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Warum Esperanto in Europa keine Chance hat - Plansprachen.ch

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Glei<strong>ch</strong>bere<strong>ch</strong>tigung der europäis<strong>ch</strong>en Spra<strong>ch</strong>en, während Deuts<strong>ch</strong>land und Österrei<strong>ch</strong> die Stärkung des<br />

Deuts<strong>ch</strong>en verlangen.<br />

Spra<strong>ch</strong>(en)politis<strong>ch</strong>er Unters<strong>ch</strong>ied zwis<strong>ch</strong>en Nationalstaaten und EU<br />

Historis<strong>ch</strong> betra<strong>ch</strong>tet verfolgten die Nationalstaaten eher den Kurs der spra<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en<br />

Zentralisierung. Denn die monozentris<strong>ch</strong>e Struktur der Nationalstaaten ma<strong>ch</strong>te – und ma<strong>ch</strong>t no<strong>ch</strong><br />

heute – e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitli<strong>ch</strong>e Spra<strong>ch</strong>e als vere<strong>in</strong>igendes Mittel zur Verständigung <strong>in</strong> S<strong>ch</strong>lüsselberei<strong>ch</strong>en<br />

wie Wirts<strong>ch</strong>aft, Verwaltung, Re<strong>ch</strong>tswesen und Medien <strong>in</strong> diesen Staaten unabd<strong>in</strong>gbar. H<strong>in</strong>gegen <strong>hat</strong><br />

die EU die Notwendigkeit oder die Mögli<strong>ch</strong>keit, zu Gunsten von Ökonomie, Kommunikation und<br />

Re<strong>ch</strong>tswesen e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitli<strong>ch</strong>e europäis<strong>ch</strong>e Amts- und Verkehrsspra<strong>ch</strong>e offiziell e<strong>in</strong>zuführen, bislang<br />

ni<strong>ch</strong>t gesehen, trotz der offensi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Probleme mit der Vielspra<strong>ch</strong>igkeit. Mit anderen Worten: Der<br />

wesentli<strong>ch</strong>ste Unters<strong>ch</strong>ied zwis<strong>ch</strong>en der Spra<strong>ch</strong>enpolitik der EU und der Spra<strong>ch</strong>politik der<br />

Nationalstaaten besteht dar<strong>in</strong>, dass erstere von der Idee der Vielspra<strong>ch</strong>igkeit ausgeht, während letztere<br />

vom Anspru<strong>ch</strong> auf E<strong>in</strong>spra<strong>ch</strong>igkeit geprägt ist.<br />

Ausserdem ist Idee der europäis<strong>ch</strong>en Vielspra<strong>ch</strong>igkeit wie die nationalistis<strong>ch</strong>e Idee<br />

spra<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>er E<strong>in</strong>heit eng mit der Vorstellung e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>heit von Territorium und Spra<strong>ch</strong>e verknüpft.<br />

Dem Nationalspra<strong>ch</strong>enpr<strong>in</strong>zip zufolge soll <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es bestimmten Territoriums e<strong>in</strong>e bestimmte<br />

Spra<strong>ch</strong>e, die Nationalspra<strong>ch</strong>e, gespro<strong>ch</strong>en werden. Die EU anerkennt diese E<strong>in</strong>heit von Spra<strong>ch</strong>e und<br />

Territorium. Die EU-Vielspra<strong>ch</strong>igkeit ist also <strong>in</strong>sofern territorial gebunden, als die EU ke<strong>in</strong>eswegs die<br />

Vorstellung der E<strong>in</strong>heit von Territorium und Spra<strong>ch</strong>e <strong>in</strong> Frage stellt oder sogar aufzulösen<br />

beabsi<strong>ch</strong>tigt.<br />

Konsequenzen für die Spra<strong>ch</strong>m<strong>in</strong>derheitenpolitik<br />

Was Spra<strong>ch</strong>m<strong>in</strong>derheiten (Kap. 2.4.) anbelangt, galten diese den Nationalstaaten lange Zeit als<br />

H<strong>in</strong>dernisse auf dem Weg zur e<strong>in</strong>heitli<strong>ch</strong>en Nationalspra<strong>ch</strong>e. Au<strong>ch</strong> wenn si<strong>ch</strong> <strong>in</strong>sbesondere na<strong>ch</strong> dem<br />

Zweiten Weltkrieg e<strong>in</strong>e deutli<strong>ch</strong> m<strong>in</strong>derheitenfreundli<strong>ch</strong>ere Politik der Nationalstaaten beoba<strong>ch</strong>ten<br />

lässt, ist der Anspru<strong>ch</strong> der Nationalstaaten auf nationalspra<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e E<strong>in</strong>heit längst ni<strong>ch</strong>t passé. Dies<br />

zeigt si<strong>ch</strong> an immer wiederkehrenden Debatten um die Re<strong>ch</strong>te von M<strong>in</strong>derheiten, an den weitgehend<br />

unverb<strong>in</strong>dli<strong>ch</strong>en völkerre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Regelungen, an der spra<strong>ch</strong>m<strong>in</strong>derheitenpolitis<strong>ch</strong>en Passivität des<br />

