong>und</strong> für<br />
E g ≥ 4 eV<br />
(15)<br />
um einen Isolator. Die Grenze zwischen HL <strong>und</strong> Isolator ist fließend. So verhält sich Diamant<br />
mit E g ≈ 5.5 eV noch wie ein typischer Halbleiter.<br />
Die HL selbst werden noch eingeteilt in schmallückige HL (narrow gap semiconductors)<br />
für<br />
0 < E g ≤ 0, 5eV<br />
, (16)<br />
in „normale“ HL für<br />
<strong>und</strong> in breitlückige HL (wide gap semiconductors)<br />
0,5eV ≤ Eg ≤ 2 eV<br />
(17)<br />
E g > 2 eV , (18)<br />
die besonders in den letzten Jahren wieder <strong>von</strong> verstärktem wissenschaftlichen Interesse sind.<br />
Berühren sich VB <strong>und</strong> LB, d.h. ist E g = 0, so spricht man <strong>von</strong> Halbmetallen.<br />
6
Fig. 2.5: Typische Bandstruktur <strong>von</strong> <strong>Halbleitern</strong> mit tetraedrischer Koordination mit Details<br />
(nach O. Madelung)<br />
In Fig. 2.5 ist eine typische Bandstruktur <strong>von</strong> kubischen <strong>Halbleitern</strong> mit tetraedrischer<br />
Koordination dargestellt. Die Komplexität der Bandstruktur rührt neben dem periodischen<br />
Potential im Wesentlichen <strong>von</strong> der Rückfaltung der parabolischen Dispersion nach (13) in die<br />
erste BZ her.<br />
Es sind einige Details gezeigt. Liegen die globalen Extrema <strong>von</strong> VB <strong>und</strong> LB beim gleichen<br />
r<br />
r<br />
k -Vektor in der 1. BZ (meist, aber nicht immer bei k = 0 ), so spricht man <strong>von</strong> einem<br />
direkten HL oder einem HL mit direkter Lücke, da der optische Übergang zwischen den<br />
r<br />
Bandextrema direkt mit einem Photon ( k ≈ 0 ) möglich ist (z.B. GaAs). Liegen die Extrema<br />
r<br />
bei unterschiedlichen k -Werten, so ist der HL „indirekt“, da zusätzlich zu dem Photon noch<br />
r<br />
ein Phonon zur ħ (Quasi-)Impuls– oder k –Erhaltung nötig ist (z.B. Si oder Ge).<br />
2.3 Die Zustandsdichte<br />
Wie aus der Quantenmechanik bekannt (Theorie D), benötigt jeder Zustand im k–Raum pro<br />
Richtung ein Volumen (Normierung in einer Box)<br />
π<br />
τ = . (19a)<br />
l<br />
d k<br />
Im üblichen dreidimensionalen k–Raum bedeutet dies<br />
3<br />
3 π π<br />
τ = = . (19b)<br />
3<br />
l V<br />
d k 3<br />
7
In einer Kugelschale im k–Raum mit Radius k <strong>und</strong> Dicke dk haben somit<br />
Zustände Platz.<br />
2<br />
V 4k<br />
dk<br />
N ( k)<br />
dk = (19c)<br />
2<br />
π<br />
Diese Überlegung lässt sich für d-dimensionale Systeme verallgemeinern <strong>und</strong> man findet<br />
N(k)dk ∼ l d k d-1 dk für d = 1,2,3,… (19d)<br />
Dieses Ergebnis in Polarkoordinaten im d-dimensionalen k-Raum gilt für alle freien Teilchen,<br />
die sich durch einen ebenen Wellenfaktor beschreiben lassen wie Photonen, Elektronen oder<br />
Excitonen.<br />
Für viele Anwendungen benötigt man die Zustandsdichte D nicht im k -Raum, sondern in<br />
Abhängigkeit <strong>von</strong> der Energie, D(E). Hier geht die jeweilige Dispersionskurve der (Quasi-)<br />
Teilchen bzw. der Quanten der elementaren Anregungen wie Phononen, Magnonen,<br />
Plasmonen oder Excitonen ein. Aus N(k) dk lässt sich formal D(E) berechnen gemäß<br />
dk<br />
1 1<br />
D( E) dE = N( k( E)) dE = N( k( E)) dE = N( r<br />
k( E))<br />
dE<br />
dE<br />
grad E( k)<br />
dE<br />
dk<br />
1<br />
= N( kE ( )) dE . (20)<br />
ν<br />
g<br />
k<br />
Offensichtlich hängt D(E) <strong>von</strong> der Dispersion E( k ) bzw. der Umkehrfunktion k (E) ab.<br />
Wir konzentrieren uns im Folgenden auf sog. effektive Masse-Teilchen, das sind alle Teilchen<br />
oder Anregungsquanten mit einer quadratischen Dispersionsrelation<br />
r<br />
E(k<br />
)<br />
2<br />
2<br />
2<br />
k p<br />
= =<br />
(21)<br />
h 2m<br />
2m<br />
(Interessierte können eine lineare Dispersionsrelation E ∼ k untersuchen <strong>und</strong> damit die<br />
Hohlraumstrahlung oder die spezifische Wärme des Phononensystems in Debye-Näherung<br />
herleiten.)<br />
Ohne uns um Vorfaktoren zu kümmern, liefert das Einsetzen <strong>von</strong> (21) in (20)<br />
D(E) dE ∼<br />
d 1<br />
E<br />
2 − dE . (22)<br />
Im Dreidimensionalen erhält man somit eine wurzelförmige Zustandsdichte, in zwei<br />
Dimensionen (eine Reihe <strong>von</strong>) Stufenfunktionen (Heavyside-Funktionen), in einer Dimension<br />
1<br />
eine -Abhängigkeit <strong>und</strong> im Nulldimensionalen, das nicht durch (22) abgedeckt ist, eine<br />
E<br />
Reihe <strong>von</strong> δ-Funktionen. Dies ist nicht neu <strong>und</strong> entspricht z.B. den diskreten Termschemata<br />
<strong>von</strong> Atomen oder <strong>von</strong> Teilchen im dreidimensionalen Potentialkasten.<br />
8
In Fig. 2.6 sind die Zustandsdichte für d = 0,1,2,3 graphisch dargestellt.<br />
Fig. 2.6: Die Zustandsdichte in Abhängigkeit <strong>von</strong> der Energie für effektive Masse Teilchen für<br />
d= 0,1,2,3.<br />
Für einen dreidimensionalen Halbleiterkristall ergibt sich nach (22) eine wurzelförmige<br />
Zustandsdichte z.B. für Elektronen, Löcher oder Excitonen, soweit sie eine parabolische<br />
Dispersion aufweisen, siehe Gl. (21).<br />
3. Halbleiterstrukturen reduzierter Dimensionalität<br />
Die Untersuchung <strong>von</strong> Halbleiterstrukturen reduzierter Dimensionalität stellt seit etwa vier<br />
Jahrzehnten ein auch anwendungstechnisch zunehmend wichtiges Forschungsgebiet dar.<br />
Fortgeschrittene Wachstumsverfahren (Epitaxie wie die Molekularstrahl-Epitaxie (MBE) oder<br />
die metallorganische chemische Gasphasenabscheidung (MOCVD, MOVPE)) erlauben es,<br />
Halbleiterkristalle (fast) atomlagenweise zu wachsen. Das erlaubt z.B. sog. Quantentröge<br />
(quantum wells, QW) herzustellen. Man wächst eine dünne Schicht (l z ≈ 10nm) eines<br />
Materials mit kleiner Bandlücke (z.B. GaAs), den sog. Quantentrog oder –film, zwischen<br />
dickere Schichten mit größerer Bandlücke, den sog. Barrieren (z.B. Al 1-y Ga y As).<br />
Das ergibt in Wachstums- oder z-Richtung folgende Anordnung der Leitungs- <strong>und</strong><br />
Valenzbandkanten (Fig. 3.1):<br />
9
Fig. 3.1:Die Leitungs- <strong>und</strong> Valenzbandkanten einer Heterostruktur mit Typ I Bandanordnung.<br />
Material I mit kleiner Bandlücke (Quantentrog, QW), Material II mit größerer<br />
Bandlücke (Barriere).<br />
Offenbar können Elektronen <strong>und</strong> Löcher in den Trog eingefangen werden. Sie können sich<br />
dann nur noch in der Ebene der Quantentröge, d.h. hier in der Ebene senkrecht zur<br />
Zeichenebene, als freie Teilchen bewegen; in z-Richtung sind die Zustände quantisiert. Das<br />
einschließende Potential ergibt sich aus der Differenz der LB- <strong>und</strong> VB-Energien <strong>von</strong><br />
Quantentrog- <strong>und</strong> Barrierenmaterial.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der Bewegungseinschränkung auf 2 Dimensionen spricht man <strong>von</strong> einem<br />
zweidimensionalen (2D) Elektronengas (2DEG) bzw. zweidimensionalen Lochgas.<br />
Halbleiterstrukturen, die aus verschiedenen Materialien aufgebaut sind, heißen Halbleiter-<br />
Heterostrukturen. Der Fall einer Halbleiterheterostruktur für hochbewegliche 2D-<br />
Elektronengase wird in Kapitel 9 behandelt.<br />
4. Dotierung, Elektronen <strong>und</strong> Löcher<br />
Wir verlassen nun den Fall T=0 <strong>und</strong> überlegen, wie man eine endliche Anzahl <strong>von</strong> Elektronen<br />
im LB oder <strong>von</strong> unbesetzten Zuständen im VB erzeugen kann, wie also im HL eine endliche<br />
Leitfähigkeit erzeugt werden kann. Dazu führen wir zunächst den Begriff des Lochs ein. Ein<br />
vollbesetztes VB enthält ca. 10 23 Elektronen/cm 3 . Entfernen wir daraus ein Elektron, so<br />
können wir entweder die (10 23 -1) verbleibenden Elektronen betrachten oder den einen<br />
unbesetzten Platz. Letzteres ist offensichtlich einfacher <strong>und</strong> führt zum Konzept der<br />
Defektelektronen bzw. Löcher. Ein Loch ist ein unbesetzter Zustand in einem ansonsten fast<br />
vollständig gefüllten Band. Elektrische Ladung, Spin <strong>und</strong> Impuls sind entgegengesetzt zu<br />
denen des fehlenden Elektrons, da diese Werte für ein gefülltes Band Null sind. Das Loch hat<br />