Europäis<strong>ch</strong>en Rates als EU-Vertretungsorgan der Staaten und ni<strong>ch</strong>t zuletzt au<strong>ch</strong> an der Tatsa<strong>ch</strong>e, dass<br />

Spra<strong>ch</strong>m<strong>in</strong>derheiten heute de facto oder de jure dem Zwang zur Mehrspra<strong>ch</strong>igkeit ausgesetzt s<strong>in</strong>d,<br />

dass sie also <strong>in</strong> jedem Fall au<strong>ch</strong> die Nationalspra<strong>ch</strong>e zu beherrs<strong>ch</strong>en haben.<br />

Grenzspra<strong>ch</strong>m<strong>in</strong>derheiten (Kap. 2.5.) haben den strategis<strong>ch</strong>en Vorteil, die Amtsspra<strong>ch</strong>e des<br />

bena<strong>ch</strong>barten Staates s<strong>ch</strong>on zu spre<strong>ch</strong>en und ni<strong>ch</strong>t erst erlernen zu müssen. Wie im Falle des<br />

Deuts<strong>ch</strong>en <strong>in</strong> Dänemark und des Dänis<strong>ch</strong>en <strong>in</strong> Deuts<strong>ch</strong>land <strong>hat</strong> si<strong>ch</strong> <strong>in</strong> beiden Spra<strong>ch</strong>gebieten<br />

beiderseits der Grenze die jeweilige Nationalspra<strong>ch</strong>e s<strong>ch</strong>on so weit als Erst- und Alltagsspra<strong>ch</strong>e<br />

dur<strong>ch</strong>gesetzt, dass mittelfristig die beiden Grenzm<strong>in</strong>derheitenspra<strong>ch</strong>en als sol<strong>ch</strong>e wohl vers<strong>ch</strong>w<strong>in</strong>den<br />

werden. So werden die Grenzm<strong>in</strong>derheitenspra<strong>ch</strong>en praktis<strong>ch</strong> als EU-Amtsspra<strong>ch</strong>en aufgewertet. E<strong>in</strong><br />

Sonderfall der Unters<strong>ch</strong>eidung zwis<strong>ch</strong>en auto<strong>ch</strong>thonen (Grenz-) Spra<strong>ch</strong>m<strong>in</strong>derheiten und<br />

Migrationsspra<strong>ch</strong>m<strong>in</strong>derheiten ist etwa die Situation des Kroatis<strong>ch</strong>en im Burgenland, woh<strong>in</strong> die<br />

Kroatis<strong>ch</strong> Spre<strong>ch</strong>enden vor 500 Jahren e<strong>in</strong>gewandert s<strong>in</strong>d.<br />

Ansonsten betra<strong>ch</strong>ten weder die Nationalstaaten no<strong>ch</strong> die EU Migrationsspra<strong>ch</strong>m<strong>in</strong>derheiten<br />

und Migrationsm<strong>in</strong>derheitenspra<strong>ch</strong>en (wie z.B. Panjabi, Urdu, Gujarati, arabis<strong>ch</strong>e Dialekte usw.) als<br />

s<strong>ch</strong>ützenswert. Dies widerspri<strong>ch</strong>t im Pr<strong>in</strong>zip der Vorstellung e<strong>in</strong>er europäis<strong>ch</strong>en Spra<strong>ch</strong>envielfalt.<br />

Bei der Wiederbelebung untergegangener Spra<strong>ch</strong>en wie im Fall des Kornis<strong>ch</strong>en im<br />

südenglis<strong>ch</strong>en Cornwall geht es mehr um die moralisierende Frage, ob M<strong>in</strong>derheitenre<strong>ch</strong>te gewahrt<br />

werden und die Spra<strong>ch</strong>e überleben kann. Soweit e<strong>in</strong>ige Sonderfälle.<br />

Die Anerkennung der E<strong>in</strong>heit von Spra<strong>ch</strong>e und Territorium dur<strong>ch</strong> die EU <strong>hat</strong> Konsequenzen<br />

für die Anerkennung und Förderung bzw. Ni<strong>ch</strong>tförderung von auto<strong>ch</strong>thonen, Grenz- und<br />

Migrationsspra<strong>ch</strong>m<strong>in</strong>derheiten. Das Dilemma der Spra<strong>ch</strong>(en)politik <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> besteht laut S<strong>ch</strong>re<strong>in</strong>er<br />

dar<strong>in</strong>, dass die EU-Vielspra<strong>ch</strong>igkeit den nationalstaatli<strong>ch</strong>en Anspru<strong>ch</strong> auf E<strong>in</strong>spra<strong>ch</strong>igkeit zu<br />

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