somit eine positive Ladung <strong>und</strong> trägt zum Stromtransport bei (Löcherleitung).<br />
Zusammenfassend können wir folgendes festhalten: Elektronen <strong>und</strong> Löcher im HL-Kristall<br />
sind sog. Quasiteilchen, die nur im Kristall existieren. Sie sind charakterisiert durch ihre<br />
r<br />
r<br />
Dispersionsrelation E( k ) durch h<br />
ihren Quasiimpuls k . Quasiimpuls deshalb, weil k nur<br />
r<br />
h<br />
r<br />
modulo der b i<br />
erhalten ist <strong>und</strong> weil Blochwellen keine Eigenfunktionen des Impulsoperators<br />
sind. Dennoch gilt z.B. in Streuprozessen im Kristall ein Erhaltungssatz für die Summe aller<br />
r<br />
r<br />
± G h .<br />
k i<br />
( )<br />
10
Weiter werden Elektronen <strong>und</strong> Löcher durch ihre effektiven Massen charakterisiert. Die<br />
effektive Masse wird durch folgende Überlegung eingeführt:<br />
Für Transporteigenschaften bildet man durch die Überlagerung <strong>von</strong> Bloch-Wellen<br />
Wellenpakete. Diese bewegen sich mit ihrer Gruppengeschwindigkeit<br />
v g<br />
1 ∂E<br />
=<br />
h ∂k<br />
∂ω<br />
= . (27)<br />
∂k<br />
r<br />
Siehe auch (10). Eine äußere Kraft (z.B. äußeres E<br />
r<br />
– oder B –Feld) ändert v<br />
g<br />
gemäß<br />
∂vg<br />
a =<br />
∂t<br />
2<br />
1 ∂ E<br />
=<br />
∂k∂t<br />
h<br />
2<br />
1 ∂ E ∂k<br />
=<br />
2<br />
∂k<br />
∂t<br />
h<br />
=<br />
h<br />
1<br />
2<br />
2<br />
∂ E ∂hk<br />
. (28)<br />
2<br />
∂k<br />
∂t<br />
k ∂h<br />
r<br />
Dabei ist a die Beschleunigung, die Impulsänderung gibt die Kraft F .<br />
∂t<br />
1<br />
Vergleich mit<br />
a = F<br />
(29)<br />
m<br />
führt zum Konzept der effektiven Masse <strong>von</strong> Elektronen <strong>und</strong> Löchern, mit der sie auf eine<br />
äußere Kraft reagieren <strong>und</strong> die gegeben ist durch<br />
1<br />
m<br />
e,<br />
h<br />
=<br />
1<br />
h<br />
2<br />
2<br />
r<br />
∂ E(<br />
k )<br />
∂k<br />
2<br />
=<br />
1<br />
h<br />
2<br />
2<br />
r<br />
∂ E(<br />
k )<br />
∂k<br />
∂k<br />
i<br />
j<br />
. (30)<br />
Die allgemeinere Schreibweise in (30) zeigt, dass es sich um eine Tensorgröße handeln kann.<br />
Die effektiven Massen sind also umso kleiner, je größer die Bandkrümmung ist. Das ist ein<br />
sehr sinnvolles Konzept, denn wir hatten weiter oben festgestellt, dass die Breite der Bänder<br />
<strong>und</strong> damit ihre Krümmung umso größer wird, je größer der Überlapp benachbarter<br />
Wellenfunktionen ist. Andererseits kann sich ein Elektron oder Loch umso leichter durch den<br />
Kristall bewegen, je größer dieser Überlapp ist.<br />
Wir betrachten noch einmal Fig. 2.4 a).<br />
In kubischen <strong>Halbleitern</strong> findet man oft, dass das Valenzband bei k = 0 durch die Spin-Bahn<br />
Wechselwirkung ∆ SO in zwei Teilbänder aufgespalten ist. Das obere ist bei k = 0 vierfach<br />
3<br />
entartet (J = L+S = h ) <strong>und</strong> spaltet für k ≠ 0 in zwei je zweifach entartete Bänder auf. Da<br />
2<br />
diese unterschiedliche Krümmung besitzen, werden sie als schweres <strong>und</strong> leichtes Lochband<br />
(hh <strong>und</strong> lh) bezeichnet. Das Spin-Bahn abgespaltene Band (J=L+S= ½ ) ist nur zweifach<br />
entartet. In einachsigen Kristallen wie GaN, ZnO, CdS, CdSe,… ist die vierfache Entartung<br />
durch das hexagonale Kristallfeld schon bei k = 0 aufgehoben. Man hat daher bei k = 0 drei<br />
zweifach entartete Valenzbänder, die <strong>von</strong> oben nach unten üblicherweise als A, B <strong>und</strong> C<br />
Valenzband bezeichnet werden.<br />
Für tiefe Atomorbitale (z.B. 1s) geht der Überlapp gegen Null <strong>und</strong> die effektive Masse gegen<br />
∞. Für solche (<strong>und</strong> nur für solche) Elektronen kann man sagen, dass sie fest an ein Atom<br />
geb<strong>und</strong>en sind.<br />
Die Effekte, die uns im Folgenden interessieren, spielen sich ganz überwiegend im Maximum<br />
des obersten VB <strong>und</strong> im Minimum des tiefsten LB ab. In diesen Bereichen ist die Dispersion<br />
parabolisch <strong>und</strong> damit die effektive Masse konstant. Dies führt zur Effektiv-Massen-<br />
Näherung, in der Elektronen <strong>und</strong> Löcher als freie Teilchen mit Ladung ±e, Quasiimpuls<br />
h<br />
r<br />
k<br />
<strong>und</strong> konstanter effektiver Masse m e,h betrachtet werden.<br />
11
Elektronen <strong>und</strong> Löcher sind Einteilchenzustände oder die Lösungen des N±1<br />
Teilchenproblems in folgendem Sinne:<br />
Bringt man in einen Kristall mit einem mit N Elektronen voll besetzten Valenzband ein<br />
weiteres (das N+1 Teilchen), so stehen für dieses gerade die LB Zustände zur Verfügung.<br />
Entfernt man ein Elektron (N-1 Teilchen), so kommt dieses gerade aus den VB Zuständen.<br />
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, in einem Halbleiter Elektronen <strong>und</strong>/oder Löcher zu<br />
erzeugen.<br />
- Thermische Anregung aus dem Valenzband: bei endlicher Temperatur wird ein<br />
geringer Teil der Elektronen thermisch <strong>von</strong> VB ins LB angeregt <strong>und</strong> lässt dort Löcher<br />
zurück. Es gilt damit für die Elektronen- <strong>und</strong> Löcherkonzentration n <strong>und</strong> p<br />
n = p = n i (T). (31)<br />
Dabei ist n i (T) die sogenannte intrinsische Ladungsträgerkonzentration. In typischen<br />
<strong>Halbleitern</strong> ist n i bei Raumtemperatur (RT) sehr klein. In diesem Fall liegt die Fermi-<br />
Energie oder das chemische Potential der Elektronen etwa in der Mitte der Bandlücke.<br />
Die Begriffe „Fermi-Energie“ bzw. „Fermi-Niveau“ E F <strong>und</strong> (elektro–) chemisches<br />
Potential werden in der HL-Physik i.a. synonym gebraucht. E F gibt die Energie an, bei<br />
der die Besetzungswahrscheinlichkeit den Wert 0.5 hat, unabhängig da<strong>von</strong>, ob bei<br />
dieser Energie Zustände existieren oder nicht. Im Allgemeinen liegt E F im Halbleiter<br />
in der Energielücke.<br />
- Thermische Anregung aus Störstellen, die durch Dotierung erzeugt werden: im thermischen<br />
Gleichgewicht kann die Konzentration einer Ladungsträgersorte zu Lasten der<br />
anderen stark durch Dotierung erhöht werden. Unter Dotierung versteht man den<br />
gezielten Einbau <strong>von</strong> Fremdatomen. Donatoren (z.B. Gruppe V Elemente in Si) haben<br />
ein lokalisiertes <strong>und</strong> schwach geb<strong>und</strong>enes Elektron (Donatorniveau), das bei RT<br />
thermisch leicht ins LB angeregt werden kann gemäß<br />
D 0 ↔ D<br />
+ + e , (32)<br />
während Akzeptoren einen unbesetzten Zustand knapp über dem VB anbieten<br />
(Akzeptorniveau), der aus diesem ein Elektron aufnehmen bzw. ein Loch ins VB<br />
abgeben kann gemäß<br />
A 0 ↔ A<br />
− + h . (33)<br />
Im thermodynamischen Gleichgewicht gilt stets<br />
2<br />
i<br />
T<br />
n⋅ p = n ( ) , (34)<br />
d.h. man kann durch Dotieren nur eine Ladungsträgersorte, entweder n oder p,<br />
erhöhen (sog. Majoritätsladungsträger). Die jeweils andere Ladungsträgersorte nimmt<br />
entsprechend ab (Minoritätsladungsträger). Dotierung mit Donatoren <strong>und</strong> Akzeptoren<br />
führt über Elektron-Loch Rekombitation zur Kompensation.<br />
Gleichung (34) wird weiter unten abgeleitet. Halbleiter, in denen durch Dotierung eine<br />
Ladungsträgersorte weit überwiegt, heißen extrinsisch.<br />
12
- Optische Anregung oder Ladungsträgerinjektion: die Ladungsträgerkonzentration<br />
kann auch durch optische Anregung erhöht werden (→ Photoleitfähigkeit, Solarzelle)<br />
oder durch Injektion in einen pn Übergang (→ Gleichrichter, Solarzelle,<br />
Lumineszenz). In diesen Fällen entfernt man sich vom thermodynamischen<br />
Gleichgewicht <strong>und</strong> (34) gilt nicht mehr.<br />
p-dotierter HL<br />
LB<br />
Elektronenenergie<br />
LB<br />
n-dotierter HL<br />
Donator-<br />
Niveau<br />
E F<br />
E G<br />
E F<br />
Akzeptor-<br />
Niveau<br />
+<br />
+<br />
+ +<br />
+<br />
+<br />
VB<br />
VB<br />
Ortskoordinate<br />
Fig. 4.1: Die schematische Ladungsträgerverteilung in einem n- oder p-dotierten HL<br />
In Fig. 4.1 zeigen wir schematisch die Ladungsträgerverteilung in einem p- <strong>und</strong> in einem n-<br />
dotierten HL. Die Fermi-Energie (oder das chemische Potential) liegt bei tiefen Temperaturen<br />
zwischen der Bandkante <strong>und</strong> dem Dotierniveau <strong>und</strong> bewegt sich mit zunehmender<br />
Temperatur in Richtung Mitte der Energielücke. (Siehe Fig. 4.2)<br />
Fig. 4.2: Die Lage der Fermi-Energien in Abhängigkeit <strong>von</strong> T für einen unterschiedlich<br />
stark n– oder p–dotierten Si-Kristall. Nach Schaumberg, Halbleiter.<br />
13
Die Lage <strong>von</strong> E F ist festgelegt durch die absolute Temperatur des Halbleiters <strong>und</strong> die<br />
Elektronenkonzentration, z.B. im LB, durch das Integral<br />
∞<br />
∫<br />
( E) f ( E,<br />
E T )<br />
n = D , , dE<br />
(35)<br />
EL<br />
FD B<br />
dabei ist D(E) die Zustandsdichte, E L die Energie der Leitungsbandkante <strong>und</strong> f die<br />
Besetzungswahrscheinlichkeit für Elektronen.<br />
Die Löcherkonzentration ist dann gegeben durch<br />
p<br />
EV<br />
∫ =<br />
−∞<br />
D<br />
( E) − f ( E,<br />
E , T )<br />
F<br />
[ ]dE , (36)<br />
1 FD,<br />
B<br />
wobei im thermodynamischen Gleichgewicht E F für Elektronen, Löcher <strong>und</strong> die Besetzung<br />
der Dotierniveaus in der Energielücke das Gleiche ist.<br />
Für Elektronen ist die Besetzungwahrscheinlichkeit f die quantenstatisitsche Fermi-Dirac-<br />
Verteilung<br />
1<br />
f = f<br />
FD<br />
=<br />
. (37)<br />
( E − EF<br />
) / kB<br />
e<br />
T + 1<br />
Soweit E F weit genug in der Energielücke liegt, lässt sich (37) für die Verteilung der<br />
Ladungsträger in den Bändern durch die klassische Boltzmann-Verteilung ersetzen.<br />
F<br />
−( E−E F )/ k B T<br />
f B = e<br />
(38)<br />
Man nennt diese Näherung die Näherung der Nichtentartung <strong>und</strong> Halbleiter, die ihr genügen,<br />
nichtentartete Halbleiter. Elektronen <strong>und</strong> Löcher verhalten sich hier nicht mehr wie<br />
Quantenteilchen, sondern wie ein klassisches Gas.<br />
Die Näherung der Nichtentartung ist dann erlaubt, wenn der Abstand der Fermienergie E F<br />
<strong>von</strong> den Bandkanten E L <strong>und</strong> E V deutlich größer ist als die thermische Energie k B T. Denn dann<br />
wird die Exponentialfunktion in der Fermi-Dirac-Verteilung sehr viel größer als 1 <strong>und</strong> die<br />
„+1“ im Nenner kann vernachlässigt werden.<br />
Die folgende Tabelle zeigt den relativen Fehler der Boltzmann–Näherung für verschiedene<br />
Werte des Energieabstands E - E F in Einheiten <strong>von</strong> k B T.<br />
Energieabstand E - E F / k B T 2 3 4 5<br />
Relativer Fehler zur Fermi-Dirac-Verteilung<br />
In Prozent<br />
13,5 5,0 1,8 0,67<br />
Bei einem Energieabstand <strong>von</strong> 4 k B T, das sind bei Raumtemperatur 0,1 eV, ist der Fehler also<br />
schon kleiner als 2%. Der Vergleich mit Fig. 4.2 zeigt, dass alle Halbleiter, die nicht sehr<br />
hoch dotiert sind, der Nichtentartungsnäherung genügen (n, p < 10 17 -10 18 cm -3 bei RT).<br />
14
5. Die Ladungsträgerkonzentration im nichtentarteten Halbleiter<br />
Der Vorteil der Nichtentartung ist, dass sich die Integrale (35) <strong>und</strong> (36) für die Ladungsträgerkonezentrationen<br />
n <strong>und</strong> p analytisch berechnen lassen.<br />
Denn (35) <strong>und</strong> (36) vereinfachen sich mit der Boltzmannverteilung zu<br />
<strong>und</strong><br />
∞<br />
E EF<br />
⎫<br />
⎧ −<br />
n = Dn<br />
( E) ⋅ exp − dE<br />
(39a)<br />
k T<br />
EL<br />
∫<br />
EV<br />
∫<br />
−∞<br />
⎩<br />
⎨<br />
B<br />
B<br />
⎭<br />
⎬<br />
⎫<br />
⎧<br />
⎭ ⎬ ⎨<br />
⎩<br />
p =<br />
EF<br />
− E<br />
Dp<br />
( E) ⋅ exp − dE .<br />
k T<br />
(39b)<br />
Die Lösung dieser Integrale durch Substitution ergibt (siehe Anhang A1):<br />
<strong>und</strong><br />
⎫<br />
⎧ EL<br />
− EF<br />
=<br />
⎬<br />
⎨<br />
n N L ⋅ exp −<br />
mit<br />
k T ⎩<br />
⎭<br />
⎫<br />
⎧ EF<br />
− EV<br />
=<br />
⎬<br />
⎨<br />
p NV ⋅ exp −<br />
mit<br />
k T ⎩<br />
⎭<br />
B<br />
B<br />
*<br />
n<br />
3 2<br />
⎞ ⎛<br />
⎟ ⎜<br />
h ⎠ ⎝<br />
m kBT<br />
N L : = 2<br />
2<br />
2π (40a)<br />
*<br />
p kB<br />
2<br />
h π<br />
3 2<br />
⎞ ⎛<br />
⎟ ⎜<br />
⎟<br />
m T<br />
NV : = 2<br />
2<br />
. (40b)<br />
⎜<br />
⎝<br />
⎠<br />
N L <strong>und</strong> N V heißen effektive Zustandsdichten <strong>und</strong> sind bei Raumtemperatur <strong>von</strong> der<br />
Größenordnung 10 18 cm -3 . Die Ausdrücke für n <strong>und</strong> p hängen offensichtlich <strong>von</strong> der Fermi-<br />
Energie E F ab <strong>und</strong> sind daher ohne Kenntnis <strong>von</strong> E F nicht auswertbar.<br />
Interessanterweise fällt die Fermi-Energie bei der Produktbildung jedoch heraus:<br />
n ⋅ p = N<br />
L<br />
⋅ N<br />
V<br />
⎫ ⎧ ⎫<br />
⎧ ⎫<br />
⎧ EL<br />
− EF<br />
EF<br />
− EV<br />
E<br />
⋅ −<br />
⎬<br />
⋅ − = N N ⋅ ⎨ −<br />
G<br />
exp exp<br />
L V exp ⎬ (41)<br />
k T<br />
k T<br />
k T<br />
⎭<br />
⎩ ⎭<br />
⎩<br />
⎨<br />
B<br />
⎭<br />
⎬<br />
⎩<br />
⎨<br />
B<br />
B<br />
mit der Bandlücke EG : = EL − EV.<br />
Diese Gleichung besagt, dass n <strong>und</strong> p nicht unabhängig <strong>von</strong>einander sind, sondern direkt<br />
reziprok zueinander.<br />
Ist die Dotierung vernachlässigbar, so stammen alle freien Ladungsträger aus der thermischen<br />
Anregung vom VB ins LB, <strong>und</strong> es gilt: n = p .<br />
Die intrinsische Ladungsträgerkonzentration n = p folgt dann sofort aus dem Produkt (41)<br />
i<br />
i<br />
2<br />
i<br />
n ⋅ p = n ⋅ p = n zu<br />
i<br />
i<br />
⎫<br />
⎫ ⎧ E<br />
⎧ = ⋅ = ⋅ ⋅ −<br />
G<br />
⎬ = ⋅<br />
3 2 E<br />
A T ⋅ ⎨ −<br />
G<br />
ni<br />
( T ) n p N L NV<br />
exp<br />
exp<br />
2k<br />
T<br />
2k<br />
T<br />
⎭<br />
⎩<br />
⎨<br />
B<br />
B<br />
⎭<br />
⎬<br />
(42)<br />
⎩<br />
mit der Konstanten ( * ) 3 4 ( 2 ) 3 2<br />
* n ⋅ m p ⋅ k 2π<br />
)<br />
h<br />
A = m<br />
/( .<br />
Gleichung (42) ist die Begründung für (34).<br />
15
3 2<br />
Der Vorfaktor A ⋅ T hat bei Raumtemperatur Werte in der Größenordnung 10 18 cm -3 . Der<br />
Boltzmann-Faktor exp{-E G / 2k B T} hängt vom Verhältnis Energielücke E G zu thermischer<br />
Energie k B T ab. Für typische Halbleiter ist dieses groß (E G / 2k B T 300 = 20 für E G = 1 eV) <strong>und</strong><br />
der Boltzmann-Faktor somit klein. Die intrinsische Ladungsträgerkonzentration ist daher<br />
meist sehr viel kleiner als der Vorfaktor <strong>von</strong> 10 18 cm -3 .<br />
E G / eV n i / cm -3<br />
Ge 0,66 2,4 × 10 13 Bandlücke <strong>und</strong> intrinsische<br />
Si 1,12 1,5 × 10 10 Ladungsträgerkonzentration bei 300 K<br />
GaAs 1,42 2,1 × 10 6 für wichtige Halbleiter.<br />
Sie kann nur in der Regel in hochreinen <strong>Halbleitern</strong> mit genügend kleiner Bandlücke <strong>und</strong>/oder<br />
bei erhöhten Temperaturen tatsächlich gemessen werden.<br />
Ob ein Halbleiter intrinsische oder extrinsische Leitung zeigt, hängt also <strong>von</strong> der Höhe der<br />
Dotierung sowie <strong>von</strong> der Temperatur ab.<br />
Fig. 5.1 zeigt den Wechsel des Leitungscharakters mit der Temperatur für Germanium mit<br />
einer sehr kleinen Donatorkonzentration N D = 1µ10 13 cm -3 . Aufgetragen sind n, p <strong>und</strong> die<br />
intrinsische Konzentration n i . Die Figur links zeigt die Auftragung gegen die Temperatur T,<br />
die Figur rechts die gegen die reziproke Temperatur T -1 .<br />
Fig. 5.1: Die Ladungsträgerkonzentration in n-Germanium bei einer Donatorkonzentration<br />
<strong>von</strong> 1µ10 -13 cm -3 . Logarithmische Auftragung gegen die Temperatur (links) <strong>und</strong><br />
gegen die reziproke Temperatur (rechts).<br />
Bei tiefen Temperaturen ist der Halbleiter extrinsisch (n à p), bei hohen intrinsisch (n = p);<br />
dazwischen liegt ein Übergangsbereich. Der extrinsische Bereich wird unterteilt in Reserve<br />
<strong>und</strong> Erschöpfung. Im Reservebereich werden zunehmend Elektronen aus den Donatoren<br />
thermisch ins LB angeregt. Im Erschöpfungsbereich sind alle Donator-Elektronen ins LB<br />
abgegeben <strong>und</strong> n kann mit steigender Temperatur zunächst nicht weiter erhöht werden. Die<br />
16
Elektronenkonzentration im Leitungsband entspricht dann gerade der Donatorkonzentration<br />
N D . Erst wenn die Temperatur ausreicht, um aus dem VB merklich mehr Elektronen<br />
anzuregen (hier ab etwa 300 K), steigt die Elektronenkonzentration erneut <strong>und</strong> der Halbleiter<br />
wird intrinsisch. Technisch relevant ist der Erschöpfungsbereich, in dem die allermeisten<br />
Bauelemente betrieben werden, da ansonsten ihre Eigenschaften viel zu stark <strong>von</strong> der<br />
Temperatur abhingen.<br />
Die intrinsische Konzentration n i liegt immer zwischen n <strong>und</strong> p <strong>und</strong> ist im extrinsischen<br />
Bereich nur eine Rechengröße, die n <strong>und</strong> p verknüpft. Nur im intrinsischen Bereich entspricht<br />
n i der Ladungsträgerkonzentration.<br />
Man beachte, wie stark p im extrinsischen Bereich absinkt: Die Minoritätsladungsträger sind<br />
bei extrinsischer Leitung völlig vernachlässigbar.<br />
6. Die Bestimmung der Bandlücke aus der intrinsischen<br />
Ladungsträgerkonzentration<br />
Gleichung (42) für n i zeigt, dass die Bandlücke aus n i = n i (T) berechenbar ist. Logarithmieren<br />
ergibt<br />
3 2<br />
ln n = ln A + ln T − E / k T<br />
( ) ( )<br />
i G 2<br />
n ⎞ ⎛<br />
⎟ ln⎜<br />
2<br />
⎝ ⎠ T<br />
bzw. i = ln A E /( 2 k T )<br />
3<br />
−<br />
G<br />
B<br />
B<br />
. (43)<br />
Auftragen der linken Seite gegen 1/T ergibt also eine Gerade mit der Steigung -E G /2k B . Eine<br />
solche Auftragung zur Bestimmung der thermischen Aktivierungsenergie des Boltzmannfaktors<br />
(hier der Bandlücke) heißt Arrhenius-Darstellung. Die Arrhenius-Darstellung ergibt<br />
allerdings nur dann eine Gerade, wenn die Aktivierungsenergie nicht selbst <strong>von</strong> der<br />
Temperatur abhängt. Diese Voraussetzung ist für Halbleiter nicht exakt erfüllt, denn die<br />
Bandlücke <strong>von</strong> <strong>Halbleitern</strong> hängt (schwach) <strong>von</strong> der Temperatur ab. Die Arrhenius-<br />
Darstellung ergibt dann eine gekrümmte Kurve - mit einer Ausnahme: die Abhängigkeit der<br />
Bandlücke <strong>von</strong> der Temperatur ist linear:<br />
E<br />
G<br />
( T ) E −αT<br />
= G 0<br />
, . (44)<br />
Denn Einsetzen in (42) liefert in diesem Fall<br />
⎞ ⎛<br />
⎟ ⎜<br />
⎠<br />
ni<br />
α<br />
ln = ln A +<br />
2<br />
T<br />
2k<br />
− EG,0<br />
/ B<br />
G,<br />
0<br />
( 2k<br />
T ) = ln A′<br />
− E /(2k<br />
)<br />
T<br />
3 B<br />
B<br />
. (45)<br />
⎝<br />
Als Bandlückenwert ergibt die Arrhenius-Darstellung dann den Wert E G,0 . Die Temperaturabhängigkeit<br />
der Bandlücke vieler Halbleiter folgt nun bei höheren Temperaturen der linearen<br />
Gleichung (44), so dass eine Arrhenius-Auswertung möglich ist. Der Wert E G,0 ist allerdings<br />
fiktiv <strong>und</strong> entspricht nicht der Bandlücke bei T = 0 K. Jedoch kann aus E G,0 <strong>und</strong> α die<br />
Bandlücke im Gültigkeitsbereich der linearen Approximation sofort berechnet werden.<br />
17
Fig. 6.1 zeigt die den Temperaturverlauf der Bandlücke <strong>von</strong> Germanium.<br />
Die durchgezogene Kurve entspricht der<br />
tatsächlichen Bandlücke E G (T).<br />
Die gestrichelte Linie entspricht der<br />
linearen Approximation (44) für höhere<br />
Temperaturen. Oberhalb <strong>von</strong> 300 K wird<br />
die Übereinstimmung gut.<br />
E G,0 ist der auf T = 0 K extrapolierte Wert<br />
der linearen Approximation.<br />
Die tatsächliche Bandlücke bei Null<br />
Kelvin, E G (0), ist kleiner als dieser Wert.<br />
Fig. 6.1: Die Bandlücke <strong>von</strong> Germanium: tatsächlicher Verlauf (durchgezogen) <strong>und</strong> lineare<br />
Näherung (gestrichelt).<br />
7. Die Leitfähigkeit<br />
Um 1900 hatte Drude die metallische Leitfähigkeit unter der Annahme eines idealen<br />
Elektronengases im Festkörper beschrieben. Unter dem Einfluss eines äußeren elektrischen<br />
Feldes E gilt hierbei für ein Elektron der Masse m <strong>und</strong> der Ladung e die klassische<br />
Bewegungsgleichung für die Geschwindigkeit v<br />
dv m<br />
m + vd = −eE<br />
.<br />
dt τ<br />
m<br />
Der hemmenden Wirkung <strong>von</strong> Stößen wurde mit dem Term vd<br />
Rechnung getragen. Dabei<br />
τ<br />
ist vd<br />
= v − vtherm<br />
die sog. Driftgeschwindigkeit, d.h. die vom elektrischen Feld zusätzlich zur<br />
thermischen Geschwindigkeit v therm<br />
erzeugte Geschwindigkeit.<br />
Beim Abschalten des Feldes klingt v mit der Relaxationszeit τ gegen die thermische<br />
Geschwindigkeit ab.<br />
dv<br />
Für den stationären Fall = 0<br />
dt<br />
folgt<br />
eτ<br />
v d = − E = : −µ<br />
E .<br />
m<br />
Die Driftgeschwindigkeit ist also proportional zum elektrischen Feld mit der<br />
Proportionalitätskonstante µ<br />
eτ<br />
µ = .<br />
m<br />
18
<strong>und</strong> damit für die Temperaturabhängigkeit der Streuzeit τ<br />
µ heißt Ladungsträgerbeweglichkeit oder -mobilität.<br />
Für die Stromdichte J in Feldrichtung folgt nun aus<br />
J<br />
= ρ v mit der Ladungsdichte ρ = −en<br />
:<br />
d<br />
J<br />
eτ<br />
= −en vd<br />
= en E ,<br />
m<br />
woraus mit dem Ohmschen Gesetz<br />
J = σ E<br />
die elektrische Leitfähigkeit σ folgt:<br />
eτ<br />
σ = en = enµ<br />
. (46)<br />
m<br />
Die Leitfähigkeit ist also proportional zur Ladung, zur Dichte <strong>und</strong> zur Beweglichkeit der<br />
freien Ladungsträger. Die Beweglichkeit ist dabei proportional zur Relaxationszeit τ, die in<br />
etwa der Zeit zwischen zwei mikroskopischen Stößen, der mikroskopischen Stoßzeit oder<br />
Streuzeit, entspricht.<br />
8. Die Ladungsträgerbeweglichkeit<br />
Drude nahm an, dass die Elektronen an den Atomrümpfen stoßen. Später wurde festgestellt,<br />
dass ein perfekt periodisches Atomgitter keine Streuung verursacht. Denn durch das Gitter<br />
laufende Elektronenwellen sind als Wellenpaket <strong>von</strong> Bloch-Wellen stationäre Lösungen der<br />
Schrödinger-Gleichung <strong>und</strong> somit zeitunabhängige Wellen. Ursache <strong>von</strong> Streuung sind daher<br />
lediglich Störungen des perfekten Gitters. Die wichtigsten Störungen sind Gitterwellen<br />
(Phononen) <strong>und</strong> geladene Defekte wie ionisierte Fremdatome.<br />
8.1 Streuung an geladenen Störstellen<br />
Die Streuung an geladenen Fremdatomen oder Störstellen ist Streuung an einem Coulomb-<br />
Potential <strong>und</strong> kann mit klassischer Rutherford-Streuung beschrieben werden. Für den<br />
Rutherford-Streuquerschnitt sRutherford v -4 ~<br />
1 * 2 3<br />
folgt mit der klassischen Geschwindigkeitsverteilung m v = kT ~ , d.h. v T ½ :<br />
2 2<br />
sRutherford ~ T -2 ,<br />
τ ~ 1/(sRutherford · v) ~ T 3/2 .<br />
Die Stoßzeit <strong>und</strong> damit die Beweglichkeit werden für tiefe Temperaturen immer kleiner, da<br />
ein langsames Teilchen vom Coulomb-Potential stärker abgelenkt wird als ein schnelles.<br />
19
8.2 Streuung an Phononen<br />
Bei Streuung an Gitterwellen ist zwischen Elementhalbleitern <strong>und</strong> Verbindungshalbleitern zu<br />
unterscheiden. Verbindungshalbleiter besitzen auf Gr<strong>und</strong> ihres ionischen Bindungsanteils<br />
unterschiedlich geladene Atome, die eine zusätzliche Coulombstreuung verursachen. Man<br />
nennt diese Streuung „polare Streuung“ (wegen der Polarität der chemischen Bindung).<br />
8.2.1 Akustische Phononen<br />
Die lokale Gitterdeformation durch akustische Wellen führt zur sogenannten (nichtpolaren)<br />
„Deformationspotentialstreuung“. Bei Verbindungshalbleitern existiert zusätzlich die polare<br />
„piezoelektrische Streuung“.<br />
In Relaxationszeitnäherung lässt sich für den nichtentarteten Volumen-Halbleiter mit<br />
einfacher Bandstruktur die zugehörige Streuzeit ausrechnen. Die Temperaturabhängigkeit ist<br />
für beide Streuprozesse gleich, nämlich τ ~ T -3/2 d.h.:<br />
ak, 3D<br />
( T )<br />
ak,3D<br />
−3/2<br />
µ = C × T (C ak,3D temperaturunabhängig). (47)<br />
Die Beweglichkeit nimmt mit steigender Temperatur immer mehr ab, da die Zahl der<br />
Phononen immer mehr zunimmt.<br />
Die Streuung an geladenen Störstellen mit T 3/2 <strong>und</strong> an akustischen Phononen mit T -3/2 führt zu<br />
einem Maximum der Beweglichkeit bei einer bestimmten Temperatur.<br />
Fig. 8.1 zeigt schematisch die Beweglichkeit eines (unpolaren) Elementhalbleiters als<br />
Funktion der Temperatur. In der log-log-Darstellung ergeben sich rechts <strong>und</strong> links vom<br />
Maximum Geraden mit Steigungen entsprechend den Temperatur-Exponenten.<br />
µ<br />
log<br />
~ T +3/2<br />
durch<br />
geladene<br />
Störstellen<br />
log T<br />
-3/2<br />
~ T<br />
durch<br />
akustische<br />
Phononen<br />
Fig. 8.1:<br />
Beweglichkeit µ eines Elementhalbleiters<br />
als Funktion der Temperatur bei<br />
Streuung an akustischen Phononen <strong>und</strong><br />
an geladenen Störstellen.<br />
Bei Kopplung der akustischen Phononen an ein zweidimensionales Elektronengas reduziert<br />
sich die Temperaturabhängigkeit zu τ ~ T -1 :<br />
ak, 2D<br />
( T )<br />
ak,2D<br />
−1<br />
µ = C × T (C ak,2D temperaturunabhängig). (48)<br />
20
⎢<br />
⎣<br />
⎥<br />
⎦<br />
8.2.2 Optische Phononen<br />
Die Temperaturabhängigkeit sowohl der polaren als auch der nichtpolaren Streuung an<br />
optischen Phononen entspricht der Anzahldichte der angeregten optischen Phononen. Diese<br />
folgt der Bose-Einstein-Verteilung. Beim zweidimensionalen Elektronengas bleibt die dreidimensionale<br />
Temperaturabhängigkeit erhalten <strong>und</strong> es gilt in erster Näherung:<br />
µ<br />
ω<br />
⎡<br />
LO h ⎤<br />
op,2D<br />
( T ) = Cop,<br />
2D<br />
× exp − 1<br />
kBT<br />
(C op,2D temperaturunabhängig) (49)<br />
wobei die Kreisfrequenz ω LO diejenige des (longitudinal-)optischen Phonons ist.<br />
8.3 Weitere Streumechanismen<br />
- bei indirekten <strong>Halbleitern</strong>: Zwischentalstreuung: Streuung zwischen den<br />
verschiedenen, äquivalenten Bandstruktur-Energieminima („Täler“) in verschiedenen<br />
k-Richtungen (intervalley scattering). Silizium weist 6 <strong>und</strong> Germanium 4 äquivalente<br />
Energie-„Täler“ im Leitungsband auf, siehe Fig. 2.5. Die Zwischentalstreuung wird ab<br />
etwa 100 K merklich.<br />
- Elektron-Loch-Streuung bei <strong>Halbleitern</strong> mit vergleichbarer Dichte <strong>von</strong> Elektronen <strong>und</strong><br />
Löchern (intrinsische HL).<br />
Daneben gibt es noch Streuung an Defekten wie z.B. Kristall-Versetzungen, die hier nicht<br />
betrachtet werden.<br />
8.4 Gesamtbeweglichkeit <strong>und</strong> Beispiele<br />
Die Gesamtstreurate ist die Summe der Streuraten der individuellen Streumechanismen. Die<br />
Streurate ist reziprok zur Streuzeit. Die Gesamtstreuzeit τtot ergibt sich daher aus den<br />
Einzelstreuzeiten τi gemäß 1/τtot = 1/τ1 + 1/τ2 + 1/τ3 ... <strong>und</strong> die Gesamtbeweglichkeit µtot<br />
entsprechend aus den Einzelbeweglichkeiten µi zu<br />
µtot = (1/µ1 + 1/µ2 + 1/µ3 ...) -1 . (50)<br />
Eine Messung liefert die nur Gesamtbeweglichkeit. Die einzelnen Streumechanismen können<br />
jedoch auf Gr<strong>und</strong> ihrer unterschiedlichen Temperaturabhängigkeiten identifiziert werden.<br />
Bei der Streuung an Phononen bestehen Unterschiede zwischen Elementhalbleitern <strong>und</strong><br />
Verbindungshalbleitern: Bei optischen Phononen ist die polare Streuung weit effektiver als<br />
die nichtpolare Streuung. In Verbindungshalbleitern dominiert daher die polar-optische<br />
Streuung oberhalb <strong>von</strong> etwa 100 K. In Elementhalbleitern dagegen bleibt die optische<br />
Streuung, da sie nichtpolar ist, vergleichbar zur akustischen Streuung.<br />
21
Fig. 8.2 zeigt experimentelle Elektronen-Beweglichkeiten als Funktion der Temperatur für n-<br />
Germanium mit verschiedenen Donatorkonzentrationen N D . Für die höheren Donatorkonzentrationen<br />
(1) bis (4) wird die Beweglichkeit durch Störstellenstreuung limitiert. Bei<br />
niedrigen Konzentrationen (5) + (6) dominiert die akustische (µ ~ Phononstreuung T -3/2 ) <strong>und</strong><br />
das Maximum der Beweglichkeit hat sich nach Temperaturen < 10 K verschoben. Oberhalb<br />
<strong>von</strong> etwa 100 K machen sich<br />
Zwischentalstreuung <strong>und</strong><br />
nichtpolar-optische Phononstreuung<br />
bemerkbar, wodurch<br />
der Temperaturexponent auf<br />
etwa -1,7 erhöht wird.<br />
Fig. 8.2:<br />
Experimentelle Elektronen-<br />
Beweglichkeit in n- Germanium<br />
als Funktion der Temperatur für<br />
verschiedene Donatorkonzentrationen<br />
N D . Nach<br />
Ibachÿ Lüth, Festkörperphysik.<br />
Fig. 8.3 zeigt berechnete Einzelbeweglichkeiten für ein zweidimensionales Elektronengas im<br />
Verbindungshalbleiter Galliumarsenid. Der Temperatur bereich beginnt hier bereits bei 1 K.<br />
Dargestellt sind die Beweglichkeiten für Streuung an polar-optischen Phononen („Optical<br />
phonon“), akustischen Phononen („Deformation potential + Piezoelectric“) <strong>und</strong> geladenen<br />
Störstellen („Remote impurity“). „Total“ ist die resultierende Gesamtbeweglichkeit. Sie wird<br />
je nach Temperatur <strong>von</strong> unterschiedlichen Streupartnern limitiert: <strong>von</strong> 0 … 10 K durch<br />
geladene Störstellen, <strong>von</strong> 10 bis 90 K durch akustische Phononen <strong>und</strong> ab 90 K durch polaroptische<br />
Phononen.<br />
Fig. 8.3:<br />
Berechnete Beweglichkeiten für ein 2D-<br />
Elektronengas in Galliumarsenid als<br />
Funktion der Temperatur. Nach<br />
Walukiewicz et al, Phys. Rev. B 30 (8),<br />
4577 (1984).<br />
22
.<br />
.<br />
9. Das zweidimensionale Elektronengas in modulationsdotierten<br />
GaAs/AlGaAs-Heterostrukturen<br />
Die Ladungsträgerbeweglichkeit ist in Bauelementen meist durch Streuung an ionisierten<br />
Störstellen begrenzt. Denn oft sind die Störstellendichten hoch, um hohe Ströme zu erzielen.<br />
Diese Begrenzung kann mittels Modulationsdotierung in Heterostrukturen umgangen werden.<br />
Modulationsdotierung heißt, dass in der Heterostruktur nur bestimmte, ausgewählte Bereiche<br />
dotiert werden.<br />
Wir betrachten in Fig. 9.1 eine Heterostruktur aus einer <strong>und</strong>otierten GaAs-Schicht <strong>und</strong> einer<br />
modulationsdotierten AlGaAs-Schicht. Zwischen der GaAs-Schicht <strong>und</strong> dem n-dotierten<br />
AlGaAs-Bereich befindet sich eine sogenannte „Abstandsschicht“.<br />
I<br />
E L<br />
E II L<br />
E II F<br />
- - -<br />
+ + + +<br />
E II F<br />
-<br />
-<br />
-<br />
+<br />
- -<br />
+ + +<br />
E I F<br />
E I F<br />
E I V<br />
I = II =<br />
GaAs AlGaAs<br />
E II V<br />
GaAs<br />
<strong>und</strong>otiert<br />
E vac<br />
+<br />
AlGaAs<br />
Elektron<br />
.<br />
.<br />
+<br />
. +<br />
.<br />
+ + . +<br />
.<br />
+ .<br />
n-dotiert<br />
Abstandsschicht,<br />
<strong>und</strong>otiert<br />
ionisierter<br />
Donator<br />
GaAs<br />
.<br />
2DEG<br />
(2-Dimensionales<br />
Elektronen-Gas)<br />
AlGaAs<br />
. + +<br />
+ .<br />
+ + . +<br />
+<br />
.<br />
Fig. 9.1: 2DEG in der modulationsdotierten GaAs/AlGaAs-Heterostruktur.<br />
Die Abbildung links zeigt die Bandkantenenergien <strong>und</strong> die Fermi-Energie im GaAs <strong>und</strong> im<br />
AlGaAs vor dem Kontakt. Die Abbildung in der Mitte zeigt die Halbleiter unmittelbar nach<br />
dem Kontakt: Ein gewisser Anteil der freien Elektronen im n-dotierten AlGaAs überwindet<br />
durch Diffusion die Abstandsschicht <strong>und</strong> gelangt nach links in das GaAs. Diese Elektronen<br />
bleiben an der Grenzfläche gefangen, da sie einerseits <strong>von</strong> den positiven Donatoren des<br />
AlGaAs angezogen werden, aber andererseits den Bandkantensprung vom GaAs ins AlGaAs<br />
nicht überwinden können. Die Fermi-Energie muss stetig <strong>von</strong> links nach rechts verlaufen<br />
(gepunktete Linie). Da ihr Abstand zum LB ein Maß für die Elektronenkonzentration ist, kann<br />
man erkennen, dass an der Grenzfläche im GaAs eine hohe Konzentration vorliegt.<br />
Klarer sichtbar wird dies, wenn das Energiediagramm auf die Fermi-Energie E F anstatt auf<br />
die Vakuumenergie E vac bezogen wird. Eine solche Darstellung zeigt die rechte Abbildung.<br />
Die „verbogenen“ Bandkanten („Bandverbiegung“) entsprechen nun der Summe aus der<br />
Bandkantenenergie des homogenen Halbleiters (Abbildung Mitte) plus dem elektrostatischen<br />
Potential, das als Folge des Elektronentransfers entsteht. An der Grenzfläche befindet sich ein<br />
in etwa dreieckförmiges Potential, in dem die aus dem AlGaAs diff<strong>und</strong>ierten Elektronen<br />
eingeschlossen sind. Sie bilden ein (quasi-) zwei-dimensionales Elektronengas (2DEG). Seine<br />
23
Dichte ist hoch (Fermi-Energie oberhalb der Bandkante). Die zugehörigen Donatoren sind<br />
durch die Abstandsschicht räumlich getrennt. Daher ist die Störstellenstreuung für das<br />
Elektronengas stark reduziert, so dass ein 2DEG sehr hohe Beweglichkeiten erreichen kann.<br />
Fig. 9.2 zeigt die Verbesserung der Beweglichkeit in modulationsdotierten GaAs/AlGaAs-<br />
Heterostrukturen im Lauf der Zeit. Die höchste Kurve dieser Abbildung datiert <strong>von</strong> 1989. Die<br />
Verbesserung beruht auf fortschreitender Eliminierung der Restverunreinigungen, d.h. der<br />
Störstellen, durch Verbesserung der Herstellungstechnologie. Die Beweglichkeit eines<br />
hochreinen GaAs-Volumenkristalls ist zum Vergleich mit eingezeichnet („Bulk“). Beim 2D-<br />
Elektronengas erkennt man die Streumechanismen aus der vorhergehenden Theorie-<br />
Abbildung.<br />
Fig. 9.2: Entwicklung der Beweglichkeit des 2DEG in modulationsdotierten GaAs/AlGaAs-<br />
Heterostrukturen <strong>von</strong> 1978 bis 1989 („our data“) im Vergleich mit einem GaAs-<br />
Volumenkristall („bulk“). Nach Pfeiffer et al, Appl. Phys. Lett 88, 1888 (1989).<br />
Die in diesem Versuch als Probe B bezeichnete Probe ist eine modulationsdotierte<br />
GaAs/AlGaAs-Heterostruktur, hergestellt mit Molekularstrahlepitaxie. Fig. 9.3 zeigt ihren<br />
Aufbau schematisch.<br />
Fig. 9.3:<br />
Aufbau der GaAs/AlGaAs-<br />
Probe B mit 2-dimensionalem<br />
Elektronengas.<br />
GaAs<br />
n-AlGaAs<br />
AlGaAs<br />
GaAs<br />
Schutzschicht<br />
n-dotierte<br />
Elektronen-Spenderschicht<br />
Abstandsschicht<br />
2DEG<br />
24
10. Der <strong>Halleffekt</strong><br />
Bewegte Ladungsträger erfahren im Magnetfeld eine Ablenkung senkrecht zur ihrer<br />
Bewegungsrichtung sowie senkrecht zum Magnetfeld durch die Lorentzkraft F L<br />
r<br />
F L<br />
( v × B)<br />
r<br />
r<br />
= q .<br />
Die Ladung q ist positiv für Löcher <strong>und</strong> negativ für Elektronen.<br />
Die zur Seite gedrängten Ladungsträger bauen Flächenladungen an den Probenseiten auf, die<br />
r<br />
ein elektrisches Feld, das sogenannte Hall-Feld EH<br />
, erzeugen, das der Lorentzkraft<br />
entgegenwirkt. Im thermischen Gleichgewicht verschwindet die Gesamtkraft<br />
bzw.<br />
r<br />
F<br />
L<br />
r<br />
E H<br />
r<br />
+ qEH<br />
=<br />
r<br />
0<br />
( v × B)<br />
r<br />
r<br />
= − .<br />
Die Ladungsträger mit der Geschwindigkeit v bewegen sich dann im zeitlichen Mittel<br />
geradlinig.<br />
Mit der Stromdichte<br />
folgt:<br />
Der Koeffizient zwischen<br />
Hall-Konstante R H ):<br />
mit<br />
r<br />
EH<br />
r<br />
E H<br />
r<br />
r<br />
J = n q v<br />
1<br />
= −<br />
nq<br />
<strong>und</strong> ( J × B)<br />
( J × B)<br />
r<br />
r<br />
.<br />
r<br />
r<br />
− heißt Hall-Koeffizient R H (bei Metallen auch<br />
r<br />
E<br />
H<br />
( J × B)<br />
r<br />
r<br />
= −R<br />
(51)<br />
H<br />
1<br />
R H<br />
= . (52)<br />
nq<br />
Die zum Hall-Feld E H gehörende Spannung kann an den Seitenrändern der Probe abgegriffen<br />
werden <strong>und</strong> heißt Hallspannung U H . Ihr Wert hängt <strong>von</strong> der Geometrie der Probe ab.<br />
10.1 <strong>Halleffekt</strong> im bipolaren Halbleiter<br />
Vorstehende Definitionen gelten für ein Material mit einer Ladungsträgersorte. Tragen<br />
sowohl Elektronen als auch Löcher zur Stromleitung bei, so ist die Rechnung entsprechend zu<br />
erweitern. Man nennt die Leitung dann bipolar.<br />
Im Magnetfeld hat die Lorentzkraft für Elektronen <strong>und</strong> Löcher zunächst entgegengesetzte<br />
Richtung, allerdings sind auch die Ladungsträgergeschwindigkeiten entgegengesetzt gerichtet.<br />
25
Zur Untersuchung der Vektorrichtungen wählen wir ein rechtshändiges Koordinatensystem<br />
so, dass der Stromdichtevektor in positive x-Richtung zeigt <strong>und</strong> der Magnetfeldvektor in der<br />
oberen x-z-Ebene liegt.<br />
+<br />
v F L,p<br />
B<br />
-<br />
-<br />
-<br />
p B<br />
v p<br />
+<br />
J<br />
E H,p<br />
+<br />
+<br />
J<br />
B<br />
-<br />
y<br />
+<br />
z<br />
x<br />
E H,n<br />
+<br />
B<br />
+<br />
+<br />
v n<br />
F L,n<br />
B v n<br />
-<br />
-<br />
-<br />
J<br />
J<br />
B<br />
-<br />
Löcher<br />
r<br />
r<br />
Fig. 10.1: Teilchengeschwindigkeit v , Lorentzkraft FL<br />
„p“) <strong>und</strong> Elektronen (Index „n“).<br />
Elektronen<br />
<strong>und</strong> Hallfeld<br />
r<br />
EH<br />
für Löcher (Index<br />
r<br />
r<br />
r<br />
r<br />
r<br />
r<br />
r<br />
r<br />
r<br />
Der Vektor J × B zeigt dann immer in die negative y-Richtung. Das Hallfeld EH<br />
ist dazu<br />
parallel (Elektronen) oder antiparallel (Löcher). J × B <strong>und</strong> E H besitzen also nur y-<br />
Komponenten mit J × B = (−J<br />
xBz<br />
) eˆ<br />
y <strong>und</strong> EH<br />
= ± EH<br />
eˆ<br />
y . Gleichung (51) kann damit nach<br />
R H aufgelöst werden:<br />
± EH<br />
RH<br />
=<br />
J B<br />
(53)<br />
x<br />
z<br />
Das positive Vorzeichen gilt für Löcher (<br />
r<br />
Elektronen ( E weist in − y -Richtung).<br />
H<br />
r<br />
E<br />
H<br />
weist in<br />
Bei bipolarer Leitung ist J x die bipolare Stromdichte<br />
+ y -Richtung) <strong>und</strong> das negative für<br />
J<br />
x<br />
= J x,<br />
n + J x,<br />
p<br />
=<br />
e ⋅<br />
( nµ n + pµ<br />
p ) ⋅ Ex<br />
= σ bipolar E x<br />
<strong>und</strong> E H das resultierende Hallfeld. Da die Lorentzkraft für Elektronen <strong>und</strong> Löcher verschieden<br />
ist, resultieren Nettokräfte in y-Richtung. Aus der Bedingung, dass kein Nettostrom in y-<br />
Richtung fließt, kann E H berechnet werden. Die Rechnung findet sich im Anhang. Für den<br />
Hallkoeffizient folgt:<br />
2 2<br />
pµ<br />
p − nµ<br />
n bipolar<br />
R H =<br />
= : R<br />
2 H<br />
e ( nµ<br />
+ pµ<br />
)<br />
n<br />
Die unipolaren Grenzfälle für reine Elektronenleitung (p = 0) <strong>und</strong> reine Löcherleitung (n =<br />
0), Gleichung (52), ergeben sich zwanglos.<br />
Der bipolare Hallkoeffizient scheint <strong>von</strong> den µ beiden Beweglichkeiten n <strong>und</strong> µ p einzeln<br />
abzuhängen, tatsächlich aber geht nur deren Verhältnis<br />
µ n<br />
b : =<br />
µ<br />
26<br />
p<br />
p
ein:<br />
R bipolar<br />
H<br />
2<br />
p − nb<br />
= . (54)<br />
e<br />
( p + nb) 2<br />
Für den intrinsischen Halbleiter mit n = p= n i folgt:<br />
bipolar 1 1 − b int<br />
R H = = : RH<br />
(55)<br />
e n 1+<br />
b<br />
i<br />
Für µn > µp ist b > 1 <strong>und</strong> R H negativ. Das Vorzeichen <strong>von</strong> R H bei intrinsischer Leitung<br />
entspricht also dem der Ladungsträgersorte mit der größeren Beweglichkeit. In der Regel<br />
besitzen die Elektronen die größere Beweglichkeit, d.h. R H int ist negativ.<br />
Wir betrachten nun den Fall, dass ein Halbleiter seinen Leitungscharakter <strong>von</strong> extrinsisch<br />
nach intrinsisch, d.h. <strong>von</strong> unipolar nach bipolar ändert. Dabei interessiert der Zusammenhang<br />
zwischen Ladungsträgerkonzentration <strong>und</strong> Hallkoeffizient, der nach (52) <strong>und</strong> (55) reziprok<br />
ist.<br />
Fig. 10.2 zeigt wiederum für n-Germanium die Ladungsträgerkonzentrationen n <strong>und</strong> p als<br />
Funktion der Temperatur. Die Symbole zeigen den Betrag des reziproken Hallkoeffizienten<br />
1/(|e| |R H |) gemäß Gleichung (54), wobei für b der Wert b = 2 gewählt wurde.<br />
1E16<br />
Ladungsträgerkonzentrationen n, p; 1/(|eR H<br />
|) / cm -3<br />
1E15<br />
1E14<br />
1E13<br />
1E12<br />
n-Ge<br />
b = 2<br />
extrinsisch<br />
n >> p<br />
n<br />
p<br />
1/(|e||R H<br />
|)<br />
1-b<br />
1+b<br />
intrinsisch<br />
n = p<br />
n<br />
p<br />
1/(|eR H<br />
|)<br />
0 100 200 300 400 500<br />
Temperatur T / K<br />
Fig. 10.2:<br />
Inverser bipolarer Hallkoeffizient<br />
1/(|e||R H |) sowie Elektronen- <strong>und</strong><br />
Löcherkonzentration in n-Germanium<br />
als Funktion der Temperatur.<br />
Im Bereich der extrinsischen Leitung sind n <strong>und</strong> 1/(|e||R H |) deckungsgleich, Gleichung (52).<br />
Im Bereich der intrinsischen Leitung differieren n i <strong>und</strong> 1/(|e||R H |) um den Faktor (1-b)/(1+b),<br />
Gleichung (55).<br />
Dazwischen befindet sich ein Übergangsbereich, der keine eindeutige Zuordnung <strong>von</strong> n zu R H<br />
(ohne Kenntnis <strong>von</strong> p) erlaubt.<br />
Der charakteristische Knick in 1/(|e||R H |) kennzeichnet eher den Beginn des Übergangsbereichs<br />
als den des intrinsischen Bereichs. Der Beginn der „rein“ intrinsischen Leitung ist<br />
daher aus dem Temperaturverlauf <strong>von</strong> 1/R H nicht ohne weiteres erkennbar.<br />
27
10.2 Beweglichkeit im unipolaren <strong>und</strong> im bipolaren Halbleiter<br />
Im unipolaren (extrinsischen) Fall folgt die Beweglichkeit aus (46) <strong>und</strong> (52) zu<br />
µ = σ R H<br />
(56)<br />
Im bipolaren Fall ergibt das Produkt σ|R H | zwar eine Größe mit der Dimension Beweglichkeit,<br />
aber diese stimmt nur in den unipolaren Grenzfällen mit den Teilchenbeweglichkeiten µn, µp<br />
überein:<br />
σ<br />
bipolar<br />
R<br />
bipolar<br />
H<br />
=<br />
2<br />
p<br />
p<br />
2<br />
n<br />
pµ<br />
− nµ<br />
pµ<br />
+ nµ<br />
n<br />
=<br />
⎨<br />
⎧<br />
⎩<br />
µ<br />
µ<br />
n<br />
p<br />
für reine n - Leitung<br />
für reine p - Leitung<br />
( p = 0)<br />
( n = 0)<br />
Im intrinsischen Fall n = p ergibt sich<br />
bipolar<br />
H<br />
n p<br />
⎯ =<br />
σ bipolar R ⎯→µ<br />
− µ<br />
p<br />
n<br />
d.h. (σ| R H |) entspricht der Differenz der Teilchenbeweglichkeiten.<br />
Folgen die Teilchenbeweglichkeiten einem Potenzgesetz, µ ~ T<br />
λ<br />
so ergibt die Darstellung log<br />
(σ| R H |) gegen log(T) sowohl im extrinischen als auch im intrinsischen Bereich Geraden, die<br />
im Übergangsbereich eine Stufe bilden.<br />
Fig. 10.3 zeigt eine solche Darstellung für n-leitendes Germanium.<br />
extrinsich<br />
(unipolar)<br />
Übergangsbereich<br />
intrinsich<br />
(bipolar)<br />
n-Ge<br />
log(σ|R H<br />
|)<br />
σ|R H<br />
| = µ n<br />
Phononstreuung µ ~ T λ<br />
σ|R H<br />
| = µ n<br />
- µ p<br />
µ n<br />
> µ p<br />
Elektron-Loch-<br />
Streuung ?<br />
Fig. 10.3:<br />
Log (σ| R H |) gegen<br />
Log (Temperatur)<br />
für n-Germanium mit dem<br />
Übergang <strong>von</strong> extrinsischer<br />
zu intrinsischer Leitung.<br />
log(Temperatur)<br />
Am Übergang <strong>von</strong> extrinsischer zu intrinsischer Leitung zeigt σ| R H | eine Stufe, deren Höhe<br />
der Löcherbeweglichkeit entspricht (D = µ n - (µ n - µ p )). Die Steigungen der beiden Geraden<br />
unterscheiden sich etwas, da die Temperaturexponenten λ für Elektronen <strong>und</strong> Löcher nicht<br />
genau gleich sind. Das Abknicken <strong>von</strong> σ|R H | bei höheren Temperaturen beruht vermutlich auf<br />
Elektron-Loch-Streuung.<br />
Ein solches Diagramm erlaubt die Festlegung der Temperaturbereiche für „rein“ extrinsische<br />
<strong>und</strong> „rein“ intrinsische Leitung.<br />
28
11. Die Messung <strong>von</strong> Leitfähigkeit <strong>und</strong> Hallkoeffizient<br />
11.1 Die Barren- oder Plättchengeometrie<br />
Uquer<br />
Uquer<br />
l<br />
d<br />
d<br />
I<br />
b<br />
b<br />
Fig. 11.1: Barrengeometrie (links) <strong>und</strong> Plättchengeometrie (rechts).<br />
Bei Barrengeometrie (b ≈ d) <strong>und</strong> Plättchengeometrie (b > d) wird die Probe in Längsrichtung<br />
vom Strom durchflossen. Quer zur Stromrichtung befinden sich an zwei gegenüber liegenden<br />
Seiten Kontakte zur Messung der Querspannung. Das B-Feld steht senkrecht zu dieser<br />
Querrichtung, meist normal zur Probenoberfläche.<br />
Leitfähigkeit σ = J x /E x<br />
• Die Stromdichte J x ergibt sich aus dem gemessenen Strom I <strong>und</strong> der<br />
Querschnittsfläche bÿd der Probe.<br />
• Das den Strom J x treibende E-Feld E x ergibt sich aus der angelegten Spannung <strong>und</strong> der<br />
Probenlänge l.<br />
Der Fall störender Kontaktwiderstände, der eine 4-Punkt-Messung erforderlich macht, wird<br />
hier nicht betrachtet.<br />
Hallkoeffizient |R H | = |E H /(J x B z )|<br />
• Das Hallfeld E H ergibt sich aus der Hallspannung U H <strong>und</strong> der Probenbreite b.<br />
• Die Stromdichte J x folgt wie oben aus dem gemessenen Strom <strong>und</strong> der<br />
Querschnittsfläche.<br />
• Die Magnetfeldstärke B muss bekannt sein.<br />
Hinweis: U H ist die Differenz der gemessenen Querspannungen U quer mit Magnetfeld <strong>und</strong><br />
ohne Magnetfeld. Denn der fließende Strom impliziert einen Spannungsabfall in<br />
Längsrichtung, so dass zwischen zwei nicht exakt gegenüberliegenden Querkontakten<br />
auch ohne Magnetfeld eine Spannung anliegt, die sich zur Hallspannung mit Magnetfeld<br />
addiert. In der Praxis misst man die Querspannung bei positiver <strong>und</strong> negativer<br />
Magnetfeld-Polung, wobei die Hallspannung das Vorzeichen wechselt, die zusätzliche<br />
Längsspannung jedoch nicht. Man überlegt sich: U H = [U quer (+B) - U quer (-B)]/2.<br />
Das Vorzeichen <strong>von</strong> R H folgt nur dann aus der Messung, wenn die Vektorrichtungen <strong>von</strong> J x<br />
<strong>und</strong> B <strong>und</strong> die Anschlusspolung für U quer im Messaufbau bekannt sind. Andernfalls liefert die<br />
Messung nur den Betrag <strong>von</strong> R H , dessen Vorzeichen bei unbekanntem Leitungstyp aus<br />
anderen Überlegungen erschlossen werden muss (siehe z.B. Anmerkungen zu Gleichung<br />
(55)).<br />
29
11.2 Die Van-der-Pauw-Geometrie<br />
Diese Geometrie beruht auf einer theoretischen Arbeit <strong>von</strong> L.J. van der Pauw, nach der<br />
Leitfähigkeit <strong>und</strong> Hallkoeffizient auch für eine beliebig geformte Probe homogener Dicke mit<br />
Hilfe <strong>von</strong> 4 Punktkontakten am Rand gemessen werden können.<br />
C<br />
D<br />
Punkt-Kontakte A, B, C, D<br />
B<br />
A<br />
Die Leitfähigkeit für eine Probe der Dicke d (3-dimensionaler Fall) ist:<br />
= V - V<br />
⎡π<br />
d<br />
σ = ⋅ ⎢<br />
ln 2<br />
⎣<br />
1<br />
2<br />
⎛U<br />
⎜<br />
I<br />
⎝<br />
CD<br />
AB<br />
U<br />
+<br />
I<br />
AD<br />
BC<br />
⋅ ⎞<br />
⎟<br />
⎠<br />
⎛U<br />
⎜ f<br />
I<br />
⎝<br />
CD<br />
AB<br />
U<br />
I<br />
DA<br />
BC<br />
⎤ ⎞<br />
⎟<br />
⎥<br />
⎠⎦<br />
−1<br />
C<br />
-<br />
+<br />
D<br />
D C<br />
U CD<br />
B<br />
A<br />
(f ist eine schwach vom Argument abhängige<br />
Funktion mit f(1) = 1).<br />
AB I<br />
- +<br />
Der Hallkoeffizient ist:<br />
R<br />
H<br />
=<br />
∆U<br />
I<br />
BD<br />
AC<br />
d<br />
B<br />
+<br />
C<br />
D<br />
-<br />
mit DU BD = U BD (mit Magnetfeld) - U BD (B=0).<br />
I UBD AC<br />
-<br />
+<br />
B<br />
A<br />
.<br />
B<br />
Wählt man eine symmetrische Form, z.B. ein Quadrat<br />
C<br />
D<br />
B<br />
A<br />
so vereinfacht sich der Ausdruck für σ wegen<br />
U<br />
I<br />
CD<br />
AB<br />
U<br />
I<br />
DA<br />
= zu:<br />
BC<br />
σ<br />
ln 2 I<br />
π d U<br />
AB<br />
= .<br />
CD<br />
30
Im 2-dimensionalen Fall (2DEG) entfällt die Dicke d:<br />
ln 2 I<br />
σ =<br />
π U<br />
AB<br />
CD<br />
R<br />
H<br />
=<br />
∆U<br />
I<br />
AC<br />
BD<br />
1<br />
B<br />
Bei <strong>Halbleitern</strong> ist der Metall-Halbleiter-Kontakt oft hochohmig. Daher sucht man die<br />
Kontaktflächen zu vergrößern. Die Punktkontakt-Bedingung wird dabei durch schmale<br />
Zuleitungsstege approximiert:<br />
Halbleiterprobe<br />
vermessenes<br />
Probenareal<br />
großflächiger<br />
Metallkontakt<br />
Fig. 11.2:<br />
Symmetrische „Kleeblatt“-Geometrie<br />
für Halbleiterproben, erlaubt<br />
großflächige Metallkontakte.<br />
Die Stege können auch breit sein, solange ihre Länge größer ist als ihre Breite:<br />
Metallkontakt<br />
Eine solche „Kreuz-Form“ ist für <strong>Halleffekt</strong>messungen gut geeignet <strong>und</strong> robuster gegenüber<br />
Beschädigungen als die „Kleeblatt-Form“.<br />
11.3 Die Proben A <strong>und</strong> B<br />
Die Probe A ist ein Germanium-Plättchen mit 2 flächigen Goldkontakten an den Stirnseiten<br />
für den Strom <strong>und</strong> 2 kleineren Goldkontakten an den Längsseiten für die Querspannungsmessung.<br />
31
Die Probe B ist eine Galliumarsenid-Multischichtprobe mit 2DEG in Van-der-Pauw-<br />
Geometrie („Kreuz-Form“). Der Schichtstapel ist insgesamt 1,86 µm hoch <strong>und</strong> wurde mit<br />
Molekularstrahlepitaxie auf einem GaAs-Wafer aufgebracht.<br />
Einlegierter<br />
Metallkontakt<br />
20 nm GaAs<br />
80 nm Al 0,25<br />
Ga 0,75<br />
As:Si<br />
45 nm Al 0,25<br />
Ga 0.75<br />
As<br />
1 µm GaAs<br />
9,0 nm Al 0,25<br />
Ga 0.75<br />
As<br />
1,5 nm GaAs<br />
0,5 µm GaAs<br />
}<br />
20 x<br />
Schutzschicht<br />
n-dotierte Elektronen-Spenderschicht<br />
Abstandsschicht<br />
2DEG<br />
"aktive" Schicht<br />
Multischicht zur Blockade <strong>von</strong><br />
Kristalldefekten aus dem Wafer<br />
Pufferschicht<br />
GaAs Wafer<br />
Die Kreuzform wurde durch Photolithographie <strong>und</strong> chemisches Ätzen aus dem Schichtstapel<br />
präpariert. Anschließend wurden die Kontakte aufgebracht.<br />
Die Probe wurde hergestellt vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik in<br />
Freiburg i.Br.<br />
Für die 2D-Elektronenkonzentration <strong>und</strong> die Beweglichkeit macht der Hersteller folgende<br />
Angaben:<br />
µ n 2D / cm -2<br />
/ cm -2 /(Vs)<br />
300 K 2,9 × 10 11 6.500<br />
77 K 1,7 × 10 11 194.000<br />
32
α<br />
µ /µ<br />
11.4 Materialparameter<br />
Germanium<br />
Bandlücke E G bei 300 K:<br />
0,66 … 0,67 eV<br />
= - dE G /k B T zwischen 300 <strong>und</strong> 500 K: 4 × 10 -4 eV/K<br />
n i bei 300 K: 2,4 × 10 13 cm -3<br />
Elektronenbeweglichkeit bei 300 K:<br />
3900 cm 2 /(Vs) (Reinstgermanium)<br />
Löcherbeweglichkeit bei 300 K:<br />
1900 cm 2 /(Vs) (Reinstgermanium)<br />
Beweglichkeitsverhältnis n p oberhalb 300K: 1,2688 + 0,00097 × T, T in Kelvin<br />
GaAs<br />
Elektronenbeweglichkeit bei 300 K:<br />
Löcherbeweglichkeit bei 300 K:<br />
Energie des (longitudinal-) optischen Phonons:<br />
8000 cm 2 /(Vs) (Reinstgalliumarsenid)<br />
400 cm 2 /(Vs) (Reinstgalliumarsenid)<br />
36 meV<br />
11.5 Einheiten<br />
Größe Symbol SI-Einheit Abgeleitete SI-Einheit<br />
Stromdichte J A/m 2 A/cm 2<br />
Elektrische Feldstärke E V/m V/cm<br />
Magnetische Flussdichte<br />
B<br />
1 Tesla = 1 Gauß =<br />
1 Vs/m 2 1 Vs/cm 2<br />
Leitfähigkeit 3D (Ω.m) -1 (Ω.cm) -1<br />
σ = J/E<br />
Ω 2D<br />
-1<br />
Hallkoeffizient 3D As/m 3 As/cm 3<br />
2D<br />
R H<br />
As/m 2 As/cm 2<br />
Beweglichkeit µ = v/E m 2 /(Vs) cm 2 /(Vs)<br />
1 eV = 1 Elektronenvolt ist die Energie, die ein Elektron beim Durchlaufen einer elektrischen<br />
Potentialdifferenz <strong>von</strong> 1 Volt aufnimmt: 1e ÿ 1V = 1,602 × 10 -19 As ÿ 1V = 1,602 × 10 -19 J.<br />
33
Anhang<br />
A1. Freie Ladungsträgerkonzentration im Halbleiter<br />
In der Näherung der Nichtenartung lauten die Integrale für die Ladungsträgerkonzentrationen<br />
<strong>und</strong><br />
∞<br />
n = ∫ D ( E)<br />
exp<br />
EL<br />
EV<br />
n<br />
⎧<br />
⎩<br />
⎨<br />
E − E<br />
−<br />
k T<br />
B<br />
⎫ F<br />
⎭<br />
⎬<br />
dE<br />
EF<br />
E<br />
⎧ − ⎫<br />
p Dp<br />
⎬<br />
⎨<br />
= E − ∫ ( ) exp<br />
dE .<br />
∞<br />
⎩ ⎭ kBT<br />
Die Zustandsdichte D(E) ergibt sich aus (19c), (20) <strong>und</strong> (21) zu<br />
D(<br />
E)<br />
=<br />
2<br />
π<br />
2<br />
2<br />
*<br />
2<br />
⎛ m<br />
⎜<br />
h<br />
⎞<br />
⎟<br />
3<br />
2<br />
E ,<br />
⎜<br />
⎟<br />
wenn man berücksichtigt, dass nur der positive Oktand des k-Raumes zählt <strong>und</strong> dass ein<br />
Faktor 2 auf Gr<strong>und</strong> der Spinentartung hinzukommt.<br />
Die Zustandsdichten für LB <strong>und</strong> VB, D n (E) <strong>und</strong> D p (E), ergeben sich durch die Wahl des<br />
Energie-Nullpunkts <strong>und</strong> der entsprechenden effektiven Bandmassen m n * <strong>und</strong> m p * :<br />
⎝<br />
⎠<br />
D ( E)<br />
=<br />
n<br />
2<br />
π<br />
2<br />
2<br />
*<br />
n<br />
2<br />
⎛ m<br />
⎜<br />
⎜<br />
⎝<br />
h<br />
⎞<br />
⎟<br />
⎟<br />
⎠<br />
3<br />
2<br />
E − E<br />
L<br />
⎞ ⎛<br />
⎟ ⎜<br />
⎟ ⎜<br />
, E > E L <strong>und</strong><br />
2 2 mp<br />
Dp<br />
( E)<br />
=<br />
EV<br />
− E , E < E<br />
2 2<br />
V .<br />
π<br />
h<br />
*<br />
3<br />
2<br />
Für die Elektronenkonzentration im LB erhalten wir damit ausgeschrieben:<br />
⎝<br />
⎠<br />
n =<br />
∞<br />
EL<br />
∫<br />
2<br />
π<br />
2<br />
2<br />
⎛<br />
⎜<br />
⎝<br />
m<br />
h<br />
*<br />
n<br />
2<br />
⎞<br />
⎟<br />
⎠<br />
3 2<br />
E − E<br />
L<br />
⎧ E − E<br />
exp − ⎨<br />
k T ⎩<br />
B<br />
F<br />
⎫<br />
dE<br />
⎭<br />
⎬<br />
=<br />
2<br />
π<br />
2<br />
2<br />
⎛<br />
⎜<br />
⎝<br />
m<br />
h<br />
*<br />
n<br />
2<br />
⎞<br />
⎟<br />
⎠<br />
3 2<br />
e<br />
EF<br />
k B T<br />
∞<br />
EL<br />
∫<br />
E − E<br />
L<br />
e<br />
−<br />
E<br />
k B T<br />
dE<br />
Die Substitution x:= (E-E L )/(k B T) führt zu<br />
2<br />
n =<br />
π<br />
2<br />
2<br />
⎛<br />
⎜<br />
m<br />
h<br />
*<br />
n<br />
2<br />
⎞<br />
⎟<br />
3 2<br />
e<br />
EF<br />
k B T<br />
e<br />
−<br />
EL<br />
k B T<br />
( k T ∫ )<br />
B<br />
3 2<br />
∞<br />
0<br />
x e<br />
−x<br />
dx .<br />
Das unbestimmte Integral<br />
∞<br />
0<br />
∫<br />
⎝<br />
x ⋅ e<br />
⎠<br />
−x<br />
dx<br />
hat den Wert π 2. Damit folgt als Endergebnis:<br />
n = 2<br />
⎛<br />
⎜<br />
⎜<br />
m<br />
*<br />
n<br />
k<br />
T<br />
B<br />
2<br />
2 h π<br />
⎞<br />
⎟<br />
⎟<br />
3 2<br />
exp<br />
⎧<br />
⎨<br />
EL<br />
− E<br />
−<br />
k T<br />
B<br />
⎫<br />
F<br />
⎬<br />
.<br />
⎭<br />
⎝<br />
⎠<br />
⎩<br />
Die Rechnung für die Löcherkonzentration p ist analog.<br />
34
A2. Hallfeld bei bipolarer Leitung<br />
Wir wählen legen das KOOS wieder so, dass der Stromdichtevektor in +x-Richtung zeigt <strong>und</strong><br />
das B-Feld in der x-z-Ebene liegt (dies ist o.B.d.A. immer möglich). Dann treten nur Kräfte in<br />
y-Richtung auf. Die Komponentenindizes <strong>von</strong> Geschwindigkeit, Lorentzkraft <strong>und</strong> Hallfeld<br />
werden daher im Folgenden fortgelassen: v x → v, F L,y → F L , E y → E H . Die<br />
Teilchengeschwindigkeit wird jedoch je nach Richtungssinn mit Vorzeichen versehen: so ist<br />
die Elektronengeschwindigkeit -v n , da die Elektronen in die negative x-Richtung fließen. Die<br />
Ladung q des Elektrons sei -e, die des Lochs e mit e positiv.<br />
Die Lorentzkraft in y-Richtung ist allgemein:<br />
Elektronen<br />
F<br />
= −( v × B q .<br />
L x z )<br />
Löcher<br />
n<br />
L<br />
n z<br />
p<br />
L p z<br />
= = −e v p Bz<br />
Lorentzkraft: F = −( −v<br />
B )( −e)<br />
F = −( v B )( e)<br />
−e v n B z<br />
Das resultierende Hallfeld E H ist unbekannt <strong>und</strong> die Summe aus Lorentzkraft <strong>und</strong><br />
Hallfeldkraft verschwindet nicht.<br />
n n<br />
= L H<br />
p p<br />
= L H<br />
Gesamtkraft: F F − eE ≠ 0<br />
F F + eE ≠ 0<br />
= −e ( v B + E )<br />
= e ( − v B + E )<br />
n<br />
z<br />
Diese Nettokräfte in y-Richtung bewirken einen Strom in y-Richtung über<br />
y-Stromkomponente:<br />
mit<br />
v µEx<br />
J<br />
n<br />
y<br />
n<br />
F<br />
= σ n<br />
− e<br />
H<br />
J<br />
p<br />
y<br />
= σ<br />
p<br />
p<br />
p<br />
F<br />
e<br />
z<br />
J y<br />
H<br />
F<br />
= σ<br />
q<br />
= e nµ ( E + v B )<br />
e p ( E − v B )<br />
= : e nµ ( E + µ E B )<br />
n<br />
n<br />
H<br />
H<br />
n<br />
n<br />
z<br />
x<br />
z<br />
= µ ,<br />
= e pµ ( E − µ E B )<br />
p<br />
p<br />
H<br />
= .<br />
H<br />
p<br />
p<br />
z<br />
x<br />
z<br />
Der Gesamtstrom in y-Richtung muss verschwinden:<br />
n<br />
y<br />
p<br />
y<br />
n<br />
( E + µ E B ) + e pµ<br />
( E E B )<br />
J + J = 0 = e nµ − µ<br />
H<br />
n<br />
x<br />
2 2<br />
( nµ n + pµ<br />
p ) EH<br />
= ( pµ<br />
p − nµ<br />
n ) Ex<br />
Bz<br />
⇔ ,<br />
z<br />
p<br />
H<br />
p<br />
x<br />
z<br />
<strong>und</strong> mit<br />
E<br />
x<br />
J x J x<br />
= =<br />
σ e ( nµ<br />
+ pµ<br />
p )<br />
bipolar<br />
n<br />
folgt:<br />
2 2<br />
pµ<br />
p − nµ<br />
p<br />
EH<br />
2<br />
e ( nµ<br />
n + pµ<br />
p )<br />
= J B .<br />
x<br />
z<br />
35